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Mittwochsfrage #10: Freud oder Frankenstein?

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    Mittwochsfrage #10: Freud oder Frankenstein?

    Da laufen sie, die von unseren Buchstaben belebten Charmeure, Banditen, Pechvögel, Prinzessinnen und Archäologen - manchmal alles in einer Person vereint. Je lebendiger, je mehr Facetten, desto besser.
    Hm. Klingt einfach. Aber manchmal will der Lehm nicht aufstehen.

    Wie haucht Ihr Euren Figuren Leben ein?

    Ein Blitz und peng - Eure Kreatur erhebt sich, und Ihr seht zu, voller Hoffnung, dass die inneren und äußeren Bewegungen immer runder und fließender werden?
    Oder baut Ihr ihnen zuerst eine komplette Biographie, bis hin zur Farbe der Fliesen an der Wand des Kreisssaals, in dem sie die Tintenwelt erblickten? Und wenn ja, wieviele Details teilt Ihr mit dem Leser? Woran merkt Ihr, dass ein Fitzelchen des Vorlebens für die aktuelle Figur wichtig ist - und wann breitet Ihr dieses Fitzelchen vor dem Leser aus?
    Ich nehme einfach einmal an, Ihr selbst teilt nicht jeden Lebensweg mit Euren Figuren und könnt von daher nicht immer aus dem Fundus eigener Erfahrungen schöpfen. Wieviel und welche Recherche lasst Ihr in die Erschaffung Eurer Charaktere einfließen?

    #2
    Ich beschränke mich bei meinen Figuren auf das minimal Notwendige, das ich brauche, um einen nachvollziehbaren Charakterbogen bauen zu können.
    Etwas Aussehen, Vorlieben, Spinnereien, Persönlichkeitstyp, welcher Archetyp, etwas Vorgeschichte, Lebenslüge (und Wahrheit), Trauma oder Geist aus der Vergangenheit, größter Wunsch, was braucht die Figur um mit sich ins Reine zu kommen.
    Viel mehr brauche ich nicht und mache ich auch nicht.

    Wenn ich psychologische Störungen einbaue, quetsche ich meine Frau aus, die sich damit bestens auskennt und mir in den Hintern tritt, wenn ich zuviel Unsinn schreibe.

    Bis auf ein aktuelles Projekt, stand steets zuerst der Plot, den ich dann mit Figuren gefüllt habe, so wie ich si brauchte. Daher führen meine Figuren auch kein Eigenleben.
    Zuletzt geändert von Peter; 17.05.2017, 09:08.
    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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      #3
      Bei mir ist das ein sehr organischer Prozess. Ich habe ein Bild vor Augen und überlege, warum die Figur so aussieht, wie sie sich kleidet und stylt. Dann beginne die Figur agieren zu lassen, und frage ich mich, wieso sie in der Situation so handelt. Ich ergänze ein bisschen Hintergrund und frage mich, wie diese Erfahrung meine Figur beeinflusst. Sie bekommt ein Umfeld und ich überlege mir, wie sie mit den Personen ihres Umfeldes umgeht und warum. Und so wird sie mit der Zeit immer detaillierter.

      Da mich meine Figuren schon ziemlich lange begleiten, sind sie sehr ausgearbeitet, weit mehr, als ich in der eigentlichen Geschichte zeige. Aber es gibt mir die Sicherheit, dass ich nicht lange überlegen muss, was sie in einer gegebenen Situation tut. Es ist dann auch leichter, sie Fehler machen zu lasen, weil ich überzeugt sagen kann, dass es nun einmal zu ihr passt, auch wenn es nicht in meinen geplanten Plot passt. Dann muss die Figur eben einen anderen Ausweg finden. Das traue ich ihr zu. Ich kenne sie ja

      Da ich ggf. auch Fortsetzungen meiner Geschichte schreibe finde ich es sowieso wichtig, mehr zu wissen. Wenn in Band fünf der Protagonist ein Problem dadurch löst, dass er seinen stinkreichen Onkel um Geld anhaut, dann brauche ich einen Grund, warum er das in einer ähnlichen Situation in Band zwei nicht gemacht hat. Sonst merkt der Leser, dass der Onkel bis Band 4 gar nicht existiert hat.

      baut Ihr ihnen zuerst eine komplette Biographie, bis hin zur Farbe der Fliesen an der Wand des Kreisssaals, in dem sie die Tintenwelt erblickten?
      So detailliert nicht, aber es kommen beständig Einzelheiten dazu, auch unwichtige. So wie ein Mensch eben auch unwichtige Erinnerungen hat.

