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Weltenfrage #5 - Nun sag, wie hast Du's mit der Religion?

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    Weltenfrage #5 - Nun sag, wie hast Du's mit der Religion?

    Weltenbau #5 – Nun sag, wie hast du’s mit der Religion?
    Religion beim Bau fiktiver Welten. Eine echte Gretchenfrage.



    Die Prämisse:
    Kaum eine uns bekannte Kultur kommt ohne Religion aus – seltene Ausnahmen bestätigen hier die Regel. Man könnte sogar argumentieren, dass in vielen Staaten, in denen der Atheismus gefördert wurde (meist im marxistisch-leninistischen Kontext), die Ablehnung eines Glaubens so extreme Formen annahm, dass sie schon fast wieder religiöse Züge hatte. Eines der wenigen Länder der Erde, in denen ein Großteil der Bewohner sich als Atheisten betrachten, ist z.B. Vietnam.
    Aber selbst Menschen, die sich selbst nicht als religiös bezeichnen würden, bekennen sich oftmals zu Wertvorstellungen, die in der ihnen vertrautesten Religion eine zentrale Rolle spielen. (Z.B. das Gebot „Du sollst nicht töten!“, das auch viele Nicht-Christen unterstützen.)
    Als Leser erwarten wir, in fiktiven Welten bis zu einem gewissen Grad Vertrautes vorzufinden. Eine Welt, in der Religiosität in keiner Form vorkommt, wäre also wahrscheinlich unglaubwürdig.

    Und nun?
    Das bringt den Autor, der nun fleißig eine Religion entwickeln will, natürlich zu der Frage: was ist das eigentlich? Wie immer hilft Wikipedia weiter, und ich gebe hier gekürzt wieder: Religion ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage der Glaube an bestimmte transzendente Kräfte ist. Gemeinsam ist also allen Religionen, dass sie alleine auf dem Glauben an etwas Übernatürliches beruhen. Dieser Glaube ist nicht rational oder wissenschaftlich beweisbar, sondern beruht auf individuellen und intuitiven Erfahrungen.

    Dann kann ich mir ja ausdenken, was ich will!
    Ja, im Prinzip schon. Bei kaum einem Feld kann der Autor sich so austoben wie beim Erfinden neuer Religionen. Er kann seine Völker an das heilige Gänseblümchen oder einen himmlischen Drachen glauben lassen, an Tausende unsichtbare Götter oder die Heiligkeit einer realen Teetasse. Auch die zur Religion gehörigen Riten sind kaum einer Beschränkung unterworfen. Wenn der Autor es will, dann gilt Meerwasser als spirituell reinigend, Gläubige tragen immer grün, neugeborene Kinder werden mit Asche und Honig gesegnet, und das Essen von Salatblättern ist in Vollmondnächten ein schwerer Frevel.

    Aber ist das dann auch glaubhaft?
    Das bringt mich wieder auf meine oben postulierte Behauptung zurück, dass man sich als Leser eben doch nur ein Stück weit auf eine fiktive Welt einlassen kann. Irgendein vertrautes Element muss vorkommen, sonst können wir uns mit der erzählten Geschichte nicht identifizieren.
    Ich denke deshalb, dass es sinnvoll ist, eine Religion nicht „ins Blaue hinein“ zu erfinden, sondern sich existierende Religionen als Grundlage zu nehmen. Andernfalls wirkt die erdachte Religion doch gerne unfreiwillig komisch. (Oder freiwillig komisch, wie Terry Pratchett in „The Truth“ demonstriert hat: „It'll be all right as long as you've got your potato!“).
    Sehen wir uns mal die wichtigsten Fragen bei der Stiftung, äh, beim Erfinden neuer Religionen an:

    Ein Gott oder mehrere?
    Wir leben in einem Zeitalter, in dem die monotheistischen Religionen ihre große Stunde haben, das war im Altertum aber anders. Wahrscheinlich war die erste monotheistische Religion Echnatons Sonnenkult – ein Konzept, das auf wenig Gegenliebe stieß und bald mitsamt dem religionsstiftenden Pharao entsorgt wurde.
    Polytheistische Religionen mit gleichberechtigten Göttern sind heute z.B. Bön, Santeria, Candomblé oder Shintō. Der Hinduismus ist kein echte polytheistische Religion, da alle Millionen Hindu-Götter nur als verschiedene Ausdrucksform einer einzigen, göttlichen Kraft gelten. Auf die meisten traditionellen afrikanischen Religionen gehen von einem Hauptgott mit mehreren Untergebenen aus und zählen damit nicht als polytheistisch.
    Monotheismus bedeutet erst einmal nur, dass der Gläubige sich verpflichtet fühlt, nur einem bestimmten Gott zu huldigen. Er kann die Existenz anderer Götter aber durchaus anerkennen. Selbst in den zehn Geboten ist das gar nicht so eindeutig geregelt: das zweite Gebot befielt „Du sollst neben mir keine anderen Götter haben!“ Gott verlangt also Exklusivrechte von seinen Gläubigen. Es wird aber nicht die Behauptung aufgestellt, dass es keine anderen Götter gäbe. (Die Nachbarstämme dürfen ruhig an Baal glauben, wenn sie wollen – sie werden schon sehen, was sie davon haben.)
    Zwischen Poly- und Monotheismus gibt es also überraschende Überschneidungen. Selbst ein Anhänger einer echten polytheistischen Religion kann sich monotheistisch verhalten, indem er immer nur seinen Lieblingsgott anbetet.

    Wie sind die Götter denn so?
    In vielen Religionen stellt man sich die Götter als Personen vor – Ludwig Feuerbach hat es mit „Homo Homini Deus est“ schön auf den Punkt gebracht. „Der Mensch ist dem Menschen ein Gott“, anders gesagt: der Mensch projiziert das, was er gut kennt (nämlich sich selbst), in seine Vorstellung des Göttlichen. Das macht die Götter schön verständlich und ihr Verhalten begreifbar. Die altgriechischen und -nordischen Götter sind hier Paradebeispiele mit ihren ewigen Streiterein und Ränkespielen.
    Andere Religionen stellen sich die Götter als Tiere oder Chimären vor, um ihre Einzigartigkeit auszudrücken. Meine ganz persönliche Favoritin der letzteren Gruppe ist eindeutig die altägyptische Ipet-weret-em-chet-Nut, die meist als schwangeres Nilpferd mit Krokodilsrücken, Menschenhänden und Löwenpranken dargestellt wurde.

    Gibt es überhaupt einen Gott?
    Auf den ersten Blick eine blödsinnige Frage, aber tatsächlich existieren einige Religionen, die gut ohne Gott auskommen. Gute Beispiele sind hier der Buddhismus und Jainismus. Allerdings gibt es hier Grenzfälle: obwohl Buddha kein Gott ist, wird er in der Realität oftmals wie einer vereehrt – das heißt, er wird angebetet, ihm werden Opfer dargebracht, und der Gläubige bittet manchmal um konkrete Dinge, die Buddha erfüllen soll.

    Wie sieht das mittlere Management aus?
    Bei sehr vielen Religionen gibt es noch eine Art mittleres Management zwischen dem Chef/Gott und seinen Untergebenen/Gläubigen. Oft sind diese übernatürlichen, aber nicht (haupt)göttlichen Wesen Vermittler zwischen den Menschen und den Göttern, das muss aber nicht sein – manche sind auch im wahrsten Sinne des Wortes böse Plagegeister. Engel, Heilige, Totems und Kraftiere sind gute Beispiele für die Erstgenannten, die japanischen Yōkai oder die Ifrit aus dem arabischen Raum fallen eher unter die zweite Gruppe.

    Und das Bodenpersonal?
    Da gibt es drei Arten: zum einen die kontemporären religiösen Führer, zum anderen die Religionsstifter, und dann auch noch göttliche Menschen.
    Die religiösen Führer, die im Alltagsleben relevant sind, dürften beim Erfinden einer neuen Religion am wichtigsten sein: gibt es PriesterInnen, Vorbeter, Hexen, Inquisitoren, Schamanen, Geistersprecher? Sie, ihre religiösen Riten und ihre Alltagsgebote sind das, womit unsere Protagonisten in Berührung kommen. Auch vergöttlichte Menschen können in einem Roman eine Rolle spielen. Gibt es so etwas wie einen menschgeworden Gott (historisch Jesus, oder aktuell die nepalesischen Kumaris), oder Menschen, die zu Lebzeiten zu Göttern erklärt wurden (wie im antiken Rom)?

