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Unsympathische Figuren bzw. schlechte Charaktereigenschaften

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    Unsympathische Figuren bzw. schlechte Charaktereigenschaften

    Zitat von Ankh
    ich glaube, es ist eine Gratwanderung, Figuren unsympathische Eigenheiten mitzugeben. Es gibt Figuren, die könnte ich ständig würgen weil sie sich unmöglich benehmen, aber trotzdem sind sie spannend. Und dann gibt es die, an denen man echt verzweifelt und die man dann emotional aufgibt. Ich denke, das hängt damit zusammen, ob das was sie sonst noch mitbringen interessant genug ist.
    Hm, ich weiß nicht. Ich bin großer Fan von negativen Eigenschaften, sei es Machtgier, sei es Intriganz, sei es Gewaltbereitschaft, sei es Manipulation ... Solange sich ein Charakter auf dieser Schiene bewegt, besteht bei mir wenig Gefahr, dass ich ihn aufgrund dessen nicht leiden kann. Was mich stört sind Eigenschaften, die so etwas extrem Entnervendes haben. Das genannte ewige Jammern ("mir geht es so schlecht"), Unsicherheit in Bezug auf Mitmenschen ("was denkt der bloß über mich") oder eben Selbstzweifel ("das schaffe ich doch nie"). Vielleicht geht es also weniger um "Eigenschaften" als um Verhaltensweisen.

    Wie gesagt, ansonsten bin ich gegen schlechte Charakterzüge ziemlich resistent; ein Großteil meiner Lieblingscharaktere sind Meuchelmörder, einige Vergewaltiger, einer ist Folterknecht, ein anderer Frauenfeind. Ich messe in Literatur und Realität einfach mit zweierlei Maß, aber da scheine ich ja nicht die einzige sein, da diese Bösewichtsliebe ja allgegenwärtig ist.

    Die Frage, die ich mir gerade nur stelle: Gibt es Grenzen, wenn sie bei Mord und Vergewaltigung nicht erreicht sind? Beziehungsweise sollte man einen Sympathieträger nicht vergewaltigen lassen? (Ich habe das allerdings in einem Roman erlebt, dass mein absoluter Lieblingscharakter kurz beim Schänden einer Frau beschrieben wurde und an meiner Einstellung zu ihm hat das wenig geändert, weil es eben eine Kriegssituation war.)
    Und gibt es wiederkehrende Verhaltensweisen, die wirklich nerven und von denen man daher als Autor möglichst Abstand nehmen sollte?



    Edit: Wobei, um nochmal auf dein Zitat zurückzukommen: Wenn man eine Figur im Roman "ständig würgen" möchte, ist diese Figur dann wirklich noch auf einem guten Weg? Figuren, die ich öfter würgen, schütteln oder ohrfeigen will, sind bei mir eigentlich schon unten durch.
    Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

    So nah, so fern.

    #2
    Ich hab mir schon mal darüber Gedanken gemacht und es scheint ziemlich einfach zusammenzufassen zu sein.

    Positiv:
    Zu sich selbst stehen und die eigenen Ziele verfolgen. (Aktiv)

    Negativ:
    Sich und seine Mitmenschen doof finden und nichts dagegen/dafür tun. (Passiv)



    Wenn ein Mörder zu seiner eigenen Moral steht, dafür einsteht, und ein starkes und nachvollziebares Ziel hat, wird der Leser ihn auch akzeptieren. Im Gegensatz dazu jemand, der sich selbst bejammert, andauernd an seinen Mitmenschen rumnörgelt, anstatt selbst mal anzupacken.

    Nichts dagegen/dafür tun ist tödlich für Lesesympathie. Dazu zählt nicht nur, passiv herumjammern, sondern auch die Schuld/Verantwortung an andere abschieben, um weiterhin passiv sein zu können. Lügen, Unloyalität, Schuldzuweisungen, ... sind sehr unsympathisch (wenn keine höhere Motivation dahintersteckt, sondern nur die Faulheit). Daher sind auch Mary Sues unsympathisch, weil sie nichts tun, und ihnen trotzdem das Gute zufällt, bzw. etwas tun, aber nicht die Konsequenzen dafür tragen müssen.

