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Wann ist ein Vergleich schlecht?

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    #16
    Vergleiche sollten meines Wissens vor allem eine Stimmung oder ein Gefühl vermitteln. Die optische Ähnlichkeit ist dabei zweitrangig. Ein Autor kann eine Figur gern mit einem Berg vergleichen, um ihre Überlegenheit zu vermitteln. Palun hat das schön dargelegt und gute Beispiele gebracht. Und ja, es ist sicher nicht verkehrt, wenn die Vergleiche auch zur Perspektive passen

    Der Möweneidotter hätte mich wahrscheinlich ein wenig irritiert, weil ich nicht weiß, was der Vergleich aussagen soll. Aber es hängt natürlich auch von der Geschichte ab. Wenn sie davon handelt, eine Möwenart vor dem Aussterben zu retten, kann die Dottersonne zu Beginn eines neuen Tages durchaus symbolträchtig sein.
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    Zuletzt geändert von Flossenschwinge; 21.12.2019, 14:41.

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      #17
      Vergleiche können Stimmungen und Gefühle vermitteln, aber hauptsächlich sollen sie abkürzen, in dem sie auf fertige Bilder zurückgreifen. Im engeren Sinn sind Vergleiche eine Art von Fanfiktion, bei dem sich der Autor nicht mehr die Mühe machen muss, etwas länger zu erklären oder zu beschreiben, weil es bereits im Geiste des Lesers vorhanden ist. Die Arbeit, ein ganzes Universum zu erklären, wird durch die Realität und den Erfahrungen des Lesers selbst übernommen.

      Ein Vergleich ist dann schlecht, wenn er zu mehr Irritationen als zu Nutzen führt. Der Nachteil eines Vergleiches ist nämlich, sobald er alleine steht, dass er den Leser ebenso auf eine falsche Fährte führen kann wie zu übertriebenes "zeigen statt erzählen". Der Leser wird mit dem Bild alleine gelassen und der Autor kann nur hoffen, dass die Bilder so wie gewünscht auch interpretiert werden. Jeder Leser hat aber ein anderes Weltbild und andere Vorstellungen, so dass am Ende nicht immer dasselbe im Geiste des Lesers geformt wird.

      Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
      Mark Twain

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Könnte aber ein "irritativer" Vergleich nicht auch dessen Stärke sein? Wenn man als Leser durch eigene Interpretation auf eine andere Ebene gelangt, die auch der Geschichte dienlich ist - selbst wenn es der Autor gar nicht auf diese eine mögliche Interpretation des Lesers angelegt hat, sondern nur die Fantasie des Leser befeuern wollte? (Dummes Beispiel: Gedichte habe ich nie so verstanden wie mein Lehrer. Und der meinte (leider), er allein hätte den Dichter verstanden. Vielleicht wollte der aber, dass man sein Gedicht so oder so oder so versteht).

      • Badabumm
        Badabumm kommentierte
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        In den meisten Fällen wird ein misslungener Vergleich wohl ins Komische abrutschen. Da kein Leser dem anderen gleicht, erzeugt das entstandene Bild sowieso immer andere Assoziationen, da ist anzunehmen, dass manche Vergleiche voll daneben treffen. Irritation im Sinne von Unverständnis ist aber dem Lesefluss nicht förderlich. Leitet er den Leser auf eine parallele, aber genauso glaubhafte Fährte, erfordert das schon hohe Schreibkunst, die mehrere Ebenen in einem Bild gleichzeitig erzeugen kann. Sobald es nur Zufall und ungewollt ist, möchte ich es lieber als misslungen bezeichnen.

