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Wichtige Erkenntnisse und Ratschläge

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    Wichtige Erkenntnisse und Ratschläge

    Wo wir schonmal bei Charakterentwicklung sind:

    Oft gibt es ja Schlüsselmomente, wo bei einem Charakter, ob mit Hilfe eines anderen Charakters oder ohne, irgendeine wichtige Erkenntnis sackt, damit er bereit ist für den nächsten Schritt in eine hoffentlich bessere Richtung.

    Meine Frage ist nun, wie zentral baut ihr die ein, wie viel Gewicht gebt ihr dieser Erkenntnis? Eigentlich könnte man sie auf einen Satz herunterbrechen. Soll der Charakter diesen einen Satz explizit aussprechen bzw denken bzw an den Kopf geworfen bekommen? Soll er dazu noch einen längeren Gedankenmonolog führen, der auf diese Erkenntnis hinarbeitet, damit man auch merkt, dass er wichtig ist? Soll ich eine ganze Szene drumrumbauen, die diesen Entwicklungsschritt thematisiert? Soll dazu noch ein Blitz vom Himmel schießen? Oder sollte er subtiler verpackt sein?

    ich glaube, ich mache öfters den Fehler, dass ich alle Zutaten breitstelle, damit der Charakter auf den Trichter kommt, und erwarte, dass das dem Leser genügt. Die Erkenntnis nochmal explizit hinzuschreiben scheint mir dann so plump ... Genauso geht es mir übrigens bei der Schilderung von Gefühlen, ich denk immer, der Leser muss doch wissen, was der Charakter gerade fühlt, wenn ich das jetzt explizit nochmal schreibe halte ich meine Leser für doof. Aber offenbar ist der Leser so doof kommt das tatsächlich nicht rüber, was ich andeuten will, also muss ich deutlicher werden. Nur wie deutlich, ohne dass der Leser tatsächlich denkt, ich halte ihn für doof, dass ich es ihm so explizit vorkauen muss?

    Wie gestaltet ihr solche Momente?
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    #2
    Ausgesprochen gute Frage, ich stelle mir oft selbige.
    Für mich gestaltet sich das schwierig. Ich habe oft genug Angst davor, dass mein Leser nicht versteht, was Phase ist, bis ich es ihm mit dem Zaunpfahl ins Gesicht werfe. Und dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob das nur mein Empfinden ist oder die Realität. Meine Erfahrungen haben zumindest eine sehr simple Erkenntnis eingebracht, nämlich dass so manche Entwicklung an dem einen oder anderen Leser vorbeiziehen wird. Es sei denn, ich komm doch noch mit dem Zaunpfahl. Ist wie im Deutschunterricht bei der Gedichtsanalyse. Diejenigen mit einer Affinität dazu posaunen fleißig die tiefsten Bedeutungen heraus, während andere nicht mal auf den Gedanken kommen, dass diese Zeile überhaupt eine Bedeutung haben soll (ich gehörte immer zu ersterem ^^"). So bunt wie diese Klasse stelle ich mir auch meine Leserschaft vor und akzeptiere, dass manch einer nicht so tief in den Text schauen wird wie andere.
    Deswegen praktiziere ich beides. Sowohl das Offensichtliche als auch das gut Versteckte. Manchmal beides gleichzeitig mit der Hoffnung, dass der eine oder andere ein ganz tief verstecktes Detail vielleicht doch noch entdecken wird (Vorbild hier: JKR). Ich denke bei deiner Einleitung an einen bestimmten, äußerst wichtigen Moment meines aktuellen Projektes, indem meine Prota - vorher selbstsüchtig und laut - ihre Fehler erkennt und sich fortan mit ihrem Schmerz zurückhält, um ihren Freunden eine bessere Stütze zu sein und nicht nur von ihnen zu nehmen. Dass die anfängliche Selbstsucht gut verdeutlicht wurde, das wurde mir bereits bestätigt. Die Veränderung dehnte ich auf zwei Kapitel, in einem geschah ein die Dinge veränderndes Ereignis, im Fortlauf des zweiten erkennt die Prota, dass ihr sonstiges Vorgehen nicht mehr wirkt und sie alles nur verschlimmert, an Taten gezeigt natürlich. Schließlich schreibe ich einen kleinen Gedankengang, als sie vor der Qual der Wahl ihrer nächsten Reaktion steht, der quasi alles resümiert, um zu ihrer Entscheidung zu kommen. Ich halte das für realistisch. Ich funktioniere auch so. Wenn ich eine Erkenntnis habe, formuliere ich das auch im Kopf und ziehe dann meine Schlüsse (wenn die Situation mir die Zeit lässt). Als sie sich für eine Reaktion entscheidet und handelt, schließe ich somit sinnbildlich und wörtlich das Kapitel. Es gibt dann noch zwei letzte Sätze, in denen sie sich selbst sagt, was das bedeutet. Nicht primär, um es dem Leser unter die Nase zu reiben, sondern weil sie sich selbst klar macht, dass die Würfel gefallen sind. Also ja, ich schreibe ihre Veränderung letztlich dorthin, es ist in der Ich-Form, es sind ihre Gedanken.

