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Mittwochsfrage #21: Wie viel von euch steckt in euren Protagonisten?

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    Mittwochsfrage #21: Wie viel von euch steckt in euren Protagonisten?

    Vielleicht kennt ihr das – man hat wochenlang an der Charakterentwicklung seiner Figuren gesessen, ihre Vergangenheit durchleuchtet und kennt nun all ihre Stärken, Schwächen und liebenswürdigen Macken, die sie für den Leser lebendig machen. Dann – endlich – setzt man sich vor die gut geölte Tastatur und …
    Niente. Nada. Völliger Blackout.
    Doch woran kann das liegen?
    Bislang habe ich mich immer zurück ans Reißbrett gesetzt und bin mit dem Mikroskop auf Spurensuche gegangen. Habe ich etwas übersehen? Fehlt mir noch das entscheidende Ereignis aus der Vergangenheit, um meine Figur schlüssig aufs Papier zu bannen? Weitere Wochen ziehen ins Land, ohne dass ich eine Lösung gefunden habe. Schließlich wende ich mich anderen Figuren, anderen Geschichten zu – und prompt fließt es wieder. Ganz ohne Probleme.

    Vor ein paar Wochen nun hatte ich eine interessante Diskussion mit VickieLinn, die mich ins Grübeln gebracht hat. Es ging darum, dass wir uns mit manchen unserer Protagonisten eher identifizieren können, mehr Gemeinsamkeiten haben und … besser aus ihrer Perspektive schreiben können.

    Zuhause habe ich mich dann hingesetzt und meine Figuren überprüft. Und tatsächlich, bei fast allen konnte ich einen Aspekt in ihrer Persönlichkeit finden, den ich selbst auch besitze.
    Das soll jetzt nicht heißen, dass sie allesamt gleich ticken und eigentlich nur Blaupausen meines eigenen Charakters sind – der Rest ihrer Persönlichkeit ist oftmals so grundlegend verschieden, dass man sie besser nicht gemeinsam in einen Raum sperren sollte (und manchen will ich auf keinen Fall in einer dunklen Gasse begegnen).

    Aber es hat mich nachdenklich werden lassen. Ist es vielleicht ganz gut, dass man seinen Protagonisten einzelne Aspekte der eigenen Persönlichkeit überträgt, um sie besser zu verstehen? Und gibt es eine Grenze, die man nicht überschreiten sollte?

    Deswegen bin ich gespannt auf eure Meinungen.


    Wie viel von euch steckt in euren Protagonisten?
    Achtet ihr ganz bewusst darauf, Aspekte eurer Persönlichkeit einzubinden (oder auf sie zu verzichten)?
    Und inwiefern beeinflusst diese Nähe euer Schreiben?

    "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
    (Peter Pan)

    #2
    Das ist ein sehr interessanter Aspekt, über den ich auch schon länger nachdenke. Gerade bei neuen Geschichten fällt es mir schwer, mit den Protagonisten warm zu werden - und erst ab dem Moment, wo ich mich in ihnen wiederfinde, geht es dann leichter.

    Aber wie du schreibst, das sind Fitzelchen. Das ist manchmal gar nicht ein Charakterzug, sondern z.B. nur eine Sehnsucht. Der innere Antrieb. Das variiert ganz stark. Ich habe mir meine Charaktere mal angeschaut und festgestellt, dass es meistens Elemente sind, die sehr, sehr tief in mir drinstecken und die auch nur wenige meiner Mitmenschen kennen, sozusagen Teile meiner Essenz. Mitunter ist es sogar nur eine Art Wunschvorstellung - etwa der Jähzorn des einen spiegelt die Wut in mir wieder, die ich ihm Gegensatz zu ihm nicht rauslassen kann.

