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Leserunde #6 - Cyberempathy von E.F. v. Hainwald

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    #91
    Ist dies ein gelungenes Ende für den Roman? Werden genug Fragen beantworten und genug Fäden beendet, um als Romanende zu funktionieren? Oder bleibt zu viel offen? Wie offensichtlich ist der Gedanke an einen zweiten Band für euch?
    Ja, doch, es ist ein Ende mit Feuerwerk, das im Gedächtnis bleibt. Es werden viele Fragen beantwortet, allerdings auch ein paar neue aufgeworfen, weil es ein offenes Ende ist. Ich meine, mich erinnern zu können, dass Enrico keinen zweiten Band schreiben will. Der Roman funktioniert so auch als Einzelband, obwohl man prinzipiell auch den Sturz der Obrigkeit in einem zweiten Teil thematisieren könnte.

    Was werdet ihr aus dem Buch mitnehmen? An Figuren oder Erzählstrategien, an Themen oder Disussionspunkten, als Vorbild im guten wie im schlechten Sinne.
    Ich liebe Rade! In seiner Überzeugung, nicht menschlich zu sein, ist er echt herzerwärmend. Der kritische Blickwinkel auf unsere heute bereits bestehende Technik, die weiterentwickelt genau wie im Roman missbraucht werden kann, ist durchaus berechtigt. Gerade in den heutigen politischen Wirrungen ist es durchaus möglich, dass die Menschen sich immer mehr für die vermeintliche Sicherheit statt für ihre Freiheit entscheiden und somit ein Cybernet begrüßen werden.

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      #92
      Aber was macht einen zum Menschen?

      »Eine Geburt macht ein Wesen nicht automatisch zu einem Menschen mit Rechten.«
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      Doch. Punkt.

      Ich muss zugeben, dass ich große Mühe damit habe, die Erklärung des Autors zu akzeptieren, dass es sich bei Leon (ebenfalls) nur um ein Design-Objekt handelt; ein „Manipulationswerkzeug“ (was für eine schöne Wortkreation).

      Um darauf zurückzukommen, was ich zuvor schon mal in die Diskussion einwarf:
      Leon juckt diese Ungerechtigkeit einfach nicht, die ihm widerfuhr.

      D. h. diese Programmierung(en) seinerseits sollen die Erklärung dafür sein, dass er kein Unrechtsbewusstsein empfindet. (?)
      Hm! Daran werde ich wohl noch länger knabbern …
      Und der komplette Strang um Evans Tod ist – außer in Einzeilern – auch nicht wieder aufgetaucht! Das macht mich innerlich ganz kirre. (Noch viel länger …)



      Ist dies ein gelungenes Ende für den Roman?

      Also mein Kopf sagte zuerst „Häh, wie? Wird das ein Zweiteiler?“ – der Gedanke an einen zweiten Band ist für mich also unmittelbar. Allerdings gefallen mir die letzten Sätze sehr gut und mit Leons Antwort sich selbst gegenüber ist durchaus ein Kreis geschlossen.

      Es hätte für mich aber noch besser funktioniert, wenn der Goliath weder beschrieben noch benannt worden wäre. Ein Blick auf das Flammeninferno hätt’s für mich auch getan. (Vor allem, wenn das Ende doch eh so offen gestaltet ist.) Das ist aber nur Geschmack


      Was werdet ihr aus dem Buch mitnehmen?
      An Figuren oder Erzählstrategien, an Themen oder Diskussionspunkten, als Vorbild im guten wie im schlechten Sinne.

      Mit dem Schreibhandwerk bin ich nicht gut genug vertraut.

      Inhaltlich wird mir das ganze Konstrukt (ha ha) der Erinnerungskonstruktion im Gedächtnis bleiben, weil ich das mega spannend fand und finde. Die Diskussion um „Wann ist ein Mensch ein Mensch?“ wird’s wohl nicht werden, da mich Philosophie langweilt. (Ich will Ergebnisse!) Aber ich finde es gut, dass der Autor sich dafür begeistert und deshalb versucht die Grundsteine, die wir heutzutage bereits gelegt haben, entsprechend weiterzuspinnen. Als Gedankenexperiment finde ich das durchaus mal ganz interessant – ich lese ja sonst wie gesagt kein SciFi.