      Und wenn ja, wieviele Details teilt Ihr mit dem Leser?
      Die, die wichtig sind, weil plotrelevant. Sobald man sich klar ist, dass man eh nicht alles infodumpen kann, ist es auch leichter, nur die Dinge auszuwählen die der Leser wissen muss. Ich denke, man merkt einer Figur an, wenn mehr dahintersteckt als man explizit hinschreibt, genau wie beim Weltenbau. Dass da einfach eine Tiefe ist, ohne dass man sie bis in den letzten Winkel auslotet.

      Woran merkt Ihr, dass ein Fitzelchen des Vorlebens für die aktuelle Figur wichtig ist -
      wenn das Fitzelchen zum Beispiel Verhaltensweisen erklärt

      und wann breitet Ihr dieses Fitzelchen vor dem Leser aus?
      Wenn ich denke, dass er eine Erklärung für das Verhalten braucht, weil es sonst seltsam wirkt. Wenn er nicht unbedingt eine braucht, dann genügt es, wenn ich das Fitzelchen kenne, aber ich muss es nicht hinschreiben. Man muss von dem Drang wegkommen, dem Leser beweisen zu wollen, dass man seine Hausaufgaben gemacht hat. Eine Menge der Arbeit, die ich mir mache, mache ich für mich, auch weil es mir einfach Spaß macht; und daraus picke ich dann nur die Dinge aus, die für die eigentliche Geschichte notwendig sind.

      Wenn man einen Socken strickt, dann nimmt man ja auch nur die Farben, die man für das geplante Muster braucht, und strickt nicht von allem was man im Nähkästchen hat noch einen Faden ein.

      Ich nehme einfach einmal an, Ihr selbst teilt nicht jeden Lebensweg mit Euren Figuren und könnt von daher nicht immer aus dem Fundus eigener Erfahrungen schöpfen. Wieviel und welche Recherche lasst Ihr in die Erschaffung Eurer Charaktere einfließen?
      Ich stelle mir immer vor, einen Leser zu haben, der sich mit der betreffenden Einzelheit gut auskennt. Wenn Ich dann denke, er könnte mir etwas um die Ohren hauen, dann recherchiere ich, so gut ich kann. Manche Dinge lassen sich dadurch erklären, dass verschiedene Menschen verschieden auf Dinge reagieren. Aber andere Dinge sind schlicht realistisch oder völlig an den Haaren herbeigezogen, und da forsche ich lieber noch einmal nach. Ich nehme mir aber auch heraus, unrealistische Dinge zu schreiben, wenn sie der Rule of Cool entsprechen. Aber das ist dann eine bewusste Entscheidung und ich bin mir im Klaren, dass es Blödsinn ist. Ggf überspitze ich die Situation dann so, dass es klar ist, dass es unrealistisch sein soll. Ob man sowas bringen kann, ist natürlich auch abhängig vom Genre

      Abgesehen davon glaube ich, dass es gar nicht so schwierig ist, Menschen nachzuvollziehen. Ob ich mich im alten Ägypten befinde oder auf dem Mars, Menschen denken und fühlen letztendlich ähnlich. Sie haben ähnliche grundlegende Ziele und Ängste, die man nur in den (gut recherchierten) Kontext übertragen muss.




      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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        #4
        Bei mir entstehen Plot und Figuren parallel zueinander. Ich brauche viele Details, aber ich weiß bei Weitem nicht alles. Aber beispielsweise muss ich bei meinen wichtigen Figuren die Wohnung kennen, inklusive Grundriss und gegebenenfalls auch Einrichtung. Das gilt nicht für alle und schwankt je nach Geschichte in der Anzahl, je nachdem, bei welchen ich mich in der Wohnung/dem Haus aufhalten werde. Was die Lebensgeschichte betrifft, ergründe ich, welche einschneidenden Erlebnisse es gab, die geprägt haben, weil das einfach nötig ist, um der Figur Tiefe zu verleihen, aber ich weiß nicht unbedingt über jede kleine "Beziehung" in der Jugend Bescheid, die vielleicht nur zwei Wochen hielt (keine persönliche Erfahrung, aber Beobachtung diversen Klassenkameraden). Wichtige Partnerschaften, die meistens länger hielten oder anderweitig prägten, kenne ich aber durchaus.

