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Mittwochsfrage #9: Weltenbau – Melatonin und Endorphin

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    Mittwochsfrage #9: Weltenbau – Melatonin und Endorphin

    Seit Tolkien, dem Vater des Weltenbaus, ist dieses – Weltenbauen – kaum noch wegzudenken in der (Fantasy)Literatur.
    Es soll eine möglichst funktionsfähige, logische Welt erbaut werden, ein Haus in das Eure Geschichte einzieht, einschließlich schlüssigem Magiesystem. Diese zusammengetragene Informationsflut führt in manchen Werken jedoch zu einem erheblichen Informationsmüll, der dem eigentlichen Geschichtenerzählen durchaus abträglich sein kann, denn: Melatonin.
    Neulich habe ich in einem Fantasyroman über mehrere Seiten gelesen, wie Seife hergestellt wird. Ich war kurz davor, die Geschichte als Gebrauchsanweisung zu missbrauchen und mir neben Seife zu sieden noch ein Schwert zu schmieden. Die Schmiedekunst wurde nämlich darauffolgend erklärt. Wollte ich das lernen, hätte ich mir ein Fachbuch gekauft und kein Fantasyroman.
    Manchmal fehlen mir Geschichten, in denen ein Magier einfach zaubert. Als Antwort zu „Warum zaubert er?“ würde mir die Antwort reichen: „Weil er ein Magier ist.“
    Hier mal ein Zitat, welches ein paar Denkprozesse bei mir in Gang setzte:

    Zitat von Michael Moorcock, in Locus, Dezember 2014
    I think the notion of worldbuilding is a failure of literary sophistication. … I only invent what’s necessary to explain the mood of a character. I haven’t thought about an imaginary world’s social security system; I don’t know the gross national product of Melniboné. If worldbuilding is a sophisticated working-out of how a world interacts in and of itself, I don’t really have any of that. … The world unfolds in front of the character as the story develops. If the story doesn’t need it, it’s not there.
    I’ve fought against this kind of anti-romantic rationalization most of my career. … I’m trying to tell a good story without you having to believe it as »reality.«
    Ich glaube, die Idee des Weltenbaus ist ein Mangel an literarischer Eleganz … Ich erfinde nur was notwendig ist, um die Stimmung der Figur zu erklären. Ich habe nicht über ein imaginäres Sozialsystem der Welt nachgedacht; ich kenne das Bruttoinlandsprodukt von Melniboné nicht. Wenn Weltenbau eine ausgeklügelte Ausarbeitung davon ist, wie eine Welt an und für sich interagiert, habe ich das nicht wirklich ... Die Welt entfaltet sich vor der Figur, während sich die Geschichte entwickelt. Wenn die Geschichte es nicht braucht, ist es nicht da.Ich habe den größten Teil meiner Karriere gegen diese Art von antiromantischer Rationalisierung gekämpft … Ich versuche eine gute Geschichte zu erzählen, ohne den Anspruch, dass man sie als „Realität“ empfindet.
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    Ich möchte hier keine Literaturtipps zu gelungenen Welten geben, denn das ist Geschmackssache. Aber gezielt eingestreute Informationen über eine Welt kann auch einfach atmosphärisch sein. Auf jeden Fall schüttet es bei guter Umsetzung Endorphine aus.

    Was denkt Ihr über das Zitat, Weltenbau allgemein und im speziellen?
    Wie geht Ihr an Eure neuen Welten ran?
    Wo setzt Ihr Grenzen, wie logisch müssen Eure Welten sein?
    Behaltet Ihr beim Bauen die Übersicht oder verzettelt Ihr Euch?
    Wie handhabt Ihr Infodump, bzw. die drohende Gefahr zu infodumpen?


    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

    #2
    Was denkt Ihr über das Zitat, Weltenbau allgemein und im speziellen?
    Ich würde nicht so weit gehen und sagen, dass man wirklich nur das erfinden sollte, was direkt in die Geschichte bzw. in den Text einfließt. Oft ist es sinnvoll, ein etwas größeres Bild vor Augen zu haben, um die Zusammenhänge zu begreifen und sie dem Leser dann in angemessenen Portionen zu übermitteln.
    Wenn man z.B. einen Ordenskrieger hat, aber selbst nicht weiß, an welche Pflichten und Regeln er sich halten muss, dann wird dieser Ordenskrieger vermutlich irgendwann inkonsistent handeln. Man muss aber nicht die komplette Ordensstruktur inklusive aller Kultstätten, bedeutenden Personen der letzten 500 Jahre und Ausbildungsvarianten ausarbeiten, wenn nur der eine Krieger auftaucht und der Orden selbst irrelevant ist.

