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Show, don't tell

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    #16
    Carjam Bei deinem Beispiel gefällt mir das "Getellte" besser.
    Das Video hab ich mir noch nicht angeguckt (sehe gerade fern), hoffe also, meine Antwort ist trotzdem sinnig:

    Ich finde "Show" in vielen Fällen angebracht, z.B. wenn man sehr nahe an der Figur sein soll, wenn man die Eindrücke dem Leser fühlbar machen soll.
    Beispiel:
    "Er hatte Angst."
    vs.
    "Sein Herz donnerte gegen seinen Brustkorb, seine Kehle schnürte sich zusammen."

    Oder was Charaktereigenschaften angeht. Hier nur mal als konkreten Auswuchs in einem Dialog dargestellt, ansonsten müsste ich da nen halben Roman schreiben (natürlich kommts beim Dialog auch darauf an, wie sich der Charakter generell ausdrückt, daher an dieser Stelle ein u.U. nicht ganz korrektes Beispiel):
    "Sei leise!", sagte sie zornig.
    vs.
    "Halt's Maul!"

    Besonders bei Charaktereigenschaften erwarte ich als Leser keine Behauptungen, sondern dass man mir den Charakter zeigt.

    Aber!!: Ich finde nicht, dass man "Tell" verteufeln sollte. In manchen Fällen wirkt ein "Er hatte Angst." auf mich mehr als eine ausführliche Beschreibung. Zum Beispiel, wenn der supermutige, immerkühne Held urplötzlich in Angst verfällt. Ein kurzes (sich selbst eingestehendes) "Er hatte Angst." würde mich da heftiger umhauen als ein "Sein Herz, blablubb, labarlaber..." ^^
    Und so geht es mir mit vielen Dingen. Ich finde, dass es die richtige Mischung ausmacht. Distanzierteres Tell hat für mich eine absolute Berechtigung, ebenso wie sehr nahe am Charakter/der Handlung seiendes Show. Es kommt eben auf den Stil an und was man damit im konkreten Fall bezwecken möchte. Bei deinem oben genannten Beispiel würde ich wie gesagt dein tellendes Beispiel vorziehen, weil es etwas auf den Punkt bringt. Ob das hohe Gras da nun mit Mühe nachgibt und in welchem Winkel und überhaupt, wär mir egal. Da er sich da durchkämpft, hab ich ohnehin schon das richtige Bild im Kopf.
    Was dein Erwähnen von äußerlichen Charakterbeschreibungen angeht: Da finde ich pures Tell (häufig) weniger gut und mag es lieber, wenn Beschreibungen irgendwo einbezogen werden, z.B.: "Seine (blauen) Augen funkelten im Mondlicht wie ein klarer See". Es gibt kaum etwas, was ich mehr hasse, als die obligatorische "Spiegel-Szene": "Sie stand vorm Spiegel. Ihre Haare waren braun. Ihre Augen waren blau. Blabla."
    Wobei es auch hier wieder Ausnahmen gibt.
    Beispiel: Der Anta trägt häufig einen senfgelben Mantel. Der Prota, jobmäßig Garderobier, weiß nicht, wo sich der Anta befindet, und leidet schon an Paranoia. Er geht gerade seinem Job bei ner abendlichen Theatervorstellung nach, als ihm eine haarige Hand einen Mantel entgegenstreckt: "Der Mantel war senfgelb."
    (Ich erinnere mich gerade an Kille. Kille. -- Makabre Geschichten. von E.W. Heine. Soweit ich mich erinnere, wendet er auch häufig diesen Effekt an. Muss mal gucken, ob ich das Buch finde.)
    Ich finde übrigens nicht, dass Show immer subtiler als Tell ist. Es kommt ja darauf an, wann und wofür man es einsetzt.

    Fazit: Beides hat seine Berechtigung, je nachdem, was man damit bezwecken möchte. Wenn ich nahe am Charakter bleiben möchte, bevorzuge ich Show. Um das Ganze zwischendurch aufzulockern oder auf etwas Bestimmtes hinzuweisen, verwende ich auch mal Tell. So lese ich nämlich auch am liebsten. Ewiges Show nervt mich irgendwann massiv. Ewiges Tell, je nach Stil und Genre, auch.