        Und wenn ja, wieviele Details teilt Ihr mit dem Leser?
        So viele, wie ich beim Schreiben für nötig empfinde. Und später gegebenenfalls anpasse.

        Woran merkt Ihr, dass ein Fitzelchen des Vorlebens für die aktuelle Figur wichtig ist -
        Daran, dass ich sie brauche, um die Figur zu charakterisieren.

        und wann breitet Ihr dieses Fitzelchen vor dem Leser aus?
        Dann, wenn es nötig ist.

        Ich nehme einfach einmal an, Ihr selbst teilt nicht jeden Lebensweg mit Euren Figuren und könnt von daher nicht immer aus dem Fundus eigener Erfahrungen schöpfen. Wieviel und welche Recherche lasst Ihr in die Erschaffung Eurer Charaktere einfließen?
        Das ist völlig individuell von der Figur, deren Problem/Situation/und vielem mehr. Ich recherchiere überwiegend online oder frage Menschen, die ich kenne (darüber hinaus habe ich es bislang nicht hinbekommen oder nicht gebraucht). Ich wähle zu Teilen die Figuren aber auch danach aus, was ich recherchieren müsste, um die Figur gut zu kennen. Es gibt einfach Gebiete, mit denen ich mich nicht entsprechend beschäftigen möchte, weil ich sie entweder meiden möchte oder einfach, weil sie zu umfangreich sind und wenn sich andere Möglichkeiten bieten, die zur Geschichte passen, ergreife ich diese.
        Ich komme aus Ironien.
        Das liegt am sarkastischen Meer.

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          #5
          Ich mache das ganze nur sehr... spartanisch, im Gegensatz zum Restplot;

          Name:
          Alter:
          Augenfarbe:
          Haarfarbe:
          Größe:
          Körperbau:
          Merkmale (Tattoos, Piercings etc):
          Beruf:

          Optional sind;
          Herkunft:
          Familienstand:
          Kleidungsstil:
          Hobbys:
          Verhältnisse (derzeit):
          Verhältnisse (aufgewachsen):

          Das wars. Das Optionale ist selten drin, nie alles. Und das reicht mir. Ich entdecke die Figuren während der Geschichte. Ich schaue, das sie primär MIR sympathisch sind (oder unsympathisch) und so schreibe ich sie dann auch. Wenn ich von Anfang an eine Figur nicht nachvollziehen kann (was ich immer hatte, wenn ich sehr genaue Charakterbögen hatte), dann kann ich den Charakter in die Tonne kloppen. Keine Chance, das der halbwegs realistisch wird.

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            #6
            Was ist seine Position zum Thema: sprich was will er, warum will er es, manchmal auch was hindert ihn daran, es zu erreichen? In welchen Dilemma steckt die Figur. Größe und Augenfarbe interessieren mich nur, wenn sie besonders sind. Ansonsten alles, was ich irgendwo finde, was zu der Figur passen könnte.

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              #7
              Ich baue meine Figuren, indem ich die Fakten wie Motivation, Ziel, Bedürfnis, Ängste, Lügen usw. festlegen und sie mit dem Plot verknüpfe. Meine Beziehung zu den Figuren ist wie zu einer Patientenakte. Die Geschichte funktioniert.
              Ich habe aber festgestellt, dass ich die Leser nur dazu bringen kann, meine Figuren zu lieben, wenn ich es auch tu. Das heißt, dass ich ihnen nach der Erschaffung Leben einhauchen muss. Das mache ich mit Bauchschreiben direkt am MS – egal ob schriftlich oder nur im Kopf.

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                #8
                Irgendwie kommen die meisten Figuren einfach zu mir. Entweder brauche ich da ein XY, erfinde einen Namen und daraus entwickelt sich alles; oder ich habe irgendeine Rolle, die ich in den Roman einflechte und die sich dann ebenfalls irgendwie entwickelt. In sehr seltenen Fällen habe ich zu allererst den Namen.

