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Mittwochsfrage #112: Stilentwicklung

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    Mittwochsfrage #112: Stilentwicklung

    Inspiriert von Sohn, der wissen wollte: "Wie schafft man es so zu schreiben, wie man schreibt?" gebe ich die Frage heute als Mittwochsfrage weiter und versuche sie mal auszuformulieren:

    Unser Stil hat sich von den ersten Schreibversuchen bis jetzt sicherlich verändert, wobei der Prozess nicht abgeschlossen ist. Zu Beginn las sich meiner eher wie ein langweiliger Lexikonartikel, weil ich nicht wusste was möglich ist, und ist jetzt das, was er ist. Dazwischen liegen ein paar Jahre Entwicklung, ca. 4. Geholfen hat mir der Austausch mit anderen Autoren und das Zusammenarbeiten mit Testlesern. Ich fand es spannend herauszufinden, wie ich mit meinen Wörtern bestimmte Stimmungen beim Leser erzeugen und meine Geschichte transportieren kann.
    Ich denke dass ich mittlerweile sogar die Texte einiger Autoren die ich testlese am Stil erkennen kann und das der eigen Stil eine Art Fingerabdruck ist.


    Wie hat sich Euer Stil von den Anfängen bis jetzt entwickelt? Habt Ihr vielleicht sogar Beispiele, die Ihr teilen möchtet?
    Was war Ausschlaggebend für Eure Stilentwicklung?
    War es ein bewusster oder ein unbewusster Vorgang? D.h. habt Ihr bewusst darauf geachtet bestimmte Stilmittel zu nutzen oder war es eher ein Bauchgefühl?
    Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben und ist er mittlerweile dort, wo Ihr hinwolltet (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)?
    Woran wollt Ihr aktuell stilistisch noch arbeiten?
    Und, was klappt Eurer Meinung nach schon wirklich gut?
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

    #2
    Wie hat sich Euer Stil von den Anfängen bis jetzt entwickelt?

    Ich habe über die Jahre vor allem festgestellt, dass ich zwei verschiedene Stile schreibe, je nachdem, an was für einem Text ich arbeite.

    Kurz- und Kürzestgeschichten schreibe ich im sogenannten Telegrammstil. Das Wort hat vor Urzeiten ThetaHelion mal geprägt, nachdem er eine Kurzgeschichte von mir gelesen hatte, und ich finde es sehr passend. Der Telegrammstil ist nicht zwingend grammatikalisch korrekt, eigentlich immer im Präsens, und ich habe mir über wirklich jedes verdammte Wort Gedanken gemacht. Nichtmal ein "und" steht da zufällig in der Gegend rum.

    Je länger meine Texte werden, umso mehr schreibe ich "langsam". Ausführliche Beschreibungen, Stimmungsaufbau, viel Atmosphäre, und auch in der Geschichte selbst ein langsames Voranplätschern der Handlung mit vielen Zwischenschritten. Was diejenigen von Euch, die in meinem Konfettithread mitlesen, ja auch angemerkt haben. Die Geschichte entfaltet sich nur langsam, und das ist gewollt. Erfordert Geduld vom Leser, und gefällt deshalb sicher nicht jedem.

    Habt Ihr vielleicht sogar Beispiele, die Ihr teilen möchtet?

    Der Telegrammstil:
    (Das ist der Anfang genau der Geschichte, die Theta damals gelesen hat. Bitte nicht weiterverbreiten, da Zitat aus einer veröffentlichten Geschichte. Ich darf, weil ich noch die Rechte daran habe).


    Sonntagsbrunch im Club. Die Herren rotgeschwitzt, in gebügelten Bermudashorts und kurzärmligem Hemd. Die Damen sportlich-elegant, mit frischen blonden Strähnchen. Perfektes Casual Make-Up, wasserfeste Wimperntusche. Man kennt sich. Alle Gesprächsthemen sind entsprechend erschöpft.

    „Haste gehört, der Grosman hat jetzt auch nen Stent.“ Anerkennung. Der Herzkatheter ist der Ritterschlag des Managers.
    „Na, wundert mich nicht. Wo hat er’s machen lassen?“
    „Machen lassen is‘ gut. Musste. War knapp. War grad in North Carolina. Sein Glück, das Duke University gilt ja als top notch. Hab selber schon mal überlegt, ob ich hinfliege.“ Harter deutscher Akzent, selbstbewusste Verwendung der englischen Termini. Weltgewandtheit.

