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Leserunde #6 - Cyberempathy von E.F. v. Hainwald

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    #46
    Im Moment bin ich unglaublich frustriert von Leon. Ich musste drei-, viermal inne halten und mit dem Buch über Leons Idiotie diskutieren, bevor ich weiterlesen konnte. Ich weiß noch nicht, ob es an Leon speziell liegt oder hier die üblichen Dinge passieren bei mir, da ich die Hauptcharaktere in Büchern und anderen Medien in 95% der Fälle nie mag. Aber selten gehen sie mir so unglaublich auf die Nerven wie Leon. In diesem Kapitel fand ich ihn sehr ermüdend zu lesen.
    Zuzüglich hat mich in diesem Kapitel etwas gestört, das nicht zwingend am Buch liegt. In einer Rezension hier im WK regen wir uns über LGBTQIA+ Darstellungen in Büchern auf und ich hab VickieLinn bei ihrem Essay darüber geholfen. Das schwingt in mir noch nach und ich denk mir dann für "Cybermpathy" Kapitel 7 gerade: Ist das notwendig? Muss ausgerechnet Sex - wie immer! - die Lösung aller Probleme sein? Und natürlich sind wir in der Unterschicht und natürlich ist die Frauenrolle eine hypersexy Prostituiere. Muss das sein? Und warum steht da "Er ist nicht wirklich ein Mann" als Ausrede, meint Leon nicht eigentlich Mensch? Aber was Rade da genau aufregt (entweder das Absprechen seiner Männlichkeit oder seines Menscheins - was verschiedene Dinge sind), wird in dieser Diskussion nicht aufgeklärt und schlimmer eigentlich: es wird Leon nicht erklärt. Wie soll er so lernen, andere Menschen nicht zufällig zu beleidigen? So lernt er höchstens, dass es "wirkliche Männer" und "nicht-wirkliche Männer" gibt und letzteres ist was Schlechtes, denn immerhin ist das eine Beleidigung für Rade. Kommunikation, Leute. Und durch die in mir noch nachschwingende Diskussion über das andere Buch projiziere ich gerade auf "Cyberempathy", dass es sich mit diesem Punkt, der Rade aufregt, nicht weiter auseinandersetzen wird. Obwohl mir klar ist, dass in den folgenden Kapiteln noch eine Menge kommen kann und der LGBTQIA+ Themenbereich nicht der Punkt des Buches ist. Aber ich nehme einfach an, weil anscheinend kein Buch diese Klischees und Stereotype hinterfragt, dass dieses es auch nicht wird.
    Ich bin einfach gerade frustriert. Manchmal ist das so mit Gefühlen

    Wie wirken die Parallelen von Rye/Rade und Janica/Lux auf Euch?
    Das ist mir beim Lesen nicht besonders aufgefallen. Es ist einfach typisch, dass "der Mann" bei anderen Männern Rat und Hilfe sucht, anstatt bei einer Frau. Leon scheint sich offenbar als "der Mann" zu identifzieren, hat er über Janica ja selbst gedacht, dass er seinen männlichen Stolz vor ihr bewahren will. Ich nahm nicht an, dass er diese Haltung plötzlich ändert.
    Aber jetzt, wo du es so auf den Punkt sagst, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Kommt vermutlich darauf ein, ob das Buch mit dieser Parallele etwas macht. Immerhin ist es eigentlich ein nettes Mittel, um den Kontrast zwischen Oberstadt und Unterstadt herauszuschleifen. Wenn alles gleich ist, aber nur eine Variable ist anders, sieht man sehr gut, was diese Variable macht. Aber dazu müssen die anderen eben so gleich wie möglich sein. Wenn dieser Vergleich angestrebt ist und im Verlauf zu einem entsprechenden Resultat führt, ist es ein guter Kniff.
    Auf der anderen Seite ist es auch eintönig und flach, die gleichen Figurenkonstellation zu haben und die Figuren zu kopieren, nur mit mehr Humor. Gerade wenn die Unterstadt so viel bunter und so viel mehr individuelle Freiheit zuzulassen scheint, hätte man das auch darin zeigen können, dass die Figuren ein anderes Template benutzen.

    Welche schreibtechnischen Kniffe stecken dahinter? Wie hat der Autor Rade und Lux interessant ausgestaltet?
    Rade und Lux interagieren miteinander. Sie haben eine gemeinsame Geschichte und Wissen übereinander, sie haben Witze und Spitznamen miteinander. Die beiden haben sehr deutlich ein Leben außerhalb Leons. Leon ist einfach nur eine Fliege, der zufällig in ihr Leben flog. Wenn er nicht da wäre, würden die beiden genau das gleiche machen wie jetzt auch und wir sehen, wie das aussieht.
    Rye und Janica werden anders charakterisiert. Wir wissen nur, wie sie mit Leon umgehen. Da ist keine andere Person, mit der sie etwas tun, kein anderer Referenzpunkt, dem sie vertraut sind. Wenn Leon nicht da ist, existiert ihr Leben kaum. Wir wissen, dass sie arbeiten und wir wissen, dass Rye eine Freundin hat - aber wissen wir, wie er mit seiner Freundin umgeht? Wir wissen, was er über seine Freundin fühlt (statt denkt, die fühlen da oben ja nur), statt mit ihr.

    Ich finde auch, Rade und Lux haben viel mehr Persönlichkeit von Anfang an, als Rye oder Janica. Ich mein, wollte ich eine Fanfiction schreiben, wüsste ich bei Rade und Lux bereits sehr viele Anknüpfungspunkte und Schrullen einzubringen. Bei Rye und Janica müsste ich mir da das meiste selbst ausdenken. Und ich denke, dass die beiden Charaktere auch miteinander interagieren ist ein ganz wichtiger Punkt dafür. Denn wir zeigen jedem Menschen immer ein bisschen eine andere Seite von uns als einem anderen Menschen gegenüber.
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
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      Bei dem Kommentar über "echter Mann" bin ich auch hängengeblieben, mich hat es aber nicht frustriert, dass Leon es nicht erklärt bekommt.

      Leon kommt für mich prüde und sexuell nicht besonders erfahren rüber. (Fand ich sehr lustig, dass er bisher mehrfach im Buch von anderen gefragt wurde, ob er prüde ist!) Deshalb hinterfragt er Rades ultra-klischee-männliches Gehabe auch gar nicht ... und macht irgendwann einen flapsigen, blöden Spruch. Erst dann merkt er, dass das Thema "Maskulinität" für Rade nicht so einfach gestrickt ist, wie für ihn selbst.

