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Die Sache mit den Testlesern

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    Die Sache mit den Testlesern

    Hallöchen!

    Ich will mal in die Runde fragen, wie ihr das Testlesen eurer Manuskripte handhabt. Geplättet hat mich Jenna Morecis "System" (das sie u.a. hier recht ausführlich beschreibt). Moreci, eine amerikanische Selfpublisherin mit YT-Kanal, arbeitet mit mehreren Leser-Zyklen Á  10 Testleser, verschickt ihnen nach und nach – kapitel- bzw. szenenweise – ihr Romanmanuskript, um den Lesern in einem Interview anschließend (für jedes einzeln zugesandte Kapitel) folgende Fragen zu stellen:

    1) Was sind deine ersten Gedanken zum Text?
    2) Welche Stellen haben dir besonders gefallen und warum?
    3) Gab es Stellen, die du nicht mochtest? Warum?
    4) Was sind deine Gedanken zum Text?
    5) Was hältst du von Charakter A, B, C, …? (alle im Text auftretenden Haupt- und wichtige Nebenpersonen)
    6) Was sind deine Gedanken zu Szene X, Y, Z, …?
    7) Warum denkst du, ist ________ passiert? [Hat der Testleser das Konzept hinter einem Ereignis/einer Entscheidung etc. verstanden?]
    8) Gab es Stellen, die verwirrend oder unklar waren?
    9) Auf einer Skale von 1–10: Wie gern hast du dieses Kapitel gelesen?
    10) Hast du Vorhersagen/Theorien, wie die Geschichte weitergehen könnte?

    Wenn der Testleser das gesamte Manuskript gelesen hat, bekommt er einen finalen Fragebogen, der sich auf das "große Ganze" bezieht:

    1) On a scale of 1-10 how much did you enjoy this novel?
    2) What could have made it a 10 in your eyes?
    3) What were your favorite parts?
    4) Would you consider the story predictable?
    5) What genre would you say would fall this novel under? What books/movies/TV shows would you comapre it to?
    6) What would be the target audience of this novel?
    7) Would you recommend this book to a friend?
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    Ich frage mich ernsthaft, ob ich meinen Testlesern einen solchen Fragebogen zumuten kann. Abgesehen davon scheint mir das ganze ziemlich "focus group"-mäßig aufgezogen zu sein, was mir etwas widerstrebt, weil mein Roman ein Roman und kein Schokoriegel ist. Trotzdem finde ich Morecis Herangehensweise interessant – und frage mich, ob ich daraus etwas mitnehmen kann.

    An alle, die schon mit Beta-/Testlesern zusammengearbeitet haben: Wie geht ihr vor?


    #2
    Ich habe bislang Fragebögen nur selten verwendet, und zwar aus folgenden Gründen:

    1.) Alle meine Testleser haben bislang ohnehin ihre Eindrücke im Manuskript selbst per Kommentarfunktion geschildert.
    2.) Ich glaube, dass obige Vorgehensweise sowohl für die Leser stressfreier ist (weil man während des Lesens spontan antworten kann und nicht im Nachhinein noch Fragen abarbeiten muss) als auch für den Autor (weil eben spontane Reaktionen gleich an passender Stelle stehen).
    3.) Mit meinen Stammtestlesern stehe ich ohnehin in häufigem realen oder schriftlichen Kontakt. Und ja, ich quäle sie mit Fragen (sorry an all meine Testleser, die das hier lesen, und danke für die enorme Geduld! <3), aber diese ergeben sich dann eben häufig im Gespräch. Bzw. ich hake einfach mal nach, wenn ich einen Kommentar im Manuskript nicht ganz verstehe oder gerne noch einen Aspekt näher beleuchtet hätte.
    4.) Manche Fragebögen wirken auf mich etwas "lehrerhaft", und ich schicke meine Testleser ja nicht zu einer Prüfung, lol. Außerdem wirken standardisierte Fragebögen auf mich immer unpersönlich. Man kann ja als Autor gerne quantitative Methoden anwenden, aber das Ganze dann bitte nicht als standardisierte Massen-Mail an 20 Testleser verschicken. Find ich dem Leser gegenüber ein bisschen unhöflich. Er widmet dem Autor schließlich seine Freizeit.

    Nichtsdestotrotz können Fragebögen doch einen guten Überblick verschaffen, gerade auch wenn man verschiedene Meinungen vergleichen möchte. Da sind gleiche Fragen für mehrere Leser natürlich ein recht geeignetes Mittel. (Wobei man wiederum genauso gut verschiedene Kommentare überblickshalber in Kategorien einordnen könnte. Hm.)
    Ein Fragebogen kann auch hilfreich sein, um sich selbst von Rechtfertigungen zu distanzieren und brav die gegebenen Antworten der Leser entgegenzunehmen (*hust*).

    Bei ein oder zwei Testlesern habe ich glaub ich auch schon mal eine Art Fragebogen erstellt. Aber wenn, dann immer mit Vorwarnung ...