    Und sonst noch?
    Man kann das Thema beliebig ausweiten, und existierende Religionen noch auf viele andere Faktoren hin untersuchen. Welche Haltung haben die Götter z.B. gegenüber ihren Gläubigen und der Welt? Haben sie sie erschaffen und lassen sie seitdem in Ruhe, oder greifen sie in das Leben der Gläubigen ein? Gibt es Wunder? Kann der Gläubige sein Schicksal selbst in die Hand nehmen, sein Seelenheil durch Sünden gefährden, sein Karma mit guten Taten verbessern, sich per Ablassbrief einen Platz im Himmel vorkaufen – oder folgt das ganze Leben des Gläubigen einem vorgegebenen göttlichen Plan? Was war überhaupt der Auslöser für die Religion? Eine göttliche Stimme, ein Regenbogen, oder eine vom Himmel gefallene Kiste (man denke an die Cargo-Kulte)? Wird die Religion überhaupt überall auf der Welt gleich ausgelegt? Ich bin z.B. in Indien einmal von einer Christin entsetzt zurechtgewiesen worden, weil ich Schweinefleisch gegessen hatte – dem katholischen Priester in Niederbayern wird aber kaum jemand seinen Schweinsbraten ausreden können.

    Persönlich glaube ich, dass man sich beim Ausdenken einer Religion nicht mit allen hier aufgeworfenen Fragen auseinandersetzen muss, um sie glaubwürdig erscheinen zu lassen. Wie bei praktisch jedem Thema im Bezug auf Weltenbau kann man sich schnell in zu vielen Details verzetteln, die für den Plot nicht relevant sind.
    Allerdings finde ich auch, dass gerade Religionen etwas sind, die man mit einer gewissen Sorgfalt entwickeln sollte, damit sie realistisch wirken. Und mir fallen nur wenige Bespiele für ausgedachte Religionen ein, die sich (für mich) wirklich stimmig anfühlen. Daher würde mich interessieren:

    Gibt es in Euren Welten überhaupt Religion(en)?

    Wie entwickelt ihr diese?

    Sind Eure Götter „real“ und greifen in ihrer Welt ein, oder sind sie abstrakte Konstrukte?

    Gilt die Zuordnung „ein Volk, eine Kultur, eine Religion“, oder erkennen alle Völker die gleichen Götter an?

    Sind Eure Protagonisten gläubig? Und wenn ja, warum habt Ihr Euch dafür entschieden?

    Gibt es in Euren Welten auch Atheisten oder Agnostiker?

    (Auf religiöse Praktiken, wie z.B. Bestattungsriten oder Hochzeitsbräuche, wollen wir gesondert eingehen, die könnt Ihr hier also erstmal weglassen.)



    Ich bin sehr gespannt auf Eure Antworten!
    - Alys
    Always avoid alliteration.

    #2
    Gibt es in Euren Welten überhaupt Religion?

    Mein letztes Projekt ("Das Tal der lebenden Seelen") hatte viele urzeitliche und indianische Züge. Es spielt in einem gewaltigen Tal, das, wie eine Schüssel, von hundert Meter hohen Felsenwänden umgeben wird. Die Wände schließen an eine flache weitere Welt an. Die Ebene, die sich bis ins Unendliche erstreckt. Dort ist nichts, nur flaches unbewachsenes Land und Stille. Nach dort oben klettert nie jemand, denn die Ebene wird als das Land der Toten angesehen, die das Tal umgibt.


    Die Religion selber ist ein Ahnenkult, und die Verstorbenen auf der Ebene werden verehrt. Ganz wichtig ist dabei "der letzte Atem", der steigt nämlich beim Tod eines Menschen in den Himmel auf und wandert durch einen der beiden Monde/Tore auf die Ebene. Dabei ist es ein gutes Omen, welcher der beiden Monde klarer scheint in der Nacht des Todes. Ganz wichtig ist, dass der letzte Atem den Körper verlassen kann. Erstickt derjenige etwa, dann stirbt die Seele mit dem Körper.

    Sind Eure Götter „real“ und greifen in ihrer Welt ein, oder sind sie abstrakte Konstrukte?

    Die Ahnen werden durchaus als real vorausgesetzt, greifen jedoch nicht ein. Sie sind jedoch der Grundstein für den wichtigsten Aspekt des Tals, die Tiergefährten.
    Wenn ein Mensch stirbt, und die Seele durch ein Tor auf die Ebene verschwindet, verbleibt die Kraft des Ahnen im Tal. Diese Kraft belebt dann Wesen, die sie streift. Das sind normalerweise nur zwei: Einen Menschen und ein Tier.
    Weil die beiden bei ihrer Geburt vom selben Ahnen Kraft bezogen haben, verbindet sie ein besonderes Band.