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    • Kelpie
      Kelpie kommentierte
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      Finde ich einen tollen Ansatz. Das heißt im Umkehrschluss, dass man so gut wie alles verdaulich machen kann, solange der Protagonist nur aktiv ist.

    • Victoria
      Victoria kommentierte
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      Ja, das behaupte ich mal.
      Du musst dem Leser die Motivation der Figur (was ich mit "zu sich selbst stehen und das Ziel verfolgen", und Ankh unten mit "treibende Kraft" meint) verständlich machen. Ein "Ich will aber!" reicht nicht nicht aus (siehe Milchs "nachvollziehbaren Grund").

    #3
    Wenn du eine bestimmte Romanfigur ständig und ausdauernd würgen könntest, weil sie/er dir auf den Senkel geht, dann hat der Autor doch nicht alles falsch gemacht.
    Du hast das Buch NICHT zur Seite gelegt, sondern weitergelesen, und die Figur hat eine deutliche emotionale Reaktion von dir erhalten.


    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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      #4
      Ich meinte mit "unmöglich benehmen" jetzt weniger aktiv böses Verhalten, sondern einfach so eine Art, mit der sie sich selbst im Weg stehen. Mir fällt gerade kein gutes Beispiel ein, Aber stell dir vor, du hast so einen überpeniblen Helden, der sich erst einmal die Manschetten zurückkrempeln muss, bevor er den Gefährten aus dem Vulkan zieht. Das ist total unnötig und behindernd, aber wenn er nun einmal so ist (und den Gefährten trotzdem rettet), dann finde ich sowas schon wieder cool, auch wenn man in dem Moment das Buch anbrüllen möchte "das machst du jetzt nicht wirklich?!"

      Ein Held ganz ohne negative Seiten ist flach. Ich denke, am besten ist es, wenn der Prota eine ganze Reihe sympathische Eigenschaften hat und man seine negativen in Kauf nimmt, weil er ja sonst ganz okay ist und kleine Schwächen sind menschlich. Nur sind solche Eigenschaften wie ewiges Jammern und nichts tun eben so im Vordergrund, dass die guten Eigenschaften gar nicht zum Zuge kommen, und dann taugt er als Protagonist nichts. Man will ja eigentlich von Figuren lesen, die mehr erleben und mutiger sind als man selbst, und nicht noch ein größerer Waschlappen ...

      Machtgier und Intriganz sehe ich nicht als Schwächen. Das sind treibende Kräfte bei einem moralisch düsteren Charakter, ohne die er einfach nichts wäre. Dinge wie Mord und Vergewaltigung kommt aufs Genre an und auf die Welt, in der der Charakter sich bewegt; wenn das "normal" ist ist es sicher was anderes, als wenn sich herausstellt dass eine Figur in der Liebeskomödie ein Vergewaltiger ist. In einer schmutzigen Welt dagegen kann der Held schon allein dadurch punkten, dass er sich nicht an solchen üblichen Widerlichkeiten beteiligt, und man muss schon aufpassen, dass er dann nicht schon wieder unglaubwürdig ist. Ein Actionheld, der sich weigert auf Feinde zu schießen? Da muss man eher aufpassen, dass der nicht als Lusche rüberkommt.

      Demensprechend kommt es auch auf die Rolle der Figur an. Ein Bösewicht, der fiese Dinge tut, ist cool. Ein Held, der Frauen vergewaltigt und ohne Not Leute abschlachtet, wird extreme Schwierigkeiten bei mir haben sich als "Guter" zu verkaufen.
      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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        #5
        Machtwillen ohne Konzept, warum man die Macht haben möchte, empfinde ich als unsympathisch.
        Generell muss man einen sehr nachvollziehbaren Grund haben, um sich negative Eigenschaften leisten zu können. Ein bißchen Intelligenz und Raffinesse wären auch noch gut.

