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Erzählhaltungen: Ich-Erzähler vs. 3. Person

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    Erzählhaltungen: Ich-Erzähler vs. 3. Person

    Ich grüble schon seit Tagen über folgendes Problem:

    Bislang habe ich immer in der dritten Person geschrieben und fühle mich eigentlich auch sehr wohl darin. Jetzt wird mein neuestes Projekt allerdings ein Jugendbuch – und da sehe ich unter den bekannteren Romanen ziemlich viele Werke aus der Ich-Perspektive. Jetzt stellt sich mir die Frage, ob ich das auch so machen sollte, um quasi mit dem Strom zu schwimmen, oder lieber meinen vertrauten Tonfall behalten soll, damit sich das Endwerk (im schlechtesten Fall) nicht so verkrampft liest.

    Deswegen brauche ich mal ein paar Tipps von den Ich-Erzähler-Profis unter euch:
    • Wo liegen für euch die Vorteile in dieser Erzählhaltung?
    • Macht es überhaupt einen so großen Unterschied, wie ich ihn mir gerade vorstelle?
    • Schreibt ihr nur in der ersten Person oder wechselt ihr die Erzählhaltungen?

    Und glaubt ihr, dass es genrebedingt einen Unterschied macht, in welcher Erzählhaltung man schreibt?
    "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
    (Peter Pan)

    #2
    Ich habe ja mal das Experiment gemacht, einen meiner Protas in der Ich-Perspektive zu schreiben (meine Geschichte ist eigentlich in der 3.Person), und ich finde auf jeden Fall, dass es einen Unterschied macht. Die Ich-Perspektive ist einfach unmittelbarer, ungefilterter. Handlung und Gedanken verschwimmen. Das kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass ich mich dabei dann auch eine Figur statt 5 konzentriere, aber diese eine Figur habe ich definitiv anders geschrieben.

    Dazu muss ich sagen, dass ich lieber in der 3. Person schreibe und lese. Beim Lesen zerstört mir die Ich-Perspektive gelegentlich die Spannung, weil ich denke, der Hauptfigur kann schon nix passieren, immerhin erzählt sie ja noch ihre Geschichte XD Beim Schreiben muss ich mich immer fragen, ob die Figur bei gewissen Dingen so ehrlich wäre, sie überhaupt zu erzählen. Allein, dass sie die Geschichte erzählt, muss also zu ihrem Charakter passen.

    Ich denke, es gibt genügend Jugendbücher in der 3. Person, dass du dich nicht gleich ins Aus katapultierst, wenn du keine Ich-Perspektive schreibst. Ob sie bei den Lesern besser ankommt ist schwer zu beurteilen; ich denke, der Trend kommt eher von Autorenseite. Vielleicht fällt es einigen so auch einfacher, sich in eine jugendliche Hauptperson hineinzuversetzen.

    Du kannst das Experiment ja mal wagen, vielleicht stellst du fest, dass dir die Ich-Perspektive bei diesem speziellen Projekt sogar leicht fällt. Wenn nicht, würde ich aber nichts erzwingen, sondern so schreiben, wie du dich mit dem Text wohlfühlst.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    Kommentar


    • Milch
      Milch kommentierte
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      Aus diesem Grund meide ich solche Szenen, wo jemand am Abgrund steht und droht abzurutschen, weil wir das Ergebnis meist schon kennen, da ist die Perspektive eher zweitrangig. Wenn es eine weitere Ebene gibt, kann es auch wieder spannend sein.

    • Kelpie
      Kelpie kommentierte
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      Wenn Klippenszenen, dann nur mit Tod oder Schwerverletzung Ansonsten finde ich sie heute einfach unnötig "um in das Kapitel ein bisschen Spannung reinzubringen". Kann ja nicht sein, dass jemand ne Klippe hochklettert und kein einziges Mal abstürzt, oder?