    Ich gebe meinen Charakteren nicht absichtlich Seiten von mir mit. Das ist eher eine Bewerbungsprobe: Ich beginne mit einer Figur, die von mir vollkommen losgelöst ist und im Laufe des Schreibprozesses zeigt sich, wie geeignet sie ist. Besteht sie die Prüfung, fließt plötzlich ein Teil von mir mit rein und sie wird wirklich lebendig.
    Ich finde es vor allem spannend, später zu beobachten, wie sich diese Charaktereigenschaften mit Fremdeigenschaften verbinden und zu etwas völlig neuem werden. Meine Loyalität gepaart mit Naivität ergab beispielsweise mal eine interessante Mischung. Oder mein genannter Weltzorn mit einer Skrupellosigkeit, die ich nie haben könnte.

    Am bedeutendsten sind für mich in der Beziehung meine beiden Hauptcharaktere im meinem Herzensprojekt. Sie stehen in einer etwas speziellen Beziehung zueinander und erst vor ein paar Jahren habe ich festgestellt, dass sie zwei ziemlich starke Seiten in mir verkörpern und damit spielen.
    Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

    So nah, so fern.

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      #3


      Ich wage mal zu behaupten, dass in jedem Protagonisten ein Stück von mir selbst steckt, in unterschiedlichen Quantitäten. Meistens merke ich das auch erst hinterher, nicht schon bei der Planung. Ich wähle größtenteils Eigenschaften, die ich selbst besitze, an anderen gut kenne oder selbst gern hätte. Und natürlich fließen meine eigenen Erfahrungen in die Handlung und den Umgang der Protagonisten damit ein.

      Dass sie sich leichter schreiben, je mehr von mir drinsteckt, kann ich aber nicht bestätigen. Gerade der, der (eigentlich unbeabsichtigt) ein zentrales Stück meiner Biografie verarbeitet, ist immer noch schwer für mich zu fassen. Vielleicht liegt es daran, dass sein eigentlicher Konflikt nicht meiner ist.Bei einem anderen ist es noch schwerer, weil er einen Charakterzug hat, den ich gar nicht leiden kann. Da fällt es mir schwer, Sympathie für ihn zu entwickeln und seine Perspektive einzunehmen.



      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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      • Kelpie
        Kelpie kommentierte
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        Wer sind die beiden? Ersteres Yokai und letzteres Tier?

      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Umgekehrt ^^

      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        So wie wenn man als Deutscher Niederländisch lernen will.Zu ähnlich, dass man wieder in die Ausgangssprache gedrängt wird. XD

      #4
      Dass sie sich leichter schreiben, je mehr von mir drinsteckt, kann ich aber nicht bestätigen. Gerade der, der (eigentlich unbeabsichtigt) ein zentrales Stück meiner Biografie verarbeitet, ist immer noch schwer für mich zu fassen.
      Jetzt, wo du es erwähnst ... ich habe auch eine Figur, die wirklich sehr nah an mir selbst dran ist. Die Figur fällt mir auch unglaublich schwer zu schreiben. Vielleicht liegt es daran, dass man da zu nah dran ist und sich dadurch gehemmt fühlt?
      Das wäre dann ein Argument für die Goldene Mitte. Eine Eigenschaft ja, aber nicht zu viel...
      "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
      (Peter Pan)

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      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Bei mir liegt es wohl daran, dass ich nie vorhatte, mein eigenes Leben so zu thematisieren. Er findet sich einfach nur in einer ähnlichen Situation wieder, die aber andererseits nicht genauso ist wie meine, und er geht auch etwas anders damit um, sodass sich auch daraus wieder Unsicherheiten ergeben, inwieweit da meine Erfahrungen überhaupt relevant sind. Letztendlich hemmt das wahrscheinlich mehr, als es hilft, mich in ihn hineinzuversetzen.

      • Kelpie
        Kelpie kommentierte
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        Ich könnte mir vorstellen, dass man da einfach ähnlich blockiert ist wie man es bei eigenen Problemen einfach immer ist. Während man bei anderen stets eine Lösung parat hat, ist bei einem selbst irgendwie doch alles viel komplizierter, verzwickter und festgefahrener.

