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    Sprachgefühl

    Ich würde ja sagen, alle Menschen kommen mit einem intuitiven Gefühl für Sprache auf die Welt. Je jünger, desto stärker ausgeprägt. Was nun Bildungsferne, hirnlose Medien und Umfeld aus einem Fast-Shakespeare machen, ist eine andere Sache ...

    Ansonsten stimme ich zu. Schreibratgeberregeln liefern nur Anhaltspunkte, um Dinge nicht völlig daneben zu gestalten. Soviel eigene Denkkraft, sich nicht blinden Gehorsams irgendwelchen Büchern unterzuordnen, unterstelle ich jemandem, der eigene Geschichten oder Welten kreieren will. Ob und welche Regel man eventuell strikt durch sein Autorendasein befolgt, ist persönlicher Stil. Dass man am Anfang in die eine oder andere Richtung stärkere Ausschläge hat, halte ich ebenfalls für normal. Niemand wird mit Pi-mal-Daumen- oder strikten Ansagen sofort zu einem großen Autoren.

    #2
    Dodo Ich kenne (Aus-)bildungsferne, die mehr Shakespeare intus haben als Maturaabsolventen ^^. Aber du hast recht, hirnlose Medien können einiges vermasseln. Leider.

    Das mit dem "blinden Gehorsam" ist so eine Sache. Wenn du lang genug indoktriniert wirst ... Ich wurde in Anfangszeiten echt von einigen (erfahreneren) Hobbyautoren und auch von einem Autor mit Regeln zugemüllt. Nicht als gut gemeinter Ratschlag, sondern als "Du musst", "Anders geht's nicht!", "Du willst ne Regel brechen? Ha, ha, du spinnst!", usw. Und da ging es nicht mal um grundlegende Dinge wie Akte-Schemata oder so, sondern beispielsweise um meinen Ach-so-schlimmen Regelbruch, dass ich mehrere POVS im Roman verwende oder einmal (verdammt bewusst, und jeder Testleser hat das atmosphärisch genauso geschluckt, wie ich wollte) von personal auf auktorial geschwenkt hatte. Und als Anfänger verunsichert das, wenn alle deine Einwände gleich mal blockiert werden, nicht differenziert wird, nicht gesagt wird, WARUM dein beabsichtigter Regelfall eventuell in DEINEM speziellen Absatz nicht funktioniert, sondern es schlicht nur heißt: "Das Brechen von Regeln ist blöd. Die gibt's nicht umsonst. Halt dich dran, diskutiere nicht, oder du hast mit deiner Schreibe Pech gehabt."
    Und dann denkst du dir so: Hm, die schreiben schon n bissl länger als ich, die müssens ja wissen ...
    Weshalb ich mir anfangs teilweise etliche Romanstellen dann wirklich total vermasselt hatte, und das hing mir teilweise über Monate nach, weil ich dann erst draufkam, dass man mir einfach nur in meinen Stil oder Plot reingepfuscht hatte, und das wieder auszumerzen ist schwer.
    -- Bitte nicht falsch verstehen, ich weiß, dass ich noch lange nicht perfekt bin, ich lerne gern von Erfahreneren dazu, ich freue mich immer über jedes Feedback von jedem, und sei es noch so ernüchternd (ist mir eh lieber als falsches Lob), aber ich bekomm die Krise, wenn persönliche Geschmäcker mit "Regeln" als Absolutum dargestellt werden, ohne meine Einwände ernstzunehmen, ohne meine Ambitionen zu respektieren und ohne selbst mal übern Tellerrand zu schauen. Und ich bekomme, da ich von meinem Ich-Anfänger-alle-anderen-haben-recht-Dasein geheilt wurde, nun die Krise, wenn ich einen derartigen Umgang bei anderen Schreibanfängern mitbekomme. Schreibanfänger sind nicht doof, Schreibanfänger sitzen aber halt manchmal in der Klemme und sind froh über Tipps. Und Tipps sollen helfen. Tipps sollen nicht verunsichern, Tipps sollen nicht jede unkonventionelle Idee im Keim ersticken. Orientierung: Gerne. Zwang: Nein, danke. Und wenn etwas gar nicht geht: Dann bitte mit einer guten Erklärung und nicht mit einem "Steht so im Ratgeber. Der hat immer recht."
    Ich kenne andererseits einen Autor, der mMn eh zu wenig bekannt ist, weil er in seinem Genre die für mich -- v.a. stilistisch und charakterlich -- schönsten Romane schreibt, die ich bislang gelesen hab, und jahrelange Erfahrung hat. Und dieser Autor zählt zu jenen Menschen, von dem ich echt sehr viel lernen konnte, und der mein Anfängergeschreibsel trotz aller doofen Fehler von Anfang an ernst nahm. Das hieß dann, dass er mir heikle Stellen aufzeigte, aber meine Ambitionen/Einwände/... IMMER ernst nahm, auch mal über den Tellerrand sah und sich mit mir auf Augenhöhe auseinandersetzte. So nehme ich Ratschläge gerne an, vor allem, wenn ich mich dazu äußern darf, wenn ich nachhaken darf, wenn ich darüber reden darf, und wenn ich (gemeinsam) abwägen darf.