    Es ist gerade schwierig für mich, ein Beispiel zu finden, das etwas Subtileres zeigt, da ich ständig an irgendwelche Geheimnisse meiner Figuren denke, die aber irgendwann gelüftet werden, weil Handlungsstrang. Meine Kurzgeschichten können da bestimmt viel eher dienen. Das Problem ist nur, dass die Beispiele so schwammig sind, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen werden... Eine meiner besten KGs namens Regenfische beschreibt - Achtung, Spoiler!!!!! xD - die Welt kurz nach einem Regenfall mit den Augen eines euphorischen Kindes. Es wird nie gesagt, dass es ein Kind ist. Ich habe versucht, den Schreibstil dementsprechend anzupassen. Auch erkläre ich in dem Text nicht stichhaltig, wofür die Regenfische stehen. Ich erwarte, dass man sich aus meiner Erzählung denken kann, was das Kind dort sieht und mit viel Fantasie beschreibt. Das ist wirklich viel subtiler. Gewollt. Der Charakter, aus dessen Augen der Leser die Welt sieht, erzählt es so, wie sie/er es wahrnimmt. Es wäre falsch (und würde die Stimmung zerkloppen), dann genauso vorzugehen wie in meinem anderen Werk s.o. und hinzuschreiben, was die Interpretation ist.
    - Und trotzdem bin ich bei Regenfische immer sehr unsicher, sie jemanden zum Lesen zu geben. Weil der Stil so kindlich ist. Und ich Angst habe, jemand versteht das nicht und denkt, ich würde immer so schreiben *Affe der sich die Augen zuhält* So yeah. I feel ya!
    i'm somewhere... you're somewhere... i could go there... but i don't

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    • Victoria
      Victoria kommentierte
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      Wenn du willst, kannst du mir deine Regenfische mal rüberschmeißen.

    #3
    Man muss nicht klar ausschreiben, wie jemand fühlt. Durch eine geschickte Wortwahl, Rhythmus und Szenerie fühlt der Leser es auch. Der Leser muss es fühlen. Das wäre meine Variante von Show, don't tell.
    Ansonsten muss du deine Testleser fragen, ob dein minimaler Stil ausreicht. Ich wäre auch eher für Weniger ist Mehr. Indirekt etwas zu vermitteln, ist eben verdammt schwer, man will ja, dass es alle Leser mitbekommen. Es darf nicht zu subtil sein, aber es darf auch nicht zu platt sein, indirekt, aber deutlich.

