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    Charakterbeschreibungen

    Moin, ihr Splasher.

    Also, ich schreibe gerade an einer neuen Lyr-Geschichte für den Lyr-Blog, und habe da, völlig unerwartet Charaktere drin. Die haben sogar ein Aussehen. Wann sollte man das Charakteraussehen beschreiben? Ich habe jetzt knapp 5 (Norm)Seiten fertig, und erst jetzt fang ich damit an, den protagonisten zu beschreiben, weil er sich durch seine Glatze streift. Ist das zu spät? Sollt eman früher anfangen? Oder eher so verteilt? Z.b auf der ersten Seite die Stimme und die Frisur, auf seite 5 dann seine Charaktereigenschafften (Wie z.b mit dem Finger tippen, wenn er genervt ist) und auf Seite 20 dann seine Statur, wenn er sich ne Hure kauft und sich auszieht?

    #2
    Möchtest du eine andere Figur beschreiben oder die POV-Figur?

    Wenn es um ganz normale Figuren geht, bevorzuge ich die simple Methode. Ein, zwei, drei Merkmale, die dem Leser ein ungefährer Bild vermitteln. "Benedict war hochgewachsen und hager. Sein blondes Haar begann an den Schläfen bereits zu ergrauen." Mehr Details kannst du dann, je nach Wichtigkeit der Figur, im weiteren Verlauf einstreuen. Achte dabei aber darauf, was deine Figur wirklich wahrnehmen können oder würden. Augenfarben zum Beispiel bemerkt man im Normalfall nur, wenn man a) nahe genug dran ist b) darauf achtet (außer sie ist besonders auffällig).
    Was ich nicht leiden kann, im Internet aber immer wieder geraten wird, sind diese pseudo-versteckten Beschreibungen. "Das Sonnenlicht brach sich in Marias grünblauen Augen." oder "Maira strich sich ihr lockiges, blondes Haar aus dem Gesicht." Das ist mir einfach zu... gewollt. Dann lieber direkt.

    Bei POV-Figuren ist es schwieriger. Der Spiegltrick ist ja verpönt und zu recht. Spiegelszenen wirken in den allermeisten Fällen völlig unnatürlich. Wenn man mehrere POVs hat, ist die Sache einfacher zu lösen, wenn man nur diesen einen hat... tja. Ein Trick der mir einfällt wären Vergleiche. Wenn eine Figur ihr Aussehen, mit einer anderen vergleicht, hat sie einen plausiblen Grund darüber nachzudenken, wie sie aussieht. "Paul war groß, noch größer als ich, auch wenn ich mit Sicherheit 20 kg mehr auf die Waage brachte. Er hatte die blauen Augen unserer Mutter und ich die grünen Augen unserer Großvaters, aber wir hatten beide die wilden Locken unserer Vaters geerbt."
    So in der Art.

    Hilft dir das weiter?

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    • Davebones
      Davebones kommentierte
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      Tut es! Es geht mir hauptsächlich um den PoV Charakter

    • Davebones
      Davebones kommentierte
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      Mit spiegletechnik, meinst du wohl das hier, oder? (Aus meinem aktuellen projekt)

      Er legte seine Kapuze ab und enthüllte ein narbenübersätes Gesicht. Er streifte sich durch seine Glatze, blickte die Wachen mit finsterem Blick an und spukte aus, wandte sich dabei aber ab, um keine Beleidigung zu symbolisieren. „Ich möchte in das Dorf hinein.“ Theowarens Stimme war tief, rau und beinahe nuschelnd. ...

    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Mit Spiegeltechnik meinte sie glaub ich dieses "er stand vor dem Spiegel und betrachtete sein schwarzes Haar, das an den Schläfen bereits grau zu werden begann, was aber ausgesprochen gut zu seinen saphirblauen Augen passte ..."
      An sich ist das ne gute Gelegenheit, einen POV sich selbst zeigen zu lassen, nur macht das gefühlt jeder zweite Prota (gerne auch mal in einem Setting, wo Spiegel eher eine Seltenheit waren), deswegen isses ausgelutscht.

    #3
    Also, allzu spät sollte so eine Beschreibung nicht kommen, weil man sich als Leser ja selbst irgendein Bild macht, und es irritierend ist, wenn diesem Bild dann irgendwann auf Seite 216 plötzlich wiedersprochen wird. Seite 5 ist glaub ich noch okay. Die Alternative ist, dass man das Aussehen gar nicht großartig beschreibt, das ist aber geschmackssache. Es gibt Leser, die finden das toll, und welche, die finden es schrecklich, kein "offizielles" Bild zu bekommen.

