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Wann ist ein Vergleich schlecht?

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    Wann ist ein Vergleich schlecht?

    Im Rahmen der Mittwochfrage #63 klagen viele über schlechte Vergleiche/Bilder/Metaphern. Ein Beispiel war eine Sonne, die die Farbe von Möweneidotter hatte. Ich finde den jetzt nicht schlecht, wenn er zu der Erzählstimme und deren Erlebenswelt passt.
    Mich machten Eure Urteile ganz nervös. Vielleicht neige ich in meinem Herzen zu Möweneidotterbildern.

    Was ist es, was Vergleiche etc für Euch schlecht macht?

    Was zeichnet einen guten Vergleich aus?
    Jetzt bitte nicht so etwas wie Frische oder Neuheit schreiben, sonst könnte man auch gleich einen x-beliebigen Werbeprospekt aufschlagen Sondern konkret Butter bei die Fische. Oder Möweneidotter.

    #2
    Vergleiche sollen dem Leser einen Aspekt der Geschichte näherbringen. Sie sollen das ständige Behaupten von Tatsachen auflockern. Das ginge bei mir, um bei deinem Beispiel zu bleiben, mit Möweneidotter schlecht, weil ich noch nie ein Möwenei gesehen/geöffnet/verarbeitet/gegessen habe. Da bleibe ich, aufgrund des Näherbringens, möglichst bei allgemein bekannten Dingen. Allerdings kann dein Möweneidotter trotzdem funktionieren, wenn es zur Sprache passt und ich einfach davon ausgehe, dass es schon dem Dotter eines normalen Hühnereis ähneln wird. Mancher wird sich dann jedoch fragen, wieso nicht gleich von einem normalen Dotter die Rede ist.

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      #3
      Ich würde sagen, ein guter Vergleich bringt inhaltlichen Mehrwert für die Geschichte: Entweder für emotionale Färbung im Allgemeinen oder Charaktergestaltung im Besonderen. So versuche ich beispielsweise Bilder zu wählen, welche zu den jeweiligen Figuren (in diesem Moment) passen, oder eine gewünschte Stimmung einfangen. Mehr oder weniger subtile Assoziationen wecken, die quasi zwischen den Zeilen schweben. Statt zu schreiben "Sie fühlte sich überfordert", klingen dann eben die Regentropfen auf dem Dachfenster wie "Geschosse", die auf sie niederprasseln. Oder es kann romantisch sein, dann versuche ich das einzufangen.

      Beschreibungen sind kein Selbstzweck, sondern mMn immer im Kontext zu sehen. Bestenfalls treiben sie gleichzeitig Interaktionen voran, erlauben Überleitungen, sind von inhaltlicher Bedeutung.

      Wenn ich die Sonne beschreibe, dann doch nur, um irgendwas damit zu reflektieren, eine Konnotation zu schaffen. Müdigkeit, Nostalgie, Romantik, irgendwas. Aber nichts davon harmoniert mit... einem Eidotter. Ich finde es irritierend, wie das Schrammen eines Tonarms über eine Platte. Es ist ein Geräusch, man hört es laut und deutlich, ja, aber es fügt sich in keine Melodie und verzerrt im schlimmsten Fall die Töne neben sich.

      (Anna fühlte sich traurig. Und die Sonne sah aus wie ein Eidotter, das gab ihr endgültig den Rest und sie zog die Vorhänge zu. Dreckstag!) ... Naja, fluppt eher so mittelmäßig
      "Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht."

      (Papst Gregor der Große)

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        #4
        Ich mag keine Vergleiche, bei denen man beim Lesen stockt.

        Das Möweneidotter hätte ich gut gefunden, wenn der Prota auf den vorhergehenden Seiten die Klippen hinauf geklettert, Möweneier geklaut und später gegessen und beschrieben hätte. Dann wäre der Bezug vorhanden, so wirkt es etwas gekünstelt.
        Bein manchen Vergleichen drängt es sich mir das Bild eines Autors auf, der vor seinem PC sitzt und irgendetwas ganz Besonderes zusammenbastelt, um krampfhaft jedes Klischee zu vermeiden. (Was mir oft genug selber passiert)

        Vergleiche, die ich mag, sind immer ein Teil meiner Erfahrungswelt oder, wenn ich selber schreibe, Teil der Erfahrungswelt meiner Leserzielgruppe. Bei dem gerne benutzten "Hände, mit denen man eine Ananas (oder XY) auspressen kann", habe ich ein Bild vor Augen. Hände sind klar, eine Ananas habe ich auch schon mal gesehen und in der Hand gehalten. Bei dem Vergleich kann ich einen Bezug herstellen, ein Bild entsteht und auch ein dazugehöriges Gefühl. Mal ehrlich, wer von uns hat denn schon mal ein Möweneidotter gesehen. Ich nicht. Deshalb entsteht bei mir kein Bild und auch kein Gefühl. Außer dem unangenehmen Gefühl, dass der Autor mir zeigen will, was er alles weiß und kennt, im Gegensatz zu mir. Wenn das in einem Text öfter passiert, wandert das Buch in die Tonne.
        I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

        Douglas Adams

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        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Du meinst, Dein Vergleich/Bild/ Metapher/Stocken hinkte und stolperte?