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      #4
      Danke, das sind interessante Denkanstöße. Je weniger du über die Figuren verrätst, desto mehr überlässt du der Interpretation der Leser, und auch wenn das vielleicht "literarischer" wirkt, besteht eben auch die Gefahr, dass du die Hälfte der Leser dabei abhängst, und sie gar nicht kapieren, worum es geht. Da ich weniger hochliterarisch schreibe, sollte ich mich also vielleicht um etwas mehr Klarheit bemühen

      Das mit den nicht gegebenen Informationen habe ich mir auch schon überlegt. Ich kenne als Autor meine Figuren verdammt gut. Wenn sie in eine Situation kommen, dann weiß ich, was sie denken, was sie fühlen, wie sie reagieren und warum sie so reagieren. Notwendig für die Handlung ist zunächst einmal nur hinzuschreiben, wie sie reagieren. Um den Charakter nachvollziehbar zu machen, muss ich aber auch die anderen Dinge irgendwie vermitteln, entweder explizit - indem ich an der Stelle schreibe, was er fühlt, was er denkt und warum er sich für diese Reaktion entscheidet, oder implizit - indem ich dem Leser vorher Einblicke in seine Denkweise gebe und ihn dem Leser so vertraut mache, dass auch der sich denken kann, was er denkt, fühlt und welche Gründe er für sein Handeln hat. Letzteres finde ich eleganter. Aber es setzt auch voraus, dass ich dem Leser eine Menge Dinge vermittle, die für die eigentliche Geschichte nicht unbedingt wichtig sind. Ich will dem Leser nicht jedes Kindheitserlebnis und Trauma des Charakters hübsch angerichtet auf den Tisch legen. ich will die Auswirkungen zeigen, wie der Charakter auftritt, aber nicht jedes Fitzelchen seiner Persönlichkeit enthüllen. Aber je weniger ich das tue, und je besser mein Charakter seine dunklen Seiten hinter seinen Masken verbirgt, desto weniger wird der Leser an der entsprechenden Situation verstehen, was den Charakter nun antreibt. Und dann bin ich wieder bei dem Dilemma, dass mir, wenn ich nicht die Hälfte der Leser abhängen will, spätestens hier die Karten auf den Tisch legen und die Gedankengänge meines Charakters erklären muss ...

      Deine Vorgehensweise finde ich gut: Erst äußerlich die Reaktionen und Auswirkungen der (unbewussten) zeigen und im letzten Moment noch einmal ein Stück expliziter werden und die Gedanken ausschreiben. Ich hoffe, das wirkt dann nicht wie ein Holzhammer auf alle, die es eh schon kapiert haben, aber wenn ich es damit rechtfertige, dass es dem Charakter auch erst in diesem Moment wirklich sonnenklar wird, dann ist ja der Charakter schuld, dass er so langsam von Begriff ist, und nicht der Leser Ich bin noch nicht sicher, ob das an allen meinen fraglichen Stellen so funktionieren kann, aber es ist auf jeden Fall eine Strategie, die praktikabel klingt. Danke!

      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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      • Mohnmuffin
        Mohnmuffin kommentierte
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        Okay, der Kommentar kommt wieder ein bisschen verspätet, aber ich bestehe darauf. xD
        Was das Literarische angeht, wie du es nennst, so denke ich da oft an Goethes Faust. In dem Text hat jedes Wort eine Hintertür, alles ist durchdacht. Die ganze Fülle verstehen zu können, ist beim simplen Lesen gar nicht möglich, da muss man schon einen genaueren Blick hineinwerfen. Natürlich ist Faust ein maßlos übertriebenes Vorbild für die Projekte Normalsterblicher, aber eben dies meinte ich mit "ich mache beides". Ich schreibe so, dass man beim einfachen Lesen schon verstehen sollte, was passiert. Aber ich verstecke auch gern geheimes Zusatzwissen. Vielleicht findet es ja einer, der die Leidenschaft hat, genauer über meine Sätze nachzudenken.

        Ich denke, dass es zu einer ganz normalen Charakterpräsentation und -entwicklung dazugehört, auch der eine oder andere persönlichkeitsprägende Aspekt im Leben unseres Protas aufgedeckt werden, je nach Geschichte. Und das betrifft ja dann im besten Fall die wirklich einschneidenden, wichtigen Erlebnisse und Gefühle. Die meiste Zeit reicht das völlig aus, um dem Leser zu verstehen zu geben, wie der Charakter tickt. Dass _außerdem_ die Beziehung zur Mutter schon immer von Spannungen und Missgunst geprägt war, muss dann auch nicht in fünfzehn Flashbacks erklärt werden, sondern das zeigt das Jetzt, wenn Prota und Mutter aufeinandertreffen und die Szene eine gereizte Stimmung aufweist. Da kann der Leser auch nachvollziehen, dass offenherzige Liebe dem Prota nicht in die Wiege gelegt wurde und dass er von dort seine "positive" Lebenseinstellung hat. Reicht das nicht?