      Ich hab beim Lesen zwar auch erst kurz gedacht, och menno, warum muss das jetzt wieder so ein Ding werden, das wir erst später erfahren, anstatt dass er einfach gleich Leon erklärt, warum er beleidigt ist.
      Aber dann fiel mir die Diskussion, die wir hier in den Rezensionen über "Someone new" hatten, wieder ein. Rade hat absolut das Recht, sich nicht zu erklären. Er muss nicht begründen, warum er sauer ist, wenn seine Maskulinität in Frage gestellt wird. Nach außen hin zeigt er sich als "technisch optimierter, menschlicher Mann", und wenn jetzt rauskommen sollte, dass Rade früher ein weibliches Echsenwesen oder ein geschlechtsneutraler Cyborg oder was-auch-immer war, dann ... kann Leon das egal sein. Rade möchte als Mann wahrgenommen werden, also ist er einer. Punkt.

      Fazit: als Leser bin ich natürlich neugierig und will wissen, warum das Thema für Rade schwierig ist. Versetze ich mich aber in die Welt hinein, dann muss ich sagen: das geht Leon einfach nix an, außer, Rade will mit ihm darüber reden. Deshalb wäre es für mich als Leser auch ok, wenn wir "die Auflösung" nie erfahren.

      Bei Lux bin ich zwar auch erst etwas darüber gestolpert, dass sie so hypersexy ist, aber ich muss zugeben: ich mag einfach die Figurenkonstellation, wenn ein naiver Charakter auf eine selbstbewusste Hure trifft. Keine andere Berufsgruppe kann diese "Schätzchen, ich hab schon alles gesehen"-Einstellung so gut rüberbringen. Nicht mal Feuerwehrleute und Rettungsdienstler. Deshalb hatte Lux gleich Bonuspunkte für mich.

    • In-Genius
      In-Genius kommentierte
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      Alys II. Das stimmt natürlich, Rade muss seine Situation, wenn er eine hat, nicht erklären. Ich denke aber, wenn man den Fehler nicht erklärt, lernt man nicht das Richtige daraus. Da bin ich naiv-optimistisch *schulterzuck* Es ist natürlich nicht Rades Verantwortung, sehr richtig.

    • E.F. von Hainwald
      E.F. von Hainwald kommentierte
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      Ich liebe dich für diese Ansicht Alys II. Jeder entscheidet, als was er sich gibt. Es ist allerdings nicht der Knackpunkt in diesem Fall.
      Das ist etwas komplex und würde Leon in diesem Moment nicht die Bohne verstehen. Also muss es (wieder) warten.

      Ich bin da auch gern mal so naiv wie du In-Genius - manchmal hat man aber einfach keinen Bock darauf etwas erklären zu müssen, was den anderen nichts angeht. Rade ist ein netter Kerl, aber jetzt auch nicht unbedingt immer umgänglich.

      Den Spagat muss ich sicherlich noch üben für ein runderes Ergebnis - also zwischen Lesersicht und In-Welt-Sicht.

    #47
    Sind Gefühle eine Waffe?
    .

    Wie wirken die Parallelen von Rye/Rade und Janica/Lux auf Euch?
    Welche schreibtechnischen Kniffe stecken dahinter? Wie hat der Autor Rade und Lux interessant ausgestaltet?

    Ich gehöre auch zu denjenigen, die sich sofort für Rade und Lux erwärmen. Sie wirken schlichtweg menschlich - trotz Deformationen. Ganz im Gegensatz zu den glatten Abziehbildern in der Oberstadt. D. h. die Entkopplung vom Cybernet bringt emotional die erhofften Vorteile für den Leser mit sich - u. a. Sarkasmus und das gegenseitige Aufziehen (Schöne Schlagabtäusche!) und Flüche. Dadurch bekomme ich automatisch das Gefühl (ha ha), dass sich mehr hinter den beiden verbirgt. Eine eigene Geschichte. Leben.

    Interessant ist, dass Leon gerade diese normalen Gefühlsausdrücke für ein "perfekt einstudiertes Theaterstück" hält. Aber das sehe ich ihm natürlich nach. Was ich ihm jedoch nicht nachsehe ist der Satz, den er Rade dann "im Spaß" an den Kopf wirft. [Ich habe eure Diskussion dazu nicht gelesen, da ein Spoileralarm warnte.] Ich möchte meinen, dass es eigentlich keiner hellseherischen Fähigkeiten bedarf, um zu wissen, dass das absolut daneben ist. Dafür gefällt mir die Unterhaltung über Mitgefühl und die Emotionen, die Leon auf einmal ohne Cybernet wahrnimmt sowie die Zweifelhaftigkeit seiner Arbeit als Erinnerungskonstrukteur sehr gut.
    Ich bin gespannt, wie es diesbezüglich weitergeht.

    Lux bekommt von mir Bonuspunkte, weil ich eine ähnliche Figur schreibe. ♥

    Lieblingssatz:
    Deine Emotionen gehören dir.
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    Alles ist Gift. Es kommt nur auf die Dosis an. (Paracelsus)

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      #48
      Ich bin eben daheim angekommen - die Fersen und Stimmbänder glühen von der LBM.
      War supercool einige von euch persönlich kennenzulernen! Jetzt habe ich (sympatische) Gesichter zu den Menschen, welche mich hier verbal verhauen.

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      • weltatlas
        weltatlas kommentierte
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        Fühlst du dich verhauen? *Kamillentee mit Honig reich* Darüber sollten wir reden. ...

      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        Haha, nur ein bisschen, aber dezente Klapse auf den Hinterkopf sollen ja das Denkvermögen erhöhen.

      • Earu
        Earu kommentierte
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        Ich komme jetzt erst langsam zum Luft holen, obwohl ich heute Nacht irgendwann um 1 Uhr zuhause ankam. Heute Morgen mussten erst mal die Katzenklos und der Chinchillakäfig turnusgemäß gereinigt werden und aktuell läuft die dritte Waschmaschine. Dazwischen konnte ich allerdings auch schon ein paar neue Freundschaftsanfragen auf Facebook verschicken, die Ereignisse der letzten vier Tage nachlesen und auch hier endlich Kapitel 7 lesen und kommentieren. Trotz Füßen, die gleich Protest schreien, wenn ich aufstehe, bin ich happy. Ich habe supernette Leute kennengelernt bzw. endlich persönlich vor mir stehen sehen und konnte zudem ordentlich netzwerken, obwohl das gar nicht in meiner Absicht gelegen hatte. (Tipp: Selbst gebackene Kekse sind ein prima Schlüssel für enorm viele tolle Gespräche.)