      #18
      Zitat von Peter Beitrag anzeigen
      Das Möweneidotter hätte ich gut gefunden, wenn der Prota auf den vorhergehenden Seiten die Klippen hinauf geklettert, Möweneier geklaut und später gegessen und beschrieben hätte. Dann wäre der Bezug vorhanden, so wirkt es etwas gekünstelt.
      Bein manchen Vergleichen drängt es sich mir das Bild eines Autors auf, der vor seinem PC sitzt und irgendetwas ganz Besonderes zusammenbastelt, um krampfhaft jedes Klischee zu vermeiden.
      Das fasst es für mich gut zusammen. Ich mag Vergleiche nicht, wenn sie mich aus dem Lesefluss herausreißen, weil sie krampfhaft originell sein sollen. Und leider ist das oft so. Es muss nicht jedes Klischee auf Teufel komm raus vermieden werden.
      Auch wenn man in der Liebesschnulze zum tausendsten Mal liest "ihre Haut war weich wie Samt", dann ist das irgendwie ok, weil "samtweich" halt so Wort ist, das wir alle dank Kosmetikwerbung mit Haut assoziieren. Wenn da aber steht "ihre Haut war weich wie der Flaum auf den Blättern eines Woll-Ziests", dann ist das einfach krampfhaft erzwungen originell (außer, der Prota, der das denkt, ist ein verschrobener Botaniker - dann passt es wieder).
      Always avoid alliteration.

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      • weltatlas
        weltatlas kommentierte
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        Bei Samt habe ich "Löschpapier im Mund"-Assoziationen.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        LOL. Jedem, was er kennt!

      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        ich bin da bei Alys II.
        Qualitätssamt fühlt sich tatsächlich schön an. Diese Faschingskostümpannesamt-Billigmodesamt-Dinger fühlen sich hingegen wirklich schrecklich an. So gegen-den-Strich-bürsten-schrecklich.

      #19
      Das Lektorat einer Agentur hat mein Jugendbuchmanuskript begutachtet und bewertet. Es wird eine "Vielzahl wirklich außergewöhnlicher Vergleiche und Bilder" gelobt (*freu*). Aber dann folgt die Feststellung:

      Leider wird die Sprache oftmals genau in den Momenten konventionell, wenn es um ihre romantischen Gefühle geht: „Seine Lippen waren Schmetterlingsflügel, die zart und leicht meine Ohrmuschel berührten.“ (S. 143) oder „Zärtlich fuhren seine Hände über meinen Rücken, wo seine Finger […] brennende Spuren hinterließen.“
      Und damit hat das Lektorat absolut recht: Da habe ich mich mit abgegriffenen Vergleichen zufriedengestellt, nicht die eigene Phantasie spielen lassen, sondern im Bächlein konventioneller Formeln gefischt.

      Daher wäre meine Antwort auf deine Frage: Unbedingt die Möweneidottersonne! Und eher nicht der rote Lampion (o.ä.), von den man schon tausendmal gelesen hat.

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      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Ich sehe das auch zwiespältig. Manche Vergleiche sind abgenutzt, weil sie nun einmal einfach gut und treffend sind. Soll ich stattdessen krampfhaft einen suchen, der nicht so perfekt passt, aber dafür originell ist? Ich finde, das merkt man manchen Vergleichen (negativ) an, dass die nur ausgedacht wurden, um einen abgedroscheneren zu vermeiden ...
        Vielleicht ist die beste Strategie, wenn man keinen guten, treffenden und originellen Vergleich findet, einfach auf dieses Stilmittel zu verzichten

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ankh ... und das tut manchmal weh, weil man spürt, dass genau an dieser Textstelle alles nach einem Bild oder Vergleich schreit ...

      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Dodo Auch wahr. Meine Strategie besteht bisher darin, dann den abgedroschenen Vergleich hinzuschreiben und zu hoffen, dass mir bei der nächsten Überarbeitung was Genialeres einfällt XD Das klappt allerdings nur, wenn man beliebig viele Überarbeitungsdurchgänge vor die (Nicht-)Veröffentlichung setzt ...