      Die Figuren sind letztlich – Logik für mich hin oder her – doch so gut ausgearbeitet, dass ich sie mühelos jederzeit „Cyberempathy“ zuordnen können werde. Das gefällt mir. Was mir inhaltlich weniger gefiel, kann man wohl den Kommentaren entnehmen Ich werde bei meinen eigenen Umgebungsbeschreibungen auch noch mal aufmerksamer überprüfen, welche Informationen notwendig sind und ob sich die geschriebenen Worte tatsächlich auch für andere so lesen, wie ich es szenisch im Kopf habe oder nicht.

      Auf jeden Fall möchte ich mich noch einmal bei Enrico und Denise dafür bedanken, dass sie das eBook zur Verfügung gestellt haben!

      Und bei euch für die schöne Leserunde.
      Alles ist Gift. Es kommt nur auf die Dosis an. (Paracelsus)

      Kommentar


      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        Wäre Leon eher ein Design-Objekt, wenn er nicht aus biologischen Zellen, sondern aus Metall gebaut wäre?
        Wir drucken mittlerweile ganze Organe - eine Ware. Wann drucken wir einen Menschen?
        Du siehst, ich will gar nicht, dass du meine Erklärung akzeptierst. Ich fänds toll, wenn du deine findest!

        Evan und Alexis (der aus dem Verhalten her geschlossen, es vermutlich genau gewusst hat) waren nur Mittel zum Zweck, wie auch Janica (die es ja wusste, wie man an ihrem Endverhalten erkennt):
        Damit Leon deportiert werden muss, um Yas zu begegnen, damit man Organhandel ohne Unterstadt betreiben kann.
        Das erschlussfolgert sich um ein paar Ecken, sobald man weiß, dass Leons gesamtes Leben konstruiert war, damit er "als Produkt" eine Moral aufbaut, die scheinbar gut und nützlich fürs System ist.
        Da es nicht relevant für die Hauptaussage der Geschichte ist, habe ich es dabei belassen, damit der Leser da noch etwas grübelt.

        Schön, dass du mitgemacht hast und danke für dein Feedback!

      • Lael
        Lael kommentierte
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        Hmm ... gute Frage. Rade empfinde ich ja auch als ziemlich menschlich, obwohl er so hochoptimiert ist. Ich glaube, da muss ich auf meine Antwort von vor ein paar Kapiteln zurückgreifen, dass ich einfach nicht weiß, wie ich es sehen würde, wenn das Realität wäre. Es bleibt für mich sehr befremdlich. Diese Roboter-Empfangsdame in Singapur wird für mich _niemals_ ein Mensch sein. Aber sowohl Rade als auch Leon, Lux und Skylynn sind für mich eindeutlich menschlich, wohingegen die Obrigkeit extrem maschinell wirkt. #kopfkratz
        Zuletzt geändert von Lael; 17.04.2019, 18:45.

      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        Manche Fragen lassen sich wohl unmöglich objektiv beantworten - nur subjektiv?
        Aber man muss sie in einer modernen Gesellschaft ja irgendwie beantworten - wer "darf" das dann?
        Wir werden irgendwann an solchen Punkten stehen und sind es bereits in manchen Lebenslagen - frohes Kopfkratzen ist angesagt.

      #93
      Ist dies ein gelungenes Ende für den Roman?

      Für mich war es das. Einerseits, weil ich bittersüße Enden mag - und das ist es für mich. Ja, kann sein, dass alle Figuren, die einem ans Herz gewachsen sind, binnen 24 Stunden tot sind. Aber Leon empfindet es als Happy End, selbst wenn er sterben sollte.
      Mir hat auch der Twist, dass Leon eben ein Designer-Objekt ist, sehr gefallen. Weil es die Menschlichkeit von ihm und Rade nochmal unterstrich.