    Gilt die Zuordnung „ein Volk, eine Kultur, eine Religion“, oder erkennen alle Völker die gleichen Götter an?

    Zusätzlich zu den verstorbenen nächsten Verwandten und den Ahnen im Ganzen werden bestimmte Helden verehrt. Die Menschen im Tal leben in Clans und verstreut und glauben, dass ihr spezifisches Volk von einem bestimmten Helden gegründet wurde, und schreiben diesem noch allerhand anderes Tolles zu. Aus dessen Name leiten sich dann auch alle Namen des Clans ab (als Endung, hinten dran gehängt). Die anderen Clans haben natürlich einen anderen Helden und schreiben diesem die ganzen Taten zu. Ein anderer Clan verehrt eine ganze Gruppe von Helden.

    Sind Eure Protagonisten gläubig? Und wenn ja, warum habt Ihr Euch dafür entschieden?


    Es ist wichtiger Bestandteil der Kultur, Sprache und Geschichte. Eine gewisse Gläubigkeit ist also jedem Charakter eigen.

    Gibt es in Euren Welten auch Atheisten oder Agnostiker?

    Seltsamerweise nicht, das könnte ich noch einbauen ...

    "Dann glauben Sie mir also?", fragte Bastian.
    "Selbstverständlich", antwortete Herr Korander, "jeder vernünftige Mensch würde das tun." - Michael Ende

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      #3
      Danke für die spannende Frage. Ich freue mich schon darauf, die Antwortern der User zu lesen.

      Gibt es in Euren Welten überhaupt Religion?
      In meinen Welten gibt es keine Religion. Meine Vorfahren kommen nämlich aus einem dieser "atheistischen" Länder, und so bin ich auch aufgewachsen. Ich habe kein Gefühl für Religion und kann nicht nachempfinden, was Religiosität für einem bedeutet.

      Gibt es in Euren Welten auch Atheisten oder Agnostiker?
      Alle sozusagen, auch wenn sie mit "O Gott" herumfloskeln.

      Kommentar


        #4
        Ich finde Religionen unheimlich faszinierend und wichtig. Menschen brauchen ein System, sich die Welt zu erklären, früher war es Religion, heute ist es oft Wissenschaft. Besonders spannend finde ich die Christianisierung der Germanen. Meine Professorin für Mediavistik hat einmal gesagt: Es geht nichts verloren. Wenn der Bauer sein Feld nicht mehr mit 'nem germanischen Gott segnen darf, muss sich die katholische Kirche eben einen Heiligen dafür ausdenken. Es ist erstaunlich, wie viele Gemeinsamkeiten die Geschichte des Heiligen Georgs mit keltischen Fruchtbarkeitsriten hat. Religion muss sich eben an die Lebenswirklichkeit der Gläubigen anpassen; ich denke, dass ist beim Weltenbau am Schwierigsten zu berücksichtigen.

        Gibt es in Euren Welten überhaupt Religion(en)?
        Jede Welt, in denen meine Geschichten spielen, haben Religionen. Religionen spielen nur nicht immer eine Rolle für meine Geschichten.
        Für mein Nomadenvolk habe ich mir selbst eine Religion ausgedacht, es changiert zwischen Animismus und Polytheismus. Ich lasse mich da von Shinto und Tengrismus (und ein bisschen europäische Pantheons, die kennt man hier eben ) inspirieren. Allerdings gehe ich dabei nicht so hart ins Detail wie bei der Sprache. Die meisten meiner Figuren sind nicht hart gläubig, Traditionen und Alltagsrituale sind für sie wichtig, mehr weil es ihre Kultur und ihr Lebensstil ist, weniger weil sie ohne den Segen ihrer Götter und Geister nichts könnten. So wichtig ich Religion finde, so gruselig finde ich fanatisch Gläubige und solch ein Denken geht mir total ab, das möchte ich in meinen Geschichten nicht mit einbeziehen. Ein bisschen Ratio und Menschenverstand, wenn man seine Welt betrachtet, hat noch niemandem geschadet.
        Ich hab aber auch einen Geschichtszyklus, in dem Götter selbst auftretende Figuren sind. Diese sind stark an slawische und griechische Gottheiten angelehnt bzw verarbeite ich Mythen der Proto-Indo-Europäer in dem Zyklus. Angefangen hat alles mit einem Buch namens "The Gender of Death", das erklärt, warum Tod manchmal als Mann und manchmal als Frau und manchmal als Skelett dargestellt wird. Hochinteressantes Buch!