        Und nein, ich bin mir sehr sicher, dass es keinen Holzhammer in meinem Projektbeispiel gibt xD Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich es auch in so wichtigen Plottwists für relevant halte, das in mehr als nur einem Satz abzuhandeln, sonst geht die Wichtigkeit leicht am Leser vorbei. Und hier twistet ja nicht das Umfeld, sondern allein die Gedankenwelt meiner Prota. Also hab ich zur Verdeutlichung, dass das hier gerade nicht ex-und-hopp ist, die Szene ein bisschen ausführlicher werden lassen und mich dem Gedankentwist der Prota gewidmet.

      #5
      Hi Ankh,

      die Gedankengänge kenn ich. Ich mag es nämlich auch subtil. Und ich will dem Leser nicht alles vorkauen. Dummerweise bin ich manchmal dann auch zu subtil ^^.

      Also, weil ich das selbst erst perfektionieren muss, ist meine Vorgehensweise sicher nicht ideal . Aber ... nun ja, ich beantworte dir trotzdem mal die Frage:

      Wenn es wichtige Erkenntnisse sind, platziere ich die gern am Ende einer Szene oder - noch lieber - am Ende eines Kapitels.
      Und mittlerweile ging ich dazu über, gewisse Sätze tatsächlich recht explizit auszuschreiben (wobei sie dennoch oft absichtlich mehrdeutig sind , was ihn wieder subtil macht. ^^)
      Das mach ich deshalb, weil ich schon so viele Symbole, Charaktere, Gruppendynamik, Beziehungsdetails drin hab, dass ich glaube, dass mein Leser ab und zu auch mal Klartext braucht xD .
      Manchmal reicht mir ein Satz, wenn es ne plötzliche Erkenntnis ist, die kurz und prägnant sein soll. Manchmal, wenns ne wichtige Erkenntnis zur Charakterentwicklung ist, schreib ich dazu auch nen kleinen Monolog (aber nie länger als zwei Absätze, soweit ich mein Manuskript jetzt im Kopf habe). Manchmal muss man mMn den Gedankengang des Protas einfach ein bisschen genauer kennen, damit man seiner darauffolgenden Erkenntnis folgen kann.

      Ich versuch beim Überarbeiten jetzt gerade, alles noch mal etwas mehr zu präzisieren und etwas aufdringlicher zu sein ^^. Unter anderem, indem ich irgendeine Sache nebenbei mal immer wieder erwähne, bis dann bzgl. dieser Sache irgendwann die große Wandlung/Erkenntnis kommt.
      Mal ein kleines Beispiel: Meine Prota lacht anfangs nie. Und wenn andere lachen, macht sie das fertig. Dann erfolgt eine für den Leser wohl etwas wirre Szene (nämlich ein Traum), und ein paar Kapitel später die Auflösung des Traums etc. --> und die ist explizit. Warum sie aber nie gelacht hat, spricht niemand klar aus. Ein Kapitel später bekommt jemand anderes mit, dass sie erstmals lacht. Und ich hoffe nun, dass der Leser die richtigen Schlüsse zieht und Traumsache-Erkenntnis-Befreiung richtig assoziiert. Es noch extra auszuschreiben hätte ich ein bisschen stumpf gefunden, aber das Rumzicken meines Protas wenn es ums Lachen geht, ziehe ich bis dahin durch, das flackert immer wieder auf.

      Ich finds generell gut, wenn Charaktere irgendein Muster aufweisen, sodass dieses Muster nach ner Erkenntnis abweichen kann. Dadurch wird dem Leser hoffentlich klar, dass da ne Erkenntnis war und mit dem Prota etwas "geschehen" ist - auch, wenn die Erkenntnis nicht Wort für Wort niedergeschrieben wird.
      Gleichzeitig finde ich wie gesagt auch kurze, knackige Erkenntnisse gut (besonders, wenn sie überraschend sind; aber auch sonst).