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      #3
      Mona Ich verstehe schon, was Du meinst. Menschliche Ratgeber können halt das Debattieren anfangen und sich dogmatischer aufführen als die katholische Kirche (no offence), mit Allwissengebahren.
      Aber Tipps sind Tipps. Schreib-Ratgeber. Auf einen Rat kann ich hören oder nicht, wenn ich ihn in meinem Herzen oder im Text hin und her bewegt habe. Am Ende hast Du genau das getan. Nach einem schmerzhaften Umweg. Vielleicht ist der Umweg aber der Pfad vom Anfänger zum ... äh ... fortgeschrittenen Anfänger. Level 2. Wo Du auch schon wieder weg bist.
      Ich hab' eine Unmenge Schreibratgeber, und ich lese immer wieder welche (ich bin komisch, ich weiß), aber keiner sagt: Du musst immer und überall, sonst Weltuntergang. Bei einigen Ansagen denke ich schon beim Lesen: Will ich das? Echt jetzt? Macht mein Lieblingsautor doch auch nicht. Der Effekt: Ich achte beim Lesen und Schreiben auf einen weiteren Punkt, selbst wenn ich ihn nicht berücksichtige - und manchmal halt doch.
      Am Ende gehen einem die Ratschläge in Fleisch und Blut über, bei denen man den Eindruck hat, dass sie den Text besser machen (das ist der Moment, wo man in einem gekauften Buch korrigieren will). Aber meine Darlings müssen nicht die eines anderen Autoren sein. Schreibratgeber betrachte ich als wohlmeinende Ansammlung von Erfahrungswerten. Garantien liefern sie eh nicht, denn die Umsetzung liegt eben beim Schreiberling selbst. Und Du bist am Ende doch so stark in Deiner Schreibintuition, dass "Schreib, wie Du es lesen willst" sicher einer der wichtigsten Tipps wäre, die Du (und auch ich) anderen geben würdest. Undogmatisch, versteht sich.

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        #4
        Zitat von Dodo
        Ich würde ja sagen, alle Menschen kommen mit einem intuitiven Gefühl für Sprache auf die Welt.
        Dem widerspreche ich. Es gibt die These, dass alle Menschen mit gewissen Denkstrukturen geboren werden, die es ihnen ermöglichen, egal welche Sprache in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum zu erlernen. Quasi eine angeborene Grundlage für den Spracherwerb.
        Die ist aber störanfälliger als man meinen sollte. Ich hab Sprache immer für etwas gehalten, dass einfach jeder lernt, aber dem ist nicht so.

        Und damit sind wir auch noch überhaupt nicht bei dem Sprachverständnis angekommen, auf das ihr euch eigentlich bezieht, nämlich auf das Verständnis von Schriftsprache und den dieser eigenen Regeln und Konventionen. Wie sollte jemand ein Fast-Shakespeare sein, wenn er sich noch nie mit dem geschriebenen Wort beschäftigt hat?
        Träumend plant der Geist seine eigene Wirklichkeit.
        - Søren Aabye Kierkegaard -

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          #5
          Wenn jeder mit Sprachgefühl auf die Welt kommen würde, dann würde das bedeuten, dass jeder mal eben so einen sprachlich anspruchsvollen Roman schreiben könnte. Dem ist aber nicht so. Die meisten menschen brauchen viel Übung, bis sie einen guten Stil entwickeln und manche lernen es nie so richtig.
          Klar kann man dann immer noch sagen "das kommt schon irgendwann von alleine", aber warum? Es geht deutlich schneller, sich die Grundlagen von jemandem erklären zu lassen, anstatt sich mühsam via trial and error heran zu arbeiten.