        Wie entwickelt ihr diese?
        Ich lese mir Bücher zur Religionen und religiösen Konzepten durch, finde sie höchst interessant und vielsagend, und wenn ich denke, dass sie in eine Geschichte reinpassen, nehm ich sie rein.
        Für meine Nomaden bin ich allerdings dezidiert die Liste der Götterfunktionen durchgegangen und hab mir überlegt, wozu bräuchte dieses Volk eine benannte Anbetungsfigur - welche Lebens- und Kulturaspekte sind also besonders wichtig. Tod? Definitiv, das geht jedes Volk was an. Fischfang? Nope, leben nicht am Meer und nicht von Fischen. und so weiter.
        Für meinen Geschichtszyklus mit den Götterfiguren bin ich irgendwann in den Untiefen Wikipedias versumpft und auf ziemlich coole Dinge gestoßen. Unter anderem nahm ich mir die Liste des mythischen Tiere und Fabelwesen vor und hab mir überlegt: Was klingt toll, aber schreibt niemand drüber. Wusstest ihr, dass ein Stamm der amerikanischen Ureinwohner einen Unterwasserpanther verehren/verehrt haben? Europäer kennen nur Meerjungfrauen...

        Sind Eure Götter „real“ und greifen in ihrer Welt ein, oder sind sie abstrakte Konstrukte?
        Wenn die Religion ein wichtiges Element in meiner Geschichte ist, so sind Götter und Geister zumindest für meine Figuren immer real … und ich stelle gerade fest, sie sind auch in der Geschichte immer real (wenn die Religion so einen wichtigen Platz einnimmt), weil ich das irgendwie spannender finde. Denke ich. Meistens spielt Religion in meinen Texten keine Rolle, sodass es schon etwas sehr Besonderes geben muss, damit sie prominent hervortritt und reale Wesen als Götter ist da schon besonders.

        Bei meinem Nomadenvolk sind die Götter und Geister reale Wesen und interagieren mit der Welt und den Figuren. Der zentrale Konflikt ist, dass die Hauptfigur gegen den Hauptgott in den Krieg zieht, von daher…
        Für meinen Geschichtszyklus war auch immer klar, dass die Götter real sind. Von Anfang an griff der Todesgott in die Geschichte ein, selbst als noch nichts von meinem endgeilen Götter-Zyklus-Konzept zu sehen war, sondern es einfach nur eine püselige, romantische Kurzgeschichte war.

        Gilt die Zuordnung „ein Volk, eine Kultur, eine Religion“, oder erkennen alle Völker die gleichen Götter an?
        Bisher habe ich noch nicht über verschiedene Völker in Kontakt miteinander geschrieben. Aber ich hab mal erste Gedanken zu einer großen Welt mit verschiedenen Völkern und Kolonien usw. gehabt und da war immer klar, dass unterschiedliche Kulturen auch unterschiedliche Religionen haben. Ob der Kontakt dann friedlich oder feindlich ist, müsste sich noch zeigen.

        Sind Eure Protagonisten gläubig? Und wenn ja, warum habt Ihr Euch dafür entschieden?
        Meine Hauptfiguren sind nicht streng gläubig bzw. die Hauptfigur in meinem Nomadenvolk glaubt an die Götter, aber nicht an ihre absolute Macht. Dass der Hauptgott existiert und die Welt und Menschen etc erschaffen hat, stellt er nicht in Frage, trotzdem will er ihn töten, denn für ihn stehen auch Götter nicht über allem. Wer Fürchterliches tut, muss die Konsequenzen tragen, ob Gott oder Mensch.
        Wie oben bereits gesagt, es gibt eine Grenze wo mir Gläubigkeit zu viel wird und das kann und möchte ich nicht schreiben. Deswegen sind alle meine Protagonisten, selbst wenn Religion wichtig und sie gläubig sind, recht weltlich eingestellt und ein gutes Argument kann immernoch über die Glaubenspraktik triumphieren.