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      #17
      Zitat von Mona Beitrag anzeigen
      [USER="100"] Ich finde nicht, dass man "Tell" verteufeln sollte. In manchen Fällen wirkt ein "Er hatte Angst." auf mich mehr als eine ausführliche Beschreibung. Zum Beispiel, wenn der supermutige, immerkühne Held urplötzlich in Angst verfällt. Ein kurzes (sich selbst eingestehendes) "Er hatte Angst." würde mich da heftiger umhauen als ein "Sein Herz, blablubb, labarlaber..." ^^

      Ich finde übrigens nicht, dass Show immer subtiler als Tell ist. Es kommt ja darauf an, wann und wofür man es einsetzt.
      .
      Dem schließe ich mich an. Zur Zeit pochen in meinem Text noch sehr viele Herzchen etc, und das geht einem beim Lesen schnell auf den Keks (Hat jemand mal bei 50 Shades of Grey gezählt, wie häufig sie sich auf die Lippe beißt? Die müsste in Fetzen liegen. Oh, äh, ich meine ... habe ich gehört).
      Ich versuche, solches klischee-einladendes Showing vor allem auf die Situationen zu beschränken, aus denen der Charakter schnell heraus möchte oder in denen er von seinen eigenen Reaktionen überrascht ist. Außerdem kann man weniger basta!-artige Formulierungen beim "Telling" verwenden ("Panik stieg in ihr auf.")

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      • Mona
        Mona kommentierte
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        Ich hab so bei der Hälfte des Buches aufgegeben. Aber laut Amazon-Einträgen soll es so an die 50 Mal sein? Oder mehr? -- Habs nicht mehr so in Erinnerung ^^.
        Bei mir schütteln sie gern die Köpfe. Und nach Luft ringen und tief durchatmen tun sich auch gern. ^^
        Warum versuchst du, klsichee-einladendes Showing auf solche Situationen zu beschränken?
        Und was sind "basta!-artige" Formulierungen? Ich blick grad nicht durch ^^.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        "Er hatte Angst" ist so Punkt-aus-Basta! Mit Haben und Sein und Werden klingt's noch telliger als nötig. Aufwallende Angst oder Panik find ich dann schöner.
        Das mit den Klischee-einladenden Formulierungen, die schon tausendmal verwendet wurden, weil sie halt so treffend sind, ("Ihr Hals schnürte sich zu", "der Puls hämmerte in seinen Ohren") will ich eben deshalb reduzieren. Ich finde es aber ganz nett, wenn ein Prota, der sonst wenig/keine Angst hat, die körperlichen Auswirkungen registriert und die Angst so quasi kennenlernt. Klingt so gar nicht nach MEINEM Prota.
        Ansonsten läuft mein Text damit über ... "Augenbrauen hochziehen", "Augen rollen" (ich glaube, Vickie zieht die Luft scharf durch die Zähne, wenn sie das hier lesen sollte - ja haha, das kommt auch alles in die Gaslampgeschichte!), "Herz hämmern" und so weiter. --- "Nach Luft ringen" und "tief durchatmen", kann ich mir davon ein paar borgen?

      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Ich lese alles. Meine Augen sind überall. *Augen (über dem Tisch) roll*

      #18
      Das Beispiel mit der Angst erinnert mich daran, dass ich es wichtig finde, dass hinter jedem Tell auch ein Show steckt. Steht im Text "Er hatte Angst." Dann will ich als Leser trotzdem verstehen, warum er Angst hat. Fühlt er sich bedroht? Fürchtet er, dass etwas passiert? Ein reines "Er hatte Angst" bringt mir nichts, wenn ich als Leser da sitze und denke: Läuft doch grad alles für dich super, warum hast du Angst? Ich will es nachvollziehen können und dazu gehört mehr der Aufbau der Szene, als einzelne Beschreibungen.

      Das Video hab ich noch nicht gesehen.

      Kommentar


      • Mona
        Mona kommentierte
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        Okay:
        "Er fühlte sich bedroht. Jederzeit konnte es passieren! Er hatte Angst."
        Das wäre ebenfalls Tell. ^^