      #5
      Das variiert bei mir durchaus stark. Ich habe welche, die mir eindeutig ähnlicher erscheinen (und es doch gar nicht unbedingt sind) und andere bei denen es mehr ist.
      Aber ja, jeder von ihnen trägt etwas von mir in sich. Ich glaube, ein Protagonist (durchaus auch Deuteragonist oder Tritagonist), der absolut anders ist als ich, keine meiner Ansichten teilt oder oder oder, wäre mir zu fremd. Auch wenn ich glaube, dass es mir hilft, mich durchaus in andere hineindenken zu können und die Dinge von 19434785745 Seiten zu betrachten.

      Aber ich finde das gerade sehr spannend. Etwas von sich zu haben, das einem völlig vertraut ist und dann zusätzlich andere Eigenschaften oder Ansichten in dieser Figur vorzufinden, die Handlungsweisen auslösen, über die man bisweilen sogar den Kopf schütteln kann.
      Ich komme aus Ironien.
      Das liegt am sarkastischen Meer.

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        #6
        Sein Temperament kann mehr schwer verleugnen, aber sonst kann man vieles erfinden und finden, es ist manchmal nur eine ätzende Recherchiererei.

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          #7
          Sicherlich steckt in jedem Charakter ein bisschen von mir drin. Und sicherlich ist das meiste eher unterbewusst, kleine Dinge die sich von meiner Persönlichkeit mit einschleichen ohne dass ich genau merke, dass es etwas ist, das ich mit dem Charakter teile.

          Was eindeutig von mir in den meisten meiner POV Charaktere steckt ist eine gewisse Asexualität. Mittlerweile ist es mir bewusst geworden, früher war es mir nicht klar, da ich nicht wusste, dass ich asexuell bin und Romantik anders erlebe als andere Menschen. Meine Charaktere haben mittlerweile sehr unterschiedliche Formen der Asexualität angenommen, und ansonsten unterschieden sie sich auch stark in der Persönlichkeit.
          Ich werde wohl auch weiterhin hauptsächlich asexuelle POV Charaktere schreiben, und es macht mir nichts aus, dass da bewusst etwas von mir mit einfließt.

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            #8
            Ich vermute, es passiert automatisch, dass wir "etwas von uns" in unsere Figuren einfließen lassen. Man schreibt ja letztlich über das, was einen beschäftigt. Und auch wenn man ein Setting wählt, das absolut entfernt von einem ist (scheint?), schöpft man aus dem eigenen Erfahrungsschatz, wenn man über die Gefühle, Sehnsüchte, Träume, Ängste seiner Charaktere schreibt.

            Natürlich ist vieles Fiktion, auch in meinen Geschichten. Aber ich habe den Anspruch, diese Geschichten "wahr" werden zu lassen – und dafür ist's unabdingbar, dass ich auf mich/mein Erleben/meine Gefühle zurückgreife.

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            • weltatlas
              weltatlas kommentierte
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              Träume zu haben unterscheidet sich für mich von dem ursprünglichen Gefühl Angst. Ich denke nicht, das man Ängste so pauschalisieren kann, dass sich jede Angst gleich anfühlt. Es gibt zum einen verschiedene Angsttypen - Leute die eher die Flucht ergreifen, erstarren oder kämpfen. Es gibt Leute die Angst als Selbstverlusst, als Unsicherheit, als Endgültigkeit, Ungeborgenheit, isolation erleben ... Entsprechend werden auch ihre Gedankengänge unterschiedlich sein und wenn man bedenkt, das wir alle Individuen sind, wird es noch mal vielschichtiger in unserem Gefühls- Denk- und handlungsmuster.
              Wenn, dann gehe ich von meiner Angst, Erfahrungen aus und versuche sie mit meinem Prota zu verknüpfen. Die Angst bekommt dadurch sicher andere Facetten. Was nützt es mir, wenn ich Angst ergoogle und das macht dann auch noch jeder Autor ... dann haben wir eine standardisierte Angst, *Daumen hoch*. Dann stöpsle ich meine Tastatur ab und gehe schlafen.