        Gibt es in Euren Welten auch Atheisten oder Agnostiker?
        Bestimmt, das war nur bisher nicht spannend genug zu schreiben. Da ich bisher noch keinen Kontakt verschiedener Glaubensvorstellungen geschrieben habe, kamen solche Fragen nicht weiter vor. In meinem Nomadenvolk gibt es sicher welche, die stärker und schwächer an die Götter, Mythen und Rituale glauben oder vielleicht auch gar nicht, aber das ist (noch nicht) Teil der Geschichte. Obwohl es vielleicht einen ganz interessanten Punkt brächte, hm...
        Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
        to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
        A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
        You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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        • Alys II.
          Alys II. kommentierte
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          Gender of Death - das würde mich auch interessieren. Ich hatte in der Vorweihnachtszeit ziemlich viel recherchiert über Personifikationen des Todes (wegen der Todes-Ausschreibung vom Leseratten-Verlag), aber das Buch kenne ich nicht.

        • In-Genius
          In-Genius kommentierte
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          Alys II. Ich hatte es auch nur durch Zufall in der Unibibliothek entdeckt. Ich stöber gerne bei der Kunstgeschichte rum. Es ist ein wirklich aufschlussreiches Buch, nicht nur über unsere Idee vom Tod und seine Personifikation, sondern wie sich das auch verändert und sich den neuen Kulturströmungen anpasst.

        #5
        Ich persönlich liebe fiktionale Religionen, weil sie einer Welt sehr viel Leben und Kultur einhauchen können, und mich immer neugierig machen. Je ungewöhnlicher desto besser.

        Trotzdem bastle ich mir selbst sehr, sehr selten Religionen, und wenn dann gehe ich nach dem Prinzip "je weniger desto besser" und baue eher unwichtige Details ein als große Philosophien, oder stibitze mir einfach etwas aus existierenden Religionen. Ich weiß nicht, ob mir da einfach die Kreativität fehlt.
        Und trotzdem nimmt Religion oft einen wichtigen Teil meiner Geschichten ein, auf die ein oder andere Weise, Mal als Antagonist, mal als moralischer Kompass für den Prota.

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          #6
          Gibt es in Euren Welten überhaupt Religion(en)?
          Natürlich. In meiner Geschichte existieren mehrere Götter, zusammengefasst in einem Pantheon. Dort sind sie gegliedert in Haupt- und Nebengottheiten. Während die Hauptgottheiten - ähnlich wie im Christentum - über allem stehen und "unfehlbar" sind, bekommen die Nebengottheiten immer menschlichere Züge, zanken sich und spinnen Intrigen. Zusätzlich existieren auch zahlreiche lokale Gottheiten, die nur in bestimmten Regionen angebetet werden. Vielleicht sollte ich auch dazusagen, dass nicht alle Götter überall gleich angebetet werden. Z.B. wird in Küstenregionen ein bestimmter Gott (des Meeres) stark angebetet, dem im Landesinneren aber kaum Beachtung geschenkt wird.
          Alle diese Götter haben auch bestimmte Aufgaben und Charaktereigenschaften.

          Wie entwickelt ihr diese?
          Ich orientiere mich vor allem an den Göttern der griechischen und nordischen Mythologie, lasse mich aber auch vom Christentum oder dem Schamanismus inspirieren. Ich gehe aber immer mit dem gleichen Grundsatz vor: den Gott, den ich brauche, erfinde ich. (Sozusagen spiele ich mich als Herr über die Götter auf.)

          Sind Eure Götter „real“ und greifen in ihrer Welt ein, oder sind sie abstrakte Konstrukte?
          Weder noch. Sie greifen nicht in die Welt ein, und kein Sterblicher hat sie jemals gesehen. Aber alle Personen glauben an die Götter, als ob sie reale Wesen wären. Es ist in etwa so wie in der heutigen Zeit mit den Vitaminen: Keiner von uns hat jemals eines gesehen, und trotzdem sind wir fest davon überzeugt, dass es sie gibt.

          Gilt die Zuordnung „ein Volk, eine Kultur, eine Religion“, oder erkennen alle Völker die gleichen Götter an?
          Hm … schwierige Frage. Im Grunde ist es so, dass alle an die gleichen Götter glauben. Nur dass sie je nach Volk anders heißen und ihnen etwas andere Eigenschaften zugeschrieben werden. Es ist in etwa so wie mit der griechischen und römischen Mythologie. Hera und Juno, Mars und Ares, Venus und Aphrodite, Merkur und Hermes - sie alle sind die gleichen Götter, sie heißen nur anders.