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      #3
      Ich habe bisher nicht mit Fragebögen gearbeitet, sondern höchstens mal mit ein, zwei Spezialfragen, die mich bei einer Szene bzw. einem Kapitel besonders beschäftigt haben und auf die ich unbedingt eine Antwort brauche. Ansonsten bin ich froh, wenn meine Testleser möglichst frei und unvoreingenommen ans Werk gehen und auch in ihrem Feedback ihre eigenen Gewichtungen machen können.

      Natürlich hat ein Fragebogen den großen Vorteil, dass du viele Informationen vom Testleser ziehen und vor allem auch die Meinungen der Testleser gezielt untereinander vergleichen kannst. Außerdem garantieren diese Fragen, dass für dich wichtige Aspekte des Inhalts in den Gedanken des Testlesers nicht zu kurz kommen, sondern er oder sie sich da nochmal extra Gedanken drum macht, wenn er das sonst übergangen hätte.
      Einen ebenfalls großen Nachteil sehe ich allerdings darin, dass die Testleser sich bei so gezielten Fragebögen ein wenig "darauf ausruhen" können. Sie müssen sich zwar ihre Gedanken machen, aber ich sehe es als große Stärke von Testlesern, dass jeder seine Gedanken in eine individuelle Richtung schweifen lässt und ich somit von verschiedenen Testlesern auch verschiedene Aspekte beleuchtet bekomme, auf die ich selbst vielleicht gar nicht gekommen wäre. Wenn der Testleser einen klaren Auftrag hat, ist er weniger animiert dazu, über den Tellerrand zu schauen.

      Nichtsdestotrotz finde ich den Ansatz interessant, weil man sich ja nochmal auf die speziellen Sachen fokussieren kann. Vielleicht kann man ja entweder mehrere Runden Testleser machen und eine davon tatsächlich mit ein paar Fragen beglücken, eine andere dagegen völlig offen lassen. Allerdings muss das halt auch zum Testleser passen. Wie Mona schon gesagt hat, ist das freie Kommentieren für den Testleser entspannter und nicht jeder Testleser lässt sich gerne darauf ein, seine Antwort quasi in ein Schema gepresst zu bekommen. Wenn das aber im Voraus klar ist, wäre es sicherlich einen Versuch wert.
      "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
      (Peter Pan)

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        #4
        Je nach Testleser kann es auch für diesen hilfreich sein, konkrete Fragen zu stellen. Ich würde mir aber lieber bei jedem Kapitel individuell Gedanken machen, welche Dinge mir besonders wichtig sind, und dem Leser darüber hinaus zu verstehen geben, dass er auch alles andere anmerken darf, was ihm auffällt. Wenn er dann einen Nebencharakter besonders beeindruckend oder doof findet, den ich gar nicht angesprochen habe, dann darf er das trotzdem loswerden. Das hat auch den Vorteil, dass er automatisch die Themen anspricht, die ihn bewegen, woraus ich dann wieder ableiten kann, dass da entweder etwas besonders gut gelungen oder aber auffallend danebengegangen ist.

        Zudem finde ich es sinnvoller, die Fragen so zu variieren, dass sie mir auch etwas bringen. 2-3 Fragen bringen sicher in diesen eine ausführlichere Antwort als immer die 10 gleichen. Über diese kann man dann ins Gespräch kommen, ohne dass sich das über fünf Themen zerfasert (tut es trotzdem manchmal ^^). Ich habe vermutlich bei jedem Kapitel selbst Stellen, die ich kritisch beäuge, wenn ich das Bedürfnis habe da nachzufragen kann ich den Leser auch bewusst darauf lenken.

        Außerdem muss man seine Testleser ja auch nicht unnötig nerven. In jedem Kapitel nach jedem Charakter zu fragen läuft irgendwann auf stupides Abhaken hinaus. Wie fandest du Charakter A, B, C? - OK, OK, OK. Toll, was soll ich damit anfangen? Lieber mal alle paar Kapitel: Wie würdest du die Beziehung zwischen A und B im Moment einschätzen und woran machst du das fest? Man muss ja kein Essay schreiben, aber als Testleser hätte ich auf diese Weise eine Ahnung, was der Autor wissen will und wie ich ihm weiterhelfen kann. Und ich schalte lieber das Hirn für eine knifflige Frage ein und setze mich da auch mal ne Stunde dran, als immer die gleichen oberflächlichen Dinge abzuchecken.
        Poems are never finished.
        Just abandoned.

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          #5
          Den Fragebogen an sich finde ich ziemlich übel. Wenn ich mir vorstelle, jemand würde mir das nach jedem Kapitel vorwerfen, dann wäre ich wahnsinnig gelangweilt. Vor allem sind das solche Fragen, die - wie Mona es so schön genannt hat - lehrerhaft auf mich wirken. Vor allem Frage 1 und 4 finde ich grauenvoll. Ich sehe mich da regelrecht Absätze tippen und wieder streichen, damit ich nicht bei beiden Fragen dasselbe schreibe ...