      #49
      Zitat von Alys II. Beitrag anzeigen
      Die nächste Fragerunde zu Kapitel 8 kommt, wegen der Buchmesse-Pause, am 25.03.2019. Bis dahin bitte ich Euch, Kapitel 8 zu lesen.
      Ich hatte vor, das Kapitel heute früh zu lesen, bin aber leider nicht dazu gekommen. Zu viel nach-Messe-Organisation und äh, ganz banal, Schlaf nachholen.
      Werde Euch also erst morgen mit Fragen dazu amüsieren können - es sei denn In-Genius hat's schon gelesen und ihm brennen Fragen in den Fingern.
      Always avoid alliteration.

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      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        Jan war auch bis Anschlag auf der Messe gewesen glaube ich - zumindest noch dort, als ich müde herausgeschlurft bin.

      • In-Genius
        In-Genius kommentierte
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        Hab's gerade gelesen. Ich krieg das schon hin.

      #50
      Kapitel 8 ist voll mit Action. Rade gerät in eine Schießerei - nicht überraschend - und muss sich von Leon zusammenflicken lassen.

      Wir erfahren von immer mehr Technik, die in Rades Körper steckt. Einige dieser Werkzeuge hat er, weil er einmal Soldat war; manche, so sagt er, hat er aus eigenem Wunsch. Aber er ist nicht der Einzige mit einer großen Bandbreite oder sehr offensichtlichen Eingriffen. Mich erinnert das Ganze an die Geschichte vom Schiff des Theseus. In Kurz: Wie sehr kann man Einzelteile (zB Planken eines Schiffes) austauschen und trotzdem die Identität des Ganzen bewahren. In Bezug auf das Buch ist dieser Vergleich natürlich vordergründig auf den Körper bezogen und dessen Identitätsstiftenden Eigenschaften, im Guten wie im Schlechten. Wir sehen in diesem Kapitel ein Pärchen, das mehr Katze als Mensch zu sein scheint und Rade ist so viel Maschine, dass er "Blechsack" genannt wird und man im den Tod wünscht ("Du hättest schon vor Jahrzehnten verrecken sollen."), hingegen Leon hat praktisch keine Eingriffe vornehmen lassen und ist so "nur" Mensch, wofür er ein wenig belächelt wird.
      Menschen haben immer schon Körperteile ausgetauscht: Perücken, Holzbeine, die dritten Zähne, Hüftgelenke etc und je weitere die medizinische Technik voranschreitet, desto mehr nutzen wir dies auch für kosmetische Eingriffe.
      In der Unterstadt sind viele dieser Eingriffe scheinbar überlebensnotwendig, aber steckt in der Reaktion auf Rade auch ein gesellschaftlicher Konflikt: Gibt es in dieser Gesellschaft und in dieser Zukunft einen Punkt, an dem die Menge an Eingriffen zu viel wird um noch als "Mensch" angesehen zu werden? Überspitzt: Ist Rade Mensch oder Maschine? Und wenn das einen Unterschied macht, hat das eine Bedeutung oder eine Wertung?



      Etwas fürs Handwerk: Rade und Leon sind zwei sehr unterschiedliche Figuren. Rade ist aktiv, setzt Pläne und selbst seinem Chef gegenüber ist er Entscheider und Agens. Hingegen ist Leon reaktiv, voll mit Fragen und auf die Hilfe anderer angewiesen (auch wenn er das ändern will, keine Chance). Wir alle wissen, Hauptfiguren sollten möglichst nicht passiv sein und nicht immer nur reagieren, da das irgendwann Leser langweilt.
      Kann Leon überhaupt ein aktiver Protagonist werden, solange Rade dabei ist? Oder ist Rades Schatten als aktive und dominante Figur zu groß? Und wenn ja, was bedeutet das für die Geschichte?

      EDIT: Lest Kapitel 9 bis zum 28. März.
      Ich hab einen Tag extra drangehängt, zum einen für die philosophische Frage, wenn die seit der Antike diskutiert wird, können wir uns mehr als zwei Tage gönnen und außerdem für uns Messegänger zum Erholen.

      Viel Spaß!
      Zuletzt geändert von In-Genius; 25.03.2019, 16:45. Grund: Kritik an der ersten Frage
      Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
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      • In-Genius
        In-Genius kommentierte
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        Das ist cool. Nicht jeder denkt, Tiere sind auch jemand.

      • E.F. von Hainwald
        E.F. von Hainwald kommentierte
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        Menschen befassen uns erst mit der "Jemand-Frage", sobald es sich um Humanoide dreht. Wenn es Vierbeiner sind, sehen viele Menschen das plötzlich viel distanzierter.
        Immer wieder interessant, wie sich da die Geister scheiden und jeder seine eigene Moral gebildet hat.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Tja, ich kannte mal eine sehr geduldige und eine sehr freche Vogelspinne.

      #51
      Dank der Messe komme ich jetzt erst dazu ...

