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Mittwochsfrage #77: Romane schreiben kann man nicht lernen

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    Mittwochsfrage #77: Romane schreiben kann man nicht lernen

    … zugegeben, der Titel hat was von einem Clickbait.
    Und zugegeben, dieser Titel stammt gar nicht von mir. Es ist ein Schreibcoach, der nach jahrelangen Erfahrungen behauptet, dass man das Schreiben gar nicht lernen kann. Wobei viele seiner Kunden eben dies erwarten. Sie buchen einen Kurs und wollen nach Abschluss die Fähigkeit besitzen, schreiben zu können – beziehungsweise sie lesen sich durch etliche Ratgeber, Blogs, sehen sich Vlogs und hören sich Podcasts an und glauben, dass sie es dadurch draufhaben müssten.

    Dieser Schreibcoach definiert im Nachhinein das Wort "lernen" mit "Wissen aneignen" und stellt fest, dass man schreiben nicht lernen, sondern nur "üben" kann. Also: Man kann seine Schreibfähigkeiten nur erweitern, wenn man tatsächlich am Text übt.

    Ich setze noch einen drauf und behaupte, dass man mit autodidaktischem "Lernen" und "Üben" nicht weit kommt, sondern nur besser werden kann, wenn man
    • sich mit anderen Autoren austauscht (konstruktives Austauschen, nicht Popo lecken und auch nicht auf Kritiker tun und zerstören),
    • regelmäßig am Roman schreibt (nicht nur Schnipsel oder Fingerübungen),
    • einen Roman beendet (nicht nur überarbeitet und Szenen zerpflückt und schiebt, plottet und Figuren vertieft),
    • einen Roman veröffentlicht (nicht nur schubladieren).

    Gene Wolfe ist noch härter. Er behauptet: "Du wirst niemals lernen, wie man einen Roman schreibt. Du lernst immer nur, den Roman zu schreiben, an dem du gerade arbeitest."

    Nun zu euch.
    Was denkt ihr zu den verschiedenen Thesen? Was denkt ihr übers Schreibenlernen?

    #2
    Na ja, das ist natürlich provokant, aber falsch ist es auch. Lernen ist ja nichts anderes als üben, üben, üben, (auch wenn er sich eigene Definitionen zurechtbiegt) das wussten schon die alten Römer; von daher kann man es lernen, indem man Schreiben übt. Ob man dann automatisch einen guten Roman schreibt, sei allerdings dahingestellt. Gut ist ja auch eine Frage des Geschmacks.

    Du bist da differenzierter, wenn Du Tipps zum Besserwerden gibst: Raus aus dem eigenen Wahnsystem, hol Dir konstruktive Kritik von außen. Das ist ermunternder als das Blä, ihr lernt es nie.

    Und mit dem Roman, den ich gerade schreibe, übe ich für meinen nächsten. Ich fange den nächsten nicht wieder bei Null an. Von daher halte ich die Aussage für überspitzt.

    Das alles feuert nur an, besser werden zu wollen. Zu wissen, was man nicht weiß.

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    • Gast-Avatar
      Gast kommentierte
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      Ich sehe das genauso und vor allem den Punkt: Ob man dann automatisch einen guten Roman schreibt, sei allerdings dahingestellt.

      Einen Roman zu schreiben ist vor allem Fleißarbeit. Um einen qualitativ/handwerklich guten Roman zu schreiben, muss man schon etwas mehr als Fleiß investieren.

    #3
    Grau ist alle Theorie, Praxis braucht man als Autor, erst dadurch wird man gut.
    Ich weiß nicht, ob man auch ohne Austausch ein gewisses Level erreichen kann.
    Ich habe bei manchen Autoren das Gefühl, dass zu frühe Tipps auch kontraproduktiv sein können.
    Ich erinnere nur an die Gesichtsgymnastik von Figuren, weil manche Show, dont tell falsch verstanden haben.
    Um richtig gut zu werden, braucht man noch Phantasie.
    Zuletzt geändert von Milch; 29.08.2018, 10:20.

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      #4
      Ich sehe das, wie das Zeichnenlernen: Du kannst das lernen, die verschiedenen Techniken und Stile kann man verstehen, nachahmen und erlernen. Man kann lernen, wie eine gute Bildkomposition aussieht, wie du eine Fluchtpunktperspektive richtig berechnest, wie du Schatten konsequent in einem Bild setzt etc. All diese Techniken und Werkzeuge kann man erlernen.
      Das heißt nur nicht, dass du das Zeug zum Künstler hast.

      Ich denke, das gilt auch fürs Schreiben. Du kannst lernen, wie man Metaphern anwendet, wie Motive funktionieren, was einen Stereotyp von einer authentischen Figur unterscheidet und welche Zutaten ein Plot braucht, um ansprechend zu sein.
      Nur das macht einen nicht zum Autor und den Text nicht zu einer lesenswerten Geschichte.