    In meinen Fantasy-Geschichten spielt meistens eine Form von Politik eine Rolle - ob es jetzt um Königsgeschlechter, Magierorden oder etwas völlig anderes geht. Da schaue ich mir dann genauer an, wie sich das entwickelt hat; gerade wenn die Ursache der Probleme in der Vergangenheit liegen. Das geschieht aber zu dem Zweck, die Motivation von Protagonisten und Antagonisten klarer zu umreißen.
    Wie geht Ihr an Eure neuen Welten ran?
    Eine Grundidee für die Welt hängt bei mir immer schon an der Geschichte, die ich schreiben will. Ich habe noch nie eine Welt erschaffen, ohne bereits zu wissen, was ich für eine Geschichte erzählen möchte.
    Diese Geschichte liefert mir dann die Ansätze, die ich brauche. Welche Konflikte gibt es? Wie hängen die Konflikte mit der Welt zusammen? Welche Schauplätze gibt es und was brauche ich, um das zu gestalten? Meistens zeichne ich auch in einem recht frühen Stadium Karten, um mir eine Vorstellung über die Lage der verschiedenen Orte zu machen.
    Alles andere kommt dann im Entstehungsprozess der Geschichte dazu.
    Wo setzt Ihr Grenzen, wie logisch müssen Eure Welten sein?
    Alles, was ich innerhalb der Welt erzähle und was ich mir als Hintergrund ausdenke, sollte in sich schlüssig sein. Das heißt aber nicht, dass ich gleichzeitig auch alles ausgestalten muss.
    Eine bestimmte Gegend soll Wüste oder Regenwald sein? Warum nicht? Dafür nehme ich mir keine Geographiemodelle vor - da meine Welten Magie beherbergen, stelle ich mir ohnehin vor, dass diese Magie einen Einfluss auf die Umwelt hat und unsere Modelle daher nicht zwangsläufig taugen. Ich glaube auch, dass die Leser das schlucken, wenn man es mit der Fantasie nicht übertreibt. Ein Wüste, die direkt an einen Sumpf anschließt? Dafür bräuchte ich schon eine Erklärung.

    Behaltet Ihr beim Bauen die Übersicht oder verzettelt Ihr Euch?
    Schwierig zu sagen. Ich hoffe immer, dass ich es nicht mache, aber vermutlich gestalte ich dann trotzdem immer mehr, als ich wirklich brauche. Aber so exzessiv, dass ich gar nicht davon loskomme, betreibe ich Weltenbau nicht.
    Wie handhabt Ihr Infodump, bzw. die drohende Gefahr zu infodumpen?
    Lustigerweise ist mein Problem eher, zu wenig Informationen preiszugeben, obwohl sie in meinem Kopf und den Unterlagen durchaus vorhanden sind. Für mich sind die Zusammenhänge - gerade, wenn ich lange über ihnen gebrütet habe - etwas völlig Natürliches, aber ein Leser ohne Zusatzwissen stolpert dann gerne mal darüber. Ganze Passagen über irgendwelche Zusammenhänge würden mir auch gar nicht vernünftig von der Hand gehen, weil ich die total öde zu schreiben finde.
    "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
    (Peter Pan)

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      #3
      Das witzige ist ja, ich hasse Weltenbau ^^
      Wirklich ich muss mich jedes Mal dazu zwingen, das zu tun.

      Dennoch liebe ich die Details, die Fantasy etc. nur mit der Logik und der Politik habe ich es nicht so

      Jedenfalls passiert es mir aufgrunddessen tatsächlich, dass ich nur das ausarbeite, was für die Geschichte auch relevant ist. Dann bin ich froh, dass ich das hinter mir habe

      weltatlas Die Aussage, "Warum kann er zaubern? Weil er ein Magier ist" finde ich sehr interessant. Ich habe dann schnell das Gefühl, dass ich für alles eine Begründung haben muss, dass alles eine logische Erklärung haben muss und das ich alles begründen können muss. Genauso wie auch bei Sophie wenn man sagt da ist Wüste und da ist Regenwald. Ich glaube also da sollte ich mir lieber ein bisschen Gelassenheit anschaffen.

