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Im Kopf des anderen

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    Im Kopf des anderen

    Ich stecke gerade bei einer kleinen Szene in meinem Roman fest und philosophiere daher mal wieder über ein Problem. Als streng personaler Erzähler verlasse ich die mir ausgesuchte Perspektive natürlich nicht und weiß, dass ich die Verhaltensweisen von anderen Figuren auch nur durch diese Perspektivbrille darstellen darf. Aber der Leser kennt auch die Perspektive der Figur, die gerade von außen beschrieben wird, und irgendwie finde ich die Szene gerade so unglaublich platt von außen.

    Es geht darum, dass Tenar (Perspektivfigur) Parletton fragt, was er hier in der Stadt macht. Aus Tenars Perspektive eine völlig unverfängliche Frage.
    Parletton ist aber hier, um mit irgendwelchen Spitzeln zu sprechen - und er hat Tenar in einer Situation kennen gelernt, in der er einige solcher Spitzel zum Tode verurteilt hat. Tenars Frage ist eine derartige Steilvorlage, darüber irgendeinen derben Spaß zu reißen, dass Parletton der Versuchung eigentlich sofort nachgibt. Rechtzeitig besinnt er sich jedoch, dass Tenar die Situation damals nicht so witzig fand. Deswegen hält er doch lieber die Klappe und antwortet irgendetwas Unverfängliches.

    Ich habe die Situation von außen beschrieben, aber das wirkt nun so geheimnisvoll und als ob da viel mehr dahinterstehe. Dabei ist das nur ein dummer Witz. Ich könnte die Szene natürlich auch ganz rausschmeißen, aber diese Lösung finde ich zu einfach. Mal abgesehen davon, dass in Tenars Situation die Frage "Warum bist du hier?" die einzig wirklich sinnvolle ist. Und diese Frage führt immer automatisch zu dieser Steilvorlage ... Und Parletton wäre nicht Parletton, wenn er die einfach überhören würde. Auch wenn er die Antwort nicht ausspricht, ist er kindisch genug, um blöd rumzugrinsen. Aber das wirkt auf den Leser wiederum mysteriös - wieso grinst der jetzt so dumm?



    So viel zu meinem persönlichen Problem. Aber ganz allgemein würde mich interessieren, ob ihr solche Szenen auch habt, in denen in der Nicht-Perspektivfigur viel zu viel vorgeht, was ihr nur umständlich von außen erklären könnt? Und wie geht ihr dann vor?
    Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

    So nah, so fern.

    #2
    Ich kenne das, wenn man denkt, aus der anderen Perspektive wäre die Situation jetzt viel besser. Wenns nicht gerade die ganze Szene ist (was ein Anlass wäre, sie auf die andere Perspektive umzuschreiben), muss man da einfach durch.

    Wenn ich richtig verstehe, geht es jetzt vor allem darum, dass du Angst hast, der Leser könnte zuviel in Parlettons Grinsen hineininterpretieren? In dem Fall würde ich es so knapp wie möglich halten, um nicht zu viel Fokus drauf zu legen, damit man nicht auf die Idee kommt, es sei wichtiger als es ist. Außerdem kann tenar ja die Mimik durchaus zumindest ansatzweise deuten. Er weiß nicht, warum Parletton ein Grinsen unterdrückt, aber das er es tut, kann er beobachten/ interpretieren:

    "Warum bist du hier?", fragte Tenar.
    Parlettons Eckzähne blitzten auf, aber er schluckte das Grinsen sofort wieder hinunter und mühte sich sichtlich um eine ernste Miene. "Geschäftlich", erklärte er vage.


    Wenn Tenar ihn und seine Mimik schon besser kennt, könnte er daraus sogar deuten, das seine Zähne mordlüstern aufblitzen. Das hängt natürlich auch davon ab, ob Tener ihm seine harmlose Erklärung abkaufen soll oder seine Zweifel behält.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

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      #3
      Ich denke, was in diese Situation auch reinspielt und nicht zu vergessen ist: Kennt der Leser Parletton schon? Wenn ja, weiß er auch, was das für ein Typ Mensch ist und kann das, was du aus der Sicht von Tenar, schreibst, viel besser interpretieren. Und Tenar selbst kann übrigens auch (im Kopf) interpretieren.
      »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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        #4
        Ich denke auch, dass Tenar die Mimik kurz bemerken und vllt interpretieren könnte, ev. sogar den Witz dahinter errät ...

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          #5
          Wenn ich richtig verstehe, geht es jetzt vor allem darum, dass du Angst hast, der Leser könnte zuviel in Parlettons Grinsen hineininterpretieren? In dem Fall würde ich es so knapp wie möglich halten, um nicht zu viel Fokus drauf zu legen, damit man nicht auf die Idee kommt, es sei wichtiger als es ist. Außerdem kann tenar ja die Mimik durchaus zumindest ansatzweise deuten. Er weiß nicht, warum Parletton ein Grinsen unterdrückt, aber das er es tut, kann er beobachten/ interpretieren:
          Genau das war das Problem, ja. Es soll nur ein schwacher Witz sein, nicht das heimtückische Grinsen, weil Parletton hier einen Meuchelmord plant oder so XD Danke für den Tipp mit Fokus und Knappheit, ich habe das nun zu beherzigen versucht und es hat der Stelle gut getan. Zumindest glaube ich jetzt, dass sie funktioniert.


          Die Sache, die mir Kopfzerbrechen bereitet hat, war v.a. dass ich selbstverständlich ohne Probleme Parlettons Gedanken errate. Aber der Leser? Julestrel
          Dodo, am Anfang hab ich Tenar den Witz erraten lassen, aber das klang in jeder Formulierung vollkommen dämlich

          Wie auch immer, Problem gelöst!
          Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

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