    Das Buffet ist abgegrast. Elke langweilt sich. Wie die anderen Frauen. Wie jeden Sonntag. Die Männer bleiben sitzen bei informellen Businessdeals und jovialen Witzen. Die Frauen driften in Richtung Pool, zu Sonnenbädern, unaufgeregtem Klatsch, Massagen und dunkelhäutigen Poolboys mit blitzenden Zähnen.

    Sie wählt ihren Liegestuhl abseits der anderen. Des Sonntagsrituals überdrüssig. Schützt leichte Kopfschmerzen vor. Gibt vor, nur etwas im Schatten dösen zu wollen. Schlägt demonstrativ die Brigitte Woman auf, überfliegt teilnahmslos Mode und Neuigkeiten für die Frau ab 40, versteckt sich hinter der Sonnenbrille, beobachtet ihren Mann. Wundert sich selbst über ihr dezentes Interesse am Gemahl.
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    Und der langsame Stil:


    Ein kleiner Hügel begrenzte Kalma nach Westen hin. Man konnte den Ort, oder was davon übrig war, von dort aus gut überblicken. Jevith blieb neben einer Kiefer stehen und sondierte die Lage. Er hörte Vögel, hauptsächlich Krähen. Ein Mäusebussard kreiste über dem Dorf. In der Luft lag ein beständiges Summen, wie von Insekten. Am Fuß der Anhöhe war die Erde aufgewühlt. Und irgendetwas stank bestialisch.
    „Hier oben hat der eine gestanden, Meister.“
    „Unverkennbar.“
    Sivas deutete auf den Grund vor ihnen, zwischen dem Dorfrand und dem Hügel, auf dem sie standen. Jevith sah nochmals hin. Auf den ersten Blick hatte er nur aufgewühlten Schlamm wahrgenommen. Bei genauerer Betrachtung sah es aber so aus, als ob die Erde dort wie Wachs geschmolzen und dann wieder erstarrt wäre. Und unter der Erde zeichneten sich die Formen von Körpern ab, von Dutzenden menschlichen Körpern.
    Der Wind drehte, und der Gestank wurde heftiger. Süßlich, faulig und so durchdringend, dass er sogar den Brandgeruch überdeckte. Der Geruch von Tod und Verwesung.
    Jevith konnte seinen Blick nicht von der Grube abwenden, obwohl sein Magen sich zusammenzog. Nach und nach erkannte er mehr Einzelheiten. Die Menschen unter der geschmolzenen Erde waren nicht friedlich gestorben. Sie hatten gegen die Schicht über sich angekämpft. Mancherorts ragten Gliedmaßen aus dem Boden empor. Gesichter mit weit aufgerissenen Mündern waren noch zu erahnen. Und überall tummelten sich fette, schwarze Schmeißfliegen. Jetzt hörte Jevith ihr Summen überlaut. Er fühlte Galle im Mund und schluckte sie mühsam wieder herunter.
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    Was war ausschlaggebend für Eure Stilentwicklung?

    Für den Telegrammstil war defintiv ausschlaggebend, dass ich ja praktisch ständig bei irgendwelchen Ausschreibungen für Kurzgeschichten mitmache. Und die haben nunmal üblicherweise eine Zeichenbegrenzung. Da muss ich also maximale Information in minimale Zeichenzahl packen.
    Der langsame Stil kommt aus dem Englischen, vom Lesen und Schreiben. Die Bücher, die ich lese, sind oft sehr dick und lassen sich viel Zeit mit dem Aufbau der Geschichte. Und die ersten langen Geschichten, die ich geschrieben habe und die richtig gut ankamen, waren auf Englisch und haben sich an diesem Stil orientiert. (Ich hab mit dem Schreiben angefangen, als ich in den USA auf der High School war, deshalb der Umweg über die Fremdsprache.) Für lange Geschichten habe ich den Stil einfach beibehalten und hoffentlich im Laufe der Jahre etwas verbessert.

    War es ein bewusster oder ein unbewusster Vorgang? D.h. habt Ihr bewusst darauf geachtet bestimmte Stilmittel zu nutzen oder war es eher ein Bauchgefühl?

    Telegrammstil bewusst, langsamer Stil kam eher über Bauchgefühl.

    Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben und ist er mittlerweile dort, wo Ihr hinwolltet (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)?
    Woran wollt Ihr aktuell stilistisch noch arbeiten?
    Und, was klappt Eurer Meinung nach schon wirklich gut?


    Den Telegrammstil kann ich inzwischen recht gut, denke ich. Da muss ich aber inzwischen aufpassen, dass ich mich nicht ständig selbst kopiere und Formulierungen aus früheren Geschichten wiederhole.
    Der langsame Stil hat defintiv noch Entwicklungspotential. Da bin ich immer noch zu ausschweifend und neige dazu, die Geduld der Leser überzustrapazieren.
    Always avoid alliteration.

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      #3
      Der grundsätzliche Stil entsteht durch die Praxis, Schreiben, Schreiben, Schreiben, bei ist er extrem dialoglastig.
      Man versucht in jedem Buch ihren eigenen Stil zu geben, da macht man bewusst, beispielsweise man schreibt einmal im Präteritum, einmal im Präsens, mal nutzt man Ich-Perpektive, mal nicht.

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        #4
        Wie hat sich Euer Stil von den Anfängen bis jetzt entwickelt?

        Er reimt sich nicht mehr Sprich, ich bin von Balladen auf Prosa umgestiegen.

        Von meinen Schreibanfängen bis jetzt haben sich verschiedene Dinge geändert, aber weniger auffällig als gedacht. Bei einem Check eben habe ich festgestellt, dass ich die Dialoge, die nicht komplett gestrichen wurden, eigentlich unverändert übernommen habe. Was sich geändert hat, ist der Plot, in dem sie stehen. Der hat sich extrem entwickelt, und die einzelnen Textteile sind dann lediglich an den neuen Kontext angepasst.

        Außerdem habe ich damals weniger auf Perspektiven und Charakterstimmen geachtet, da ich sehr wenig Innensicht geschrieben habe. Man kann da eine ganze Seite oder auch zwei lesen, ohne dass klar wird, in welcher Figur man gedanklich steckt. Es ist eher wie ein Film. der das Geschehen von außen beobachtet. Wenn dann mal Innensicht kommt, dann sind es weniger Gefühle, sondern so eine Art Gedanken-Tell-Exposition. Das ist hilfreich, solange die Szenen noch nicht in einer Geschichte verarbeitet wurden, damit ich noch weiß, worum es gerade geht, aber es bringt den Leser natürlich nicht so nah an die Figuren heran.

        Außerdem haben sich meine Monstersätze minimal verkürzt. So von 6 Zeilen auf 4 ...

        Habt Ihr vielleicht sogar Beispiele, die Ihr teilen möchtet?

        Ich habe gerade mal gestöbert und lache immer noch XD Aber ein konkretes Beispiel zum Vergleich ist schwierig, weil sich an den Szenen, die ich vor 6+ Jahren geschrieben habe und die ich heute noch verwende, entweder gar nichts oder extrem viel geändert hat.

        Aber hm, vielleicht diese hier:

        Version alt (2011)
        Plötzlich hörte er Schüsse. Maschinengewehrsalven, viel zu nah. Andere Schüsse antworteten mit dumpfem Getöse; das Treppenhaus war erfüllt von ihrem ohrenbetäubenden Widerhall. Schreie mischten sich dazwischen, und plötzlich brachen die Salven ab, so schnell, wie sie begonnen hatten. Befehle wurden gebrüllt. Ein weiterer kurzer Feuerstoß, dann Schritte von schweren Stiefeln, die rasch die Betonstufen herunter kamen.
        Feist wusste, was das bedeutete. Das Militär hatte seine Kunden aufgespürt, und damit auch seinen Unterschlupf. Er erwog nicht eine Sekunde die Möglichkeit zu kämpfen. Er konnte weder den Jungen retten noch seine Klinik, und er hatte nicht vor, pathetisch zu werden.
        Er ließ sein Operationsbesteck fallen und lief in einen angrenzenden Kellerraum. Der schwere Riegel an der massiven Stahltür, die die beiden Räume trennte, würde ihm ein wenig Zeit verschaffen. Er zog sie mit einiger Kraftanstrengung hinter sich zu. Kaum hatte er sie geschlossen und verriegelt hörte er die Soldaten auf der anderen Seite in die Klinik poltern. Ein paar durch das Stahl gedämpfte Befehle, dann beendete eine kurze MG-Salve das Leben seines Patienten.
        Feist wartete nicht weiter ab und schob sich zwischen allerlei Gerümpel in der ausgedehnten Kelleranlage voran. Über ein paar Kisten erreichte er schließlich ein Kellerfenster, durch das er sich ächzend hinaus in einen kleinen Hof zwang. Wie erwartet hatten die Soldaten ihn nicht besetzt, denn außer einigen langjährigen Anwohnern kannte niemand die verwirrende Architektur dieser Gegend und die verwinkelten Wege, die sie durchzogen. Trotzdem ging er auf Nummer Sicher und erklomm eine rostige Feuerleiter.
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        Version neu (2017)
        Während er noch damit beschäftigt war, die zerrissenen Blutgefäße abzuklemmen, knallten plötzlich Schüsse. Maschinengewehrsalven, viel zu nah. Andere Waffen antworteten mit dumpfem Donnern; das Treppenhaus war erfüllt von ihrem ohrenbetäubenden Staccato. Schreie mischten sich dazwischen. Dann brachen die Salven ab, so schnell, wie sie begonnen hatten. Befehle wurden gebrüllt.
        Feist wusste, was das bedeutete. Die Militärpolizei hatte seine Kunden aufgespürt, und damit auch seinen Unterschlupf.
        Sein erster Impuls war Flucht. Doch er blieb an dem bleichen Gesicht unter der Beatmungsmaske hängen. So jung.
        Für einen Moment schloss er die Augen. Draußen waren kurze Feuerstöße zu hören. Die Militärpolizei machte heute keine Gefangenen.
        Feist schälte seine Hände aus den Gummihandschuhen und legte sie auf die offene Bauchwunde. Hitze durchströmte ihn von seinem Rückenmark bis in die Fingerspitzen und von dort in den Körper des Jungen. Langsam öffnete er seine Lider und sah zu, wie sich die Enden der durchtrennten Gefäße wie kleine Würmer suchten und dann miteinander verschmolzen. Langsam. Viel zu langsam.
        Feist schaltete mit einem Fußtritt die Anästhesieeinheit um. Stimulierende Drogen strömten in den Körper, um ihn aus der Narkose zu wecken. Draußen knirschten Schritte von schweren Stiefeln die Betonstufen herunter.
        Er biss die Zähne zusammen. Seine Arme wurden schwer. Unter seinen Fingern webten sich Muskeln und Haut neu.
        Er zog den Tubus aus dem Hals, durch den der Junge beatmet wurde. Viel zu früh, aber es blieb keine Zeit.
        »Komm schon, Kleiner!«
        Sein Blick klebte am Vitalscanner. Die Atmung setzte nicht ein.
        Befehle, direkt hinter der Tür. Man nahm Aufstellung zum Stürmen.
        Feist wusste, dass er verloren hatte. Die Shadowrunner draußen hatten ihm mit ihrer Gegenwehr gewarnt und wertvolle Sekunden erkauft, die ihn davor bewahrt hatten, nun ebenfalls in der eigenen Blutlache zu liegen. Mehr gab es nicht herauszuholen. Er konnte weder den Patienten retten noch seine Klinik.
        Er ließ den Jungen liegen und taumelte in einen angrenzenden Kellerraum. Der Riegel an der massiven Stahltür, die die beiden Räume trennte, würde ihm ein wenig Zeit verschaffen. Er zog sie mit einiger Kraftanstrengung hinter sich zu.
        Kaum hatte er sie geschlossen, hörte er die Soldaten auf der anderen Seite in die Klinik poltern. Ein paar durch den Stahl gedämpfte Befehle, dann zerschnitt ein kurzer Feuerstoß den letzten Lebensfaden seines Patienten. Vielleicht war es besser, dass er nicht mehr aufgewacht war.
        Feist kniff sich fest in die Nasenwurzel, um die sich anbahnende Benommenheit abzuschütteln. Der Versuch, den Jungen mit Magie auf die Beine zu bringen, hatte an seinen Kräften gezehrt und drohte nun, seinen Kreislauf zusammensacken zu lassen. Er zwang sich weiterzugehen und schob sich zwischen allerlei Gerümpel durch die ausgedehnte Kelleranlage. Über ein paar Kisten erreichte er schließlich ein Fenster, durch das er sich hinaus in einen kleinen Hinterhof zwängte. Wie erwartet hatten die Soldaten ihn nicht besetzt. Er lehnte sich erschöpft an die Mauer und atmete tief. Für den Moment hatte er sie abgeschüttelt.
        Karlsruhes Schatten waren nicht besonders groß, dafür mit der Bebauungsdichte einer Sardinenbüchse, nur ohne die Ordnung. Es war schon immer ein Labyrinth aus Hinterhöfen und Hinterhäusern gewesen, und es wurde ständig nach Lust und Laune der Bewohner daran weitergebaut, ohne dass es irgendwelche Pläne von den Wegen gab, die dieses Viertel durchzogen. Dieses Chaos hatte den Vorteil, dass es den Soldaten nicht möglich gewesen war, das Gebäude zu umstellen, weil sie schlicht den Zugang zur Rückseite nicht gefunden hatten. Sie würden eine Weile brauchen, um die Stahltür zu öffnen, und Feist wollte diesen Vorsprung nutzen, um zu verduften. Entschlossen erklomm er eine Feuerleiter.
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        Was war Ausschlaggebend für Eure Stilentwicklung? War es ein bewusster oder ein unbewusster Vorgang? D.h. habt Ihr bewusst darauf geachtet bestimmte Stilmittel zu nutzen oder war es eher ein Bauchgefühl?