      • Schneeregen
        Schneeregen kommentierte
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        Ja das wäre auch Tell. Mir ging es eher darum, dass eine Szene so begreiflich sein muss, dass der Leser auch schon ohne den Satz "Er hatte Angst" das Gefühl haben muss, dass es hier einen Grund zur Angst gibt.
        Ich habe da eine ganz bestimmte Szene im Kopf aus einem Buch. Der Junge hatte schon einige harte Situationen hinter sich. Dann kommt ein Assasine und redet ganz normal mit ihm und nur weil ich als Leser weiß, dass der Typ ein Assasine ist, verstehe ich nicht automatisch die Angst des Jungen vor ihm. Ich möchte wissen, warum er sich bedroht fühlt, wenn der Typ ganz normal redet? Hat er Messer im Gürtel, die er kurz davor ist zu zücken? Hat er ein vernarbtes Gesicht, dass ihn zwielichtig aussehen lässt.
        Dem Autor fehlte einfach einiges an Handwerk, alle Szenen waren so, dass das Tell sich nicht von alleine erklärt hätte. Das ist der große Fehler an Tell. Wenn dem Leser etwas aufgedrückt wird, dass er aus der Situation nicht schon hätte lesen können.
        Ich kann mir vorstellen, dass ein Show eine solche Situation besser machen könnte, da in ein Show mehr Informationen hineinfließen. Das sind nicht nur Anzeichen von Gefühlen sondern auch Gründe, warum etwas passiert.

      #19
      Er hörte das Knacken des Unterholzes hinter sich, glaubte, den heißen Atem seines Verfolgers zu spüren.

      Er hatte Angst.

      Dann endlich erreichte er das Haus, riss die Tür auf und rettete sich in letzter Sekunde. Mit zitternden Fingern schob er den Riegel vor und drehte den schweren Schlüssel im Schloss. Er hatte sich gerettet!
      ;;;;;;;;;

      Am stärksten finde ich den allein stehenden, kurzen Satz: Er hatte Angst. Nicht mehr und nicht weniger, schlicht Angst. Jedes weitere Wort, jedes show wäre überflüssig und würde den Text trüben.

      Kommentar


        #20
        Zitat von Yggdrasil Beitrag anzeigen
        Er hörte das Knacken des Unterholzes hinter sich, glaubte, den heißen Atem seines Verfolgers zu spüren.

        Er hatte Angst.

        Dann endlich erreichte er das Haus, riss die Tür auf und rettete sich in letzter Sekunde. Mit zitternden Fingern schob er den Riegel vor und drehte den schweren Schlüssel im Schloss. Er hatte sich gerettet!
        ;;;;;;;;;

        Am stärksten finde ich den allein stehenden, kurzen Satz: Er hatte Angst. Nicht mehr und nicht weniger, schlicht Angst. Jedes weitere Wort, jedes show wäre überflüssig und würde den Text trüben.
        Allein für sich ist er aber trotzdem nur eine Behauptung. Warum hat er Angst? Wie äußert sich das? Als Leser will man mitfiebern, sich in den Prota bzw. die Situation hineinversetzen. Der Satz allein ist viel zu schwach, um wirken zu können - soviel habe ich zumindest in den letzten Monaten insbesondere hier in den Foren herausgefunden und gehe auch damit konform.
        Panta rhei.

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          #21
          Ich denke, die Beurteilung liegt im Auge des Lesers. Jede Ergänzung würde (für mich als Leser) die Intensität der Aussage, des Mitfühlens der Emotionen verwässern. Aber das ist nur meine Meinung ...

          Kommentar


            #22
            Welche Emotionen? Angst selbst ist eine Emotion, die sehr vielschichtig und unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Da es aber in der Regel in der jeweiligen Situation um eine spezifische Angst geht, sollte diese auch vermittelt werden.

            Ist genau so belanglos und nichtssagend wie "Er fuhr Auto." Fuhr er einen Oldtimer, weil er das gemütliche Dahingleiten über alles schätzte und er nur damit der Hektik seines Alltags für ein paar Stunden entgehen konnte? Fuhr er den alten Polo, der ihm mit jedem Kilometer wegrostete und dessen Motor bei jedem Start gefährlich zu husten begann, weil er sich gerade nichts Besseres leisten konnte? Fuhr er den Sportwagen, der ihm in jeder Kurve das Adrenalin in die Adern pumpte, wenn nur eine Unachtsamkeit im filigranen Spiel von Kupplung und Gas das Heck ausbrechen lassen konnte und sich beim Brüllen der zehn Zylinder die Härchen an den Armen und im Nacken aufstellten, weil er seinen Möglichkeiten und seiner Persönlichkeit entsprachen? Oder fuhr er doch die Mittelklasselimousine, als Ausdruck von bescheidenem Wohlstand und charakterloser Mittelmäßigkeit, kräftig genug, um die Kleinen Staub schlucken zu lassen, aber zu schwach, um mit den Großen mithalten zu können, weil er ein bornierter Vorstadtnormalo ist?