      Ansonsten habe ich bei mir allerdings auch gemerkt: wenn ich nur das aller nötigste ausarbeite und den rest sozusagen weiß lasse, passiert es schnell, dass man das auch während des Schreibens merkt. Der Charakter bewegt sich sozusagen nur in seiner gewohnten Umgebung und vieles widerholt sich. Ich könnte nicht beantworten, was sich links und rechts vom Weg befindet.

      In letzter Zeit nehme ich mir stark J. K. Rowling als Vorbild und dort fällt mir immer wieder auf, wie wahsninnig detailreich ihre Welt ist. Für mich hat sie detailreichste Welt geschaffen hat, die je existiert hat. (gut vllt noch mit Tolkien zsm). Und ehrlich gesagt möchte ich bei meine neuen Projekt dort hinkommen: meine Welt so gut kennen, dass ich mich blind in ihr bewegen könnte. Mal schauen, ob ich das durchhalte.

      Ich verliere mich daher nie in Infordump geschwafel, weil ich daran selbst keinen Spaß oder Interesse habe. Da kann ich eher schon in anschaulichen Aussichten ausschweifen, als in ausgekorene Regierungssysteme.

      Ansonsten arbeite ich derzeit mit One Note und versuche so Punkt für Punkt abzuarbeiten.

      "Angst schließt das Licht in Dunkelheit ein, Mut ist der Schlüssel." - KH.

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        #4
        Um das Zitat zu bewerten, fehlt mir der Zusammenhang. Allgemein erinnert es mich aber daran, wie ich arbeite. Wenn ich etwas brauche, dann erschaffe ich es. Meine Welten sind zusammengepuzzelte Ideen und an allen Ecken und Enden leer und ohne jegliche Kulissen. Nur, wo die Geschichte lang geht oder wo Charaktere sich daran erinnern, wird mit Leben erfüllt.
        Jedoch tun sich dabei komplexere Zusammenhänge auf, die ein Autor kennen sollte, damit eine Welt stimmig ist. Auch wenn die Welt nicht komplett steht, so gibt es immer Dinge, die in einer Geschichte nie wichtig werden, die aber stehen müssen, damit andere Dinge logisch bleiben und eben nicht nur Fantasy sind. Mein Aussetzen der Ungläubigkeit sollte man nicht stark provozieren, ich rege mich schnell über Unstimigkeiten auf und die kommen eben immer dann, wenn man Elemente nicht logisch verbindet.
        Ich bin mir nicht sicher, ob der Autor des Zitats darauf hinauswollte. Aber genau ist es doch, woran so viel Fantasy scheitert. Viele glauben, dass unlogische Dinge okay wären, weil es Fantasy ist und es niemandem auffällt. Aber mir fällt das auf, denn es sind oft Dinge bei denen man nur 2 Schritte hätte weiter denken müssen, dann wäre klar gewesen, dass es keinen Sinn macht. Es darf sich selbst nicht weidersprechen oder den Anschein machen, dass es nach den Gesetzen unserer Welt funktioniert und dann eben doch nicht, weil darum.

        Ich baue Welten bauklotzartig indem ich Ideen verheirate. Es gibt keinen Punkt andem ich anfange. Dennoch ist es mir am wichtigsten diese Ideen logisch zu verknüpfen. Oftmals gerate ich in Erklärungsnot, finde aber dennoch immer eine Erklärung die SInn macht und muss dafür oftmals nur kleinigkeiten abändern. Es ist genau wie mit einer Handlung. Wenn da etwas nicht stimmt, muss man sie ändern. Das gilt auch für Welten.

        Allgemein finde ich groß gebaute Welten nicht stimmiger, als die kleinen, die eben nur Kulisse für Geschichten sind. Was hilft es mir 10 Völker zu erschaffen, wenn diese wiederrum nicht in sich logisch sind und es zum Beispiel nicht mal einen guten Grund oder Auslöser gibt, dass zwei Völker sich hassen. Dann hilft mir eine große Welt mit Details auch nichts, wenn diese nicht stimmen.