        Das mit der Nähe zu den Perspektivfiguren habe ich eingearbeitet, nachdem mir Probeleser diesbezüglich den Kopf gewaschen haben. Das war ziemlich bewusst, auch wenn das Wie dann eher aus dem Bauch heraus kam. Daraus ergab sich dann eher automatisch viel mehr Show und weniger Tell. Außerdem habe ich mir bestimmt unterbewusst viel angeeignet, was ich beim Lesen oder Hören aufgeschnappt habe.

        Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben und ist er mittlerweile dort, wo Ihr hinwolltet (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)?

        Mein Stil ist (bis auf die Monstersätze) eigentlich sehr einfach gestrickt. Da sind keine hochkünstlerischen Schnörkel drin, keine Formulierungen, die auf der Zunge zerfließen oder über die man lange sinniert. Er hat in seiner knallharten Sachlichkeit dafür einen gewissen trockenen Humor. Zumindest sehe ich den darin.

        Ob es der Stil ist, zu dem ich hinwill ... sagen wir, ich habe mich damit abgefunden, dass mir ein literarischerer Stil nicht liegt. Den meisten Lesern gefällt er (oder sie sind nur zu höflich um mir zu sagen, dass es sich wie der Text eines Grundschülers liest). Manchmal finde ich ihn klasse und lese ihn gern, manchmal denke ich "okay, und wnn fängst du jetzt an, richtig zu schreiben?"

        Woran wollt Ihr aktuell stilistisch noch arbeiten?

        Ich planen einen ganz eigenen Überarbeitungsdurchgang, um die cyberpunkige Atmosphäre besser rüberzubringen. Mehr Technobabbel, mehr Neon, mehr Dreck und Dunkelgrautöne. ich habe noch keien Ahnung, wie ich das hinkriege, aber ich lese gerade passende Literatur und tausche mich mit anderen Autoren des Genres aus.

        Und, was klappt Eurer Meinung nach schon wirklich gut?

        Meine Dialoge. Wie gesagt, die haben sich seit meinen Anfängen kaum verändert. Und wenn ich sie heute lese, dann finde ich sie immer noch geil.
        Poems are never finished.
        Just abandoned.

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          #5
          Vorweg, ich finde diese Frage extrem schwer für mich zu beantworten, weil ich meinen Stil nicht analysiere, ich habe das auch noch nie getan. Dennoch glaube ich, dass ich einen eigenen Stil habe.

          Wie hat sich Euer Stil von den Anfängen bis jetzt entwickelt? Habt Ihr vielleicht sogar Beispiele, die Ihr teilen möchtet?
          *lach* Ich hab's, wie oben gesagt, nicht wirklich verfolgt, aber wahrscheinlich bin ich von Plattitüden und ausgelutschten Formulierungen etwas abgekommen. Mittlerweile. Ich greife aber noch immer gerne auf ... Klassiker zurück.
          Ich bin vom Adjektivrausch weg, werfe aber noch immer gerne viele bildhafte Ausdrücke durch die Gegend. Möglicherweise gehört das zu meinem Stil. Ich hoffe aber, dass ich mich vom Overkill entferne.