            In dieser Art kann man mit Sicherheit auch durch das Erleben von Angst den Charakter 'charakterisieren'.

            Ebenfalls nur meine Meinung ...
            Panta rhei.

            Kommentar


              #23
              Zitat von Yggdrasil Beitrag anzeigen
              Er hörte das Knacken des Unterholzes hinter sich, glaubte, den heißen Atem seines Verfolgers zu spüren.

              Er hatte Angst.

              [...]
              ;;;;;;;;;

              Am stärksten finde ich den allein stehenden, kurzen Satz: Er hatte Angst. Nicht mehr und nicht weniger, schlicht Angst. Jedes weitere Wort, jedes show wäre überflüssig und würde den Text trüben.
              Zitat von ThetaHelion Beitrag anzeigen

              Allein für sich ist er aber trotzdem nur eine Behauptung. Warum hat er Angst? Wie äußert sich das? Als Leser will man mitfiebern, sich in den Prota bzw. die Situation hineinversetzen. Der Satz allein ist viel zu schwach, um wirken zu können - soviel habe ich zumindest in den letzten Monaten insbesondere hier in den Foren herausgefunden und gehe auch damit konform.

              Gerade bei dem Beispiel empfinde ich es auch wie Yggdrasil.
              Nicht nur die Worte selbst, auch der Aufbau des Textes, die Satzstruktur besitzen eine Melodie. Mit der kann man spielen, um Atmosphäre zu erzeugen. Die deutsche Sprache hat einen konkaven Spannungsbogen. Der Anfang ist stark, die Mitte hängt durch, das Ende ist sogar ein bisschen stärker als der Anfang.
              "Er hatte Angst" ist die Klimax. Angst. Punkt. Aus. Basta.

              In den einzelnen Beispielen, vor allem, wenn nur ein einziger Satz gegeben wird, kann kaum vollständig darüber geurteilt werden, welcher Satz besser klingt. Sätze müssen immer im Kontext bewertet werden.


              Wir hatten hier: http://wortkompass.de/forum/handwerk...=7019#post7019 eine Diskussion darüber, dass man einzelne Sätze nicht gut bewerten kann.

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                #24
                Zu Yggdrasils Beispiel: Ich finde das so ebenfalls sehr stark. Mit "Ich fuhr Auto" würde ich das gar nicht vergleichen, da Angst an sich schon ein Wort ist, das sehr stark ist und viel impliziert.
                Was ist Angst? Bloß ein rasendes Herz? Schweißkalte Finger? Zitternde Glieder? Fliegender Atem? Ich könnte noch beliebig viele körperliche Reaktionen auflisten, aber das würde immer nur einen Teil der Angst beschreiben. Nenne ich es dagegen beim Wort - Angst - und lasse ich dem Wort den Raum, um sich richtig zu entfalten und zu wirken, dann ist dieses eine Wort viel stärker als jede Beschreibung.
                Das funktioniert natürlich nicht mit allen Wörtern, sondern vorzugsweise mit den unkonkreten. Liebe, Hass, Sehnsucht, Heimweh, Angst, Panik, Abscheu ... all diese Dinge implizieren viel mehr als das, was wir mit Worten beschreiben können. Aber sie haben einen Namen und den können wir nennen.

                Ich finde es irgendwie unsinnig, dass wir wegen einer Regel, die Show don't tell lautet, aufhören sollten, die Dinge beim Namen zu nennen und nur mehr zu umschreiben. In vielen Fällen verwässern wir so nämlich die eigentliche Aussage, indem wir um das eigentliche Wort herumeiern wie um eine heiße Herdplatte. Ich bin für einen präzisen Schreibstil.
                Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

                So nah, so fern.

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                • ThetaHelion
                  ThetaHelion kommentierte
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                  Interessante Betrachtung. Da muss ich mal drüber nachdenken.

                • Dodo
                  Dodo kommentierte
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                  Furcht schärft die Sinne und ist sehr konkret. Angst ist unbestimmter. Panik betäubt die Sinne.

                • ThetaHelion
                  ThetaHelion kommentierte
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                  Gerade wollte ich mal die Kategorisierung hinter mir lassen und dann schreibst du sowas.