        Ich glaube ich neige selten zu Infodump. Jedoch gerate ich da manchmal rein, wenn ich eine Situation etablieren möchte oder eben zeigen möchte, dass Dinge eben nicht vom Himmel fallen, sondern in dieser Welt logisch erklärbar sind.
        Abhandlungen über Seife möchte ich auch nicht lesen, das weiß ich schon, da habe ich mal ein Referat zu gehalten Aber ansonsten, interessieren mich Mechaniken der Welt schon. Aber nur dann, wenn sie zum aktuellen Zeitpunkt wichtig sind oder ich mich das eh schon länger frage.
        Was ich nicht möchte sind Absätze, die mit Namen und Ausdrücken um sich werfen, die ich alle nicht kenne und die ich eh 5 Sekunden später vergessen habe. Was soll ich zum Beispiel mit Politik, in die ich als Leser nicht involviert bin, weil ich eh noch keinen dieser Charaktere kenne.

        Ach und zum Schluss noch mein liebster Aufreger zum Worldbuilding: Politik die komplett unlogisch ist. Es gibt nichts schlimmeres als Politiker, die keinen Plan haben, was sie tun, weil die Autoren ebenfall keinen Plan hatten. Das ertrage ich nicht.

        Kunstmelodie Ich finde Rowlingswelt kränkelt an zu vielen Stellen, weil sie einfach viele liebevolle Ideen zusammengepackt hat, aber da im Endeffekt die großen Zusammenhänge fehlen. Aber sie ist ein schönes Beispiel dafür, dass man es nur schön verpacken muss, damit es auf den ersten Blick stimmig und interessant wirkt.

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        • Kunstmelodie
          Kunstmelodie kommentierte
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          Schneeregen könntest du deine Meinung konkretiesieren mit J. K. Rowling?
          Logiglücken hat jeder irgendwann ein mal

        #5
        Zitat von Kunstmelodie Beitrag anzeigen
        In letzter Zeit nehme ich mir stark J. K. Rowling als Vorbild und dort fällt mir immer wieder auf, wie wahsninnig detailreich ihre Welt ist. Für mich hat sie detailreichste Welt geschaffen hat, die je existiert hat. (gut vllt noch mit Tolkien zsm). Und ehrlich gesagt möchte ich bei meine neuen Projekt dort hinkommen: meine Welt so gut kennen, dass ich mich blind in ihr bewegen könnte. Mal schauen, ob ich das durchhalte.
        Aber auch Rowling hat sich sehr auf das Setting ihrer Geschichten beschränkt.
        Natürlich ist dem Leser in Hogwarts so gut wie jeder Winkel bekannt und jede Figur, die in den Büchern auftaucht, hat eine persönliche Motivation, die sich aus dem Gesamtbild der Welt zusammensetzt. Aber gibt es nicht noch unglaublich viele weiße Flecken?
        • Wie ist das magische Leben außerhalb Großbritanniens?
          Es ist nicht viel mehr als die Existenz von Beauxbatons, Durmstang und Nurmengard bekannt; außerdem der historische Fakt, dass Grindelwald einst beinahe den gesamten Kontinent unterjocht hat. Details zum Alltag, zur politischen Struktur der einzelnen Länder, zu Bündnissen etc. gibt es kaum etwas. Erst durch den Tierwesen-Film erfahren wir Details aus dem Amerika der 20er Jahre. Aber ob Rowling das Universum schon zu HP-Zeiten so weit ausgeweitet hat, bleibt offen.
        • Wie ist der magische Alltag abseits des großen Geschehens?
          Man hat in den Büchern den Eindruck, dass 90% der Zauberer und Hexen im Ministerium arbeiten. Um eine funktionierende Gesellschaft zu entwickeln, braucht man allerdings viel mehr. Wie sieht es mit der Nahrungsversorgung aus, gibt es Landwirte unter den Zauberern? Woher bekommen sie grundsätzliche Gebrauchsgüter - Stoffe für Kleidung, Holz für Schränke, Materialien für die Häuser? Wenn sie dafür auf die Ressourcen der Muggel zugreifen, woher bekommen sie das Muggelgeld, wenn sie nichts Nichtmagisches produzieren, dass sie im Austausch verkaufen können?
        • Wie läuft die Bildung der Kinder?
          Ab dem 11. Lebensjahr besuchen die Kinder Hogwarts, aber die Ahnungslosigkeit vieler Zauberer im Bezug auf Muggel lässt nicht vermuten, dass die Kinder davor Muggelschulen besucht haben. Lernen sie alle grundlegenden Sachen von den Eltern? Was machen die Kinder, deren Eltern beide arbeiten müssen, um den Lebensunterhalt zu verdienen? Was machen die Kinder, deren Eltern selbst keine ausreichende Bildung haben oder deren Eltern die Begabung zum Unterrichten fehlt?
        Der Punkt ist glaube ich genau der, dass es für die Geschichte nicht relevant ist. Und das sollte man auch bei seinem eigenen Weltenbau bedenken. Was bringt es, sich in die Kultur eines eremitischen Zwergenstaats hineinzudenken, seine Historie und Gesellschaftsstruktur genau auszuarbeiten, wenn sie in der Geschichte nicht zum tragen kommen? Was bringt es, weltpolitische Schachzüge zu planen, wenn der Protagonist in der Gosse lebt und die Geschichte davon handelt, dass er seine Schwester aus den Klauen eines Räuberhauptmanns befreien will?