            • Milch
              Milch kommentierte
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              Man muss seine Figur schon individualisieren, aber es sollen ja individuelle Figuren sein.
              Wenn man charakterisiert, wie sich Angst auswirken kann, kann man sich auch ausdenken, wie die Angst sich auf Figur X auswirkt, neigt er eher dazu, sie so zu empfinden oder so.

              Wenn wir nur von uns ausgehen, entstehen nur "Sieben Nächte", wo ein Neudreißiger sich nach dem Sinn des Lebens fragt. Das ist langweilig.

            • weltatlas
              weltatlas kommentierte
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              Sehe ich genauso, deshalb sagte ich ja, das eben auch Angst individuell ist.

            #9
            Betrifft das dann eigentlich nur die POV-Charaktere oder auch wichtige Nebencharaktere ohne eigene Perspektive?

            Und was ist mit unwichtigen POVs?
            Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

            So nah, so fern.

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              #10
              Zitat von Kelpie Beitrag anzeigen
              Betrifft das dann eigentlich nur die POV-Charaktere oder auch wichtige Nebencharaktere ohne eigene Perspektive?

              Und was ist mit unwichtigen POVs?
              Oha, gute Frage, dazu müsste ich mal meine ganzen Nebencharaktere durchleuchten.
              Aber ich glaube, das betrifft tatsächlich eher die POV-Charaktere, weil man sich ja in deren Gedankenwelt einfühlen muss. Als realer Mensch begegnet man ja auch oft anderen Leuten, die überhaupt nicht so gestrickt sind, wie man selbst. D.h. man kann seinen eigenen Umgang mit ihnen im Roman widerspiegeln, ohne sich ins Gegenüber hineinversetzen zu müssen.
              Unwichtige POVs sind glaube ich so ein Grenzfall, weil sie ja nicht die wirklich treibende Kraft im Roman sind. Da verzeiht der Leser eher Oberflächlichkeit als bei den Hauptdarstellern - bzw. man selbst als Autor ist weniger dem Gefühl verpflichtet, es wirklich perfekt hinbekommen zu müssen. Und dann kriegt man in der Regel trotzdem was Ordentliches auf die Beine.
              "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
              (Peter Pan)

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                #11
                In meinem Romanprojekt wohl mehr als mir zunächst bewusst war, aber vor allem im Kleinen - Gedankengänge. Mein Prota selbst ist eine fiktive Figur.
                Nein das war ich nicht.
                Ach so, das!
                Ja, das war ich.

                Kontakt: administrator@wortkompass.de

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                • weltatlas
                  weltatlas kommentierte
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                  Nö, ist aber in meinem Kopf drin und ich würde es eben anders beschreiben, denken als Person XY. Ich kreiere ja quasi die Figur aus meinen Gedanken/Denkmustern. Aber ich weiß nicht, ob ich sie wirklich verlassen kann. (Aber ja, ich verstehe Deine Ansicht.)
                  Zuletzt geändert von weltatlas; 02.08.2017, 19:05.

                • Milch
                  Milch kommentierte
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                  Man kann schon trainieren, sein Denkmuster zu erweitern.

                • weltatlas
                  weltatlas kommentierte
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                  Das kann man, ja.

                #12
                Ich fand ihn auch immer wieder in meinen Projekten, den Alten Ego – so nennt man ihn, glaub ich. Er tauchte auf und zieht die Geschichte in die eigene Denke. Derweil wollte ich doch neue Figuren schaffen, eigenständige. Welche, die anders sind als ich. Gerade kämpfe ich wieder mit einem neuen Plot. Suche spannendere Personen und versuche nicht dauernd in meine Charakterzüge einzutauchen.

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                • Kelpie
                  Kelpie kommentierte
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                  Alter Ego *Klugscheiß* Auch im Akkusativ, weil es vom lateinischen "alter" = "der andere" kommt.

                • mheder
                  mheder kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  Oh,sorry, das wollte ich nicht.