                #25
                Yggdrasil und ThetaHelion
                Ich denke, solche Sätze tauchen ja nicht ohne Kontext auf. Wenn nicht klar ist, wovor der Protagonist wegrennt, dann ist früher oder später eine Erklärung angebracht (auch wenn man die spannungshalber noch ein bisschen verschieben kann). Wenn die Szene aber mitten in der Handlung auftaucht, dann reicht ein "er hatte Angst" mitunter, weil der Leser genau weiß, wovor er Angst hat. Eine Alternative wäre zu schildern, was genau passiert. Wenn sich da hinter ihm ein Drachen durchs Geäst seine Bahn bricht und der Sandboden hinter seinen Fersen im Feueratem zu Glas wird, brauch ich nicht extra dazuschreiben, dass der Prota Angst hat.

                Was ich in dieser Situation tatsächlich vermeiden würde ist das übliche "zeigen" der Angst an körperlichen Anzeichen, weil zuviel Text in einer Actionszene das Tempo verwässert. Zumal man das übliche Herzrasen und Schweißausbrüche in dem Beispiel auch mit der Anstrengung des Rennens erklären könnte. Da sind wir wieder bei der Perspektive des Charakters; er wird sich kaum Gedanken machen, ob das Herzhämmern jetzt von der Angst kommt oder vom Rennen, es ist einfach in der Situation zu erwarten und daher keiner Erwähnung wert. Ich würde da z.B. eher gehetzte Sinneseindrücke der Umgebung bringen, weil der Prota verzweifelt nach Deckung sucht.
                Poems are never finished.
                Just abandoned.

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                • ThetaHelion
                  ThetaHelion kommentierte
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                  Warum? Der einleitende Satz erzeugt ja erst die bedrohliche Atmosphäre und nutzt Bilder, die mit Angstsituationen assoziiert werden: Verfolger, Knackendes Unterholz. Und wenn ich den heißen Atem schon zu spüren glaube, dann ist Angst schon fast zu schwach.

                • Ankh
                  Ankh kommentierte
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                  Ich finde, Angst ist kein schwaches Wort. Ich fänds eher doof, wenn man gleich Panik oder sowas auspackt. Angst ist ein sehr fundamentales Empfinden.
                  Klar ist es ein wenig überflüssig zu erwähnen, dass er es nicht saukomisch findet, einen Verfolger mit heißen Atem zu haben. Aber ich finde, es bringt einfach schön auf den Punkt, dass das jetzt absolut sein Fokus ist. Er hat Angst, Punkt. Über was anderes kann er jetzt grad nicht nachdenken, weil die Angst eben seinen ganzen Kopf und Herz und Bauch füllt.

                • ThetaHelion
                  ThetaHelion kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  Schwach ist vielleicht falsch ausgedrückt, aber zumindest ist es unspezifisch. Angst sich zu verletzen ist etwas anderes, als Todesangst. Aber es wird zumindest offensichtlich, wie subjektiv doch diese ganze Schreiberei ist.

                #26
                Das war die Aussage:

                Am stärksten finde ich den allein stehenden, kurzen Satz: Er hatte Angst.
                Eben, nur im Kontext wirkt er. Sonst ist es halt nur ein Fakt ohne nähere Alleinstellung.
                Panta rhei.

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                  #27
                  Also ich bleibe dabei, dass beide Varianten ihre Berechtigung haben. "Er hat Angst" telegraphiert das Gefühl quasi mit einem Holzhammer. Gezielt eingesetzt kann das gut wirken. Wenn man aber alle Informationen so vermittelt, nutzt sich das schnell ab.
                  Das selbe gilt aber auch für die berühmte Beschreibung von körperlichen Reaktionen. Wenn die Herzfrequenz einer Figur häufiger hoch und runter geht als bei einem 90-Jährigem mit defektem Schrittmacher, dann wird's schnell nervig.
                  Das ist halt das schwierige beim Schreiben. Formulierungen finden, die treffend sind, aber noch nicht so überstrapaziert, dass sie beim Leser nichts mehr auslösen.

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                  • Kuro
                    Kuro kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Genau die Erfahrung mache ich bei meiner Rohfassung auch gerade. Ich habe früher fast nur tell genutzt und auch eine ganze Weile gebraucht, das überhaupt zu erkennen. Mittlerweile vermeide ich es schon viel automatischer beim Schreiben, aber habe das Gefühl, dass es irgendwann einfach nur noch nervt. Da werden so einige show-Szenen in der Überarbeitung noch mal geändert werden, weil sie eben auch nicht mehr den Effekt erzielen.