        Rowling hat das, was sie für die Geschichte brauchte, unglaublich detailreich und vor allem zusammenhängend konstruiert. Aber sie hat es auch geschafft, eine Balance zu finden zwischen dem Relevanten und dem Irrelevanten. Tolkien dagegen war regelrecht besessen von seiner Welt, nicht von den Erzählungen an sich. Er hat hunderte von Stammbäumen entwickelt, auf denen jeweils vielleicht ein oder zwei relevante Namen standen. Er hat ganze Sprachen entwickelt, die in seinen Werken keine Rolle spielen. Selbst wenn man die Geschichten aus dem Silmarillion zu den Standardwerken Hobbit und Herr der Ringe hinzurechnet, gibt es noch unglaublich viele Informationen über Flüsse, Landschaften, Gebirge, Völkerwanderungen, ... die alle für die Geschichten überhaupt keine Rolle spielen. Er hat glaube ich für die Valar/Götter jeweils 4 oder 5 Namen erdacht, die alle eine Bedeutung haben, aber in den eigentlichen Geschichten nennen die Figuren - wenn überhaupt - sie nur bei ihrem Hauptnamen.

        Und das ist die große Krux, glaube ich. Natürlich ist Tolkiens Welt unglaublich detailreich und ich habe den höchsten Respekt vor seinem Werk (unabhängig von der ... *hust* eingeschränkten Lesbarkeit der Romane). Aber er hat in seinem gesamten Leben eben "nur" diese drei Erzählungen zustandegebracht. Rowling ist jetzt schon bei 7 Büchern, einem Theaterstück und (wenn man den Ankündigungen trauen kann) bald 5 zusätzlichen Filmen, dazu hat sie zwei Krimis geschrieben und noch (hoffentlich) sehr viel Zeit auf Erden, um weiterzumachen.

        Das muss man sich glaube ich vor Augen halten.
        Will man ein einziges episches Werk schreiben und sein ganzes Leben damit verbringen?
        Oder will man viele tolle Geschichten schreiben, abwechslungsreich und detailreich genug, dass sich der Leser trotzdem darin verlieren kann?
        "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
        (Peter Pan)

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        • Kunstmelodie
          Kunstmelodie kommentierte
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          @Sophie
          Ich finde, du hast hier sehr interessante Sachen angesprochen
          Also erst einmal stimme ich dir in vielerlei zu.
          Deine angesprochenen weißen Flecken finde ich sehr wichtig und es sind auch ein paar Aspekte dabei, über die ich so einhergegend noch nicht weiter nachgedacht hatte. Echt interessant!

          Ja, ganz genau. Das immense Detailreichtum verleiht einem das Gefühl, dass man zunächst alles weiß, was man wissen muss. Ich denke da alleine nur an die Lebensgeschichten von den Mcgonagall, den extremen Zusammenhängen zwischen den Bändern, den einzelenen Elementen des Scherzartikelladens, der unendlichen Details in Hogwarts. Das ist wie eine nie enden wollende Geschichte, ein in sich schlüssiges Universum.

          Aber ja, da hast du Recht, das meiste bezieht sich auf das, was sie auch braucht, bzw die zusätzlichen Infos, die im Buch oder sonstwo nie Verwendung finden dienen dazu, das man beim Schreiben merkt, dass sie sich in ihrer Welt auskennt und alles autehntischer und nicht so statisch rüberkommt. Diese Art Überschuss wird man imemr haben aber ich gebe dir auch recht, dass Rowling dabei eine Balance gefunden hat, die Tolkien nicht geschafft hat und die ich ehrlich gesagt auch nicht sonderlich erstrebenswert finde.
          Zuletzt geändert von Kunstmelodie; 11.05.2017, 15:22.