      Zweiter Band: Ja, der Gedanke kam mir. Das Ende schreit geradezu danach, dass Leon, Rade, Skylynn und Lux jetzt eine Art Résistence bilden. Und möglich wäre es. Teil 2 wäre damit sicherlich actionlastiger und weniger auf Leons innere Entwicklung bedacht, hätte also ein anderes Thema. Ich würde eine Geschichte erwarten, in der geklärt wird, wer/was die Obrigkeit eigentlich ist, die Konfrontation von Oberstadt-Menschen mit Unterstadt-Menschen, eine Art kriegslastigen Klassenkampf.

      Persönlich hoffe ich, dass kein Teil 2 kommt, weil: Cyberempathy ist so schön subtil philosophisch, vor allem mit der ganzen Frage "Was ist Menschlichkeit?". Und diese Frage wird uns ja nie beantwortet, wir werden nur zum Nachdenken darüber angeregt. Schreibt man Teil 2, dann kommt man als Autor wahrscheinlich nicht drum rum, sich weiter mit der Frage zu beschäftigen und sie zumindest zum Teil aus der eigenen Perspektive zu beantworten - und das wäre schade, denn es nimmt dem Leser den Denkanstoß wieder weg.


      Was werdet ihr aus dem Buch mitnehmen?

      Erstmal die Erkenntnis, dass es wirklich ein spannend zu lesendes Buch war. Es hätte mich weder vom Cover noch vom Klappentext her interessiert, also bin ich froh, dass es mir über diese Leserunde zugespielt wurde.

      Dann haben wir uns ja hier viel auf handwerklicher Ebene auseinandergesetzt. Da muss ich sagen: Der Stil ist nicht meins (siehe was ich ganz am Anfang sagte, mit den fehlenden Eigennamen). Entweder habe ich mich aber hineingelesen oder die Schreibe wurde im Laufe des Buchs stilistisch besser. (Also "besser" ganz subjektiv aus meinen Augen, nicht als objektives Urteil!) Gerade am Anfang gab es aber einige Stellen, die ich als Lektor definitiv geglättet hätte. Willkürlich gewähltes Beispiel, S. 41 ganz unten:


      Zitat:
      "Hey Jungs, genug geschwatzt! Wehe, ihr wagt es euch hinzusetzen. Ihr kommt mit mir tanzen!", ihre braunen Augen leuchteten freudig auf und ihre Partylust war groß genug, um auf die beiden Freunde übertragen zu werden, sodass sich ihr Puls plötzlich beschleunigte.
      Zitat Ende.

      "euch hinzusetzen" ist eine Infinitivgruppe, und da sie problemlos in einen regulären Nebensatz umformuliert werden könnte ("dass ihr euch hinsetzt"), ist hier das Komma vor der Infinitivgruppe meiner Meinung nach nicht optional. Korrekt wäre also "Wehe, ihr wagt es, euch hinzusetzen."
      "ihre braunen Augen (...)" ist kein Inquit, "ihre" ist also der Beginn eines neuen Satzes und sollte großgeschrieben werden.
      Den Bandwurmsatz danach hätte ich für besseren Lesefluss (der auch die schnellebige Partystimmung wiederspiegelt) unterteilt. Außerdem kann Leon zwar Ryes Stimmung fühlen, aber nicht seine körperlichen Reaktionen - er kann also nicht wissen, dass auf Ryes Puls in die Höhe schnellt. Bei mir hätte sich das also eher so gelesen:
      "Nalindras braunen Augen leuchteten auf. Ihre Partylust war groß genug, um sich auf die beiden Freunde zu übertragen. Leons Pulsschlag beschleunigte sich."
      Nur registrierte Nutzer können diesen Inhalt sehen.


      Aber, wie gesagt, das ist nur mein subjektiver Eindruck. Stil ist individuell und kann nicht allen Lesern gefallen. Viele meiner Leser finden meinen Stil zu knapp und/oder zu langweilig.