      Ich will mich da also nicht festlegen. Es kommt wohl auf die Erkenntnisstufe, die Art zu denken des POVs, den gewünschten Effekt, etc. an.

      Kommentar


      • Mona
        Mona kommentierte
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        VickieLinn Nein, sie lacht nie. Sie lächelt nur schüchtern vor sich hin -- manchmal. ^^
        Und wenn n Typ in ihrer Gegenwart nen Scherz macht, würde sie lieber ausm Fenster springen als zu lachen (oder sie fühlt sich ohnehin ausgelacht).
        Und dann gibt's eben ne kleine Schlüsselszene, wo sie zum ersten Mal ausgelassen lacht.

        Er grinst nie? Hm. Nun ja, dass G. eher der Spaßvogel ist, fällt schon auf xD. Aber ob mir das bewusst war, dass K. wirklich nie grinst ... ich glaube nicht oO. (Lächelt er auch nie? Oder ist es eher das amüsierte Grinsen?)

      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Mona
        Ich glaub, er lächelt freundlich oder verschmitzt oder so. Aber vielleicht ist mir doch ein Grinsen reingerutscht.
        Was ich sagen wollte, ist, dass der Leser wahrscheinlich nicht merkt, dass V. nicht offen lacht, bis es eben geschieht. Es kann ja auch sein, dass sie Witze einfach nicht lustig findet und humorlos ist.

      • Mona
        Mona kommentierte
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        Ja, daher kommt sicherheitshalber auch der Wink mitm Zaunpfahl ^^. Der andere POV denkt dann so "Wuhuuu, sie LACHT!" xD -- Aber die Erkenntnis dahinter, die sie zum Lachen bringt, erwähne ich nicht explizit, weil es eh auf der Hand liegt (und im Nachhinein evtl. auch fürn Leser, warum sie anfangs ne verdammt humorlose Zicke war ^^).
        Ist das so klarer formuliert? :S

        Ach so, okay, der Unterschied zwischen lächeln/grinsen ist ja noch mal subtiler, weil beides ja eher leise ist und nicht leise lächen vs. laut losprusten ^^. Das find ich da insofern schwierig, weil "grinsen" und "lächeln" mMn leider auch manchmal recht großzügig als Synonym verwendet wird ... Hmm.

      #6
      Zitat von Mona Beitrag anzeigen
      Ich finds generell gut, wenn Charaktere irgendein Muster aufweisen, sodass dieses Muster nach ner Erkenntnis abweichen kann. Dadurch wird dem Leser hoffentlich klar, dass da ne Erkenntnis war und mit dem Prota etwas "geschehen" ist - auch, wenn die Erkenntnis nicht Wort für Wort niedergeschrieben wird.
      Gleichzeitig finde ich wie gesagt auch kurze, knackige Erkenntnisse gut (besonders, wenn sie überraschend sind; aber auch sonst).
      Dem schließe ich mich an.
      Der Leser sollte zu dem Zeitpunkt, an dem der Prota aus seinem gewohnten Trott geworfen wird bzw. von Reaktion zur Aktion getrieben wird, den Prota gut genug kennen, um aus wenigen Andeutungen oder Handlungen ebenfalls zu derselben wichtigen Erkenntnis kommen zu können (wenn er mitdenkt) bzw. nicht über den Umschwung als unglaubwürdig zu stolpern (ohne großes Mitdenken). Wie Mona finde ich auch eine kurze knackige Schilderung der "Erkenntnis", z B über Gedankengänge des Protas, in Ordnung.