        #6
        Wenn es lustig, spannend und neuartig ist, stört mich Infodump, oder was hier alles schon als Infodump bezeichnet, nicht.
        Ansonsten sammle ich erst einmal, weil die guten Ideen ja nicht sofort kommen. Ansonsten braucht man Worldbuilding ja nicht nur für die Phantastik, vielleicht erspart man sich Gebirge und Landschaften, die mich ohnehin nicht so interessieren, aber für jede Geschichte braucht man seinen eigenen Kosmos.

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          #7
          Bei einer neuen Welt fange ich immer nur mit einer kleinen Basis an, etwas ungewöhnlichem das mich interessiert. Dann wird geschrieben, und die Welt entwickelt sich mit dem Plot und den Charakteren, und sobald die erste Rohfassung fertig ist, fange ich nochmal an, die Welt anzupassen, damit sie wieder konsistent wird, da sie sich doch sehr oft bei der ersten Fassung sehr verbiegt.
          Hin und wieder streue ich dann auch mal kleine Details ein, die dem ganzen das Gefühl von Tiefe verleihen sollen.

          Wie logisch müssen Welten sein? Ich denke, das hängt stark von der Zielgruppe ab. Mein persönlicher Anspruch ist, dass es mindestens so logisch sein muss, dass es einen nicht aus dem Lesefluss reißt. Solange es nicht große Fragen aufwirft, bin ich einfach zu begeistern.

          Über Infodump mache ich mir anfangs keine Sorgen. Bei der Überarbeitung fällt es mir meistens selbst auf und dann kann ich mich darum kümmern. Den Rest zeigen mir sicher die Probeleser auf

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            #8
            Beim Weltenbau bin ich ein ziemlich fauler Sack, nicht mehr, als unbedingt notwendig ist, um der Geschichte folgen zu können.
            Ich bleibe meist in einem recht mittelalterlichen Setting, in das ich magische Elemente einbaue. Für eine meiner Geschichten habe ich mir das Jahr 1095, kurz vor dem Aufruf zum ersten Kreuzzugs, herausgenommen. Damit waren die Grundlagen bis in die Details bereits gegeben. Ich halte mich an die realen Personen und Orte, nur die Stadt, in der die Geschichte spielt, habe ich erfunden und in die aktuelle Landschaft (am Rhein, irgendwo in der Nähe von Köln) eingefügt.
            Das soziale Gefüge und der politische Rahmen waren gegeben, die magischen Elemente stammen aus dem Aberglauben oder aus der Bibel (der Feuerdämon des Zoroasther wurde im alten Testament erwähnt).

            Auch bei imaginären Welten ist das meiste aus der Geschichte geklaut, geschüttelt und neu zusammengewürfelt.
            So wie George Martin mit GoT ein Faible für King Lear zeigt, habe ich mir für ein Fantasyland den Investiturstreit näher angesehen. Die einzelnen Elemente übersetze ich in meine Welt. Sollte ich mehr Details für eine Szene brauchen, schnappe ich mir ein Geschichtsbuch und sehe, was ich verwenden kann, und wie es in meiner Welt aussehen würde.

            I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

            Douglas Adams

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              #9
              Gleich zu Beginn: Ich mag das Zitat nicht. Überhaupt nicht. Was daran liegt, dass man es vielen Fantasywelten anmerkt, dass sie nur erschaffen wurden, um "halt mal einen Platz für die Geschichte zu haben". Für mich fühlen sich diese Welten tot an, sie reizen mich nicht, sie sind nicht lebendig und nicht dreidimensional. Die tollsten Fantasy-Bücher sind diejenigen, wo auch an Stellen, wo es überhaupt keine Rolle spielt, kleine Details der Welt eingestreut werden. Wenn diese Details immer wieder kehren und so allmählich ein deutlicheres Bild formen. Wenn sie ein regelrechtes Netz spinnen, wenn man anfängt, diese Details zu recherchieren, weil man den Eindruck hat, unter all diesen Fetzen bestimmt nicht alles mitbekommen zu haben, aber alles darüber wissen will.
              Ich glaube, es gibt kaum ein größeres Lob für einen Autoren, wenn zu seinem Werk eine Enzyklopädie erschafft wurde und der Leser irgendwelche Details darin sucht und sich in den Artikeln vertieft.
              Aber das passiert eben nur in Welten, wo deutlich zu spüren ist, dass da mehr Weltenbau dahintersteht, als es die Situation des Romans gerade verlangt.