      Für mich als handwerkliche Lektion habe ich auch mitgenommen, dass auch wirklich kleinste Nebencharaktere irgendetwas Individuelles haben müssen, das sie auszeichnet. Rye und Nalindra hatten das nicht, weshalb sie für mich so blass und farblos blieben. (Was aber, rückblickend betrachtet, auch wieder irgendwie gut passt. Sie sind ja Zombies der Oberstadt. Da muss man aber schon ziemlich weit gelesen haben, um zu dieser Erkenntnis zu kommen.)
      Dagegen hat mich die alte Frau aus dem Buchladen fasziniert, und ich kenne noch nicht mal ihren Namen. Wer um alles in der Welt liest in der Unterstadt noch Bücher? Und dann trägt sie in einer Welt, wo jeder sich optimieren läßt, eine altmodische Brille? Sie wirkt tough, und dennoch lässt sie zu, dass Rade, Leon & Co ständig durch ihren Laden trampeln? Diese Frau hat mich wirklich interessiert, sie wirkt so, als ob sie echt einen ausgearbeiteten Hintergrund hat. Würde ich eine FanFiction zu dem Buch schreiben, dann würde ich mir sie als Prota dafür schnappen.

      Als Leser habe ich einfach echten Lesespaß mitgenommen. Klar, an einigen Punkten konnte ich Leons Handlungen nicht nachvollziehen. Aber insgesamt hat mir das Buch so gut gefallen, dass ich darüber hinweglesen konnte. (Und Logikbrüche findet man in praktisch jedem Buch - man darf sich also da nicht zu sehr rein verbeissen!)
      Always avoid alliteration.

      Kommentar


      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        Kein zweiter Teil - auch wenn so viele danach schreien.
        Eben genau aus dem Grund, dass ich es dem Leser eben nicht leicht machen will und ihm einfach Lösungen vorgebe.

        ... aber ... ich werde nochmal in diese Welt reisen.

        Danke für dein Feedback und dass du mitgemacht hast!

      • Alys II.
        Alys II. kommentierte
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        Sehr gut!!!
        Ja, die Welt hat unglaubliches Potential. Eine weitere Geschichte in dieser Welt kann ich mir gut vorstellen. Aber ein direkter Teil 2 - nee, gefällt mir, dass Du Dich dagegen entschieden hast.

      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        In diesem Setting gibt es noch so viel zu erzählen.
        Ich will auch noch einen Schritt weiter gehen vom Inhalt, lasse mir aber bewußt Zeit, damit es als seperater Roman wahrgenommen wird und für Leser nicht eine gefühlte Fortsetzung wird.

      #94
      So, an diesem Punkt nochmal vielen Dank an alle Teilnehmer der Leserunde. Wie immer hat es viel Spaß gemacht, mit Euch zu analysieren und diskutieren. Und es war eine ungewöhnliche Runde, da wir ja den Autor mit an Bord hatten.

      Extra-Danke an Earu für die Zusammenfassungen der Kapitel.
      Extra-Danke an Lael für das erste Mal Teilnehmen an einer Leserunde, und dann gleich auch noch unter Bedingungen, unter denen Du kaum Zeit zum Lesen hattest!
      Extra-Danke an In-Genius, der die zweite Häfte der Leserunde praktisch alleine geschmissen hat, damit ich mich mehr um meine Eltern kümmern konnte.
      Und natürlich ein Extra-Danke an E.F. von Hainwald, der unsere kritischen Kommentare tapfer ausgehalten hat und mit seinem Feedback diese Leserunde unglaublich spannend gemacht hat.

      Und, natürlich, nochmal ein Extra-Danke an Denise vom GedankenReich Verlag, dass wir diese Bücher überhaupt bekommen haben!

      Wenn Ihr noch Fragen/Feedback/Verbesserungsvorschläge zu den Leserunden habt, immer her damit.
      Vorschläge für weitere Leserunden sind gerne willkommen, wobei wir ja schon ein paar haben.

      Danke für's Mitmachen! 💐
      Always avoid alliteration.

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