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        #7
        Holzhammer mag ich auch nicht, aber so wie sich echte Menschen auch mal Gedanken machen, würde ich die Erkenntnis dementsprechend aufschreiben. Manchmal genügt ein "Oh Gott! Das war dämlich!", manchmal braucht es einen ganzen Absatz oder bei einem wichtigen Entwicklungsschritt eine ganze Szene.
        Um subtil und natürlich zu bleiben, finde ich es wichtig, dass man die Figur sich nicht zu sehr analysieren lässt, wie ein Fremder es von außen machen würde.
        "Er sah, wie die neue Mitschülerin lächelnd das Klassenzimmer betrat, und sein Herz klopfte wie ein Specht auf Speed. Er hatte sich verknallt."
        In diesem miesen Beispiel will ich zeigen, dass diese Erkenntnis aufgesetzt wirkt, weil sie zu analytisch für die Situation ist. Die Beschreibung kommt von außen und nicht von innen von der Figur … aber je länger ich mir den Satz angucke, desto mehr finde ich ihn okay.

        Bei der Vermessung der Welt gab es eine Szene, wo Humboldt und Bonpland Sklaven freikaufen. Es wurde ohne show von außen beschrieben, dass die Leute komisch gucken, die Sklaven ohne ihre Ketten unbeholfen herumstehen und bei der nächsten Sklavenversteigerung sich H&B im Haus verbarrikadierten und eifrig arbeiteten, bis die Verantstaltung vorbei ist.
        Ein Satz und ohne genaue Erläuterung. Trotzdem hat's funktioniert.

        Kommentar


        • Dodo
          Dodo kommentierte
          Kommentar bearbeiten
          Der Specht auf Speed ist brillant.

        • DreamBell
          DreamBell kommentierte
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          Ich finde den Specht auf Speed ebenfalls super!

        #8
        Hm, ich leide eher am Gegenteil und an dem "Fehler", den man normalerweise am Anfang gerne macht: Ich erkläre glaube ich eher zu viel. Nicht, weil ich meine Leser (oder mich) für einen Trottel halte, die einfach nicht mitdenken, sondern weil ich nicht davon ausgehen kann, dass sie die Charaktere so gut kennen wie ich es tue. Wie Ankh sagt, entweder man präsentiert sämtliche Kindheitstraumata, jede Enttäuschung und Verletzung, die Herkunftsfamilie, die Freunde, die erste große Liebe, die Zurückweisungen und Anerkennungen, die Fähigkeiten und Unfähigkeiten - und das nicht im Laufe des Romans, sondern spätestens an der Stelle, wo der Charakter die Erkenntnis hat - tja, entweder man tut das oder aber man muss dem Leser auf die Sprünge helfen. Ich tendiere zu letzterem.

        Ich finde, man muss da auch zwischen allgemeinen Erkenntnissen und individuellen Erkenntnissen unterscheiden. Wie in deinem Beispiel, VickieLinn - da handelt es sich um etwas Allgemeines und ob der Protagonist nun Norbert oder Willi heißt, ändert nicht viel daran, wie er sich fühlt, wenn er verliebt ist. Wenn es aber gerade um diese tiefer gehenden Erkenntnisse geht, wo eine individuelle Entwicklung vorangetrieben wird, dann muss man wohl etwas deutlicher werden.
        Wenn ich die Möglichkeit habe, binde ich in dem Moment schemenhaft ein Ereignis ein, das den Prota dazu bringt, sich in diese oder jene Richtung zu entwickeln. Wenn Klein Max z.B. heult, weil er ein Stück Wolle auf dem Boden liegen sieht, dann erwähne ich, dass es gleich aussieht, wie seine Minka, als sie vom Auto überfahren wurde. Sehr plumpes Beispiel.

        Außerdem: Es gibt sehr viele unterschiedliche Arten, wie man auf Dinge reagieren kann. Mitunter reagieren ja selbst die Menschen, die wir bestens zu kennen glaubten, anders und wider Erwartung. Vom Leser zu hoffen, er würde den Protagonisten so weit durchschaut haben, dass er von ganz alleine weiß, wie der nun handelt und denkt, halte ich für unwahrscheinlich.