              Deswegen ist Weltenbau für mich Selbstzweck und steht in den meisten Fällen vor der Romanidee. Am Anfang war meine Welt ziemlich unlogisch und künstlich und hat daher einige Überarbeitungen erfahren. Allerdings überarbeite ich sie dann nicht anhand des Romans, den ich mittlerweile geschrieben habe, sondern umgekehrt - der Roman wird anhand der neuen Karte überarbeitet und muss sich dessen anpassen.

              Die Frage, ob ich die Übersicht behalte oder mich verzettle. Äh *hust, hust* ... ich bin ein ordnungsliebender Chaot, daher liegt bei mir alles rum und ich versuche verzweifelt, alle meine Ideen zu sortieren. Das ist aber echt eine Monsterarbeit. Wenn man doch nur von Anfang an Ordnung halten würde ...

              Und bezüglich Infodump: Ich behaupte mal, dass ich das Problem überwunden habe. Ich habe mich im Laufe der Jahre sehr dafür sensibilisiert und finde inzwischen auch bei großartigen Autoren, dass sie ihre Welt viel zu plump einbringen. George Martins endlose Seiten über Heere, "das Haus XY führte das violette Wappen mit der schwarzen Biene. Weißes Pferd auf rotem Grund von dem Hause ABC schritt rechter Hand, in der Mitte schwankte das Wappen von KLM, der gelbe Hund auf grünem Grund". Ich versuche mittlerweile, auf Infodump fast immer zu verzichten (es sei denn, es ist inhaltlicher Infodump, den ich an dieser Stelle brauche und nicht lang und breit in die Handlung verwickeln will) und es so darzustellen, als sei es völlig normal. Habe allerdings auch schon gehört, dass ich dem Leser da teilweise zu viel vorenthalte.
              Naja, Infodump ist bei mir ein eigener Überarbeitungsschritt, insofern mache ich mir da nicht allzu viele Gedanken beim Rohentwurf.
              Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

              So nah, so fern.

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                #10

                Was denkt Ihr über das Zitat, Weltenbau allgemein und im speziellen?
                Für mich gehört Glaubhaftigkeit zur Güte der Geschichte. Wenn das Setting/die Welt bestimmte Dinge nicht erlaubt, kann ich sie nicht Kraft meines Amtes als Autor einfach erlauben und sagen: "Das ist so, weil es die ach so tolle Story so will und ich mich ausruhen muss. Friss, Leser, meinen Dreck." Dann kotze ich als Leser ins Buch. Die dargestellte Welt muss diese Dinge erlauben, und der Autor muss es mich glauben machen. Nicht so, dass es in unserer realen Welt funktionierte, aber dass es in seiner erschaffenen ginge. Er muss mir nicht irrelevante Informationen geben, aber die relevanten Erklärungen und Konsequenzen erwarte ich schon. Je abgedrehter die Welt, um so spannender wird sie dann zu lesen sein.


                Wo setzt Ihr Grenzen, wie logisch müssen Eure Welten sein?
                Eine innere Logik halte ich für notwendig. Wie weit das logische Gefüge greifen muss, sei dahingestellt. Für mich sind andere Dinge intolerabel als für Vollblutmusiker, -kartographen, -historiker, -botaniker, -fotografen etc. Muss man mit einer fiktiven Geschichte jedem Expertenwissen gerecht werden? Ich denke nicht. Aber: Je nachdem, wie wichtig ein Spezialistentum im Manuskript ist, sollte man sich aber ein gepflegtes, ambitioniertes Hobby-Niveau an Hintergrundwissen erarbeiten, um einen Totalausfall zu vermeiden. Im Weltenbau wäre das imA mindestens ein solides Grundverständnis für Geographie, Physiologie und Wirtschaft. Fantasy - oder Fiktion im allgemeinen - ist keine Entschuldigung für Lieblosigkeit und sich selbst widersprechende Welten.