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          #6
          Zitat von Peter
          Wenn du eine bestimmte Romanfigur ständig und ausdauernd würgen könntest, weil sie/er dir auf den Senkel geht, dann hat der Autor doch nicht alles falsch gemacht.
          Du hast das Buch NICHT zur Seite gelegt, sondern weitergelesen, und die Figur hat eine deutliche emotionale Reaktion von dir erhalten.
          Findest du?
          Ich lege Bücher nicht unbedingt weg, nur weil ich sie schlecht finde. Und um mich zu nerven bedarf es auch keiner hohen schriftstellerischen Kunst XD Bella Swan von Twilight hat mich beim Lesen auch extrem genervt ... eigentlich sämtliche Charaktere meiner Worst-of-Listen ^^'



          Zitat von Ankh
          Dinge wie Mord und Vergewaltigung kommt aufs Genre an und auf die Welt, in der der Charakter sich bewegt; wenn das "normal" ist ist es sicher was anderes, als wenn sich herausstellt dass eine Figur in der Liebeskomödie ein Vergewaltiger ist. In einer schmutzigen Welt dagegen kann der Held schon allein dadurch punkten, dass er sich nicht an solchen üblichen Widerlichkeiten beteiligt, und man muss schon aufpassen, dass er dann nicht schon wieder unglaubwürdig ist.
          Mja, aber da sehe ich dann auch vielfach eine Schwierigkeit. Beispiel historischer Roman oder Fantasy bzw. ein Setting, wo Mord und Totschlag an der Tagesordnung stehen. Viel zu häufig fällt mir da der Prota völlig aus dem Schema raus, indem er viel zu humanistisch veranlagt ist. Wir hatten darüber ja eh mal gesprochen, dass Charaktere viel zu unreflektiert mit einer Denke unserer Zeit in ein völlig anderes Setting gepackt werden.
          Ich meine, klar gab oder kann es genügend Soldaten geben, die nach gewonnener Schlacht keine Frauen vergewaltigen. Andererseits stelle ich mir die Frage: Warum sollte mein Protagonist ausgerechnet einer von den "guten" sein? Warum sollte die Plothandlung, worum auch immer es geht, ausgerechnet so einem zustoßen, der moralisch eher mit uns auf einer Wellenlänge ist?

          Zitat von Ankh
          Demensprechend kommt es auch auf die Rolle der Figur an. Ein Bösewicht, der fiese Dinge tut, ist cool. Ein Held, der Frauen vergewaltigt und ohne Not Leute abschlachtet, wird extreme Schwierigkeiten bei mir haben sich als "Guter" zu verkaufen.
          Hm, muss der Protagonist oder Held wirklich gut sein?
          Sicher, es gibt auch Antihelden oder Bösewichte, deren Geschichte erzählt wird. Aber ganz grundsätzlich - was ist so verkehrt an einem "ganz normalen" Helden? Ich behaupte jetzt einfach mal, dass Grausamkeit nämlich - je nach Epoche und Gesellschaft - etwas völlig Normales ist/war.



          Zitat von Milch
          Generell muss man einen sehr nachvollziehbaren Grund haben, um sich negative Eigenschaften leisten zu können.
          Inwiefern braucht an einen guten Grund dafür? Einen besseren Grund als für positive Eigenschaften?
          Und weg vom Buch und rein in die Realität: Haben Menschen da für ihre Eigenschaften wirklich immer gute Gründe? Ich habe eher den Eindruck, sie haben oft gar keine Gründe, allerhöchstens aber schlechte.
          Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

          So nah, so fern.

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          • Kelpie
            Kelpie kommentierte
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            Reflexion und Selbsthinterfragungen müssen nicht zwangsläufig zu einem guten Ergebnis kommen. Was genau sollte einen daran hindern? Ganz blöd gefragt: Wenn ich einen Menschen quäle und ich merke, dass mir das Freude bereitet, dann kann ich mich selbst hinterfragen und vielleicht feststellen, dass das seine Ursprünge da und dort hat und dass die Motivation rein egoistisch bedingt ist. Das heißt darum aber nicht, dass ich als intelligenter Mensch davon ablasse, sondern kann ebenso gut bedeuten, dass ich es dennoch weiterhin tue.

            Wenn man an die großen grausamen Menschen unserer Geschichte denkt, dann waren es meistens sehr intelligente Leute, so abscheulich sie auch gewesen sein mögen. Egal ob Hitler und seine Schergen, Stalin oder Mao.