        Ansonsten ... wenn ich lebensverändernde Erkenntnisse habe (das klingt jetzt irgendwie so nach "einmal die Woche" XD), dann denke ich darüber sehr explizit nach. Da ist nichts Schemenhaftes in meinem Kopf, ich reagiere auch nicht einfach mal anders, weil ich jetzt unterbewusst eben eine Erkenntnis hatte, sondern ich setze mich damit sehr genau auseinander. Ich habe das für meine Charaktere einfach so übernommen, weil ich das für Standard gehalten habe. Ist es wohl nicht, aber so ganz verstehen, wie man sich verändern kann ohne grundlegend darüber nachzudenken, tue ich trotzdem nicht
        Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

        So nah, so fern.

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        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Der Leser soll ja nicht voraussehen, wie der Prota reagiert. Aber er muss dabei wissen/fühlen, dass die Reaktion passt.

          Dein Beispiel mit der Minka und Max ist ja in Ordnung, wenn nicht ein rückblickendes Kapitel (oder Absätzchen) daraus gebaut wird.
          Ich selbst finde es aber schöner, wenn sich der Leser ein Bild zusammensetzen kann, weil immer wieder einmal kurze (!) Hints in die Geschichte eingeflochten werden, ohne dass ich z. B. die Geschichte meines Protas und seiner gescheiterten Beziehungen in extenso schildere, um seine Beziehungsunwilligkeit zu erklären.

        #9
        Zitat von Kelpie Beitrag anzeigen
        Ich finde, man muss da auch zwischen allgemeinen Erkenntnissen und individuellen Erkenntnissen unterscheiden. Wie in deinem Beispiel, VickieLinn - da handelt es sich um etwas Allgemeines und ob der Protagonist nun Norbert oder Willi heißt, ändert nicht viel daran, wie er sich fühlt, wenn er verliebt ist. Wenn es aber gerade um diese tiefer gehenden Erkenntnisse geht, wo eine individuelle Entwicklung vorangetrieben wird, dann muss man wohl etwas deutlicher werden.
        Wenn ich die Möglichkeit habe, binde ich in dem Moment schemenhaft ein Ereignis ein, das den Prota dazu bringt, sich in diese oder jene Richtung zu entwickeln. Wenn Klein Max z.B. heult, weil er ein Stück Wolle auf dem Boden liegen sieht, dann erwähne ich, dass es gleich aussieht, wie seine Minka, als sie vom Auto überfahren wurde. Sehr plumpes Beispiel.
        Kannst du den Unterschied zwischen allgemeinen und individuellen Erkenntnissen genauer erläutern?
        Ob er Protagonist Norbert oder Willi heißt, ist doch keine Erkenntnis, sondern ein Fakt? Genauso wie wenn Max sein Flashback bekommt.

        Was ich bei Specht-Willi meinte, ist die Innen- oder Außensicht. Show oder tell. Beschreibung des Zustands oder die Analyse. Herzpuppern oder "er ist verknallt".

        Bei Max ist es eine Information, die der Leser braucht, um den Zusammenhang zu verstehen. (Ob der Autor sie ihm an dieser Stelle schon verrät, ist eine andere erzähltechnische Frage.)
        Die Assoziation mit Minka kann sowohl von innen (Max springt vor dem Knäuel zurück, kauert sich in die Ecke und schluchzt. "M-min…") oder von außen (Max kommt nicht mit dem Knäuel klar, wer der rote Faden ihn an die feucht schimmernden Gedärme seiner überfahrenden Freundin erinnert) kommen.

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        • Ankh
          Ankh kommentierte
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          Es geht (zumindest bei meiner Ausgangsfrage) eher um Erkenntnisse, die sich speziell auf die Entwicklung des Charakters beziehen und auch nur im Kontext seiner Geschichte nachvollziehbar sind. Zum Beispiel *blätter* der Moment, in dem ein Charakter begreift, dass sich seine Prioritäten verschoben haben; dass das, was er an Wahlmöglichkeit A vorher so schrecklich fand nun nicht mehr so abstoßend scheint, weil inzwischen viele sehr emotionale Dinge dafür sprechen, während Wahlmöglichkeit B im Laufe der Geschichte immer mehr an Bedeutung verloren hat, weil es eh immer ein eher unrealistischer Traum war und die Realität inzwischen eher wenig erstrebenswert ist.