                #13
                Vielleicht ist es aber auch so, dass man Elemente verwendet, weil sie in Geschichten häufig vorkommen und dann zufällig auch auf einen selbst zutreffen. Ob das jetzt eine zerrüttete Familie oder unerwiderte Liebe ist, solche Elemente sucht man sich vielleicht eher aus, weil sie für den Plot nötig sind, und nicht, weil man irgendetwas verarbeiten will. Wenn man mit so etwas Erfahrungen hat, kann man es realistischer darstellen, aber nicht jeder Thrillerautor hat schon mal eine Waffe abgedrückt und nicht jeder Plotentwickler bei Disney ist Waise.
                Poems are never finished.
                Just abandoned.

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                • weltatlas
                  weltatlas kommentierte
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                  aber nicht jeder Thrillerautor hat schon mal eine Waffe abgedrückt
                  Wäre aber gut, denn da schleichen sich manchmal Fehler ein .

                  Ja, sehe ich genauso. Dennoch denke ich, das ein Roman eben die Stimme des Autoren trägt und das können u.a. wiederkehrende Gedankengänge sein, irgendwelche typischen Formulierungen, etwas was wir kennen, was in unserem Wahrnehmungsbereich/Umwelt/Erfahrungsschatz enthalten ist. Also, ein Teil von uns.

                • Sophie
                  Sophie kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  aber nicht jeder Thrillerautor hat schon mal eine Waffe abgedrückt
                  Wäre aber gut, denn da schleichen sich manchmal Fehler ein .
                  Solange er damit nicht auf nen Menschen gezielt hat

                  Aber im Grunde hast du Recht, wenn man Sachen nicht gemacht hat, sind oft Anfängerfehler drin.

                #14
                Zitat von Kelpie Beitrag anzeigen
                Aber wie du schreibst, das sind Fitzelchen. Das ist manchmal gar nicht ein Charakterzug, sondern z.B. nur eine Sehnsucht. Der innere Antrieb.
                Das merke ich auch ganz oft. Wenn man stundenlang an einer tollen, schlagfertigen Antwort feilt und sich denkt: "Wäre mir das mal in einer ähnlichen Situation eingefallen" bzw "Würde ich mich doch nur trauen, so etwas jemandem zu sagen" Ich habe oft mindestens einen Nebencharakter, der die Klappe nicht halten kann und sarkastisch ist. Das kann ich z.B. nur zu Hause

                Die Protagonistin meines aktuellen Projektes kleidet sich im Gothic-Stil. Ich habe sie nicht erschaffen, weil ich gerne den Mut hätte, auch so wie sie rumzulaufen ... aber ich würde halt trotzdem gerne so rumlaufen und mir denken: "Mir doch egal, was andere denken."

                Ansonsten habe ich ihr relativ bewusst eine ähnliche Elterngeschichte gegeben wie ich sie habe, weil ich mich da einfach auf sicherem Terrain bewege, und das "Schicksal" hat auch schon ein paar andere Figuren in der Vergangenheit ereilt.

                Dann gibt es eben noch so ein paar Dinge, die wahrscheinlich zwangsläufig mit mir übereinstimmen oder mit Dingen, die ich erlebt/gehört habe. Was man halt so nutzt, weil es sich einfach anbietet. Ich finde das auch nicht schlimm oder unkreativ, so lange man als Leser nicht nach 10 Romanen des selben Autors denkt: "Ach, das hab ich aber jetzt schon zum tausendsten Mal gelesen". Das Problem ist ja dann, dass ähnliche Charaktere oft ähnliche Handlungsabläufe provozieren.


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                  #15
                  Jede meiner Figur hat irgendwo die gleiche Emotion, die gleichen Denkmuster wie ich. Das ist auch wichtig, denn mit diesen Emotionen formt sich das Verständnis für die Figur. Ich muss sie begreifen können, ansonsten kann ich sie nicht (gut) dem Leser näherbringen. Ich stecke also in allen meinen Figuren drin, wie die Hand in der Handpuppe. Aber ich bin noch lange nicht die Figur.