          Was war Ausschlaggebend für Eure Stilentwicklung?
          Harhar. Meine Testleser (aka Ihr seid super). Der Aufwachmoment allerdings war ein bestimmter: Jemand, die sagte, geil, aber Ramschladen (*zwinker*). Seitdem achte ich auf überbordende Wort-Rabatten.
          Tatsächlich aber auch mein Beruf. Da darf ich mit Adjektiven jonglieren, aber jedes Wort muss Sinn tragen. Ich schreibe dort im Telegrammstil, sonst rauchen die Finger der Sekretärinnen, aber das hält mich nicht von Schlangensätzen, die grammatikalisch unvollständig sind, über mehrere Zeilen ab. *seufz* Im Telegrammstil, kaum rauchende Sekretärinnenfinger, fokal lange, grammatikalisch unvollständige Schlangensätze über mehrere Zeilen.
          Dadurch könnte ich schon Essentielles von Ramsch trennen. Dumdidum. Tatsächlich versuche ich, meine Projekte weit abseits meines Befundungsstils zu formulieren, und dann kommt Ramsch raus. Den kehr ich zusammen, und hübsch ist erstmal. Bis zum Lautlesen, was die Generalprobe darstellt. Das ist leider sehr anstrengend, deshalb mach ich das eher spät im Projekt.
          Und meine Augen sind geöffnet für Info-Passagen, die ich, damit sie nicht dumpig herumliegen, in Schwingung versetze.

          War es ein bewusster oder ein unbewusster Vorgang? D.h. habt Ihr bewusst darauf geachtet bestimmte Stilmittel zu nutzen oder war es eher ein Bauchgefühl?
          Nein, und ich achte auch heute nicht wirklich darauf. Manchmal fällt es mir auf, dann entscheide ich bewusst, aber in über 90% ist es reiner Bauchstil.
          Ein wunderbares Hilfsmittel ist für mich: Laut lesen. Wo ich hake, stimmt etwas nicht. Meist ramsch ich dann noch etwas hinein, dann läuft's wieder. Ich nenne es jetzt "Ramsch", aber es ist etwas, was einen Rhythmus beim Lesen erzeugt. Da will ich hin.

          Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben und ist er mittlerweile dort, wo Ihr hinwolltet (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)?
          Ich hoffe, dass ich ein gewisses Niveau halte, es nicht zu oft über- und hoffentlich niemals unterschreite.
          Ich achte tatsächlich darauf, welche Stilfarben Papyrus (Lesbarkeitsanalyse) meinen Absätzen zuordnet und peile viel Grün und viel Blau an, also eher Einfachheit. Gelb ist auch OK. Ab zu viel orange werde ich nervös, und bei Rot vereinfache ich die Sätze. Manchmal reicht es, dass ich einfach nur einen Punkt setze. Statt Komma.

          Woran wollt Ihr aktuell stilistisch noch arbeiten?
          Es geht wohl immer noch besser! A bisserl mehr Eleganz im Sinne von: Der Leser liest den Satz nur zweimal, weil er ihn genial findet.
          Wenige Stellen zu haben, wo der Leserhythmus hakt oder stolpert.
          Was mein Gaslampprojekt angeht: Die ganze Kulisse muss noch rüberkommen. Das kommt aber erst, wenn die Geschichte an sich fertig ist. Ähnlich wie bei Ankh

          Und, was klappt Eurer Meinung nach schon wirklich gut?
          Lebendigkeit. Es ist auf jeden Fall eher Regenwald als arktischer Berggipfel.
          Dialoge. "Frag doch nicht so was!"

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            #6
            Wie hat sich Euer Stil von den Anfängen bis jetzt entwickelt? Habt Ihr vielleicht sogar Beispiele, die Ihr teilen möchtet?
            Ich habe anfangs zeitweise a) noch geschwollener als jetzt (zu viel geschwollene Songs gehört in dieser Zeit^^) oder b) zu non-fiktiv (wie ne Uni-Seminararbeit ^^) geschrieben. Musste mich an fiktives Schreiben einfach erst gewöhnen, lernt man ja in der Schule kaum (jedenfalls bei uns) und Theorie ist nicht gleich Praxis (auch das musste ich erst erfahren ^^). Und ich habe anfangs die Leser durch die Geschichten gehetzt, weil ich dachte "Joa, Nebensächlichkeiten, interessiert eh keinen", mittlerweile schreibe ich wohl schon etwas "ruhiger" und ausführlicher .