      #20
      Ganz simpel: wenn ich beim Lesen eines Vergleiches denke: "Häh??", dann ist der schlecht

      Augen so blau, wie eine Kornblume, die am Ende des Sommers von einem Wanderer zertreten wird ...? Das mag ja für die Autorin (und das Lektorat, durch den dieser Satz gegangen ist), der Mega-Knaller gewesen sein, aber ich fand das einfach nur total bescheuert.

      Generell bin ich kein Freund von ungewöhnlichen, nie dagewesenen Vergleichen. Mir sind die Schmetterlinge im Bauch und die Hitze wie im Backofen usw wesentlich lieber als zertretene Kornblumen-Augen. Ich finde "normale" Vergleiche weder unkreativ noch platt, solange sie nicht ständig benutzt werden, bzw ich brauche Vergleiche sowieso nicht in jedem zweiten Satz. Gut dosiert im ganzen Roman dürfen sie bei mir auch das Simpelste vom Simpelsten sein.

      Aber natürlich mag ich auch gute außergewöhnliche Vergleiche, bei denen ich denke: "Ja, das kenne ich auch!" Erinnerungen, die undeutlich sind, als hätte man sein Leben unter Wasser verbracht/wie ein Buch, das man vor Jahren gelesen hat - die habe ich neulich gelesen und haben einem Buch, das ich vom Schreibstil her eher mäßig finde, einen gewissen Kick verliehen.

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      • Amilyn
        Amilyn kommentierte
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        VickieLinn Dann bin ich ja beruhigt

      • Alys II.
        Alys II. kommentierte
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        Zitat von Amilyn Beitrag anzeigen
        Ganz simpel: wenn ich beim Lesen eines Vergleiches denke: "Häh??", dann ist der schlecht
        Ja. Das. Genau das. Ich hab' ja oben geschrieben, Peter fasst gut zusammen, was ein schlechter Vergleich ist, aber das hier bringt es noch präziser auf den Punkt.

      • In-Genius
        In-Genius kommentierte
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        Wo wir gerade bei Augen sind, ich war unheimlich stolz als ich einmal schrieb "Sein Blick traf ein Paar grauer Augen, grau wie eine Pusteblume." Alle 'normalen' Vergleiche für die Farbe Grau passten nicht.

      #21
      Meine ganz simple Antwort? Ein Vergleich sollte passen!
      Ein guter Vergleich trifft ins Schwarze. Man kann sich etwas darunter vorstellen, man versteht den Zusammenhang. Es macht Sinn, A mit B zu vergleichen.

      Ein schlechter Vergleich ist, meiner Meinung nach, einer, der zwar schön klingt, aber eigentlich nichts vermittelt. Ein paar aneinandergereihte Wörter, sonst nichts.
      Ein Bespiel wäre für mich: "Das Leben ist wie ein Schlüssel, denn es bringt einen immer voran." (Nein, der ist nicht ausgedacht, aber leicht verändert). Klingt im ersten Moment ganz nett, macht aber wenig Sinn. Oder "Ihre Augen waren groß wie der Himmel". Okay, der Himmel ist groß, ihre Augen sind groß. Gibt es mehr Gemeinsamkeiten? Macht es Sinn ein Auge mit dem Himmel zu vergleichen? Die Vorstellung, die dieser Vergleich mir vermittelt, ist ziemlich absurd. Er ist vielleicht nicht grottig, aber auch sicher nicht gut.

      Ein Vergleich sollte nicht zu offensichtlich (Ihr Auge, war wie ein anderes Auge, das er mal gesehen hatte), aber auch nicht zu weit hergeholt, absurd oder verwirrend sein.

      Ich bin im übrigen der Meinung, dass man als Autor überhaupt sparsam sein sollte mit Vergleichen und sie wirklich NUR dann, verwenden sollte, wenn sie Sinn ergeben oder eine treffende Vorstellung vermitteln.
      Das klingt erst einmal trivial, aber ich kenne leider viele Schreiber, die dieses Kriterium nicht beherzigen.