      Zurück zum Thema, ich finde, es ist ein sehr guter Gedanke, ob der Charakter des Protagonisten dazu passt, eine Ich-Geschichte zu erzählen. Man stelle sich eine Ich-Geschichte aus Voldemorts Sicht vor
      Gerade bei sehr heftigen Szenen, sei es Kampf, sei es Streit muss man da sehr genau aufpassen, was man schreibt, weil der Protagonist an dieser Stelle sicherlich nur eine stark eingeschränkte Sicht hat.
      Und was bei Jugendbüchern zwar nicht so relevant sein dürfte, aber was ich bei Erwachsenenbüchern immer seltsam finde: Sexszenen aus der Ich-Perspektive. Als Ich-Erzähler würde ich da sicherlich drüber schweigen XD

    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Ich finde ja, Ich-Perspektive geht ganz gut mit Präsens, weil dann der Erzähler nicht weiß, was noch kommt. Oder eben mit einer Art auktorialem Ich-Erzähler, der dann gleichzeitig das Geschehen im nachhinein mit seinem inzwischen erworbenen Überblick kommentiert oder bewertet.

    #3
    Normalerweise schreibe ich in der 3.Person.
    Mein aktuelles Projekt (YA totaler Genremix) habe ich in der 3. Person angefangen und schreibe es gerade in die Ich-Form um. Ich finde es passender und wollte es gerne einmal ausprobieren, wahrscheinlich aus den gleichen Gründen wie Sophie

    Die ersten 20 Seiten waren grauenhaft schwierig zu schreiben, inzwischen habe ich mich mit der Ich-Form sehr angefreundet. Die Nebenhandlungen laufen weiterhin in der 3. Person, auch um sie abzugrenzen.
    Zuletzt geändert von Peter; 30.12.2017, 15:35.
    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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      #4
      Ich hab in der Ich-Erzählung noch nicht so viel Praxiserfahrung, aber mich schon ein paar Mal in meinen Manuskripten daran versucht, und ich kam drauf, dass mir das Schreiben in der Ich-Perspektive einfach leichter fällt. Daher mache ich es teilweise sogar schon so, dass ich Szenen, wo es mir sehr schwer fällt, mich in einen Charakter reinzuversetzen, zuerst in der Ich-Perspektive schreibe (denn dann fühle ich mich noch mehr im jeweiligen Charakter "drin"), und es danach erst umwandle. Ich schreibe in der Ich-Perspektive witziger Weise mit weniger unnötigen Füllwörtern und einfach mehr auf den Punkt kommend.
      Und ich habe mir fest vorgenommen, den ein oder anderen Roman dann auch mal in ner Ich-Perspektive zu veröffentlichen. -- Ich mochte diese Perspektive früher nicht, weil sie mMn manchmal einfach zu sehr ins "Labern" abdriftet, aber es gibt auch Bücher, die mir das Gegenteil eindrucksvoll bewiesen haben, und ich selbst fühle mich so beim Schreiben eben einfach noch besser mit meinen Charakteren verbunden. Privat (also Spin-Offs oder so, wenn mir mal langweilig ist) schreibe ich eigentlich fast nur noch in Ich-Perspektiven. Gerne auch im Wechsel zwischen verschiedenen POVs.

      Du kannst es ja einfach mal austesten ... Mich selbst hat es -- wider Erwarten! -- entkrampft. Aber ich bin nicht Du, da hilft wohl nur ausprobieren
      Ich denke, wenn Dir die Ich-Perspektive tatsächlich nicht liegt und Du Dich mit der 3. Person lockerer, besser fühlst, dann musst Du ja nichts erzwingen. Klar sind andere Geschichten immer ein Richtwert, aber man kann ja durchaus auch seinen eigenen Stil gut einsetzen.

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        #5
        Ich mag die Ich-Perspektive sehr gern. Meine Kürzestgeschichten schreibe ich gern aus dieser Perspektive, da das Erleben unmittelbar ist. Da die Ich-Perspektive aber rein wahrnehmungstechnisch recht einschränkend ist finde ich sie für ein langes Projekt schwer umzusetzen (wobei das natürlich nur meine Erfahrung ist.). Allerdings habe ich schon viele Geschichten testgelesen, die das wirklich gut umgesetzt haben.

        Möglicherweise kommt es ja auf Deine Prämisse an? Ist es ein Entwicklungsroman und der Fokuss auf der Ich-Person, dann lohnt sich diese Perspektive. Ist es aber ein Highfantasy, wo viele Zusammenhänge erkklärt werden "müssten" könnte die Ich-Perspektive den Leser "blind" machen, da die Sichtweite einfach stark eingeschränkt ist.