        • Peter
          Peter kommentierte
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          Dodo

          Wie so oft war ich in meiner Erfahrungswelt, in der ich mit dem Begriff 'stocken' etwas klar definiertes verbinde. Jep, manche Leser verbinden mit stocken etwas anders. Ist auch eine wertvolle Erfahrung für mich gewesen, dass nicht allen Lesern gefällt, was und wie ich schreibe.

          Von der Hoffnung auf universell gültige/anwendbare Vergleiche habe ich mich schon lange verabschiedet.

        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          So, und nun den nächsten Satz ...

        #5
        Ich finde, ein Vergleich muss zur Welt und zum Charakter passen. Jemand, der in der Wüste lebt, wird z.B. keine Vergleiche mit dem Meer und Fischen verwenden. Als Leser wünsche ich mir da lieber etwas, dass sich "echt" anfühlt.

        Das andere ist, dass ich bei einem Vergleich nicht groß drüber nachdenken möchte. Wenn der Autor ein Bild wählt, das mir unbekannt ist, dann reißt es mich raus. Klar kann man nicht immer einen Vergleich finden, den 100% der Leser verstehen, aber es muss auch nichts zu Exotisches sein

        Um das Beispiel mit dem Möweneidotter aufzugreifen: Das hätte mich rausgerissen, weil ich überlegt hätte, ob das so stimmt. Bei Hühnereiern sind die Dotter nämlich eigentlich gelb und werden oft nur durch Karotin im Hühnerfutter zu dem für uns gewohnten Orange. Und nachdem ich noch nie ein Möwenei zerschlagen habe, würde ich an ein Hühnerei denken - und das ist (selbst gefärbt) nicht rot wie die untergehende Sonne
        »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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          #6
          Mittlerweile überlege ich mir beim Schreiben ein Feld, aus dem mein Protagonist seine Metaphern und Vergleiche zieht. Die Sprache des Textes (bei Ich-PoV oder Deep-PoV) reflektiert die Sprache und damit Erlebniswelt der Erzählfigur. Ich denke, das macht seine Stimme authentischer und klarer.

          Möweneidotter find ich jetzt eigentlich witzig und mit einem Meer- oder Vogelthema im Text auch in Ordnung. Ich persönlich finde das Wort nur ein wenig lang. Vergleiche und Metaphern sollten meiner Meinung nach prägnant sein, Möweneidotter ist weniger prägnant als pedantisch - aber vllt ist das auch gewollt.
          Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
          to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
          A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
          You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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            #7
            Einerseits sollte ein Vergleich zum Charakter passen. Welche Assoziation hat die Figur bei dem Sonnenuntergang? Ob das ein Möveneidotter ist, ein impressionistisches Gemälde oder Blutschlieren sagt ja schon einiges über die Figur aus, und das finde ich besser als irgendetwas Oberflächliches.

            Andererseits finde ich, sollte auch der Leser einen Zugang zu dem Vergleich haben. Und da kann der Moveneidotter bei mir schon weniger punkten, da ich noch nie ein Mövenei zerschlagen habe. Ich habe keine Ahnung, welche Farbe dieser Dotter hat. Es mag noch so sehr für die Entdeckungsfreudigkeit einer Figur sprechen, wenn sie mir versucht zu erzählen "es schmeckte wie gegrillter Dodo", dann bleibt meine Vorstellung immer noch leer. Und dann hat der Vergleich in meinen Augen versagt, denn sein Zweck ist ja, in meiner Vorstellung Bilder, Gerüche, Geräusche, Geschmäcker hervorzurufen, die mich enger mit den Sinnenwahrnehmungen der Figur verbinden.
            Poems are never finished.
            Just abandoned.

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            • Ankh
              Ankh kommentierte
              Kommentar bearbeiten
              Dodo na, das unterstreicht ja dann schön meine Aussage XD Für die, die mal Dodo gegessen haben, war es sicher eine Erfahrung, an die sie sich erinnern und zu der sie Parallelen ziehen würden, wenn sie mal extrem zähes und faseriges Fleisch vorgesetzt bekommen. Für alle anderen taugt der Vergleich jedoch nichts, weil diese Assoziation eben schlicht nicht vorhanden ist.