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Vergleiche mit "Dingen" gleicher Funktion gefallen mir durchaus, und ich finde das Bild des Schlüssels gar nicht schlecht. Es ist nur nicht zuende gedacht ... im Zusammenhang mit Leben. Das ist so'n Satz, über den könnte ich einen Aufsatz schreiben, wie er gemeint sein könnte, ob er passt oder nicht ... Daher gefällt mir dieser Vergleich, ohne dass ich ihn tatsächlich überaus zutreffend oder gelungen empfinde. Weil er mich zum Denken (fürs Kichern gäbe es auch schon wieder einen Sonderpunkt) anregt. Er hat Potential.

        Einen Vergleich heranzuziehen, wo das zu vergleichende Objekt nur eine oder zwei Eigenschaften mit dem Vergleich teilt, (Auge - groß; Himmel - groß) kann für mich prima funktionieren. Allerdings ist das Beispiel mit dem Auge und dem Himmel ein wenig ... furchterregend, weil einfach monströs übertrieben. Für Tiefe oder Bläue fände ich ihn wieder legitim, wenn auch ausgelutscht.
        Zuletzt geändert von Dodo; 02.06.2018, 14:29. Grund: Singular und Plural.

      • Zwielicht
        Zwielicht kommentierte
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        Meine ganz simple Antwort? Ein Vergleich sollte passen!
        Ein guter Vergleich trifft ins Schwarze. Man kann sich etwas darunter vorstellen, man versteht den Zusammenhang. Es macht Sinn, A mit B zu vergleichen.
        Aber was nun ins Schwarze trifft bzw. passt, hängt ja auch vom Erfahrungshorizont der Perspektivfigur und des Lesers ab. Ich hab schon Vergleiche richtig toll gefunden, die andere als unpassend und absurd bezeichnet haben. Da ist halt immer ein großer Anteil Subjektivität im Spiel.

      • Chandramukhi
        Chandramukhi kommentierte
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        Dodo Das ist für mich genau das Problem. Der Vergleich könnte passen, ist aber nicht gut durchdacht. Und das muss ein Vergleich meiner Meinung nach sein. Würde dieser Satz zudem nicht für sich, sondern in irgendeinem Text stehen, wäre genau dieses "nicht zuende gedacht" für mich extrem störend, da ich mir beim Lesen erst einmal nichts darunter vorstellen kann. In dem Moment möchte ich lieber weiterlesen, anstatt mir über den Vergleich Gedanken zu machen.
        Was den Himmelsvergleich anbelangt, stimmt es durchaus, dass man Augen mit dem Himmel vergleichen kann. Bei der Farbe geht das sogar ziemlich gut. Das Problem bei diesem speziellen Vergleich ist für mich, dass das Bild, welches sich ergibt, nicht wirklich passt. Das "groß" steht in keiner Relation und weitere Zusammenhänge bestehen nicht. Das trifft für mich eben nicht ins Schwarze.

        Zwielicht Sicher. Da hast du recht. Nur mir ist es wichtig, dass der Vergleich zumindest durchdacht ist und im Kontext Sinn ergibt. Es sollte zumindest das Potential bestehen und nicht nur poetischer Unsinn dastehen.

      #22
      Zitat von Amilyn Beitrag anzeigen
      Augen so blau, wie eine Kornblume, die am Ende des Sommers von einem Wanderer zertreten wird ...?
      Der Vergleich wäre nicht nur doof, sondern wohl auch falsch, weil eine zertretene Kornblume höchstwahrscheinlich zermatscht auf der Erde liegt, also nicht mehr so schön blau wie aufgereckt und blühend in der Morgensonne ist... - sondern dreckig-braun.

      Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
      Mark Twain

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      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        ... oder es ist ein gerissenes Foreshadowing. Noch sind die Äuglein kornblumenblau (finde ich persönlich OK), aber wart's ab ... am Ende des Sommers sind die Hämatome am Abheilen.
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