        Generell bin ich aber schon Fan von einer gut geschriebenen Ich-Perspektive.
        Nein das war ich nicht.
        Ach so, das!
        Ja, das war ich.

        Kontakt: administrator@wortkompass.de

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          #6
          Ich hab mal in FB-Gruppen YA-Leser und -Schreiber gefragt, was sie am liebsten lesen oder schreiben – 1. oder 3. Person, Präsens oder Präterium. Die Antworten waren ganz bunt gemischt, jeder hatte seine eigenen Präferenzen. Fazit: Schreib so, wie du dich am wohlsten fühlst und wie es (stilistisch) am besten zu deiner Geschichte passt. Es muss authentisch sein.

          Ich schreibe die 3. Person lieber, obwohl mein jetziges Projekt in der 1. Person ist. Am Anfang konnte ich mich nicht daran gewöhnen, und daher existieren verschiedene Versionen, in denen ich Peron und Zeit ausgetestet habe.

          1. Person
          Pro:
          • der Text ist unmittelbarer
          • manche Stilmittel, die einen Show-Effekt haben, lassen sich besser umsetzen
          Kontra:
          • die Perspektive ist arg eingeschränkt; es gibt keine Erzählstimme, die relativieren kann
          • Multiperspektive in der 1. Person finde ich doof
          • Wortwiederholung "ich, ich, ich"
          .
          3. Person
          Pro
          • Multiperspektive ist einfacher möglich
          • die Perspektive ist nicht so fixiert, man kann in den Deep Point of View (die einen ähnlichen Effekt wie die 1. Person hat) hineinzoomen und im selben Kapitel auch wieder etwas Abstand nehmen
          • die Sprache hat ein größeres Spektrum (Erzählstimme, Gedankenrede, Erlebte Rede, usw. können verschiedene Stimmen haben)
          Kontra
          • Erlebte Rede ist immer noch nicht so nah wie die Gedanken in der 1. Person ("Sollte er sich doch zum Teufel schere" vs. "Scher dich zum Teufel"). Natürlich kann man zweiteres als Einwurf in den Text einweben, aber das geht dennoch nicht in der Quantität und Qualität wie mit der 1. Person
          • 3. Person plus Präsens klingt doof
          Zuletzt geändert von Victoria; 30.12.2017, 14:20.

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          • weltatlas
            weltatlas kommentierte
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            Milch, kann man Dir irgendwie helfen? Bspw. irgendwelche Posts löschen?

          • Milch
            Milch kommentierte
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            Nur die löschen, wo Maus steht.

          • Victoria
            Victoria kommentierte
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            Milch
            Ich weiß es nicht, weil kaum bis zum zweiten Kapitel gekommen bin. Dabei habe immer wieder versucht, das Buch zu lesen, weil es ein Bestseller ist.

            Ich hab aber schon Probleme auf den ersten Seiten, da mir die Schreibe zu abgehackt ist. Es entsteht für mich keine angenehme Melodie, und ich denke, dass es an der Autorin und auch an den Übersetzern liegt. 1. Person, Präsens inkl. kurze Sätze widersprechen sich in der Theoerie nicht mit einem angenehmen Lesefluss. Das hab ich durchaus schon mal gelesen.

          #7
          Vielen Dank für eure Meinungen.
          Ich hätte nicht erwartet, dass die Erzählhaltung doch mehr vom Autor als von den Lesern beeinflusst ist. Aber das ist gut, wenn man es im Hinterkopf behält. Nimmt ein wenig den Druck raus

          Nach den vielen Pros und Kontras bin ich zwar immer noch ein wenig am Schwanken, aber ich glaube, dass ein Versuch nicht schadet. Vielleicht geht es mir ja wie Peter und das "Ich" fühlt sich irgendwann vertraut an. Und da ich im Januar ohnehin Schreibübungen eingeplant hatte, passt das auch ganz gut.
          Und dann lasse ich am Ende einfach die Geschichte entscheiden, wie sie geschrieben werden will - oder meine Protagonistin. Die wird mir ihre Meinung vermutlich eh recht bald kundtun XD
          "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
          (Peter Pan)

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