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    #16
    Ich hab keine Ahnung, ob es eine Definition von "richtig" gibt. Ich gehe da komplett mit Dodo.

    (Und sind es bei den Definitionen nicht auch nur irgendwelche Literaturwissenschaftsleute oder Schreiberlinge? Oh, ich hab eine Idee. Wir können ja es ja einfach festlegen! Die Frankfurter Schule und die Berliner Schule! Ha!)

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      #17
      Wenn man sehr pingelig herangeht, kann die Person nicht wissen, ob ihre Wangen rot werden. Das kann sie nur in einem Spiegel sehen. Sie kann jedoch spüren, dass ihre Wangen heiß werden und das mit früheren Erfahrungen verknüpfen. Die roten Wangen sind demnach bereits eine Schlussfolgerung. Aber bei der dritten Person bin ich da nicht so genau. Nur bei der Ich-Perspektive muss man aufpassen.

      Ansonsten ist der Filmkamera-Vergleich missverständlich, weil die klassischen Einstellungen immer das, was man sieht, betreffen: Totale, Halbtotale, Amerikanische, Schulterschuss, Nahaufnahme usw.. Im Film gibt es im Grunde nur den Unterschied zwischen Ich-Perspektive und dem ganzen Rest, aber das, was gesehen wird, unterliegt den Regeln der Kameraeinstellung so wie alle Einstellungen. Es ist also Vereinbarung, ob gerade die Person die Totale sieht oder der auktionale Kameramann. Taucht die Figur nicht auf, ist es Ermessenssache, ob der Schwenk über den Canyon von der Person gesehen wird oder eine Betrachtung von außerhalb ist.

      Die konsequente Ich-Perspektive kommt nur extrem selten vor. Man kann solche Filme an einer Hand abzählen, ich selbst kenne nur zwei oder drei.
      Dafür ist die "tiefe" dritte Person häufiger, weil sie dem Zuschauer mehr entgegenkommt. Aber auch hier gibt es sehr konsequente Durchführungen nur selten.

      Man könnte "Victoria" (2015) als Beispiel heranziehen, der in einer einzigen Einstellung gedreht wurde und das Mädchen als Sichtmittelpunkt hat. Sie kommt in fast jeder Szene vor, aber auch dort gibt es Schwenks zu ihren Mitspielern, die somit den konsequenten Blickwinkel etwas aufweichen. "Memento" wäre ein anderes Beispiel.

      Ein solcher Film müsste demnach die Hauptperson in jeder Einstellung zeigen, da er so am nächsten an der Ich-Perspektive dran wäre - wo ja Dinge, die die Person nicht wahrnimmt, nicht gezeigt werden können.

      Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
      Mark Twain

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        #18
        Dodo Victoria Badabumm ja genau, dann bin ich wohl bei der Sache echt pingelig ... wenn ichs schon bei den Abstufungsgraden des deep POV nicht bin 😄🙈 Übers Rotwerden stolpere ich beim Lesen massiv. Für mich müssten die Wangen heiß werden / glühen. Ich hab schon ein Problem, wenn mein POV die Augenbrauen hochzieht, obwohl das ja ne bewusste Bewegung sein kann.
        and it's not what we think
        rather the opposite
        it's staring at the end of you.

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          #19
          ... und das eine hängt echt mit dem anderen zusammen. Für mich ist „Ich wurde rot“ perspektivisch falsch, während „ich spürte, wie ich rot wurde“ richtig wäre. Das ist dann aber für einige von euch distanzierter, also ein weniger „deeper“ POV. Oder?
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            #20
            Beim Rotwerden kann man das sehr wohl wissen. Zumindest manch einer, keine Ahnung, ob das für jeden gilt. Aber wenn ich weiß, dass ich immer, wenn meine Wange glühen auch wirklich rote Wangen habe (und sowas kann man im Laufe seines bisherigen Lebens beobachten), dann kann ich durchaus auch ohne Spiegel wissen, dass ich gerade leuchte. Und dann ist das auch kein Perspektivfehler.
            Bei anderen Sachen funktioniert das nicht unbedingt, aber gerade bei dem Beispiel kann es das sehr wohl.
            Ich komme aus Ironien.
            Das liegt am sarkastischen Meer.

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              #21
              Eigentlich wäre "ich schämte mich" auch richtig, oder? Dass ich beim Schämen regelmäßig rot werde, beruht dann auf früheren Erfahrungen. Ich weiß, dass ich verlegen bin, aber ich weiß nicht, ob ich rot werde.

              Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
              Mark Twain

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                #22
                Ich versteh Eure Auffassungen, aber für mich persönlich ist egal, ob ich schreibe, "er spürte, dass er rot wurde" oder "er wurde rot". Das eine enthält eine Filterphrase mehr, und das vermeide ich, wenn ich nah an der Figur sein will. Das kann aber jeder anwenden, wie er mag.
                Wenn jemand nicht spüren kann, dass er rot wird, dann ist das so. Ich kann's, und daher können es meine Figuren auch

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                  #23
                  Meine bescheidenen Erfahrungen sagen, dass man es nicht immer merkt. Das gilt auch für diejenigen, welche man angesprochen hat: "du wirst ja ganz rot". Vielleicht liegt es auch daran, dass derjenige dann gerade an einem wichtigeren emotionalen Problem knabbert und einem das Rotwerden egal ist. Das Darauf-Ansprechen verstärkt es nur noch...

                  Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
                  Mark Twain

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                    #24
                    Jeder hat seinen Erfahrungen ... Ich weiß sehr genau, wann ich rot werde (ohne Spiegel und ohne Ansprache), daher wissen es meine Figuren auch. Ich kann das nicht verallgemeinern.
                    Wenn jemand einem sagt "Du wirst ja ganz rot", dann sagt das nicht, dass der Rotwerdende das nicht weiß, es sagt nur, dass derjenige, der es sagt, unsensibel ist.