            Was war Ausschlaggebend für Eure Stilentwicklung?
            Mehrere(s).
            Am ausschlaggebendsten waren wohl Kontakte zu zwei Testlesern, nämlich erstens zu einem erfahrenen Autor, der alle guten und miesen Versionen meines 1. Teils (ich hatte mehrere fertige Versionen ) geduldig las, ohne zu versuchen, meinen Stil zu verändern - aber er hat angemerkt, wenn er fand, dass etwas mein Stil sei. Die Diskussionen und Gespräche mit diesem Menschen waren unglaublich inspirierend und lehrreich für mich.
            Mit einem zweiten Testleser (nämlich meinem Partner), der wiederum ne breitgefächerte Leseerfahrung hat (und ebenfalls dementsprechend offen ggü. unterschiedlicher Stile ist), war es ähnlich - er hat ganz gut meinen Stil reflektiert und diesen auch von seinen persönlichen Vorlieben unterscheiden können.
            Dann hab ich einfach immer geguckt, inwieweit sie recht hatten und ob das wirklich das ist, was meinen Stil ausmacht oder ausmachen soll, und in welche Richtung ich gehen möchte.

            Ansonsten waren es auch ein bisschen Bücher und Songtexte. Ich habe schon immer symbolbehaftete Texte geliebt, und wenn man lang in der Schwarzen Szene unterwegs war, dann artet das evtl. etwas aus, auch die geschwollenen Formulierungen XD. Anfangs hatte ich es damit dann wohl übertrieben, mittlerweile setze ich das alles bewusster ein.
            Ach ja: Mir fällt gerade ein, ich hatte schon mit 11 mal nen Roman zu schreiben begonnen und find ihn gar nicht sooo schlecht. Es war damals der Versuch gewesen, meinen Lieblingsautor (Thomas Brezina) nachzumachen <3 .

            War es ein bewusster oder ein unbewusster Vorgang? D.h. habt Ihr bewusst darauf geachtet bestimmte Stilmittel zu nutzen oder war es eher ein Bauchgefühl?
            Beides.
            Anfangs war es eher ein Bauchgefühl, jetzt ist es (meist) bewusst und auch schon routiniert, also es passiert quasi "von selbst", aber es ist mir trotzdem bewusst, dass und warum es passiert.

            Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben und ist er mittlerweile dort, wo Ihr hinwolltet (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)?
            Ad 1: Als dialogfokussiert, symbolbehaftet (Namen, Metaphern, etc.) und eher offen.
            Offen im Sinne von: Bis zu einem gewissen Grad passe ich die Erzählstimme auch dem POV an und ich mag Kontraste zwischen derb und blumig, hart und sanft, weil es mMn gut gewisse Dinge verdeutlichen kann. Und auch bei der Perspektive (auktorial/neutral/personal bzw. personale Nähe) spiele ich ganz gern herum, wenn ich es sinnvoll finde. Ich versteife mich also nicht auf ein Stilmittel, wenn ich mehrere einsetzen kann (auch wenn ich meine Lieblinge hab ).
            Da ich den Plot immer eher als Film im Kopf habe, schreibe ich eben auch dementsprechend dialogfokussiert. Und Symbole, nun ja, ich liebe sie (sowohl in Fremdtexten als auch in eigenen).

            Ad 2: Ich glaube, mein Stil hat sich sogar zwischen Teil 1 meiner Veröffentlichung und Teil 2 der baldigen etwas verändert - und zwar definitiv in die Richtung, in die ich gehen möchte. Und dabei hab ich zwischenzeitlich nur wenig Fiktives gelesen, weil ich eben wirklich meinen Stil finden wollte - ohne Einflüsse von außen (und weil mir sowieso die Zeit fehlte, aber das ist ein anderes Kapitel).

            Woran wollt Ihr aktuell stilistisch noch arbeiten?
            Generell an einer Perfektionierung. Ich bin ja noch lange nicht fertig mit dem Experimentieren und dem Lernen und bin auch immer offen für neue Stilelemente, also ich bin immer bereit, an mir zu arbeiten. Aber ich weiß nun schon, was mir liegt und was nicht - daher kann ich künftige Projekte auch schon viel zielgerichteter angehen.