      ^^ "Ich habe ihm eben geholfen - keine große Sache." Rade ist so bescheiden. Ich finde, das ist wirklich eine große Sache. Dazu passt es auch, dass er gewillt ist, Leon eine Neueinkleidung zu bezahlen. Dass er dafür Lux seine Kreditkarte gibt, beweist zudem sein Vertrauen zu ihr - ganz ohne Cybernet.
      Rades Mimik und Bewegungen sind je nach Situation immer gleich? Interessant. Irgendwie muss ich bei ihm immer mehr an einen Roboter denken, auch wenn er das nicht sein kann. Er wirkt programmiert. Trotzdem, er hat Leon gegenüber Recht. Leon muss endlich lernen, ohne Cybernet mit seinen Mitmenschen klarzukommen.
      Da tanzt Leon, spürt endlich, was nur er fühlen kann, und dann will er das gleich mal teilen. Ist ja schlimmer wie twitter oder Facebook! Und als würde dieses Maß an Dummheit nicht schon reichen, wird er traurig, weil er den Kram vermisst. Kann ich ja verstehen, aber sich deswegen die Laune so verderben lassen? "Pussi"! Leon könnte glatt depressiv sein. Genau so funktioniert das. Da fällt einem etwas ein und schwups, die gute Laune ist weg. Stattdessen ist man tieftraurig. Wobei ich jetzt neugierig bin, was Lux damit meint, dass Rade seine Emotionen nicht aus reiner Nächstenliebe mit Leon geteilt hat. Umso mehr, da Lux ihn jetzt auch noch vor Rade warnt. Wieso tut sie das? Ist Rade wirklich nicht so, wie es scheint? Aber was hat sie davon und wieso hängt sie mit Rade herum, wenn er nicht der nette Kerl ist? Allerdings finde ich ihre Art, Leon die Einsamkeit im Kopb abzunehmen, echt witzig. Ich knutsche auch immer los, um zu zeigen, dass derjenige nicht allein ist. ^^ Dagegen kann ich Leons Reaktion nicht voll nachvollziehen. Er war doch so in seine emotionale Sängerin verliebt und dann lässt er sich auf Lux ein? Wie verzweifelt muss er sein? Oder waren seine Gefühle für sie doch nicht so stark, wie er dachte?
      Da läuft eine mit kybernetischen Flügeln rum!!! Ich will auch haben!!! Welche, die mich auch tragen können, natürlich. Reine Deko kann ja jeder. Haben wir erst auf der Messe gesehen. ^^
      Hui, das Fettnäpfchen könnte von mir sein - also, da wäre ich auch ganz sicher mit Anlauf reingesprungen. Wieso reagiert Rade so heftig auf Leons Scherz, er sei ja nur ein halber Mann? Was hat er bei den ganzen Verbesserungen verloren? Allerdings finde ich Leons Reaktion darauf fast noch interessanter. Er fühlt, was ungefähr in Rade vorgehen muss, obwohl er nicht im Cybernet ist. Tja, so funktioniert das bei uns Menschen eben. Wir versetzen uns in andere hinein. Dagegen finde ich, dass Rade jetzt mal nachdenken sollte. Leon hat ihn nicht verletzen wollen. Dass Rade sich trotzdem verletzt fühlt und nicht den Unterschied zwischen Absicht und ungewolltem Fehltritt versteht, zeugt davon, dass da eine unverarbeitete, eventuell sogar unbewusste Wunde getroffen wurde. Und ich bin der Meinung, dass hier Unwissen sehr wohl vor Strafe schützen sollte. Leon kennt ihn erst kurz und weiß tatsächlich kaum etwas über ihn. Das ist was anderes als bei unseren Gesetzen, die man prinzipiell nachlesen kann (auch wenn das keiner tut, da die Schlafmittelindustrie sonst pleite ginge). Dafür finde ich Leons Reaktion mutig und sehr erwachsen. Er steht für seinen Fehler ein und entschuldigt sich, auch wenn er noch nicht genau weiß, was er falsch gemacht hat. Der erste Schritt für Kommunikation, durch die man das Problem aus der Welt schaffen kann.
      Die Argumentation, wieso Leons Job in der Oberstadt regelrecht ein Verbrechen ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Man hat da eine riesige Verantwortung und es ist wohl wirklich oft fraglich, ob die Veränderungen wirklich nötig sind. So locker, wie dort oben damit umgegangen wurde, hätte ein Therapeut wohl auch oft gereicht. Wobei ich diese Veränderungen gerade bei schwierigen Fällen trotzdem begrüßen würde. Es ist ein Unterschied, ob man bei einem psychischen Problem durch die Arbeit mit einem Therapeuten nach einem Jahr geheilt sein kann oder ob das nie oder erst nach sehr vielen schrecklichen Jahren der Fall sein wird. Es ist ein enorm schmaler Grad, zu erkennen, wann Leons Arbeit wirklich notwendig war und wann nicht.
      Leon fällt auf, dass Rade nicht gerade der Reinlichste ist. Das war in seinem Büro doch genau das, was ihn entspannte und dafür sorgte, dass er sich konzentrieren und wohlfühlen konnte. Hat er sich nicht über seinen Freund lustig gemacht, der so ordentlich und sauber ist? Aber immerhin haben Leon und Rade dadurch eine Gemeinsamkeit. Und schon folgt die nächste Überraschung. Die Menschen können selber kochen! Ja, tatsächlich! Die können sich selbst ernähren, sind von Maschinen prinzipiell unabhängig, was die Nahrungszubereitung betrifft - jedenfalls, was die Zubereitung betrifft. Dabei lernt Leon so nebenbei, dass ungesundes Essen echt lecker schmeckt. Ich könnte auch nicht jeden Tag Obst und Gemüse essen, zumindest nicht in den Mengen, wie es in der Oberstadt nach Leons Reaktion normal zu sein scheint.

      Wie wirken die Parallelen von Rye/Rade und Janica/Lux auf Euch?
      Ich finde es interessant. Rye und Janica sind in ihren jeweiligen Funktionen als Figur irgendwie zivilisierter und zärtlicher geschaffen. Dagegen wirken Rade und Lux grob und undiszipliniert. Die Parallelen sind da, aber sie funktionieren irgendwie anders.

      Was ich auch noch gemerkt habe: ich habe mich beim Lesen sofort für Rade und Lux interessiert. Was ist ihre Hintergrundgeschichte? Was ihre Motivation? Das will ich wissen. Rye und Janica waren mir dagegen egal. Geht Euch das auch so? Wenn ja:
      Welche schreibtechnischen Kniffe stecken dahinter? Wie hat der Autor Rade und Lux interessant ausgestaltet?
      Ich fand Rade auch auf Anhieb interessant und ich will wissen, welche Entwicklung er in der Geschichte noch machen wird. Lux wirkt weiblicher und herzlicher als Janica. Das macht sie interessanter. Rye und Janica scheinen bewusst blasse Bilder zu sein, wobei das auf die gesamte Oberstadt auszuweiten ist. Leon war auch so, aber nun gewinnt er langsam an Farbe, da er sich dem wirklichen Leben stellen muss. Rade und Lux haben Kanten. Sie wirken im Vergleich zu Rye und Janica alles andere als perfekt. Aber genau das macht sie so liebenswert und eben auch interessant. Der Umstand, dass ich als Leserin und Leon als Figur kaum etwas über Rade und Lux wissen, macht sie für mich noch spannender, während zumindest Leon über Rye und Janica alles zu wissen schien, das wissenswert war.

      Kommentar


        #52
        Ich lese mal "direkt" weiter. Musste eine kurze Teepause einlegen. Der war doch tatsächlich aus meiner Tasse verdunstet!