            • Milch
              Milch kommentierte
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              Dodo, du schreibst nach Ankh nur für Geister, sehr alte Vampire und unsterbliche Menschen.

            • Ankh
              Ankh kommentierte
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              Milch ich hatte es tatsächlich erst in der Vergangenheitsform, aber das war mir grammatikalisch dann zu unschön ("hätten-ziehen-können-vorgesetzt-bekommen-haben"), daher habe ich mich für die zeitlose Variante entschieden

            #8
            Ich finde Vergleiche/Metaphern/etc. großartig, solange sie zur Stimme des Erzählers passen.
            Vor allem Nicht-Vergleiche mag ich gerne: "He flew through the air in the same way bricks don't". Natürlich wieder nur, wenn es zum Stil passt.

            Ich glaube stören tun sie dann, wenn sie nur and klischeehaften Stellen eingesetzt werden von einem Erzähler, der sie sonst auch nicht benutzt. Wenn Love-Interest's Augen "so blau wie das Meer" sind, aber sonst der Erzähler nichts mit Farben und Vergleichen am Hut hat, dann wirkt das einfach nur ausgelutscht und nicht drüber nachgedacht.

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            • Dodo
              Dodo kommentierte
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              Die "Nicht-Vergleiche" finde ich sehr cool, weil sie automatisch witzig sind. Nur dürfte man davon nicht zu viele streuen, dann wäre der Überraschungseffekt abgenutzt ...

            #9
            Es muss zum Stil des Textes passen. Bei einer Icherzählung sollte es auch zum Charakter, zur Zeit, zur Atmosphäre passen. Ansonsten bin ich sehr tolerant. Ich muss auch nicht jeden Vergleich verstehen, sondern nur einordnen können, oh jetzt bezieht die Figur sich wieder auf etwas aus der Gastronomie, außerdem muss ich spüren, welche Emotionalität es auslösen soll, der Vergleich ist eher schön und der Vergleich ist eher gehässig.

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              #10
              Ich kann mich dem Gros bereits Geschriebenem eigentlich nur anschließen: Es muss zur Geschichte und zum Charakter passen. Und dann auch noch in die Situation.
              Dazu sollte es der Zielgruppe nicht fremd sein. Natürlich weiß ich vorher nicht immer, wer genau das Geschriebene lesen wird, aber ich habe eine genaue Vorstellung davon, für wen ich schreibe. Ergo: schreibe ich für Jugendliche könnten z.B. Vergleiche mit älteren Schauspielern wenig funktionieren.

              Auch wenn ich noch nie einen Möweneidotter gesehen habe, würde für mich der Vergleich sehr gut funktionieren, wenn die Geschichte an der See spielt, der Charakter vielleicht ein Faible für die Nordsee hat oder wie von Peter beschrieben genau da gerade unterwegs ist.
              Aber ich bin selbst ein Nordseefan, vielleicht funktioniert für mich der Vergleich auch deswegen gut.

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                #11
                Ist es nicht auch eine Perspektivfrage, wie In-Genius bereits anklingen ließ?

                Mein DPOV-Prota ist Pharmazeut, also nutzt er aus diesem Bereich Vergleiche. Außerdem ist er Gamer und Nerd - die Vergleiche beziehen sich auf seinen Erfahrungshorizont und seine Art zu sprechen. Sie unterstreichen meine Figur.

                Dem auktorialen Erzähler wird da vermutlich mehr Freiheit ans Bein gebunden, bzw. an die Finger und das kann eine ganz schöne Krux sein. Natürlich sollte sich alles auf die Geschichte beziehen und der Geschichte dienen, als diese zu sabotieren. Aber der Auktoriale unterstreicht wohl mit den Vergleichen mehr die Geschichte selbst, als eine einzelne Figur (das würde man wohl beim Personalen, Ich-Erzähler erwarten.)

                Im Grunde ist vieles Geschmacksache. Für den Möwenei-Vergleich bräuchte ich außerdem mehr Kontext. Anhand eines einzigen Vergleichs, ohne Text, kann ich für mich noch nicht beantworten, ob er funktioniert oder nicht. Mein erster Impuls war aber: Wow, interessant.
                Nein das war ich nicht.
                Ach so, das!
                Ja, das war ich.