          Sind Eure Protagonisten gläubig? Und wenn ja, warum habt Ihr Euch dafür entschieden?
          Ja, sie sind es. Wem sollen sie sonst die Schuld für irgendetwas geben? Ich meine, sie sind nicht so gläubig, dass sie den ganzen Tag beten und für alles die Götter verantwortlich machen. Aber wenn zum Beispiel seit Tagen am Meer kein Wind geht, kann es schon passieren, dass der Protagonist aufsteht und herumschreit: "Wer von euch Trotteln hat Maranan verärgert?!" oder vor einer Schlacht zu den Göttern gebetet wird. (Mir kommt da gerade eine Idee für einen Konflikt: Ein Priester, der wegen Missernten und Seuchen auf die Idee kommt, den Göttern ein Menschenopfer zukommen zu lassen …)

          Gibt es in Euren Welten auch Atheisten oder Agnostiker?
          Nein, nicht dass ich wüsste. Jeder glaubt an irgendetwas oder -jemanden, und wenn es die Ahnen sind. Ich glaube, Atheisten würden in dieser Welt ohnehin nicht lange überleben und wegen Gotteslästerung hingerichtet werden.


          Richtig eingesetzt können Götter die Geschichte würzen, wenn man es übertreibt kann man sie damit aber auch ungenießbar machen. Es kommt hier sehr auf das Können des Autors an, da ein Übermäßiger Gebrauch die Geschichte unglaubwürdig machen kann.
          Es gibt aber auch Bücher, die ganz ohne Religion auskommen, wie den Herrn der Ringe. Man hat dort auch nicht das Gefühl, dass diese fehlen würden.

          Lg Alvias
          Man sagt, dass ein Buch Einblick in das Innerste des Autors gibt ... wenn das stimmt, möchte ich mit mir nichts mehr zu tun haben.

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          • Alys II.
            Alys II. kommentierte
            Kommentar bearbeiten
            Zitat von Alvias Beitrag anzeigen
            [B]Ich gehe aber immer mit dem gleichen Grundsatz vor: den Gott, den ich brauche, erfinde ich.
            Dieses Konzept kommt mir wahnsinnig bekannt vor.

          #7
          Alvias Im Herrn der Ringe bzw. im gesamten Tolkien-Universum gibt es Religionen, sie spielen nur im Plot keine Rolle und Tolkien hat es bei Andeutungen belassen, wie diese Religionen im Detail aussehen.

          Konkret erwähnt Tolkien die Verehrung von Melkor, die vor allem von Númenóreanern betrieben wird, und in der Menschenopfer eine Rolle spielen. Es gibt/gab einen großen Melkor-Tempel in Númenór. Nach dem Fall Melkors wurde Sauron von seinen Anhängern wie ein Gott verehrt.
          Daneben gibt es noch die Religion um Eru Ilúvatar, sozusagen die Religion der Guten. Ein Altar von Eru Ilúvatar wird einmal erwähnt, ansonsten scheint diese Religion aber größtenteils ohne Tempel, Schreine, Priester etc. auszukommen.
          Always avoid alliteration.

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          • Alvias
            Alvias kommentierte
            Kommentar bearbeiten
            Genau das hab ich gemeint, bis auf zwei, drei Andeutungen kommt die Religion schlicht nicht vor. Auch wenn es sie gibt, wird sie im Herrn der Ringe (bis auf diese Andeutungen) nicht behandelt. (Im Silmarillion ist das glaube ich anders, wenn ich mich nicht täusche. Und wenn doch; bitte nicht steinigen, ich muss zugeben, dass ich es zu meiner Schande noch nicht gelesen habe)

          • Alys II.
            Alys II. kommentierte
            Kommentar bearbeiten
            Das Simarillion habe ich auch nie ganz durchgekriegt. Bei aller Liebe zu Tolkien, ich fand's einfach langweilig.

            Mit der Religion im Herrn der Ringe haben wir dann einfach aneinander vorbei geredet. Du hast natürlich Recht, da sie im Plot nicht relevant ist, kommt sie eigentlich gar nicht vor. Ich habe nur der Korrektheit halber erwähnt, dass es Relgion und Glaube in dieser Welt aber schon gibt, als Hintergrundrauschen sozusagen - denn ich habe ja oben die These aufgestellt, dass eine Welt komplett ohne Religion sich nicht so glaubwürdig anfühlen würde.
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