        Ich stelle mir die Wohnsitutation in der Unterstadt schauderhaft vor. Beengend und oft auch ohne wirkliche Privatsphäre, da ganze Wände fehlen. Klar, man gewöhnt sich an alles, aber es ist normal, dass niemand auf dem Präsentierteller leben will.
        PIZZAAAAA!!! *räusper* Na ja, konnten die anderen Messebesucher unter uns ja sehen, dass ich gerne esse. Nicht viel, aber dafür oft und oft auch das Falsche. Aber genau deshalb kann ich Leon sehr gut verstehen, wieso er die Pizza so liebt. Das ist ein prima praktisches Essen. Man braucht kein Besteck, es schmeckt himmlisch, ist leicht zu machen und braucht beim Transport auch wenig Platz. Die Liste, die Lux runterrattert, könnte fast von heute stammen. Also, zumindest bin ich mir bei den Endorphinen im Essen unsicher, aber ich bin keine Expertin dafür. Ich esse einfach und wenn ich merke, dass der Magen dagegen was hat, waren es wohl zu viele Geschmacksverstärker. Das wird dann nicht mehr gekauft, wobei es bei uns ganz selten Fertigessen aus der Tiefkühltruhe, Packung oder Dose gibt, eben weil ich den Mist nicht gut vertrage. Egal, ich kriege das Essen eh viel besser hin und ich habe ja Zeit zum Kochen.
        Immer wird hier, sobald die Figuren durch die Stadt wandern, Müll und Schmutz erwähnt. Klar, unsere Welt ist heute auch schon alles andere als sauber, aber ich würde zu gerne wissen, wie es mit der Müllentsorgung aussieht. Gibt es überhaupt eine funktionierende Müllabfuhr oder gar ein ordentliches Recyclingsystem? Gibt es Kehrmaschinen gegen den schlimmsten Dreck oder Leute, die kehren? Wie sieht das aus, wenn auf den Straßen für Sauberkeit gesorgt wird? Oder interessiert sich niemand dafür und Müll und Dreck müssten sich irgendwann bis zur Oberstadt türmen? Ich meine, einmal gehört zu haben, dass eine amerikanische Stadt auf eine Müllhalde gebaut wurde. Waren darunter die Überreste einer noch älteren Stadt? Weiß ich nicht mehr. Aber ich muss in diesem Zusammenhang gerade daran denken.
        Wir finden Rade bei seinem dritten Job, wenn ich richtig mitgezählt habe. Ich bin nur noch unsicher, was er da genau macht. Dafür finde ich Spielzeugverkäufer echt gut! Rade würde sich da sicher prima machen. ^^
        Das ist mal was Neues. Leon überrascht Rade damit, dass er arbeiten will, um sich an den Kosten zu beteiligen. Was hat Rade erwartet? Immerhin arbeitet man in der Oberstadt ja auch für sein Geld. Leon muss bewusst sein, dass das Leben nicht umsonst ist.
        Ich liebe Lux' Humor! "Freunde sind die, die sie mögen, ohne sie zu ficken." Damit trifft sie den Nagel auf den Kopf, aber es so auszudrücken ist auch heute nicht alltäglich. Dagegen kommt sie völlig aus dem Konzept, als Leon ihr eröffnet, dass er dann ja auch ihr Freund sein müsse. Ist eigentlich logisch, aber soweit hat sie dann doch nicht gedacht.
        Beim 3D-Billard ist Leon völlig verloren. Als er wieder einmal verliert, ist er sauer. Rade würde ihn gerne beruhigen, aber er muss Leon doch zustimmen, dass er ohne Verbesserungen in der Unterstadt nicht weit kommt. Trotzdem überrascht er mich, indem er Leon sagt, dass er anstelle der Optimierungen sehr viel Verstand und Herz besitzt. Das scheint ihn auch irgendwie zu imponieren. Wer würde sonst darauf hinweisen?
        Die Beiden trennen sich und als Leon Rade bei den Roulettetischen sucht, wird er nicht fündig. Rade ist in einer Schlägerei vertieft, die ihren Beginn anscheinend im Aufzug hat und sich schließlich im Raum mit den Roulettetischen fortführt. Die Schlägerei wird durch Schüsse auf Rade unterbrochen. Die Angestellten sind die Schützen, wobei viel interessanter ist, wie Rade so eine Kampfmaschine sein kann. Leon ist jedenfalls der Meinung, dass Rade einen Reaktor im Körper haben müsste, um den ganzen Technikkram mit Energie zu versorgen. Das wüsste ich auch gerne. Rade gibt mir einfach generell viele Rätsel auf, die ich gerne lösen würde. Es geht weiter. Rade reißt einem der Angestellten den Arm aus, nimmt ihm die Waffe aus der Hand, schießt damit einen weiteren nieder, dessen Waffe er auch nimmt, und unter Dauerbeschuss schafft er sich zum Ausgang, wo Leon ist. Er wirft sich Leon über die Schulter und flüchtet durchs Treppenhaus, aber unten werden sie schon von weiteren Bewaffneten erwartet.
        OH! Ähm, also ich sage ja nichts bei - nach meinem Gefühl - fehlenden Kommata, aber Geißel? Ich übersetze Geißel mit einer Situation, die Leid zufügt und unbequem ist. Beim nächsten Druck muss das in Geisel geändert werden.
        Leon beweist Köpfchen, als Rade klar wird, dass er Leon nie lebend durch die Schießerei wird bringen können. Er bleibt einfach mit einer Kreditkarte zurück und spielt traumatisierte, glücklicherweise zurückgelassene Geisel. Der Plan geht auf, zeigt Leon aber auch, wie nützlich es ist, eben nicht im Cybernet vernetzt zu sein. Er merkt, dass er auch ohne Rade oder Verbesserungen etwas schaffen kann. Die Erleichterung, mit der Lüge durchgekommen zu sein und vermutlich auch seine Erkenntnis schütten wohl ordentlich Hormone aus, sodass er sich super fühlt. Sowas gibt es mit Cybernet eben nicht.
        Er findet Rade, der Funken sprüht und Öl verliert. Leon will mit ihm in eine Klinik, aber Rade wiegelt ab, dass er das selbst reparieren kann. Er hat auch die Schmerzen abgeschaltet, was ich interessant finde. Wie geht das? Ich will immer mehr wissen, was Rade genau ist bzw. was ihn ausmacht. Jedenfalls will Leon Rade bei der Reparatur helfen und er hat gute Argumente dafür, dass er auch mit wenigen Kenntnissen in Kybernetik Rade eine große Hilfe sein kann. Leon will fragen, ob ihm jemand einen Werkzeugkoffer leiht, aber Rade gibt ihm eine der erbeuteten Laserwaffen, damit Leon sich den Werkzeugkoffer erpressen kann. Der ist davon wenig begeistert, will niemanden wegen Werkzeug töten, aber Rade sieht die Waffe eher als zusätzliches Argument.
        Ich bin immer wieder fasziniert, welche Fähigkeiten Rade eingebaut hat. Er identifiziert Freund und Feind nach dem Geruch. Leon roch vorhin anders, also muss er ein Feind sein.
        Leon repariert die übelsten Schäden in Rades Schulter. Der Rest soll von seinem gepimpten Immunsystem gemacht werden. Während dessen fragt Leon Rade ein wenig über seine Verbesserungen und seine Vergangenheit aus. Wir wissen noch lange nicht alles und im Gegensatz zu Leon würde ich das Fehlende gerne noch wissen.