          Also fixe Fragebögen habe ich noch nie verschickt, auch nicht reihenweise an dieselben Leser. Was ich mache, ist bei Problemstellen Fragen vorzubereiten bzw. insbesondere in Foren sind die Fragen am Ende ohnehin Klassiker. Aber alles, was darüber hinausgeht und keinen direkten deutlichen Bezug zum Inhalt des Kapitels hat, vermeide ich und nervt mich auch selbst übel an.
          So entsteht in meinen Augen kein Dialog - und gerade das finde ich eigentlich am spannendsten, wenn ich für jemanden lese oder jemanden für mich lesen lasse.
          Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

          So nah, so fern.

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            #6
            Ich finde Fragebögen für Beta-Leser nicht grundsätzlich schlecht, aber bei Fragen wie "Was sind deine Gedanken zu..." rollen sich bei mir ebenfalls, in Erinnerung an quälende Schulstunden, die Fußnägel hoch.
            Solche diffusen "Fragen" beantwortet glaube ich niemand gerne.

            Ich habe mal den Fragebogen rausgekramt, den ich bei meinem... zweiten(glaube ich?) Roman an meine Leser weitergegeben habe.

            1. Welcher Hauptcharakter hat dir am besten gefallen?
            2. Welcher Hauptcharakter hat dir am wenigsten gefallen?
            3. Gab es Nebencharaktere die dir besonders gut gefallen haben? Wenn ja, wer?
            4. Welche Szene/Szenen oder Abschnitte sind dir als besonders spannend in Erinnerung geblieben?
            5. Welche Szene/Szenen oder Abschnitte eignen sich besonders, um eine Pipipause einzulegen?
            6. Welche nicht-romantische Beziehung hat dir am besten gefallen?
            7. Gibt es Figuren, die du in einer Fortsetzung gerne in einer Romanze miteinander sehen möchtest?
            8. Gibt es Charaktere,Orte oder sonstige Elemente, über die du in einer Fortsetzung gerne mehr erfahren würdest?

            Bewerte nach Schulnotensystem wie gut für dich folgende Elemente funktioniert haben.

            [Hier wurden dann die wichtigsten Figuren und Handlungsstränge aufgeführt]
            Nur registrierte Nutzer können diesen Inhalt sehen.



            Alles Fragen, die sich leicht und kurz beantworten lassen. Bei den Beta-Lesern ist das sehr gut angekommen und mir hat das bei der Auswertung auch sehr geholfen.

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              #7
              Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ihr findet das Moreci-System also auch ein bisschen Zuviel des Guten. (Wobei fairerweise zu bemerken ist, dass sie ihre Fragen nicht mehr an die Testleser verschickt, sondern in einem Live-Interview via Facebook Messanger abhandelt, was sicher einen ungezwungeneren Austausch erlaubt.)

              Zitat von Mona Beitrag anzeigen
              Alle meine Testleser haben bislang ohnehin ihre Eindrücke im Manuskript selbst per Kommentarfunktion geschildert.
              Das macht natürlich Sinn. Mit der Kommentarfunktion (in Word oder anderen Programmen) hab ich bislang noch überhaupt keine Erfahrung. Da fuchse ich mich mal rein – dürfte hoffentlich nicht allzu schwer/kompliziert sein.


              Zitat von Sophie Beitrag anzeigen
              IAnsonsten bin ich froh, wenn meine Testleser möglichst frei und unvoreingenommen ans Werk gehen und auch in ihrem Feedback ihre eigenen Gewichtungen machen können.
              Schickst du dein Manuskript dann auch kapitelweise an die Leser?

              Zitat von Kelpie Beitrag anzeigen
              Den Fragebogen an sich finde ich ziemlich übel. Wenn ich mir vorstelle, jemand würde mir das nach jedem Kapitel vorwerfen, dann wäre ich wahnsinnig gelangweilt.
              Das hab ich mir auch gedacht. Die Leute müssen richtig gut mit mir befreundet sein, um so was mitzumachen.

              Und danke dir, Maggi , für den Fragebogen.

              Kommentar


              • Sophie
                Sophie kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Ja, ich schicke bisher kapitelweise an die Leser. Ich will aber - sobald ich mit der überarbeiteten Fassung zufrieden bin, auch noch Testleser für den ganzen Roman haben, damit ich einen Eindruck davon bekomme, wie er am Stück wirkt.

              • Mona
                Mona kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Das ist wirklich nicht schwer. Word finde ich etwas gewöhnungsbedürftig und verwende es nur, wenn mein Gegenüber darauf besteht , am liebsten kommentiere ich in PDF-Dateien und erhalte dort auch am liebsten Kommentare. Finde ich übersichtlicher und "sauberer" ^^. Und nebenbei kann man Stellen auch unterstreichen, unterwellen, einringeln, markieren, etc., also alles, was man benötigt, finde ich. Die Kommentare schreibt man dann einfach frei hin, wo man möchte, die werden dann als Sprechblasensymbol im Text gespeichert, und wenn man da dann drüberfährt, erscheint das Kommentarfenster.
                Aber es gibt sicher auch Autoren/Leser, die lieber mit Word/LibreOffice oder mit anderen Programmen arbeiten, da kann man die Kommentare und Änderungen rückverfolgen, bei PDF ist es natürlich schwieriger, im Text an sich Änderungen vorzunehmen (was wohl aber ohnehin eher Korrektoren vorbehalten bleibt).
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