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            #6
            Mit "Fast-Shakespeare" meinte ich vielleicht eher einen potentiellen Sprachkünstler.
            Weiterhin bleibe ich dabei, dass alle Menschen ein intuitives Gespür für Sprache haben, sonst könnten es die unausgebildeten Kinder nicht lernen. Schon einmal erlebt, wie Grammatikregeln intuitiv erfasst werden? Niemand erklärt den Vierjährigen, nach welchen Regeln Verbformen geformt werden. Dass nicht alle Menschen genial sind - das steht ebenfalls fest. Und natürlich hilft Üben, üben, üben. Dem Kleinkind wie dem Autoren.

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              #7
              Das, was du als intuitives Gespür für Sprache bezeichnest sorgt aber meiner Meinung nach nur dafür, dass Kinder die Sprache erlernen. Um damit zu kommunizieren.
              Das Schreiben und erzählen von Geschichten, vor allem guten Geschichten ist aber weitaus komplexer als das. Sprache erlernt man über einen hohen Sprachinput. Damit hat man die Grundvoraussetzung für das Schreiben. Aber um gute Geschichten zu schreiben braucht man meiner Meinung nach auch noch mal sehr viel Input an guten Geschichten. Und Übung natürlich auch.
              Geschichten sind einfach noch mal eine andere Ebene als Alltagskommunikation.

              Und ja, ich weiß, wie Grammatikregeln erlernt werden. Und was dabei schief gehen kann. Das Thema ist Teil meiner Ausbildung.
              Träumend plant der Geist seine eigene Wirklichkeit.
              - Søren Aabye Kierkegaard -

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              • Feuerfeder
                Feuerfeder kommentierte
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                "Nur" eine Sprache erlernen, um damit zu kommunizieren
                "Nur" im Vergleich dazu, die Sprache dafür nutzen zu können, mehr oder weniger komplexe Geschichten zu erzählen.

                Ich sage nicht, dass jedes Kind ohne weitere Förderung zu einem Literaturnobelpreisträger heranwachsen kann. Selbst mit Förderung incl lebenslanger Studien nicht.
                Ok, dann habe ich das wohl falsch verstanden;
                Zitat von Dodo
                Was nun Bildungsferne, hirnlose Medien und Umfeld aus einem Fast-Shakespeare machen, ist eine andere Sache ...
                Damit ist wohl klar, dass wir hier von unterschiedlicher Sprachbegabung sprechen - ich vom Spracherwerb, einer sensationellen Leistung, Du vom literarischen Stil, der ohne Spracherwerb erst recht nicht ausgebildet werden kann.
                Also mir war das klar, ja...

              • Dodo
                Dodo kommentierte
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                Wie gut, dass es das Wort gibt, oder?

              • Feuerfeder
                Feuerfeder kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Wäre ziemlich trist ohne, ja.

              #8
              Also ich denke schon, dass Kinder ein intuitives Sprachgefühl haben. Manche Dinge sind vielleicht komplexer und schwieriger und müssen richtig erlernt werden, aber ganz grundsätzlich ist es ja wie Dodo sagt: Ein Kind lernt nicht sämtliche Deklinationen und Konjugationen aller Verben auswendig, sondern begreift es von ganz alleine, wenn es das Sprachmuster erst begriffen hat. Insbesondere das Deutsche mit all den schwierigen Fällen und Anpassungen ist für mich ein Beweis dafür, denn wenn ich vernünftig darüber nachdenke, wie manche Sätze denn nun lauten müssen, vertue ich mich viel eher, als wenn ich einfach meinem Sprachgefühl folge.

              Aber wie gesagt, klar muss das dann weiter erlernt und perfektioniert werden. Aber so ist das ja mit allen Dingen, die man als Kinder zwar intuitiv begreift, aber mit viel Training veredeln muss.
              Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

              So nah, so fern.

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                #9
                Ich denke auch, dass es ein begrenztes angeborenes Sprachgefühl gibt. Kinder lernen vieles schnell, aber auch unterschiedlich schnell, je nachdem, wie sie veranlagt sind.Ich würde sagen, diese Veranlagung ist angeboren.
                Das Sprachgefühl, dass sich auf seine Wortwahl und sein literarisches Schaffen auswirkt, eignet man sich, denke ich, beim Lesen und Sprechen an. Wie schnell man dabei lernt, würde ich wieder als angeborene Veranlagung sehen.
                New posts every Monday, Wednesday, Friday and Sunday:
                https://catholifire.wordpress.com/
                Holiness within your reach

                Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Matthäus 28,20)

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                  #10
                  Das Sprachgefühl ist am stärksten dort ausgeprägt, wo sich am meisten mit Sprache beschäftigt wird. Das hat nichts mit dem Alter zu tun.
                  Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
                  to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
                  A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
                  You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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