        Wie sehr kann man Einzelteile (Planken eines Schiffes oder Körperteile eines Menschen) austauschen und trotzdem die Identität des Ganzen bewahren. Ist Rade Mensch oder Maschine? Ist das Pärchen in diesem Kapitel Mensch oder Katzenwesen? Gibt es einen Unterschied zwischen Rade als Mensch und Rade als Maschine? Und wenn es einen Unterschied gäbe, hat das eine Bedeutung oder eine Wertung?
        Das ist die große Frage. Wo sitzt unser Bewusstsein? Ist es an ein Körperteil gebunden? Wissenschaftler sollen sterbende Menschen auf eine Waage gelegt und gemessen haben, dass der Mensch unmittelbar nach seinem Tod minimal abnahm. Ist das das Gewicht unserer Seele? Aber wo steckt sie? Viele antworten mit Herz oder Gehirn, vielleicht auch mit Bauch. Allerdings sind bestimmte Eigenschaften von uns auch genetisch und können nur bedingt durch Übung überspielt werden. Finden wir unsere Identität also in unseren Genen? Auch nicht, soweit die Wissenschaftler bisher beurteilen können. Bisher können wir das nicht beantworten. Solange die Veränderungen den Menschen im Geist nicht verändern, ist es egal, wie viel an ihm gebastelt wird. Er bleibt ein Mensch. So sehe ich das nach aktuellem Wissensstand.

        Etwas fürs Handwerk: Rade und Leon sind zwei sehr unterschiedliche Figuren. Rade ist aktiv, setzt Pläne und selbst seinem Chef gegenüber ist er Entscheider und Agens. Hingegen ist Leon reaktiv, voll mit Fragen und auf die Hilfe anderer angewiesen (auch wenn er das ändern will, keine Chance). Wir alle wissen, Hauptfiguren sollten möglichst nicht passiv sein und nicht immer nur reagieren, da das irgendwann Leser langweilt.
        Kann Leon überhaupt ein aktiver Protagonist werden, solange Rade dabei ist? Oder ist Rades Schatten als aktive und dominante Figur zu groß? Und wenn ja, was bedeutet das für die Geschichte?
        Es kommt darauf an, welches Ziel die Geschichte hat. Vielleicht soll Leon nur die Einzigartigkeit des Menschseins lernen. Dann wäre es nicht schlimm, wenn er nie aus Rades Schatten tritt, denn so würde er viel eher menschlich bleiben. Ich würde es jedenfalls ungern sehen, wenn Rade etwas passieren müsste, nur damit Leon aktiv werden kann. Das geht sicher auch anders. Immerhin besitzt Leon Köpfchen und hat Kenntnisse über Dinge, die Rade wiederum unbekannt sind, weil er nie in der Oberstadt gelebt hat.

        Und danke für den Extratag. Den kann ich gut gebrauchen. Die Messe hat mir ordentlich zugesetzt, auch wenn sie ein geniales Erlebnis war.

        Kommentar


        • E.F. von Hainwald
          E.F. von Hainwald kommentierte
          Kommentar bearbeiten
          Hast du die erste Auflage? Wir haben in der Aktuellen bereits vieles ausgemerzt (im Ebook ist das Update in den Shops ja automatisch).
          Die Geißel ist uns aber offensichtlich erneut entfleucht.

          Ansonsten gern her damit (nach dem Durchlesen) - wir sind da immer hinterher, falls was auftaucht.

        • Earu
          Earu kommentierte
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          Kommafehler habe ich auch noch einige gefunden und ich lese das eBook, aber das sehe ich weniger tragisch. Zu viele Deutsche kennen ihre eigene Grammatik nicht. Ist wie in Frankreich. Keiner weiß so richtig, wie und wann die Accents gesetzt werden müssen, aber von uns Deutschen verlangt man es gnadenlos im Unterricht.

        • E.F. von Hainwald
          E.F. von Hainwald kommentierte
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          Die Wahlkomma-Regelungen machen mich übrigens noch zusätzlich zu den Zwangskommata wahnsinnig - du ahnst nicht, wie viele Leute mir Kommafehler benennen, aber dann ist's lt. Duden egal ob es gesetzt wird oder nicht ... da wird man echt adelig.

        #53
        Gibt es in dieser Gesellschaft und in dieser Zukunft einen Punkt, an dem die Menge an Eingriffen zu viel wird um noch als "Mensch" angesehen zu werden?

        Das ist eine interessante Frage, gerade weil wir emotional gleich so empört mit "Natürlich ist er ein Mensch!" und "Wie kannst Du das nur fragen?" reagieren.
        Was Menschsein bedeutet wurde historisch immer wieder in Frage gestellt. Denkt an die ernstgemeinten Diskussionen, ob Frauen oder dunkelhäutige Menschen überhaupt eine Seele haben. An die schrecklichen Auswüchse im Dritten Reich, als "lebensunwertes Leben" systematisch vernichtet wurde. Und auch heute gibt es immer noch Leute, die Behinderten das Recht zu leben absprechen.
        Es ist nur logisch, dass die Frage im Science-Fiction-Bereich weitergesponnen wird. Kann eine Maschine ein Bewusstsein und Gefühle haben? (Es grüßt Data aus Star Trek.) Kann ein menschliches Bewusstsein in eine Maschine übertragen werden? Wenn ich den Geist und die Seele meines Opas in einen Computer übertrage und mich dann mit ihm unterhalte - ist dann mein Opa wirklich da, obwohl sein Körper doch schon längst tot ist? Umgekehrt - wie viel vom Körper muss denn erhalten bleiben, damit er mein Opa bleibt? Beinamputiert, mit künstlichem Schultergelenk, und an der Dialyse und Herz-Lungen-Maschine hängend wäre er doch immer noch mein Opa, oder nicht?
        Dodo hat es oben schon geschrieben, das geht alles in die Blade-Runner-Richtung. Sind "künstlich erschaffene" Menschen wirklich Menschen?
        Für mich ist Rade ein Mensch, weil er sich "so anfühlt" beim Lesen. Aber wenn jetzt am Ende herauskäme, dass er ein künstlich erschaffener, menschenähnlicher Cyborg ist, dann würde es mich auch nicht überraschen. (Er bliebe trotzdem eine Person, also ein Mensch, für mich.)

        Kann Leon überhaupt ein aktiver Protagonist werden, solange Rade dabei ist?

        Ja. Ich gebe zu, langsam muss Leon mal in Fahrt kommen, weil er bisher wirklich hauptsächlich reagiert hat und nicht agiert. Aber es ist einfach sein Charakter und Naturell, eher passiv zu sein. Und man merkt, dass er beginnt, von sich aus aktiver zu sein.
        Ich sehe Rade eher als ein Plot Device, um Leons Charakter im Kontrast stärker zu betonen. An aktiven Handlungen hindert er Leon nicht.
        Always avoid alliteration.