    Zu deinen Beispielen kann ich nur sagen, das klingt gut. Ich finde, Merkmale sollten dann beschrieben werden, wenn sie relevant werden. Wenn er sich über den Kopf streicht, dann ist es gut zu wissen, dass er ne Glatze hat. Wenn seine Statur etwas ist, dessen er sich sehr bewusst ist, während er sich vor ner Fremden auszieht, dann ist das eine super Gelegenheit, darauf einzugehen.

    Es ist sicher vorteilhaft, solche Begebenheiten früh in eine Geschichte einzubauen, um eben früh ein Bild zu vermitteln, aber das ist mit der Glatze sicher einfacher, als den Prota gleich in der ersten Szene nackig zu machen (wobei *hust* wenn ich mein Manuskript angucke ...) Aber wenn er sich vorher keine Gedanken über seinen Körperbau macht, und der jetzt auch nicht so außergewöhnlich ist, dass andere drauf reagieren, dann kann das einfach ne Weile warten. Einer meiner Protas thematisisert sein leichtes Übergewicht erst, als er zwischen den ganzen supersportlichen Kollegen im knallengen Sportanzug dasteht. Vorher hat er wichtigere Dinge, über die er sich Gedanken macht.

    Das Fingertippen würd ich durch das ganze Buch immer mal wieder erwähnen, jedesmal, wenn er genervt ist. Wenn er die ersten 30 Seiten nie genervt ist, dann tippt er da halt auch nicht. Wir lernen die Protagonisten ja langsam kennen, und nicht jeden Aspekt von ihnen gleich am Anfang, und sowas gehört für mich dazu.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

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    • Davebones
      Davebones kommentierte
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      Mein PoV ist z.b extrem muskulös. Schon fast unnatürlich. Aber die Charaktere, mit denen er es zu tun hat, reagieren nicht darauf, weil sie eben stark wirken wollen. Was könnte man da tun?

    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Also einmal können die anderen ja unbewusst reagieren, auch wenn sie cool sein wollen. Ich hab einen Prota, der ist zwei Meter sechs groß und gebaut wie ne Eichenschrankwand. Aus seinem POV stellt er nur fest, dass die Flugzeugsitze n bissl eng sind, weil er ist ja an diesen Körper gewohnt, darüber denkt er nicht viel nach. Später, wenn er den anderen begegnet, tritt der eine erstmal einen Schritt zurück, um ihm ins Gesicht gucken zu können, der zweite bleibt überrascht in der Tür stehen, als er ihm begegnet. Das passiert unbewusst, und hat nicht viel damit zu tun, coll wirken zu wollen.
      Zum anderen verbringt er viel Zeit im Trainingsraum, weil so ein Körper will in Form gehalten werden. Natürlich kommen da noch andere POV-Beschreibungen dazu, aber diese drei Dinge könnte man auch aus seiner Perspektive beschreiben, um zu vermitteln, was für eine beeindruckende Erscheinung er ist. Ansonsten bietet sich natürlich an, ihn bei einer Kraftaktion zu zeigen, die ein normaler Mensch nicht schaffen würde.

    #4
    ich bevorzuge es recht früh ein Bild von der Figur zu bekommen. Es reicht dabei, einige markante Details zu erhalten, die Kopfkino erzeugen. Jeder Mensch hat blonde/braune/rote/schwarze Haare, jeder Mensch hat Augen. Pflaster an der roten Pausbacke, Strohhalm (richtiges Stroh) im Mundwinkel und Dreck an den Nägeln ist ein bisschen individueller.

    Zu den pseudo-versteckten Beschreibungen, die Maggi erwähnte: Ich finde sie eigentlich gar nicht so schlecht, außer es ist eine Beschreibung, die man in jedem zweiten Buch liest, oder die Handlung wurde nur erfunden, damit der Autor den Leser das Aussehen unterjubeln kann. Man merkt es, wenn nicht der Erzähler, sondern der Autor erklärt.
    Zuletzt geändert von Victoria; 23.08.2016, 08:35.

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    • Davebones
      Davebones kommentierte
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      AN der Glatze? AUF der Glatze?! Ich mein, wie nennt man das?