                  Zitat von Ankh
                  Naja, es ist schon ein Unterschied, ob du dich fragst "was würde ich in dieser Situation machen?" oder "Was würde meine nymphomanische Hexe in dieser Situation machen?" Bei zweiterem fällt dir vermutlich auch erst mal die eigene Lösung ein, aber die bewusst beiseite zu schieben und sich auf Hexenzauber und weibliche Reize als Strategie zu besinnen, entspricht dann ja eher nicht deinem üblichen Denkmuster.
                  Zitat von Weltatlas
                  Nö, ist aber in meinem Kopf drin und ich würde es eben anders beschreiben, denken als Person XY. Ich kreiere ja quasi die Figur aus meinen Gedanken/Denkmustern. Aber ich weiß nicht, ob ich sie wirklich verlassen kann. (Aber ja, ich verstehe Deine Ansicht.)
                  Ich muss zugeben, dass es mir auch extrem schwerfällt, ein Denkmuster zu übernehmen, das so ganz und gar nicht ich ist. Das wäre keine Handpuppe mehr, sondern eine Marionette. Ich hab wenige Figuren, die so anders ticken, dass ich sie nicht mehr nachvollziehen kann.
                  Ich hab eine Protagonistin entworfen, die ihren Freund anhimmelt und ihn über sich stellt. Obwohl ich mich dann mit emotionalen Abhängigkeiten und Persönlichkeitsstörungen und Idealisierung als Abwehrmechanismen beschäftigt habe. Ich komm nicht an sie ran. Ich grüble mich bei jedem ihrer Gedankengänge zu Tode und muss mich extrem zusammenreißen, um sie stringent darzustellen. (Ich mach jetzt ihren Charakter neu. Ich will ihnter meiner Geschichte und meinen Figuren stehen, aber wenn sie so rumeiert, kann ich es nicht.)

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                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Ja, wenn die Persönlichkeitsmerkmale mir unsympathisch sind, fällt es mir auch schwerer.
                    Aber bei Dialogen müssen wir es ja immer in die Figuren hineinversetzen, da kann man nicht nur lauter Alter Egos haben.

                    VickieLinn Ansonsten gebe der Figur Eigenschaften mit, die du sympathischer findest.
                    Oder versuche die positiven Seiten dieser Verhaltensweise herauszufinden, finde heraus, warum die Figur trotzdem stark ist.

                  • Kelpie
                    Kelpie kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Das fällt mir irgendwie nicht so schwer. So lang ich ein Handlungsmuster nachvollziehen kann, kann ich mich da auch hineinversetzen, egal, ob das der Massenmörder oder das spielende Kind ist (traurigerweise finde ich letzteres aber schwieriger xD). Insbesondere wenn ich meine Charaktere nebeneinander stelle, finde ich sie doch ziemlich unterschiedlich. Ich kann die einen zwar besser schreiben als die anderen, aber das hat eher wenig damit zu tun, ob sie wie ich denken oder nicht.

                    Wobei mir gerade auffällt, dass meine einfachsten Charaktere die sind, die nicht gleich denken, sondern die gleich fühlen.

                  • Victoria
                    Victoria kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Milch
                    Ja, so will ich es tun. Ich baue jetzt ihre "trotzdem starken" Seiten aus, um mich mit ihr anzufreunden.

                    Ich kann mich in Figuren hineinversetzen, die mir sehr unähnlich sind. Aber wenn es mir zuwider ist, kann (will?) ich es nicht.

                    Kelpie
                    Das meine ich u. a. auch. Ich teile das "Gefühl".
                    Zum Beispiel ist mir Familie sehr wichtig. Wenn der Massenmörder bzw. das spielende Kind etwas aus der Motivation heraus tut, woran man merkt, dass es für die Familie ist, kann ich mich auch in ein "fremdes" Denkmuster hineinversetzen. Wenn einer Figure die Freunde und Die Familie scheißegal ist und dementsprechend handelt, fällt es mir schwerer – wobei es in diesem Fall nicht stimmt! Das genau gegenstätzliche Gefühl kann ich wiederum nachvollziehen, weil es theoretisch dasselbe, nur invers ist.
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