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        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Es ist eben die Frage, woran man das Menschsein koppelt? Ans Aussehen? Zerstört ein begradigtes Nasenseptum das Einzigartige an einem Menschen, ein entfernter Kehlkopf ("Opa ist ein Roboter" sagte einmal ein Kind zu Opa, der sich eine elektronische Sprechhilfe an den Hals hielt und sehr blechern klang), fehlende Arme, Beine, ausgetauschte Herzen? Nein. Für mich nicht. An körperlichen Merkmalen könnte ich den Menschen, das, was ihn ausmacht, nicht festmachen. Vielleicht bin ich da recht krass, aber auch eine (unversehrte) Leiche hat für mich nichts mehr mit dem ehemals darin lebenden Menschen zu tun.
          Umgekehrt, ist ein via Sci-Fi extrahiertes Bewusstsein eines Menschen in einer Wunderlampe / in einem Schachcomputer / in einer Puppe / in einer Maschine noch der Mensch, den man kannte? Knifflig. Ist mir noch nicht begegnet (ach), aber ich würde vorsichtig denken: Hmjoa.
          Ist ein erinnerungs- und erfahrungsverändertes Bewusstsein eines Menschen, meines besten Freundes, tatsächlich noch mein bester Freund, auch wenn er in demselben Körper steckt? Uff. Alzheimer macht so was. Je nachdem, wie viel Persönlichkeit verloren ginge, wären alle Antworten von ja bis nein möglich. Also ein entschiedenes: Kommt drauf an.

        • In-Genius
          In-Genius kommentierte
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          Es ist eben eine schwierige Frage, was einen/den Menschen ausmacht und wie viel das bedeutet. Gerade bei Rade wird immer wieder und wieder nachgehämmert, wie viele Züge einer Maschine oder eine Programms er hat: von seinen Gliedmaßen und körperlichen Fähigkeiten, bis hin zu der Szene in der Bar, wo er anscheinend ein "Barkeeper-Programm abspielt" in Leons Augen.
          Das finde ich bezeichnend.
          Und wenn das Cybernet Gefühle und Emotionen teilen und manipulieren kann, kann eine KI oder ein ähnliches Programm sicher etwas davon mitgegeben werden. Wo ist dann der Unterschied? Gibt es überhaupt noch einen? Ist das überhaupt noch wichtig in solch einer Zukunft?
          (So wie die menschliche Geschichte aussieht, wird es zumindest irgendwann und irgendwo in der Geschichte der Entwicklung solcher Dinge einen Unterschied machen.)

        #54
        Gibt es in dieser Gesellschaft und in dieser Zukunft einen Punkt, an dem die Menge an Eingriffen zu viel wird um noch als "Mensch" angesehen zu werden? Überspitzt: Ist Rade Mensch oder Maschine? Und wenn das einen Unterschied macht, hat das eine Bedeutung oder eine Wertung?

        Für mich persönlich wüsste ich nicht, ab wann ich die Grenze ziehen würde.

        Rade ist bereits vor den Eingriffen ein Mensch gewesen und verhält sich – das erwähnte ich ja im letzten Kapitel schon – auch nach wie vor menschlicher als so manche Person aus der Oberstadt. Allein aus diesem Grund wird er für mich immer ein Mensch bleiben. Ich begrüße den Einsatz medizinischer Technik für jeden, der sie benötigt. (Es bleibt lediglich fraglich, ob bei ihm tatsächlich alle Eingriffe „nötig“ waren, was ich wiederum bezweifele. Ganz zu schweigen von so manch einer Optimierung von anderen Gestalten, denen wir schon als Leser begegnet sind. Und warum Lux einen Schweif hat, weiß ich auch noch nicht! )

        Anders würde es sich für mich verhalten, wenn wir es von vornherein mit einer KI/AI zu tun gehabt hätten, wie es z. B. mit den Haussystemen der Fall ist. Die werden für mich auch mit dem tollsten technischen Fortschritt nicht menschlich werden. Ein interessantes Beispiel dafür ist „Nadine“, ein sozialer Roboter, der als Empfangsdame in Singapur arbeitet – die Vorstellung finde ich absolut gruselig, aber wem’s gefällt …

        Insofern hat es für mich schon eine persönliche Bedeutung bzw. Wertung, aber keine, mit der ich mich inhaltlich an dem Buch stoßen würde. Was die Bezeichnung als „Blechsack“ angeht, habe ich mich auch gefragt, was das Gegenüber dazu antrieb: ist es schlichtweg Verachtung oder doch eher Neid bzw. Missgunst? Und macht das tatsächlich einen Unterschied? Wenn ich in dem Casino fair gespielt hätte und ein anderer seine kybernetischen Optimierungen ausgenutzt und gegen die Regeln verstoßen hätte, empfinde ich es als legitim, darüber verärgert zu sein. Ich wäre aber auch bei jedem anderen darüber verärgert, der nicht fair spielt, unabhängig von dessen Aussehen. Nun weiß ich natürlich nicht, was von beidem bei dem Typen im Buch der Fall ist. Ich hatte aber bisher nicht das Gefühl, dass es in der Unterstadt da irgendwelche Richtlinien gibt.


        Kann Leon überhaupt ein aktiver Protagonist werden, solange Rade dabei ist? Oder ist Rades Schatten als aktive und dominante Figur zu groß? Und wenn ja, was bedeutet das für die Geschichte?

        Ich gehe sowieso davon aus, dass Leon und Rade nicht für immer zusammen bleiben werden, da der Autor bereits Zweifel an der Intention ihres Zusammenseins gesät hat. Leon tut aber zum aktuellen Zeitpunkt gut daran, so viel von ihm zu lernen, wie er nur kann, um dann auf eigenen Beinen stehen zu können. Er hilft ihm ja wenigstens schon mal, das ist doch ein erster Schritt in diese Richtung. Abgesehen davon soll seine große Stärke ja eher der Verstand sein und gerade auf dieser Ebene ist es gut möglich, Alexis doch noch zuvorzukommen. Sofern Leon am Ende überhaupt noch in die Oberstadt zurück will.
        Alles ist Gift. Es kommt nur auf die Dosis an. (Paracelsus)

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        • E.F. von Hainwald
          E.F. von Hainwald kommentierte
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          So als Einwurf zur Diskussion selbst - die Menschen bekommen es ja noch nicht einmal hin, allen Tieren ein "jemand" zuzugestehen, aber dann eventuell einer selbstgebaute künstliche Intelligenz? Doppelmoral wäre das wohl. *hmmmh*

          Ich bin dafür, dass man allem respektvoll entgegen tritt - auch der Blume auf dem Fußweg sozusagen.
          Zuletzt geändert von E.F. von Hainwald; 28.03.2019, 10:27.