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                      #25
                      Bin da komplett bei Zwielicht . Über die Farbe meiner (wenigen) Haare denke ich nicht nach, also hat das da für mich nix verloren. Würde auch statt rot werden was schreiben wie "Ihre Wangen begannen zu glühen" o.ä., weil ich das rot werden erst indirekt herleiten muss (auch wenn ich das aus Erfahrung sicher könnte).

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                        #26
                        Dodo jepp, Filterphrasen vermeide ich auch, wo es nur geht. Beim durchgenudelten Beispiel geht es für mich halt nicht.

                        Ich weiß natürlich, was ihr meint: Logisch weiß mein POV aus Erfahrung dass, wenn seine*ihre Wangen glühen, er*sie auch rot wird. Trotzdem bin ich (!) mit der Formulierung „er*sie wurde rot“ schlagartig außerhalb des Erlebens dieser Figur. Isso. Aber musso natürlich nich bei euch sein
                        and it's not what we think
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                          #27
                          Ich glaube auch, dass man mehr oder weniger Filter dazwischenschalten kann. Schreibe ich z.B. „Ich bekam Hunger“, so ist dies bereits eine Interpretation aus sympathischen und parasympathischen Signalen, die man natürlich beschreiben kann, die aber jeder als Hunger kennt. Das Endresultat wird klar formuliert. „Mir knurrte der Magen“ ist verständlich, aber „ich begann zu zittern“ oder „mir brach der Schweiß aus“ ist missverständlich, weil es nicht immer eindeutig zum Hunger zuzuordnen ist. Insofern ist exakt das, was ich oder die Person gerade erlebt, nicht unbedingt das, was am Ende gesagt werden soll. Deswegen ist „ich wurde rot“ im Sinne einer klaren Aussage besser als geratene Interpretationen von „meine Wange wurde glühendheiß“, was nicht zwingend Rotwerden aus Scham oder Wut bedeutet, sondern auch ein Mückenstich oder ein Ekzem sein kann...

                          Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
                          Mark Twain

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                            #28
                            "Ich stehe aufrecht" ist bereits aus zig Sinnen zusammengefummelt von unserem Hirn. Daher hab ich mit "Ich werde rot" kein Problem, aber natürlich ist das Gefühl und Wellenschlag. Ist doch gut, wenn nicht alle dasselbe schreiben.

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                              #29
                              Zitat von Badabumm
                              Deswegen ist „ich wurde rot“ im Sinne einer klaren Aussage besser als geratene Interpretationen von „meine Wange wurde glühendheiß“, was nicht zwingend Rotwerden aus Scham oder Wut bedeutet, sondern auch ein Mückenstich oder ein Ekzem sein kann
                              Dass das besser ist, ist jetzt deine subjektive Bewertung. Aber die Argumentation ist ziemlich schwach: Rot werden kann ich genauso aus anderen Gründen, wie dem genannten Mückenstich, und das "aus Scham" zur Erklärung kann ich in beiden Fällen anfügen/dazudenken oder nicht.

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                                #30
                                Wieso geratene Interpretation? Sowohl Leser als auch Figur haben doch Kontext dazu, wann und wie und warum jemand heiße Wangen bekommt - oder sonst was tut. Das steht doch nicht im luftleeren Raum. Wenn da steht "er rieb sich verlegen über die heißen Wangen" ist das keine geratene Interpretation, sondern exakt das was die Figur in dem Moment fühlt: Verlegenheit. Wir machen diese Interpretation doch über unsere eigenen Handlungen ständig. Also ich zumindest denke nicht: "ich renne schnell und schneller" sondern "ich muss mich beeilen und die Beine in die Hand nehmen". Und ich kann sehr wohl fühlen, wie sich "meine Beine überschlagen", wenn ich versuche schneller zu rennen als ich kann - weil ich das Gefühl mit diesen Worten identifiziere. Gerade Gefühle sind sehr stark an die Worte und Phrasen unserer Sprache gebunden, eben weil körperliche Reaktionen wie heiße Haut oder Zittern oder Herzklopfen alles bedeuten können, aber erst durch unsere Interpretation aufgrund der Situation/Kontextes klar wird, was wir fühlen. Manchmal sogar mit Fehlinterpretation.
                                Das sind immer so Dinge, wo ich gerade bei Ich-Perspektive rauskomme, wenn Dinge beschrieben werden, die man sich selbst nie beschreiben würde, sondern bereits als Interpretation verinnerlicht. Rote Wangen können dazu. gehören Man sagt ja durchaus zu einem anderen: "Ach hör doch auf, ich werd noch ganz rot", um auszusagen, dass man sich verlegen fühlt. Unabhängig davon, ob man weiß, dass man selbst tatsächlich rot wird wenn die Wangen heiß sind oder nicht. Darüberhinaus kann sich eine Figur auch einbilden, rot zu werden vor Scham, selbst wenn das kein objektiv sichtbarer Fakt ist und kein Spiegel dabei steht - weil die Figur ihre eigenen Gefühle dahingehend interpretieren kann, dass sie so schamerfüllt und verlegen ist, dass sie rot werden m u s s. In dem Fall muss die Figur nicht in den Spiegel schauen, um zu wissen, ob sie tatsächlich rot wird oder nicht, weil das Gefühl des Schams dadurch ausgedrückt wird, dass sie d e n k t sie wird rot.
                                Genau das ist, was ich an Deep-PoV so mag: Die Interpretation der Figur über die Situation und über die eigenen Körperfunktionen. Denn in dieser Interpretation steckt die Persönlichkeit der Figur.
                                Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
                                to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
                                A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
                                You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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