    • Mona
      Mona kommentierte
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      "Er fuhr/streifte sich über die Glatze." ?!

    • after eight
      after eight kommentierte
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      Alternativ dazu auch "Er STRICH sich über die Glatze"

    #5
    Ankh und Maggi haben eh schon gute Tipps gegeben.

    Was objektiv am idealsten ist, kann ich dir nicht sagen, nur, wie ich es als Leser empfinde und beim Schreiben handhabe:

    Ich zähle zu den Lesern, die irgendeinen visuellen Anker brauchen, sobald eine Figur in Erscheinung tritt. Dabei ist es mir vollkommen egal, ob das die Locken, die Hakennase, die Narbe, die dickliche Statur oder sonstiges sind/ist. Irgendetwas eben. Details können mir gerne noch später nähergebracht werden, aber bitte nicht erst auf Seite 295.

    Beim Schreiben habe ich bei meinem Prota 1, der auch als erster POV in Erscheinung tritt, auch ein bisschen dieses Problem, weil, wie Maggi schrieb, Spiegel-Beschreibungen doof sind, und er aber in keiner Situation ist, wo sein Aussehen (bis auf die Kleidung) wichtig wäre. Daher deute ich erst mal nur seine Frisur an ("Er strich sich eine Haarwelle aus dem Gesicht" --> Er hat also keine raspelkurzen Haare), und erst einige Seiten später, dass die Haare an den Schläfen bereits leicht ergraut sind (er ist also keine Fünfzehn mehr. Das wird aber hoffentlich auch schon vorher klar xD). Und erst Prota 2 (POV 2) findet dann seine Augenfarbe schön. Wenn der Leser ihm bis dahin schon ne andere Augenfarbe angedichtet hat, muss ich dann eben auch damit leben ^^.
    Prota 2 hingegen kann ich ziemlich locker gleich am Anfang beschreiben, weil Prota 1 nun mal ein "Beobachter" ist, der sich ohnehin gern in Details verliert (vor allem in haarigen Details ^^), und er sie ohnehin gerade sucht (hat nur ein Bild von ihr).
    Ist also alles tatsächlich gar nicht so einfach.

    Ich würde jedenfalls schauen, ob du irgendwo die wichtigsten Merkmale ziemlich am Anfang unterbringen kannst, ohne, dass es zu sehr nach Infodump aussieht. Lieber locker ab und an miteinfließen lassen, als alles auf einmal erwähnen. Zumindest ziehe ich es so vor; Geschmäcker sind verschieden.

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      #6
      Uff. Also, Aussehen beschreibe ich bei meiner Prota glaub ich recht spät. Das ist einfach nicht wirklich relevant. Da sie aber autistisch wirkt/ist, denkt sie sich manchmal einzelne Merkmale von den anderen Charakteren (also, so wie wir das auch machen) wie zB "Der schwarze Polizist", "die kurzen schwarzen Haare von Diane", "den Stock des Captains" oder "den schneeweißen Anzug" von Robert. Ihr Aussehen wird erst... ab Mitte immer mal wieder angesprochen, aber halt nur hin und wieder wenn es gerade passt und nicht irgendwie "Mäh" wirkt.

      Dafür beschreibe ich ihre Ticks sehr viel und sehr gut (wurde mir gesagt). Man bekommt ein Bild von ihr, ohne sie zu "sehen" - man erfährt einfach wahnsinnig viele Ticks und Macken und Gewohnheiten.

      Letzteres ist mir tatsächlich lieber. Ja, ich brauche auch hin und wieder sowas wie die "kurzen braunen Locken" oder "die roten Bäckchen" - aber ich brauche prinzipiell eher die Macken und Eigenschaften. ich liebe es, mir ein eigenes Bild zu bilden.