                Kontakt: administrator@wortkompass.de

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                  #12
                  1. Wenn sie geschrieben worden sind, um die Brillanz des Autors zu unterstreichen und/oder ihn zu befriedigen,
                  2. wenn sie das Leseverständnis erschweren und nicht erleichern,
                  dann sind sie schlecht.
                  1. Wenn sie nicht zur Wahrnehmung der Perspektivfigur / zur Erzählstimme / zur Situation / zur Atmosphäre passen,
                  2. wenn sie semantisch faktisch unlogisch sind,
                  dann sind sie erzähltechnisch falsch.
                  Zuletzt geändert von Victoria; 30.05.2018, 13:47. Grund: Zwielicht.

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                  • Zwielicht
                    Zwielicht kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Vickie, ich bedanke mich mal artig für das Beispiel Da ich weder mit den begriffen noch mit den Erklärungen irgendwas anfangen kann (unmusikalische Instrumentenhasserin), hilft es natürlich nur bedingt beim Thema Unlogik. Taugt aber großartig zur Brillantine-Verdeutlichung!

                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Ich hätte nicht gewusst, was ein Flagoelett ist, ich hätte da auch keinen Fehler entdeckt, aber ich hätte gespürt, was der Autor damit ausdrücken will. Ich nahm an, dass er unruhig war. Wenn wider Erwarten etwas ruhig beschrieben werden sollte, hätte ich damit meine Probleme gehabt.

                  • Dodo
                    Dodo kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Milch So geht es mir auch. Man muss nicht alles verstehen, um es zu begreifen. (Sonst könnte ich wahrscheinlich mein Auto gar nicht starten).
                    Das ist ähnlich wie bei Texten auf (Fremdsprache nach Wahl), selbst wenn man den buchstäblichen Sinne einer Vokabel nicht parat hat, kann sie trotzdem das passende Bild erzeugen bzw. eine passende Reaktion in einem anrühren, für die man vielleicht gar nicht die treffenden Worte in der Muttersprache findet.

                  #13
                  Ich mag ungewöhnliche Vergleiche, die
                  A. zur POV-Figur passen, dabei aber
                  B. auf keinen Fall gewollt oder übertrieben daherkommen.

                  Es muss sich so lesen, als ob die POV-Figur den für sie normalsten, natürlichsten Vergleich der Welt angestellt hat, fast ein bisschen hingerotzt und sofort weiter im Gedankenfluss. Der Leser darf gern dran hängen bleiben, wenn der Spurensicherer bei seinem Spaghetti-Eis an den letzten Mord durch Kopfschuss denken muss.
                  Die Perspektivfigur bzw. der Text dagegen darf auf keinen Fall hängen bleiben. Das beinhaltet meistens auch, dass die Vergleiche möglichst kurz ausfallen müssen. Und auch nicht scharenweise auftreten dürfen.

                  Wann ich einen Vergleich als nicht mehr natürlich, sondern als "gewollt" wahrnehme, ist schwer zu definieren. Klar könnte man jetzt sagen, für den POV aus dem Beispiel ist "Möweneidotter" der natürlichste Vergleich der Welt, für mich hört er sich trotzdem nicht so an. Sondern eher nach "Sonne? Hm, nicht zu poetisch, der Typ ist Pirat. Was Rustikales, oder was zu essen. Eidotter! Aber halt, Pirat, ha, MÖWENeidotter! Voll authentisch! Geil!"


                  Zitat von Peter Beitrag anzeigen
                  Vergleiche, die ich mag, sind immer ein Teil meiner Erfahrungswelt oder, wenn ich selber schreibe, Teil der Erfahrungswelt meiner Leserzielgruppe.
                  Ich mag lieber Vergleiche, die aus der Erfahrungswelt der Perspektivfigur kommen. Dabei können die völlig über meinen eigenen Horizont hinausgehen – ich muss es mir nur vorstellen können, dann passt das für mich. Dahingehend war Möweneidotter für mich übrigens kein Problem (wird schon nicht großartig anders sein als irgendein anderes Vogelei).

                  and it's not what we think
                  rather the opposite
                  it's staring at the end of you.

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                    #14
                    Es ist schon alles gesagt worden. Aber noch nicht von mir.

