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Was heißt für euch den Nerv der Zeit treffen?

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    #16
    Naja, wenn von Büchern, die einen Nerv trafen, gesprochen wird, nennt man eigentlich immer dieses "Deutschland schafft sich ab". Ist halt ein Sachbuch; gelesen hab ich's nicht. Aber das hat ja auch vielen nicht gefallen.

    Ich denke halt, dass solche Bücher irgendwas auslösen müssten. Entweder finden sie kaum Gefallen, weil sie etwas ansprechen, was keiner wahrhaben will bzw. nur als Provokation empfunden wurden. Oder aber die Leute wachen auf, denken sich "Ah ja! Wir werden total verarscht" und es beginnen Massendemostrationen. Aber irgendwie ... hmja ... vielleicht liegt's auch daran, dass die Menschen heute generell sehr demonstrierfaul geworden sind ...
    Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

    So nah, so fern.

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      #17
      Bei einer Phrase wie "den Nerv der Zeit" treffen muss ich als geneigter Hip Hop-Fan an Eminem denken. Die ersten Jahre seines Erfolges waren turbulent, seine Konzerte trafen Demonstrationen, das FBI hat ihn durchleuchtet und man hat ihn öffentlich für Amokläufe wie Columbine verantwortlich gemacht. Mit seinen Texten hat er aufgezeigt, wie falsch die öffentliche Meinung der Nation über sich selbst war, aber der Erfolg seiner Texte gab ihm Recht. All die guten und zivilisierten Einbildungen über das Land legte er offen und die meinungsmachende Mehrheit musste sich endlich mit ihren Doppelstandards und gesellschaftlichen Problemen auseinandersetzen, die sie lieber weiter verleugnet hätte.

      Ich denke, "den Nerv der Zeit" zu treffen hat was mit Glück zu tun. Zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Leuten das Richtige sagen, ist schon schwierig genug um eine breite Masse zu unterhalten, geschweige denn für einen bleibenden Einschlag in die Gesellschaft. Wenn niemand deinen Text liest, kann er so provozierend und nerv-treffend sein wie er will.

      Was es für einen bleibenden Einschlag in der gegenwärtigen deutschen Kultur vielleicht schwerer macht als z.B. in Amerika oder in einem Deutschland vor 200 Jahren: Unsere Tabus sind weniger geworden, Rebellion ist in diesem reichen und bequemen Land unattraktiv, unser Leben ist komplizierter als jemals zuvor und unsere Aufmerksamkeit ist breitgefächert und global. Gleichzeitig sind wir ein demokratisches Land, für die meisten sind Meinungsfreiheit, Gleichberechtigung und Toleranz Menschenrechte und das bedeutet: deine Aussage zählt so viel und so wenig wie meine. Aber wenn es keine inhärent "bessere Meinung" gibt, die man kontern kann und wenn es kein großes Tabu gibt, das man brechen kann, wenn es keine Ungerechtigkeit gibt, die ungehört unter den Tisch fällt - mit was soll und kann man noch in die Gesellschaft einschlagen? Die großen Themen von Freiheit und Gleichheit und einem würdigen Leben werden bereits diskutiert. Jede Meinung darf gesagt werden. Die großen Rebellionen scheinen vorbei, nicht weil wir faul sind, sondern weil unser Land bereits viel Gutes erreicht hat und an dem noch ausbleibendem Guten hart arbeitet. Die lebensverändernden Themen unserer Zeit wie beispielsweise Gesetze fürs Internet sind zu komplex für einfache Slogans und zu schwer vorzustellen für die Aufmerksamkeit des Laien, der stattdessen sieht welche furchtbaren Taten rund um die Welt geschehen.

      Für was oder gegen was muss ich meine Faust erheben, weil sonst niemand zuhört?

      Weil mir darauf bisher noch keine gute Antwort eingefallen ist, schreibe ich über Themen, die mich kümmern und denen ich neue Gedanken hinzufügen will: Liebe, Lebensträume, Kunst und die Faszination mit dem Anderen. Das trifft keine Nerven, aber vielleicht trifft es Neugierige.
      Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
      to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
      A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
      You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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        #18
        Zitat von In-Genius Beitrag anzeigen
        Ich denke, "den Nerv der Zeit" zu treffen hat was mit Glück zu tun. Zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Leuten das Richtige sagen, ist schon schwierig genug um eine breite Masse zu unterhalten, geschweige denn für einen bleibenden Einschlag in die Gesellschaft. Wenn niemand deinen Text liest, kann er so provozierend und nerv-treffend sein wie er will.
        Vielleicht wird er dann eher gesagt und man spricht eher darüber.
        Vielleicht reicht nur ein provokanter Titel. Um ehrlich zu sein, ich bin gegen Sachbücher mit die ... Lüge im Titel, meistens haben sie im Original einen anderen Titel.

        Ich glaube nicht, dass man sich nur auf Slogans reduzieren muss. In einem Roman hat man ja Zeit, ein Thema auch zu entwickeln, es kann durchaus differenzierter sein.
        Manchmal kann eine Provokation sein, wenn man die Realität als vielfältiger präsentiert, so dass sie nicht in einfache Schablonen und Slogans passen.
        Ich glaube auch nicht, dass Meinungsfreiheit bedeutet, dass Themen uns nicht mehr emotional berühren. Man wird dafür nicht mehr ins Gefängnis gesperrt.
        Wie viel haben sich über den Gotteswahn von Richard Dawkin aufgeregt?

        Das Thema bezieht sich auf ein Radiofeature des Deutschlandradios, was die Sichtweise nicht so verengt.



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