            Und, was klappt Eurer Meinung nach schon wirklich gut?
            Öh. Ich glaube, das mit der (manchmal sehr versteckten) Symbolik und den Dialogen.
            Und die Ich-Perspektive. Habe eine solche noch nie veröffentlicht, experimentiere damit aber gern immer wieder rum.

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              #7
              Wie hat sich Euer Stil von den Anfängen bis jetzt entwickelt? Habt Ihr vielleicht sogar Beispiele, die Ihr teilen möchtet?

              Ich habe früher eigentlich alles mit Hand geschrieben und dabei meinen Charakteren verschiedene Farben zugeordnet. Es hatte den angenehmen Effekt Inquit-Formeln mir gar nicht erst groß anzugewöhnen, da man ja wusste, wer gerade gesprochen hat. Ich denke mal, dass mir das heute ganz gut hilft, obwohl ich nicht mehr in Farben schreibe.
              Zudem habe ich meinen Cast, der früher immer sehr groß war (mindestens 4-5 HCs und dann nochmal etliche NCs) verkleinert, was meinen Stil dahingehend verändert hat, dass ich beispielsweise meistens nur noch aus einer Perspektive schreibe und mir heute Zeit lasse Charaktere zu entwickeln. Sie sind nicht mehr starre Personen, die man zwar irgendwie schon charakterisieren kann, die einen aber so vor kamen, als könnte man sie nie erreichen, da sie weit weg standen. Ich wollte einfach viel näher an meine Figuren heran, habe den Plot nach hinten gerückt und die Figuren nach vorn. Ich glaube, dass inzwischen mehr Atmosphäre und Leben in meinen Geschichten steckt.

              Was war Ausschlaggebend für Eure Stilentwicklung?

              Der Wunsch meine Charaktere besser kennenzulernen. Nicht einfach durch eine Geschichte hindurchzurushen, sondern sich Zeit zu lassen.

              War es ein bewusster oder ein unbewusster Vorgang? D.h. habt Ihr bewusst darauf geachtet bestimmte Stilmittel zu nutzen oder war es eher ein Bauchgefühl?

              Nein, kein bewusster Vorgang. Dieser Wunsch hat sich ja langsam, aber stetig entwickelt und ich habe das dann einfach nach Gefühl so entschieden, dass ich es jetzt anders haben möchte und auf Stilmittel habe ich sowieso noch nie geachtet. Das entwickelt sich bei mir ganz natürlich, da ich mir beim Schreiben nie wie im Deutschunterricht vorkommen wollte und das wäre ich, wenn ich bewusst auf Stilmittel beispielsweise geachtet hätte.

              Wie würdet Ihr Euren Stil beschreiben und ist er mittlerweile dort, wo Ihr hinwolltet (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt)?

              Hm, schwierig. Als einfach. Ich baue gern innere Monologe ein oder schreibe gern über Gefühle und muss da immer darauf achten, dass ich dies nicht übertreibe. Dialoge sind auch mein Favorit, obwohl sie eher wenig spritzig sind, sondern sich auch mal ziehen. Mein Stil hat sich anscheinend zu einer langsamen Erzählweise entwickelt, was ich persönlich aber gerne habe.
              Ich bin inzwischen meist sehr nah an der Figur dran, obwohl ich auch mal wieder eine Geschichte mit mehreren Perspektiven versuchen möchte.
              Also, ob ich praktisch mit meinen Stil zufrieden bin? Nun ja, wann ist man schon als Schreiberling mal zufrieden? Ich sehe auf jeden Fall eine Entwicklung und eine, die mir durchaus zusagt. Aber ich werde dennoch manchmal blass vor Neid, wenn ich Bücher meiner Lieblingsautoren lese und weiß, dass ich nie so gut wie sie schreiben werde. Aber was solls, man gewöhnt sich daran Mittelmaß zu sein. ^^

              Woran wollt Ihr aktuell stilistisch noch arbeiten?

              Ach ja, all so was wo Action aka Kampfszenen vorkommt. Ich lese zwar sowas gerne und hätte es auch gern bei mir drin, aber das selber zu schreiben... Liegt vielleicht auch immer mal wieder daran, dass ich sehr recherchefaul bin... -.-

              Und, was klappt Eurer Meinung nach schon wirklich gut?

              Wie gesagt, innere Monologe habe ich inzwischen ausreichend geübt, Nähe zum Charakter passt auch und Dialoge.

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