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      • Mona
        Mona kommentierte
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        Das stimmt. Die Macken und Eigenschaften sind mir auch am wichtigsten, wenn ich so drüber nachdenke. Da bekommt man ja automatisch auch ein Bild von der Person (wie es Badabumm unter uns auch schrieb )

      #7
      Es geht sogar komplett ohne Beschreibung des Aussehens. Ich habe gerade Erich Kästners "Fabian" gelesen. Es ist eine Satire (und was für eine!), aber ich habe das Buch mehrmals durchstöbert, weil ich es kaum glauben konnte: seine Hauptprotagonisten haben kein Aussehen! Insbesondere Cornelia, in die Jakob Fabian sich verliebt, wird nur durch ihre Dialoge charakterisiert. Verliebtsein wäre doch ein Anlass, sich in Körpermerkmal-Beschreibungen zu verlieren. Aber das ist nicht Kästners Art. Seine Nebenfiguren bekommen einige Attribute und mehr nicht ("raucht wie ein Schlot", "vermittelt Bekanntschaften", "hat einen schlecht gewickelten Schirm", usw.). Gegen Ende erfährt man zwar, dass Cornelia ganz hübsch ist (weil sie Filmschauspielerin wird), aber der einzige Satz, der über ihr Aussehen verloren wird, ist indirekt: "Fabian sah ihr ins Gesicht und fand, sie passe nicht in das Milieu." Im Laufe des Buches hatte ich trotzdem eine ganz konkrete Vorstellung von ihr und zwar allein durch ihr Verhalten und durch ihre Denkweise. Vielleicht bekommt sie somit immer das Aussehen des jeweiligen Lesers, nämlich das, was er hineindenkt - wichtig für die Story ist das Aussehen nämlich nicht, sondern allein die Tatsache, dass sie "der Grund für Treue" sein könne, was sie als Liebeserklärung versteht. Nur die Beziehung steht im Vordergrund. Vielleicht ist das aber auch dem Zeitgeist geschuldet (1931); es geht ja vorrangig um die satirische Zerpflückung der Welt. Die Figuren spielen in einem Theaterstück ihre Rolle. Wie sie aussehen, ist unwichtig.


      Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
      Mark Twain

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        #8
        Jeder nach seinem Stil. Habe für jemanden mal Probegelesen, die absolut keine Beschreibungen hatte, aber ich hatte ein lebendigeres Bild vor Auge als bei vielen anderen. Irgendwann fragte sie mich, ob mich die mangelnden Beschreibungen stören und da erst ist es mir aufgefallen.

        Prinzipiell gilt halt: Beschreibung an Perspektive anpassen. Ich nehme es niemandem ab, dass er seine eigene Augenfarbe beschreibt, wenn er nicht gerade in den Spiegel schaut. Und Spiegel zur Charakterbeschreibung nutzen ist bekanntlich abgedroschen.
        Das Klassische ist halt, es in Beschreibungen einzubringen. Wie in deinem Beispiel, Dave, das Streichen über die Glatze.

        Bei mir selbst habe ich festgestellt, dass ich gerade die Hauptcharaktere immer weniger beschreibe. Also früher noch immer, inzwischen nur mehr, wenn die Handlung darauf abspielt (Stoppelbart kratzen, durchs dichte Haar fahren, zu allen anderen hinaufsehen müssen ...). Oberflächliche Infos interessieren mich zwar als Leser, aber ich möchte kein Leitbuch an die Hand bekommen, um demnächst ein Porträt zeichnen zu können.
        Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

        So nah, so fern.

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          #9
          ich sehe das ähnlich wie Kelpie. Ich brauch eigentlich gar keine äußerlichen Beschreibungen, allein durch den Charakter entwickelt sich bei mir oft ein Bild. Blöd wirds halt dann, wenn irgendwo recht spät eine Beschreibung kommt wie "er strich sich über die Glatze" und ich hab ihn mir die letzten 200 Seiten mit langen blonden Locken vorgestellt ...
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            #10
            Also ganz ohne Beschreibungen komme ich nicht gut aus. Ich brauche irgendeinen Ankerpunkt, um die Figur in meinem Kopfkino passend besetzten zu können. Ich lese gerade ein Buch von John Scalzi und der hat praktisch keine Charakterbeschreibungen. Ich stelle fest, dass ich die Figuren ständig durcheinander bringe, weil ich ihnen eben kein Bild zuordnen kann.
            Das mit dem "sich ein eigenes Bild machen" finde ich lauwarm. Dann könnten wir ja auf sämtliche Beschreibungen verzichten, oder? Soll der Leser sich doch ein eigenes Bild vom Wald/Haus/Raumhafen machen. Finde ich nicht so toll. Cineastisches Schreiben wird von einem modernen Romanautoren erwartet und warum sollte man die Figuren da auslassen?

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            • Davebones
              Davebones kommentierte
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              Gott sei dank, ich bin nicht alleine. Irgend ne Form von Beschreibung brauche ich auch.