      Ich mag das Zitat von Fort Minor:
      This is ten percent luck. Twenty percent skill. Fifteen percent concentrated power of will. Five percent pleasure. Fifty percent pain. And a hundred percent reason to remember the name
      Es gibt das "gewisse Etwas" - in dem Zitat "pleasure", früher auch "Genius", oft fälschlicherweise "Talent" - das man einfach mitbringt. Das kann man nicht lernen, das kann man nicht durch Fleiß erringen. Es ist ein winziger Teil von allem, was in ein Kunstwerk eingeht, aber das ist genau der Unterschied zwischen einer Aneinanderreihung von Wörtern und einer Geschichte.
      Du kannst also sehr wohl lernen, wie man einen Text schreibt oder ein Bild zeichnet oder ein Instrument spielt; aber du kannst nicht lernen Kunst schaffen zu wollen.
      Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
      to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
      A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
      You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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      • Milch
        Milch kommentierte
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        Wäre doch witzig, aber ich glaube nicht mehr, dass es so revolutionär wäre.
        Es ist genauso wie ein Text konsequent klein zu schreiben, irgendwann war es ein Verstoß gegen die Konventionen, heutzutage ist es nur noch pseudooriginell.

      • Gast-Avatar
        Gast kommentierte
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        Darüber ließe sich ewig diskutieren, aber unterm Strich, ist Kunst für jeden etwas anderes. Für mich reicht es eben nicht, sich im roten Kleid auf einen Stuhl zu setzen und sich 7 Tage lang von Wildfremden anschweigen zu lassen. Da besteht die Kunst höchstens im Durchhalten. Für mich ist das ganz schlicht: bescheuert!
        Aber scheinbar gibt es Leute, die genau auf so etwas gewartet haben. Also: Es lebe die Kunst!

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Gerade beim Schreiben von Romanen würde ich doch den Schwerpunkt immer noch auf die Geschichte legen. Ob Majus- oder Minuskeln - wenn die Geschichte stimmt, ist es egal, wenn sie nicht stimmt, um so schlimmer
        Aber ich denke, die Regeln kann man lernen, man kann das Handwerk schleifen und üben, die Figuren ausstaffieren und die Geschichte ausfeilen - nur das Leben muss man noch einhauchen. Das ist vielleicht der entscheidende Unterschied zwischen guten ROMANEN und GUTEN Romanen ...

      #5
      Ich hoffe, dass man Schreiben lernen kann, ansonsten sieht es düster für mich aus.

      Ich stimme bei dem Punkt, dass jeder Roman eine Übung für den nächsten ist, zu. Insbesondere beim "Beenden" eines Romans entwickle ich mich am weitesten.

      Den Austausch mit anderen Autoren halte ich für nett, aber überbewertet. Ich bin in dem Punkt eher wie Salinger, der sich in eine Hütte im Wald zurückgezogen hat.
      Wichtiger finde ich die Diskussion mit den Lesern, aber vor allem mit dem Backup Team, das sich professionell mit dem Buch auseinandersetzt: die Lektorin, Cover Designerin und Korrektorin. In der Auseinandersetzung mit diesem Team habe ich bisher am meisten gelernt. Nur wenn ich mir über die Atmosphäre, die ich erzeugen will, klar bin, kann ich der Designerin den Input geben, den sie benötigt, etc.

      Was jetzt einen "guten" Roman ausmacht, kann ich nicht beantworten, diese Diskussion will ich auch nicht anstoßen. Als Autor bewerte ich meine Romane in ihrer "Effizienz". Schafft es ein Roman, die Zielgruppe zu erreichen und dort eine emotionale Reaktionen auszulösen?


      I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

      Douglas Adams

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        #6
        Ich denke, es gibt verschiedene Typen.

        - Manche Menschen brauchen einfach Gleichgesinnte, mit denen sie sich persönlich austauschen können, um die eigenen Fertigkeiten zu entwickeln.

        - Andere ziehen sich lieber in das stille Kämmerchen zurück, büffeln Theorie, nehmen Werke anderer Autoren auseinander und lernen dadurch.

        - Wieder andere eignen sich ihr Können an, indem sie viel lesen und die zugrundeliegenden Strukturen intuitiv erfassen.

        Und so weiter. Natürlich lassen sich diese Wege auch kombinieren. Meiner Meinung nach gibt es nicht die eine universelle Methode, auf die alle Autoren ansprechen. Menschen sind verschieden, und jeder muss seinen eigenen, individuellen Weg finden.
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        Zuletzt geändert von Flossenschwinge; 21.12.2019, 16:23.

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          #7
          Ok, Lernen oder Üben, das ist im Falle des obengenannten Schreibcoaches eine Spitzfindigkeit (aber es ist gutes Clickbaiting.)