                    Ich, als Leser, mag den Vergleich, wenn er mir

                    a) ein Bild, das ich noch suche, kurz und überzeugend darreicht
                    "Seine Nase glich einer halbierten roten Paprika"

                    oder

                    b) ein Bild, das sich durch Gewohnheit bereits festgesetzt hat, markant und glaubhaft verändert anträgt
                    "Die Palme wedelte mit den Blättern, wie Don King mit Deutschlandfähnchen"

                    ...und dann dürfen sie gerne aus Absurdistan stammen

                    (Der Vergleich Sonne - Möveneidotter zählt eher nicht dazu, ihm fehlt mir die Glaubwürdigkeit)

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                    • Badabumm
                      Badabumm kommentierte
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                      Ich finde den Wedelvergleich zwar gut, kenne Don King aber nicht. Hier driften also praktische Verwendbarkeit und Vorstellung auseinander. Es ist wie mit dem Möveneidotter: ich gehe davon aus, dass er wie Hühnereidotter aussieht, also stelle ich mir Hühnereidotter vor. Beim Fähnchenwedeln stelle ich mir Palmen im Wind vor, leite daraus den Don King ab und wechsle zurück zur Palme. Dieser Zirkelschluss ist allerdings absurd und wenig zielführend.

                      Die Gefahr eines zu exklusiven und zu speziellen Vergleichs bleibt natürlich immer, weil man das Basiswissen einfach nicht für alle Leser als gleich voraussetzen kann. Aus der Ratesendung "Gefragt-Gejagt", die ich ab und zu gerne schaue, lässt sich gut ermessen, was Standardbildung heute verlangt. Da kennt man den Namen von Kylie Minogues Sohn, aber den von Herrn Ribbeck nicht mehr...
                      Zuletzt geändert von Badabumm; 30.05.2018, 14:59.

                    #15
                    Vergleiche zu verwenden, die aus dem Wortschatz des Protagonisten stammen, aber gleichzeitig vom Leser verstanden werden, ist eine extreme Gratwanderung.

                    Sogar Melville, dessen Ismael ja nun in einem Bereich unterwegs ist, den heute (!) kaum ein Leser kennt, weicht dann erstmal auf Allgemeines aus:
                    Zitat von H. Melville, Moby Dick
                    (...) dann schleppte ich jetzt ein Gewissen mit mir rum, daß das größte Schiff drunter absacken würde, das jemals um Kap Hoorn gesegelt ist."
                    "Kapitän Peleg", sagte Bildad unerschüttlich, "dein Gewissen mag zehn Zoll Tiefgang haben oder zehn Faden - ich weiß es nicht; (...)
                    Hier beruht der erste Vergleich auf Allgemeinplätzen (wenn es denn als Vergleich zählt), während der zweite, gleich danach, schon spezieller ist und Fachkenntnisse voraussetzt. Er wiederholt aber nur, was bereits gesagt wurde, es ist also "nur" eine Milieuschilderung und für die Charakterdarstellung wichtig.

                    (...) so daß die alte Marsstenge einem Galgen verzweifelt ähnlich war.
                    Hier wird allerdings Seefahrerwissen vorausgesetzt, da aber Melville auf jedes Detail mehrfach eingeht, kann sich der Leser im Laufe eines längeren Textes die Situation am Ende vorstellen. Im klassischen Sinn werden Szenen mehrfach erzählt, was heute eher unbeliebt ist, was ich aber für dringend erforderlich halte, wenn es um Fremdes geht. Nicht jeder kapiert's gleich beim ersten Mal ...

                    Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
                    Mark Twain

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                    • Badabumm
                      Badabumm kommentierte
                      Kommentar bearbeiten
                      Ne, schon klar. Geht mir genauso. Meist jedoch eher bei Fachtexten. Aber der Schreibstil, länger auf etwas herumzu"reiten", hat sich im Laufe der Jahrzehnte/Jahrhunderte durchaus geändert.

                    • In-Genius
                      In-Genius kommentierte
                      Kommentar bearbeiten
                      In dem letzten Buch, das ich gelesen hab, kam dieses Erzählmittel auch vor und zwar mit Ansage. Da stand dann immer wieder "um es anders zu sagen" und das war tatsächlich hilfreich. Es war ein Buch über Kryptographen und die haben natürliche alle Nasen lang von Kryptographie und Codes und Entschlüsselung geredet und wehe Mathematik war nicht in jedem dritten Satz drin. Da hilft es einem Laienleser, wenn die Situation oder der Gedankengang noch einmal anders geschildert wird, so zur Überprüfung der Leseannahmen. Trotzdessen ging es mir irgendwann ein wenig auf den Geist; ich glaube mehr die Ansage und weniger die doppelte Ausführung.

                    • Badabumm
                      Badabumm kommentierte
                      Kommentar bearbeiten
                      Erinnert mich an meinem Mathe-Dozenten, der das auch versucht hat, letzten Endes aber immer im selben Wortlaut hängenblieb - also damit keinerlei zusätzliche Klarheit reingebracht hat. Immerhin war die Stunde so schneller zuende ..,

                      Aber bei Sachbüchern finde ich das lobenswert. Wenn's hilft?
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