            • Ankh
              Ankh kommentierte
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              Ich sag ja nicht, dass man so schreiben muss, ich sag ja nur, ich persönlich brauch das beim Lesen gar nicht. So lange andere Dinge beschrieben sind als nur die Optik, kann ich die ganz gut allein dazuaddieren, genauso wie ich mir bei Orten eine passende Geräuschkulisse dazuaddiere, auch wenn die nicht explizit beschrieben wird. Ich habe dann beim Lesen durchaus ein konkretes Bild, das ich mit dem Charakter verbinde, nur ist es vermutlich nicht das, welches der Autor hatte, aber das ist ja nicht schlimm.

            #11
            Zitat von Maggi Beitrag anzeigen
            Das mit dem "sich ein eigenes Bild machen" finde ich lauwarm. Dann könnten wir ja auf sämtliche Beschreibungen verzichten, oder? Soll der Leser sich doch ein eigenes Bild vom Wald/Haus/Raumhafen machen. Finde ich nicht so toll. Cineastisches Schreiben wird von einem modernen Romanautoren erwartet und warum sollte man die Figuren da auslassen?
            Ich glaube, da gibt es einen Unterschied zwischen den Beschreibungen des Hauptprotagonisten und Beschreibungen von allem anderen, also auch z.B. eines Raumhafens. Wie oft erwähnt, sieht sich der Prota ja selten, außer im Spiegel oder durch Reaktionen seiner Mitprotas, und ersetzt nur den Leser. Deshalb darf er ruhig "leer" wirken. Hingegen sieht er alles andere und das darf so exakt beschrieben werden wie der Autor meint. Das gilt nicht zwingend für Ich-Perspektiven (ich empfinde selten einen Unterschied - Mitfühlen und Mitleiden bleibt dasselbe).

            Das Phänomen, das Kelpie über seine Hauptpersonen verrät, kenne ich deshalb sehr gut. Je weniger der Hauptcharakter konkret ist, desto mehr dient er als Hülle. Interessanterweise nehme ich es dem Autor nicht übel, wenn er dabei Allgemeinplätze verwendet. "Sie bewegte sich anmutig" lässt viele Assoziationen zu. Es ist so allgemein, dass ich als Leser meine Vorstellung von Anmut hineininterpretiere. Je konkreter der Autor wird, desto mehr schränkt er natürlich die Auslegungsmöglichkeiten ein. Wenn sie sich anmutig " wie eine Katze" bewegt, denkt der Leser unwillkürlich an eine Katze und wie sie sich bewegt. Anmutig wie eine Schlange, ein Schmetterling, ein Eichhörnchen kommt dann nicht mehr in Frage. Das liegt dann in der Absicht des Autors. Er kann also konkreter werden, wenn er ein festes Bild wünscht, oder allgemein bleiben, wenn er dem Leser keine Assoziationen verbauen will.

            Bei Nebencharakteren werden anscheinend häufiger feste Bilder vermittelt, weil es ja die Personen sind, die der Protagonist trifft und ihn zum Handeln zwingen. Sie müssen also konkret sein, damit die Konsequenzen seines Interagierens plausibel werden. Sie sind auch viel häufiger schräge Unikate oder haben ausgefallene Vorlieben. Die Protas hingegen werden zumeist durch ihr Handeln beschrieben. Das Bild entsteht quasi durch die Interaktion.

            Vielleicht sollte man auch unterscheiden zwischen der Personen-Beschreibung des Charakters (meist am Anfang) und den Beschreibungen der Dinge, die er während der Geschichte tut. Wenn Kästner im obengenannten Buch mittendrin einfach schreibt: "Sie weinte geräuschlos", so kann man das dem Charakter, oder der Situation zuordnen. Aber jede Situation erfordert genau die Beschreibung, die zum Charakter passen muss: "Der Assistent verzog das breite, blasse Gesicht, als wolle er lächeln, er öffnete wiederholt den Mund." Immer auf das Mindeste reduziert, viel mehr erfährt man über den Assistenten nicht.








            Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
            Mark Twain

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              #12

              Deshalb darf er ruhig "leer" wirken
              Ich will keine Off-Topic-Disskusion vom Zaun brechen, aber dieser Aussage widerspreche ich vehement. Den Rest verstehe ich ehrlichgesagt einfach nicht. Also inhaltlich schon, aber nicht, wie deine Aussagen kausal zusammenhängen. Was hat die Beschreibung des Aussehens damit zu tun, wie "plausibel die Konsequenzen der Interaktion sind"?