                Von diesem Punkt aus kommt alles automatisch beim Schreiben. Die Figur verhält sich in einer bestimmten Weise, also überlege ich, warum sie das tut. Sie flucht viel, also lege ich fest, dass sie eine derbe Ausdrucksweise hat. Sie zuckt vor irgendwelchen Sachen zurück, also überlege ich, welches Trauma da dahinter steckt. Meistens klappt das auf diese Weise.
                Bei ein paar Figuren komme ich so leider auf keinen Nenner, das sind dann diese langweiligen, klischeehaften Kerle und Weiber, die von einem gelben Grinsesmiley nicht zu unterscheiden sind. Bei denen muss ich dann meist ziemlich tief eintauchen, ganz gezielt nach Macken oder irgendwelchen Ecken suchen, meistens sogar den Namen ändern, weil sich der langweilige Charakter schon viel zu sehr darauf manifestiert hat.

                In ganz seltenen Fällen habe ich tatsächlich Seiten von mir - absichtlich - in den Charakter eingebaut. Unabsichtlich passiert das ohnehin ständig, aber das kann ich gut händeln. Bei den absichtlich mir ähnelnden Charakteren fällt es mir schwer, eine ordentliche Grenze zu ziehen - die werden dann immer mehr wie ich selbst und irgendwie funktioniert das in einem Roman nicht. Also wieder rausgeworfen.
                Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

                So nah, so fern.

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                  #9
                  Ich mach das ähnlich wie Kelpie. Ich baue alle aus einer Rolle heraus auf.
                  Eine Idee braucht eine Handlung und die Handlung braucht Figuren. Und die müssen alle ihre Funktion erfüllen. Das ist ganz viel Bauchgefühl und wenig nachdenken.
                  Zunächst habe ich also erstmal eine Freie Stelle zu vergeben. Die bekommt dann auch jemand und der kriegt dann erstmal einen Namen oder zumindest einen Anfangsbuchstaben.
                  Dann beginnt der Charakter entsprechend seiner Rolle zu handeln und wie es halt gerade passt.
                  Alles, was den Charakter formt entsteht erst, wenn er schon fest in der Geschichte drin ist. Motivation, warum er so handelt, Feinheiten, Hintergrund. Das ist wie immer bei mir ein großes Puzzeln. Aber es klappt, denn am Ende fügt sich immer alles schön zusammen.
                  ”‹”‹”‹”‹”‹

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                    #10
                    Generell zähl ich zu denen, die zu nem bestimmten Plot bzw. ner Szene schnell nen Charakter vor Augen haben. Als mir letztens ne neue Idee in den Kopf schoss, war der Prota ebenso darin abgebildet: Flanellhemd, Jeans, rotblondes Wuschelhaar, Bart. So der „Naturbursche.“