                Behaltet Ihr beim Bauen die Übersicht oder verzettelt Ihr Euch?
                Bisher spielten meine Geschichten im Hier und Jetzt, daher standen viele Variablen einfach fest. Mich schreckt (noch?) die Komplexität des Erschaffens einer Welt. Mir reicht es im Grunde schon, wenn ich die Hintergründe einer bestimmten Berufsgruppe erarbeiten muss. Andererseits finde ich es total spannend, den Aufbau und Zusammenhang zwischen allem und jedem zu ergründen. Man wird ja nicht dümmer dadurch. Jeder Kurs Erd- und Planetenkunde, Biologie, Geschichte, Ethnologie und WiPo hilft.
                Immerhin bin ich jetzt einen Schritt weiter und bastele an einer Steam- und Teslapunk-Welt, die sich immerhin an (historischen) Gegebenheiten orientiert, mir aber Freiheiten lässt, nicht penibel alles recherchieren zu müssen (das ist angenehm, weil die Verzettelungsgefahr dadurch rapide abnimmt). Da ich nicht die Physik hinterfrage - obwohl Metaphysik einführe - bleiben mir große Ummodeleien erspart.
                Sollte ich einmal eine vollständige Mittelerden-Konkurrenz bauen wollen, dann bestimmt nicht in dem Ausmaß wie Tollkühn, aber sicher mithilfe des ausstehenden "Weltatlas zum DIY-Weltenbau", um unnötiges Verzetteln zu vermeiden. *vorbestell*

                Wie handhabt Ihr Infodump, bzw. die drohende Gefahr zu infodumpen?
                Ich dumpe erstmal. Später kommt der Besen.

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                  #11
                  Was denkt Ihr über das Zitat, Weltenbau allgemein und im speziellen?
                  Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang Moorcock dieses Zitat genannt hat, aber ich habe mal vor Urzeiten "Der Runenstab" von ihm gelesen und was ich so in Erinnerung habe, hat er da eine Welt geschaffen, die sich trotzallem allem echt und stimmig anfühlte. Man hatte das Gefühl, dass das von ihm geschaffene Imperium größer ist als das, was er in der Geschichte braucht. Aber ist wie gesagt schon ein bisschen her, dass ich das gelesen hatte

                  Generell möchte ich das Leser das Gefühl haben, dass die Geschichte in einer Welt spielt, die mehr als "nur" die Geschichte ist. Dazu brauche ich aber keinen Infodump über die Wirtschaft, die Wähung, die Geschichte oder die Rassen, die alle fünf Kontinente und dreißig Länder besiedeln. Hier und da eingebrachte Details sowie eine gute Mischung aus Vertrautem und Neuem reichen da meist aus.

                  Wie geht Ihr an Eure neuen Welten ran?
                  Ich suche mir eine Zeitepoche sowie eine Kutlur aus, die es echt gegeben hat, und auf deren Basis entwickle ich dann meine Welt. Dadurch habe ich bereits eine gewisse Basis und verzettle mich nicht (so schnel) bei Wirtschaft, Entwicklungsstand, Kultur, etc. Ich bin niemand, der komplett bei Null anfangen muss. Ich mische lieber neue Dinge mit Bekanntem

                  Wo setzt Ihr Grenzen, wie logisch müssen Eure Welten sein?
                  Als Ingenieur kann ich nicht ohne Logik Dadurch bekomme ich früher oder später Knoten im Hirn, gerade auch wenn es um Magie und co geht. Trotzdem versuche ich, meine Welt möglichst "realistisch" und in sich logisch zu machen.

                  Behaltet Ihr beim Bauen die Übersicht oder verzettelt Ihr Euch?
                  Nachdem ich meine Welten meist auf Bekanntem aufbaue, verzettel ich mich eher selten. Ich schaff mir nur hin und wieder selbst das Bein zu stellen oder mich in eine Ecke zu manövrieren, weil ich jedes Detail sich logisch in das Gesamtbild einfügen muss.

                  Wie handhabt Ihr Infodump, bzw. die drohende Gefahr zu infodumpen?
                  Ist bei mir eher selten das Problem. Auch wenn ich meine Welt relativ gut kenne, wandern wenige Details in die Geschichte. Manchmal sogar zu wenig Aber für mich ist die Geschichte und die Menschen einfach wichtiger, als dem Leser zu zeigen, was für eine tolle Welt ich gebaut habe. Ausgewählte Details bringen oft mehr Atmosphäre als seitenlanger Infodump.
                  »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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