                  #28
                  Wie gesagt: am besten erzeugt beim Leser selbst das Gefühl der Angst. Mir gefallen "Er hatte Angst" und die Beschreibung von körperlichen Reaktionen nicht. Wie spürt der Leser die Angst? Wahrscheinlich würde ich Fragen benutzen.

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                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    So in der Art:

                    Mir geht die Luft aus. Ich kann nicht mehr. Warum kommt er immer näher? Warum kann ich ihn nicht entkommen? Wo kann ich mich verstecken?

                    Serge ging die Luft aus. Er konnte nicht mehr. Warum kam der Verfolger immer näher? Der muss doch auch erschöpft sein.

                  • Kelpie
                    Kelpie kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Ich glaube, das ist wie oben mit der Benennung von Angst oder mit der Umschreibung: Geschmackssache. Muss sagen, dass Fragen bei mir gar nicht funktionieren, weil mein Kopf da automatisch blöde Antworten zu gibt.

                    Warum kommt er immer näher? Weil er schneller ist als du wahrscheinlich.
                    Warum kann ich ihm nicht entkommen? Das weiß ich auch nicht, aber die Geschichte wäre glaubhafter, wenn ich es wüsste.
                    Wo kann ich mich verstecken? Versuch's mal hinterm Baum.

                    Das reißt mich total aus dem Fluss (ergo kommt keine Spannung auf), deswegen bin ich generell kein Fan von Fragen in Texten (wörtliche Rede ausgenommen).

                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    In einer Geschichte wird dieses eingebettet.
                    Die Antwort der ersten Frage ist logisch.
                    Bei Angst weiß man ja oft keine gute Antwort, sonst hätte man keine Angst.
                    Vielleicht gibt es keinen Baum, weil es ein offenes Feld ist.

                    Für mich kommt da Spannung auf.
                    Ich liebe Fragen.

                  #29
                  Ich muss sagen, ich bin bei ThetaHelion was das Beispiel angeht.
                  Mir ist das, entschuldigt, zu plump? Oder ich weiß nicht wie ich es nennen soll. Aber nur die Aussage "er hat Angst" berührt mich nicht. Selbst in dem Kontext. Ich weiß ja, dass er verfolgt wird und nicht weiß, was/wer das ist und dann ist es für mich logisch, dass man da Angst haben müsste. Das braucht man mir dann nicht auf diese Art sagen. Da kann ich als Leser besser mitfiebern und empfinde es näher an der Figur, wenn ich die Auswirkung der Angst gezeigt bekomme (jede Person reagiert auf Extremsituationen anders - schreien, weinen, versteinern etc.) oder die Befürchtungen miterleben kann (Wenn der Verfolger vor mir am Haus ist, dann ist meine Frau ganz alleine dort und was er ihr antun könnte ...).

                  Aber letztendlich ist das ja Geschmackssache, wie man merkt.

                  Ich gehe mit Maggi konform, dass sowohl Tell als auch Show seine Berechtigung in Texten hat. Ich habe nur festgestellt, dass gerade Gefühle bei mir eine weit größere Wirkung haben, wenn sie gezeigt und nicht beschrieben werden.


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                    #30
                    Ich sehe es auch so, dass beides seine Berechtigung hat. Bei Gefühlen und der Atmosphäre benutze ich mehr show, bei Zeitsprüngen öfter tell, bei Handlungen eigentlich beides.

                    Das "Er hatte Angst!" Beispiel finde ich schwer einzuschätzen. Das kommt bei mir stark auf den Charakter an. Wenn es für ihn ewas besonderes ist, wirkt es. Wenn es nicht ganz so besonders ist, könnte man es noch durch ein Adjektiv steigern. "Er hatte Angst!" oder "Er hatte schreckliche/panische/furchtbare/blablubb Angst!" eignet sich gut, wenn es plötzlich sein soll.
                    Wenn es eher eine nagende Angst ist, würde ich auf jeden Fall show nehmen, weil ich das auch als wesentlich emotionaler empfinde, aber bei plötzlichen Angsteindrücken, finde ich einen solchen Satz okay. Erst recht wenn man das pochende Herz schon verwendet hat und es da überstrapazieren würde.
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