                    Aber natürlich ist das noch seeehr allgemein, und wenn ich dann Näheres erfahren möchte, gehe ich wie folgt vor (mal mehr, mal weniger nach einzelnen Punkten -- wie es mir gerade in den Sinn kommt) -- mal anhand eines Beispiels. Ausgangscharakter ist der Typ "Naturbursche", der mir vor einigen Monaten mal eben so in den Kopf geschossen war -- passend zu bestimmten Plotfetzen.
                    • Zuerst leg ich meistens das grobe Umfeld fest:
                      Er ist also „Naturbursche“. – Hat er einen Bauernhof? Wenn ja, wahrscheinlich eher nen kleinen Biohof als nen hochtechnisierten Massenbetrieb. Hat er Freunde? – Vermutlich, ja. Er hält nicht viel von Firlefanz, ist also insgesamt eher der natürliche, unkomplizierte Typ und wird daher von seinem Umfeld gemocht.
                    • Dann folgt die grobe Lebenseinstellung:
                      Die romanrelevante, grobe Lebenseinstellung des Charakters hab ich meist schon davor im Kopf, das kommt vor oder mit der Romanidee. Ansonsten könnte man an dieser Stelle noch überlegen, was so das grundsätzliche Motto, die grundsätzliche Einstellung ist.
                    • Dadurch, dass ich ein grundlegendes Motto bzw. ein grundlegendes Problem des Charakters schon vor der Umfeldfestlegung im Kopf hab, fällt es mir dann auch leichter, das Umfeld (d.h. die Lebensumstände) zu bestimmen. So ein bisschen wie in einer Therapiesitzung, dazu später mehr ^^.
                    Im Großen und ganzen orientiere ich mich da immer wieder mal an folgenden Theorien:
                    • Charakterkunde – Schleier des Menschen
                      Laut Theorien (k.A. jetzt, von wem genau, hab da n Buch drüber im Regal ) trägt jeder Mensch mehrere Schleier. Der äußerste ist die Kleidung, dann kommen Mimik und Gestik, Stimme, etc., bis ganz am Ende die „Seele“ hervortritt. Schleier schützen diese Seele.
                      (--> Dadurch kann man sich schon mal fragen:
                      Warum muss geschützt werden (evtl. aus Verletzungen heraus? Aus Ängstlichkeit? etc.)
                      Und wie schützt der Char seine Seele? (Trägt er z.B. – auf äußersten Schleier bezogen – nur Markenklamotten, weil er sich ansonsten wertlos fühlt?)
                    • Persönlichkeitstypen
                      Ich gehe hier meistens ganz grob von zwei Polen aus (weil mir alles andere zu "schubladig" ist):
                      • Extrovertiertheit/Sensation Seeker
                      • Introvertiertheit/High Sensitive
                      • Extrovertiertheit meint:Geselligkeit, Offenheit, Zugänglichkeit, also keine Probleme, auf andere Menschen zuzugehen, neuen Dingen gegenüber aufgeschlossen, etc. – Sensation Seeker meint, dass die Reizschwelle, was Eindrücke angeht, relativ hoch sitzt. Extrovertierte „Sensationssucher“ sind also immer auf der Suche nach dem Kick. Das kann ganz harmlos die Vorliebe für scharfe Gerichte sein, es kann aber auch in Richtung Extremsport gehen.
                      • Punkt 2 meint: Das Gegenteil ;-). Verschlossenheit, eher der Einzelgänger, man möchte nicht zu viel von sich preisgeben, sich eher ein bisschen abgrenzen können, und setzt eher auf Bewährtes, Gewohntes, als auf neue Erfahrungen – High Sensitive meint, dass die Reizschwelle, was Eindrücke angeht, bei dieser Person sehr niedrig sitzt. Diese Person meidet Tabasco wohl eher und fährt lieber aufm alten Drahtesel zum Bäcker, als Bungee zu jumpen .
                        → Ich habe also zwei konträre Pole, und dazwischen oder darauf kann ich meinen Charakter hinplatzieren, wo es mir passt.
                        (Wobei das auch nicht so leicht ist. Es kann auch hochsensible Sensation Seeker geben. ^^)
                      • Erstes Fazit: Der Typ im Flanellhemd mit den Wuschelhaaren sieht also nach Naturbursche aus, und Naturburschen sind unkompliziert und haben daher Freunde (behaupte ich jetzt mal ein bisschen klischeehaft). → Und weil er so so viele Freunde hat und lässig durchs Leben wandelt, ist er offenbar eher der extrovertierte Typ, zumindest, was den Kontakt mit Menschen angeht. Ob er Tabasco mag oder seinen Ziegenkäse lieber ohne alles isst („weil nur dann schmeckt man die Natur pur“, könnte er als Naturburschenfundamentalist behaupten), darüber kann ich mir dann auch später Gedanken machen xD).
                        Und wenn mir das mit dem ewig grinsenden, unkomplizierten Naturburschtyp dann doch zu klischeehaft wird und mich an nen Klischeebauerntyp in ner Biozeugs-Fernsehwerbung erinnert,, modifiziere ich den Charakter -- oder hänge ihm eine unganehme Macke an. Gleichzeitig folgen die Feinschliffe (seine Art zu denken, seine Handgriffe.)
                        Dazu wende ich dann häufig Interviewmethoden an:

                      Interview mit vorgegebenen Fragen (z.B. Charakterbögen)
                    • Praktisch, um nicht zu sehr abzuschweifen, allerdings für mich persönlich auch etwas zu statisch.
                    • Offenes Interview
                      Ohne vorgegebene Fragen, d.h. ich schreibe die Fragen nicht im Vorfeld auf, sondern stelle dem Charakter einfach mal die erste Frage und schaue dann, in welche Richtung sich das Gespräch entwickelt. Ich lasse den Charakter da meistens recht spontan antworten, wobei ich mir dann im Nachhinein noch mal kurz reflektiere, was bei meinen spontanen Antworten nun tatsächlich mein Charakter ist, und wo meine eigene Persönlichkeit aufgrund der Spontaneität zu sehr reingefunkt haben könnte (letzteres wird dann gestrichen, wenn mein jeweiliger Charakter mir nicht zu sehr ähneln soll^^).
                    • Zeitungs-Interview
                      Ich mach das mittlerweile am liebsten, aber ich glaube, das ist eher etwas für Charaktere, die man schon besser kennt. Das lustige daran finde ich einfach, so wohl in Journalist als auch in Charakter hineinzuschlüpfen. Mein Prota baut irgendwann mal echt verdammt großen Mist und wird danach von vielen Menschen missverstanden. Nun will er in nem Interview alles klarstellen. Leider hackt der Interviewer immer auf unangenehmem Zeug rum und mein Charakter versucht immer, sich da irgendwie rauszuwinden, um endlich verstanden zu werden.XD
                      Das heißt, man kann sich überlegen, welche Linie die Zeitung vertritt (links/linksliberal/rechts/…) bzw. wie „seriös“ sie ist, und sich dann überlegen – das macht bei frisch erschaffenen Protas dann vielleicht auch wieder Sinn – ob der Prota diese Linie deckt oder nicht. Falls ja, wird das Interview wohl netter verlaufen als sonst. Und wenn das Interview eben nicht so nett verläuft, weil die Fragen so fies werden, dann ist das mMn auch schon mal eine gute Übung, um den Charakter beispielsweise auf sein Aggressionspotenzial zu testen. Oder einfach darauf, wie er mit schwierigen Themen umgeht.
                    • (Selbst-)Reflexion
                      Zwischendurch überlege ich immer wieder meine Motivationen, diese oder jene Figur zu erstellen (später auch: handeln zu lassen). Ich will z.B. vermeiden, mir da unabsichtlich irgendeinen „Megatraumtyp“ zu gestalten, sodass daraus dann vielleicht ein Gary Stu entstünde und der Leser genervt das Buch zur Seite legt.
                      Deshalb halt ich zwischen durch ab und an mal inne und denk mir: Warum soll der Charakter jetzt genau so sein? Was ist mein Anteil an der Geschichte des Charakters? Gibts da einen?, etc.


                      -- Und ja, natürlich fließen bei der ein oder anderen Szene oder Charaktereigenschaft auch meine eigenen Erfahrungen mit ein, seien es persönliche oder Beobachtungen (ich beobachte und analysiere ziemlich viel ). Ich schreibe ja auch im fiktiven Bereich am liebsten über Dinge, zu denen ich in irgendeiner Weise einen Bezug habe. Und ich recherchiere auch gerne bei mir unbekannten Bereichen so realitätsnahe wie möglich. Das geht auch manchmal in Richtung Selbstexperimente oder lustige Fragen während Arztbesuchen *g*.
                    Alternativ zu Interviewmethoden denke ich dann auch einfach in Alltagssituationen nach, was mein Charakter nun machen würde (Beispiel: Ich steh an der Kassa und bemerke, ich habe meine Geldbörse vergessen. Hinter mir ne lange Schlange und ungeduldige Gesichter. Guter Zeitpunkt, um sich in seinen Charakter reinzuversetzen xD).
                    Oder ich schreibe einfach mal Aufwärmszenen mit neuen Charakteren und schaue, ob und wie sie funktionieren. Das aber meist schon ganz am Anfang, wenn der Charakter noch nebulös im Kopf herumtreibt. Dann kann ich anhand der Charakterreaktionen in der Szene auch schon ein bisschen den Grundcharakter definieren.

                    Ganz generell gehe ich es eher locker an und suche mir dann die Methode raus, nach der mir gerade ist, und die mich am ehesten weiterbringt. Und -- ja, ich plane meine Charaktere sehr genau. Auch wichtige Nebencharaktere. Ich halse dem Leser zwar nicht die gesamte Biographie auf (auch wenn ich sie im Kopf habe), lasse aber zwischendurch immer mal wieder ein Fitzelche aufblitzen. Einfach deshalb, weil es den Figuren mMn noch mehr Leben einhaucht, und weil meine Figuren zeitweise emotional auch in Vergangenheiten verhaftet sind, die sich nun mal aufs gegenwärtige Befinden auswirken (ich denken, diesen Zustand kennt fast jeder von uns ...)


                    Zuletzt geändert von Mona; 23.05.2017, 15:57.

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