          Trotzdem würde ich spontan sagen, er hat mit der Aussage ber das Üben recht. Je mehr man schreibt, umso besser wird man. Unbewusst feilt man am eigenen Stil, erweitert sein Repertoire, probiert Sachen aus und setzt sie in seltenen Fällen auch mal gelungen um. Der abgedroschene alte Spruch "Übung macht den Meister" kommt ja nicht von ungefähr.
          Das mit dem Üben gilt aber für das Schreibhandwerk generell, da sind wir noch nicht beim Roman. Üben muss auch derjenige, der Sachtexte, journalistische Artikel, Blogbeiträge oder Kurzgeschichten schreibt. Und hier ging es ja konkret um die Fragestellung, ob man es erlernen/erüben kann, Romane zu schreiben.

          Da komme ich mir jetzt ein bisschen hochtrabend vor, wenn ich mich darüber auslasse, wie mann einen Roman wirklich schreibt - denn ich habe ja noch keinen fertig gekriegt. Gute Texte in Novellenlänge, ja, und zwei Rohfassungen von Romanen sind auch in der Schublade. Aber eben in der Schublade und nicht beim Hugendubel im Verkaufsfenster.

          Was ich also ziemlich gut weiß ist, wie man keinen Roman schreibt. Wie man es schafft, ihn nicht fertig zu kriegen, und an der eigenen Kunst zu verzweifeln. Und wenn ich darüber nachdenke kommen da viele der Punkte auf, die VickieLinn oben geschrieben hat:
          Regelmäßig daran arbeiten: ja, auf jeden Fall
          Das verdammte Ding einfach zu Ende bringen, also Durchhaltevermögen beweisen: ja, unbedingt. (Auch wenn ich das nur von kürzen Texten kenne.)
          Austausch mit anderen Autoren: wahrscheinlich ja. ("Ja", weil es kaum eine Fähigkeit gibt, bei der man als Normalsterblicher rein autodidaktisch weiter kommt. "Wahrscheinlich ja" weil - es gibt sie, diese ganz seltenen Ausnahme-Genies, die ganz alleine wirklich besser klarkommen.)
          Ob zum Lernprozess des Romanschreibens das Veröffentlichen auch dazugehört kann ich nicht beurteilen. Ich vermute aber mal: ja.

          Was ich noch gerne hinzufügen würde als unbedingte Pflichtübung, wenn man besser Schreiben lernen will: Lesen.
          Das klingt jetzt total banal, aber ich habe die Beobachtung gemacht, dass ganz viele (Möchtegern)Autoren nicht mehr lesen. Weil sie ja angeblich keine Zeit mehr dazu hätten. Sie lesen schon noch kurze Texte, zerpflücken gegenseitig ihre Textübungshäppchen in Foren, und haben manchmal auch irgendeine leichte Taschenbuchkost á la "Wanderhure" oder "Twilight" in der S-Bahn dabei. Aber wirklich lesen, qualitativ gute Bücher von vorne bis hinten lesen, tun viele nicht mehr.
          Ich merke das an mir selbst. Wenn ich mehr lese, dann schreibe ich besser, obwohl mir die Lesezeit ja eigentlich Schreibzeit wegnimmt.
          Always avoid alliteration.

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          • Milch
            Milch kommentierte
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            Lesen gehört zum Schreiben dazu.

          #8
          Also, wenn ich durch üben mein Handwerk, Textverständnis usw. dauerhaft verändere, im Optimalfall verbessere, dann habe ich was gelernt. Ergo: Ja, man kann schreiben lernen. Wobei es wohl von der eigenen Begabung abhängt, wie "gut", schnell man es erlernen kann.
          Und, ob das Buch irgendjemanden interessiert ist wohl vom Zeitgeist abhängig und vom Geschmack der Leser (der wohl auch durch den Zeitgeist geprägt ist).
          Nein das war ich nicht.
          Ach so, das!
          Ja, das war ich.

          Kontakt: administrator@wortkompass.de

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          • Dodo
            Dodo kommentierte
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            Das unterschreib ich so.

          #9
          Ich würde sagen, der Unterschied zwischen Lernen und Üben ist einfach die Anwendung.
          Ich kann eine Sprache in der Theorie verstehen, und trotzdem nicht sprechen (siehe nahezu jeden mit Großem Latinum ). Das Üben ist notwendig, um das Gelernte in die Tat umzusetzen. Und ich finde, Üben setzt auch eine Basis an Gelerntem vorraus, sonst übt man ins nichts hinein.
          Also ja, natürlich kann man Schreiben lernen, so wie man fürs Latinum lernen kann. Aber das heißt nicht, dass ein perfekter Roman dabei rauskommt, oder eben ein fließend Latein-sprechender Schüler.

          Ob es beim Schreiben jetzt aber ausreicht, zu Lesen, um schon gelernt zu haben, oder ob man sich mit der Wissenschaft dahinter auseinandersetzen muss um es zu lernen, ist eine andere Frage.

          Und tatsächlich würde ich sagen, zu viel Lernen kann dem Üben auch schaden. Es muss beides in relativem Tempo zueinander passieren - sonst merkt man, wie viel man eigentlich nicht kann und friert ein

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