          So, jetzt pack diese Erkenntnis mal in ein "Show".

          Natürlich begleitet man den Charakter bei seiner Entwicklung dahin, aber man schreibt man da auch nicht bei jedem Schritt nieder "ohne Faktor X ist B nun uninteressanter geworden", sodass man als Leser nicht unbedingt auf dem laufenden ist,w as sich da langsam im Unterbewusstsein des Prota verändert. Ich kann die auswirkungen dieser Unterbewussten Veränderungen zeigen, aber kapiert der Leser, was sie auslöst? Wenn es der Prota selbst noch nicht kapiert? Und in dem Moment, wo er es kapiert, soll ich da seine gesamte Entwicklung nochmal aufrollen, wie er zu diesem Punkt gekommen ist? Oder werfe ich dem Leser das Ergebnis hin, vielleicht sogar nur andeutungsweise und ohne Selbstanalyse, und hoffe, er wird schon kapieren, was Sache ist ....

        • Kelpie
          Kelpie kommentierte
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          Allgemeine und individuelle Erkenntnisse ... ist jetzt natürlich nur eine von mir gezogene Differenzierung.
          Etwas wie Verliebtsein, Hass oder andere Gefühle, die man anhand von körperlichen Anzeichen erkennt, sind für mich allgemein. Oder auch die Erkenntnis, dass das Neigen des Baumstammes bedeuten könnte, dass er gleich umfällt. Diese Erkenntnisse sind allgemein gültig, dafür muss man die Figur nicht lange genug kennen, dafür braucht es nicht viel Charakterkenntnis.

          Wenn Ulf immer Heißhunger auf Blutwurst kriegt, wenn er verliebt ist, und seit er Annie getroffen hat, nur noch am Blutwurst essen ist, dann wäre das eine individuelle Erkenntnis, wenn er nun auf Verleibtheit schließt.


          In letzterem Fall finde ich die Analyse nicht zwangsläufig schlecht, wenn man sie jetzt nicht unbedingt wie einen Holzhammer präsentiert. Gerade wenn der Kontext generell kompliziert oder vielschichtig ist, kommt das dem Leser in meinen Augen auch entgegen.
          Wie in Ankhs Beispiel: So schlimm fände ich es nicht, wenn im Text stünde "Seit der Sache mit dem Unfall, musste er die Prioritäten anders setzen". Es geht ja nicht darum, dass man schreibt "Weil er sich beim Unfall ein Bein abgerissen hatte - *Zaunpfahlwink* erinnerst du dich, Leser? - fand Rüdiger, dass seine eigene Gesundheit der Gesundheit aller anderen vorging."

          Anderes Beispiel: Stellen wir uns vor, ein zickiges Mädchen aus gehobenen Kreisen legt immer höchsten Wert darauf, sich nur in ihren Kreisen aufzuhalten. Dann lernt sie einen Rocker kennen, verliebt sich unsterblich, es geht heiß her. Und zwischen Wortfetzen und brennender Liebe erwähnt man einfach ganz schlicht "es war egal, was er war" - ist das dann stilistisch so schlecht? Ich sehe das eher als Stilmittel, mindestens aber als Methode, die nicht sonderlich auffällig ist und doch ihre Charakterentwicklung auf einen Punkt bringt.

          Inwiefern man das bei dir, Ankh, so geschickt einbauen kann, weiß ich nicht genau. Zuerst einmal würde ich an deiner Stelle versuchen den Unterschied sowohl vorher als auch nachher möglichst deutlich zu machen. Worin äußert er sich denn genau?
          In dem Moment, wo er es merkt, kann er ja einfach während dieser Handlung stocken. Innehalten, vielleicht ein paar kleine Gedanken dazu. Und ebenfalls in einem kleinen Satz die Wende einbinden. Das sagt sich jetzt so leicht ... es kann sein, dass das im Roman sehr plump rüberkäme :/
          Es geht um Yokai, oder? Die Situation im Rettungswagen mit Skratch nach dieser Großaktion?
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