              Für meinen Geschmack machen wir das Thema gerade deutlich komplizierter, als es ist. Ich als Leser will einfach wissen, wie die Figuren aussehen. Alle Figuren. Zumindest ungefähr, weil ich diesen visuellen Anhaltspunkt brauche. So geht es nicht allen, aber vielen, deshalb würde ich Autoren immer davon abraten, ganz auf Figurenbeschreibungen zu verzichten.

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                #13
                Ich brauche auch keine Beschreibungen. Ich will die Figur fühlen. Wenn es eine Beschreibung von Äußerlichkeiten ist, soll sie eine erzählerische Komponente haben,

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                  #14
                  Wie ja schon erwähnt wurde, muss man zwischen den Beschreibungen vom PoV und anderen Personen unterscheiden. Bei zweiteren handhabe ich es genauso, wie bei jeder Beschreibung: Ein oder zwei Merkmale aussuchen und die beiläufig in der Handlung erwähnen. Also keine Sonnenstrahlen die das Grün ihrer Augen zum Leuchten bringt

                  Beim PoV finde ich es schwieriger. Es gibt Merkmale, die sich kaum auf die Handlung auswirken wie z.B. eine 0815-Haarfarbe im heutigen Deutschland. Diese Merkmale finde ich extrem schwer zu beschreiben. Andere Dinge wie eine außergewöhnliche Statur oder andere Dinge, die im Umfeld auffallen, sind da viel leichter einzubauen, da der Gegenüber darauf reagiert. Ankhs Beispiel mit der Körpergröße ist da z.B. gut.

                  Und um auf Daves Beispiel zu kommen:
                  Er legte seine Kapuze ab und enthüllte ein narbenübersätes Gesicht. Er streifte sich durch seine Glatze, blickte die Wachen mit finsterem Blick an und spukte aus, wandte sich dabei aber ab, um keine Beleidigung zu symbolisieren. „Ich möchte in das Dorf hinein.“ Theowarens Stimme war tief, rau und beinahe nuschelnd.
                  Rein von diesen Absatz wäre Theowaren kein PoV für mich, da sich das wie eine Beschreibung von außen ließt. Als PoV würde ich z.B. eine Begründung erwarten wie "Er legte seine Kapuze ab, um sein narbenübersätes Gesicht zu enthüllen. Wie erwartet wichen die Wachen einen Schritt zurück. Um sie weiter einzuschüchtern, baute er sich vor ihnen auf, ließ seine Muskeln hervortreten und spuckte vor ihnen aus. Im letzten Moment wandte er sich ab, um damit keine Beleidigung zu signalisieren."

                  Nur ein schnell zusammengebasteltes Beispiel. Wie oben schon jemand erwähnte, ist die Beschreibung der Stimme etwas, über das Theowaren nicht nachdenkt. Außer natürlich, er bemüht sich besonders tief/laut/etc. zu sprechen.

                  Meiner Meinung nach ist die Beschreibung des PoVs eines der schwierigsten Dinge. Das braucht viel Übung, Sicherheit im Perspektiveneinhalten und Fingerspitzengefühl.
                  »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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                    #15

                    Ich brauche auch keine Beschreibungen. Ich will die Figur fühlen.
                    Das schließt sich doch nicht aus?

                    Ich verstehe nicht, warum wir uns ausgerechnet bei Figuren immer so verbiegen um die unbedingt irgendwie "erzählerisch" zu beschreiben. Bei allen anderen Dingen sagen wir doch auch einfach wie sie sind. Wenn "Zac lebte in einem Haus aus der Kolonialzeit mit großer Veranda" schreiben können, warum können wir dann nicht auch "Zac hatte lockiges, braunes Haar und Sommersprossen auf der Nase" schreiben? Warum müssen wir das dann in "Zac fuhr sich durch seine braunen Locken" verstecken.
                    Ich werd's nie verstehen und es gefällt mir auch nicht.

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                    • Badabumm
                      Badabumm kommentierte
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                      "Zac hatte lockiges, braunes Haar und Sommersprossen auf der Nase" finde ich voll in Ordnung und so lese ich das auch regelmäßig, ohne mich zu stören. Aber ich bin ohnehin ein Freund vom Erzählen... ;-)
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