          • Milch
            Milch kommentierte
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            Nun, man denkt vielleicht weiter, man denkt voraus. Vielleicht macht jemand jetzt etwas Spaß, vielleicht rächt sich der andere irgendwann und dann habe ich keinen Spaß mehr.
            Mir ist nicht bekannt, dass Hitler, Stalin und Mao als besonders intelligente Menschen gelten oder galten.

          • Chandramukhi
            Chandramukhi kommentierte
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            Hitler war nicht überdurchschnittlich intelligent. Auch, wenn es gern behauptet wird, gibt es dafür keinerlei wirkliche Belege. Er war nicht einmal wirklich ein geschickter Staatsmann. Seine politischen Erfolge sind gemeinhin eher den chaotischen Verhältnissen der Weimarer Republik zu verdanken, als irgendeinem Kalkül.
            Grundsätzlich ist "Grausamkeit" keine Eigenschaft die direkt mit Intelligenz verknüpft wäre. Allerdings ist, je nach Art der Grausamkeit, schon eine Tendenz zu erkennen. Politische oder taktische, berufliche "Grausamkeit" im Sinne von Skrupellosigkeit erfordert einfach ein gewisses Mindestmaß an Intelligenz. Im Allgemeinen wird es schwierig, Manager eines Großkonzerns zu werden oder sich politische Macht zu verschaffen, wenn man Matsche in der Birne hat. Gleichzeitig ist eine gewisse Skrupellosigkeit in dieser Hinsicht nicht unbedingt von Nachteil. Wer grausam ist UND erfolgreich: Der hat was im Kopf. Ja.
            Ansonsten gibt es den Mythos vom überdurchschnittlich intelligenten Psychopathen und der ist umstritten! Soweit mir bekannt, gibt es zwischen Psychopathen und "normalen Menschen" keine wirklich signifikanten Unterschiede.
            Allerdings werden immer mal wieder zwei Arten von Psychopathen unterschieden, von denen die eine Art planender, die andere impulsiver vorgeht (wie die heißen, hab ich jetzt leider keine Lust rauszukramen ^^'). Zwischen diesen beiden werden Unterschiede in der Intelligenz diskutiert, allerdings ist auch diese Einteilung nicht unumstritten, da kaum ein Psychopath tatsächlich oder gänzlich in eines der Profile passt.
            Gerne ploppt hier und da auch immer mal wieder auf, dass Serienmörder oder Sexualstraftäter einen deutlich höheren IQ hätten als der Durchschnitt. Das wird von Medien wahnsinnig gern adaptiert, denn ein intelligenter Antagonist ist natürlich spannender als ein Idiot. Diese Aussage geht allerdings auf eine Studie aus den 60gern zurück, in der sich etwa dreißig Probanden (Sexualmörder und Sexualstraftäter) einem IQ-Test unterzogen. Der Durchschnitt lag bei 110. Allerdings sahen die IQ-Tests damals noch ein wenig anders aus und der Stichprobenumfang war zu gering, die Gruppe zu heterogen, um Aussagen zu treffen. Spätere Studien mit höherem Stichprobenumfang belegten einen ganz leicht unterdurchschnittlichen IQ, allerdings noch im durchschnittlichen Rahmen. Was bei Serienmördern oft nicht so pralle ist, ist Bildung, aber das liegt vor Allem daran, dass die meisten ohnehin aus verkorksten Haushalten stammen.
            Was auch gelegentlich vermutet wird, ist, dass manche Täter (Serienmörder) mit hohem IQ gerade aufgrund dieser Abnormität von ihrem Umfeld schlecht behandelt wurden, sich nicht integrieren konnten und das schließlich mit ausschlaggebend war, für ihre zweifelhafte Karriere.

            So, das war jetzt im Großen und Ganzen mein Wissensstand. Ich könnte jetzt wahrscheinlich seitenlang darüber referieren, aber die Zeit (und eure Nerven) spar ich mir. XD
            Zuletzt geändert von Chandramukhi; 20.02.2017, 20:04.
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