        • Ankh
          Ankh kommentierte
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          Ich weiß nicht, um Maschinen zu anthropomorphisieren braucht's doch nicht einmal eine richtige KI:
          https://i.imgur.com/rsUXNeP.jpg

        • Alys II.
          Alys II. kommentierte
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          Ankh, Ich glaube auch, dass es der Menschheit leichter fallen wird, eine KI als "jemand" zu akzeptieren, als ein Tier. Die KI spricht mit uns und verhält sich menschlich, damit tendiert man eher dazu, sie als "ebenbürtig" einzustufen. Auf Tiere blicken dagegen viele Menschen immer noch herab.

        #55
        Kapitel 9, ein illegales Rennen.

        Hat euch der Schreibstil des Rennens gepackt? Riss es euch mit? Fiebertet ihr mit? Konntet ihr euch alles gut vorstellen? Bei so einem Rennen geht es um Tempo und Action und halsbrecherische Wendungen, hat der Text euch das gut verkauft?

        Persönlich muss ich nämlich sagen … Ich hatte meinen liebsten Autorennen-Anime vor Augen, wie die Wagen durch die Kurven heizen. Aber der Text selbst hat mir die gefährliche Geschwindigkeit nicht nahegebracht. Mein Lesetempo war das gleiche wie immer, mein Atem stockte nicht, es stand nicht wirklich etwas auf dem Spiel, das mehr Investition von mir verlangt hätte.
        Da ziehe ich die Schießerei im Kasino vor.

        Davon abgesehen als persönliche Meinung geht mir Leon immer noch auf den Kranz und seine Gedanken sind alles andere als hilfreich. Er ist zwar neu darin, Menschen ohne Cybernet zu verstehen und er macht Fortschritte, dass soll es wohl zeigen... Aber so als Leser sitz ich oft nur da und denke mir "Ach, Junge, kommste da auch drauf? *eye roll*" Die anderen Figuren finde ich weiterhin interessant, wenn auch hart übertrieben in ihrer Art. War die Oberstadt eher gedeckt und suchte das Understatement; ist die Unterstadt laut und auffallend und wie ein Zirkus. Das empfinde ich ein wenig als erschöpfend. Vielleicht liegt das aber auch daran, mit welchen Leuten sich Leon einlässt, er scheint da einen gewissen Faible zu haben.


        Kapitel 10 lesen wir dann bis zum 30. März. Oder brauchen wir noch einen Erholungstag?
        Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
        to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
        A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
        You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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          #56
          Hat euch der Schreibstil des Rennens gepackt? Riss es euch mit? Fiebertet ihr mit? Konntet ihr euch alles gut vorstellen? Bei so einem Rennen geht es um Tempo und Action und halsbrecherische Wendungen, hat der Text euch das gut verkauft?

          Gut, dass du diese Frage stellst, denn ich dachte bereits während des Lesens, dass mich das Rennen ziemlich kalt lässt und ich es mir – wie so oft bei den Beschreibungen – leider auch nicht so gut bildlich vorstellen kann, um vielleicht doch noch den Film in meinem Kopf in Gang zu kriegen … Und Rade verliert bei mir momentan deutlich an Sympathiepunkten.

          Aber fangen wir mal vorne an: Ich finde es erstaunlich, dass Lux sich so von ihm behandeln lässt. Dass ihm der Adrenalinkick wichtiger ist als der Sex mit ihr – tja, ich weiß nicht, für bzw. gegen wen das spricht. Was ich jedoch weiß ist, dass ich es total daneben finde, dass er sie somit auch auf ihre „Funktion“ als Hure reduziert und das hängt mir wohl noch lange nach, da ich das extrem enttäuschend (und abstoßend!) finde. Unabhängig davon, wie sie sich selbst – wohl auch zum Schutz – nach außen darstellt, wird ihr »Ihr Männer seid doch alle gleich. Sobald es etwas gratis gibt, verliert ihr das Interesse« dadurch nur noch bitterer.

          Interessant finde ich im textlichen Verlauf aktuell, dass immer wieder von so genannten „Syndikaten“ die Rede ist, die absolut gar nicht in Erscheinung treten. Wer mich kennt, weiß, warum mir das die Fragezeichen ins Gesicht schreibt Ich gebe zu, dass ich hier genauso sehr hoffe, dass sich das irgendwie noch mal ändert wie ich mir gewünscht hatte, dass der komische Gedankenhelm-Fahrer sich z. B. als Alexis entpuppt, um mal wieder ein bisschen Spannung zurückzubringen/das Tempo anzuziehen. Langsam frage ich mich nämlich auch, warum Leon immer noch nicht das geringste Interesse daran zeigt, herauszufinden, weshalb man ihn in die Unterstadt abgeschoben hat. Es ist toll, dass er lernt, wie Gefühle eigentlich funktionieren und Parallelen zur Oberstadt zieht, aber den Konflikt kratzt er nicht an. Scheint ihn ja nicht besonders zu jucken, dass ihn da oben quasi alle verraten haben …

          Aber eigentlich soll es ja um das Rennen gehen.
          (Ich stelle gerade beim Drüberscrollen fest, dass sich die Dialoge ohne Beschreibungen eigentlich doch ganz spannend lesen.) Ich schließe mich dir, In-Genius dahingehend an, dass dort nicht wirklich etwas auf dem Spiel steht. Rade zieht, wie Lux selbst schon so treffend zusammenfasst, halt „[seine] Riesenshow" ab. Ich schätze als Leserin von vornherein, dass er wohl gewinnen wird – dass er es dann knapp doch nicht tut: sei’s drum. Das stört ihn ja nicht mal selbst (!!). In Gefahr sehe ich ihn zu keinem Zeitpunkt. Und ich weiß, dass der mit dem Gedankenhelm zuerst angefangen hat, unfaire Mittel einzusetzen, aber dass Rade ihn dann auch noch mal manipuliert, indem er „die Technologie, auf welcher das Cybernet basiert, als Waffe [einsetzt]“ (Leon) … ist für mich persönlich irgendwie unnötig. (Da geht der nächste Sympathiepunkt dahin.)

          Ihr merkt es schon: das ist absolut nicht mein Kapitel.
          Alles ist Gift. Es kommt nur auf die Dosis an. (Paracelsus)

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          • E.F. von Hainwald
            E.F. von Hainwald kommentierte
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            Ich möchte dir aber keinesfalls diesen Zug sympatisch reden - jedem seine Meinung.
            Lass mich versuchen, dir meine Gedanken dazu zu erklären ... ganz ohne Wertung. *hmmmm*

            Wenn du dich mit der Entwicklung von Sinnlichkeit befasst, dann stolperst du über die sogenannten "Phasen" lt. Psychologen. Erst die "anale Phase" - Kacken ist großartig, weil stimulierend (kurz danach nicht mehr). Danach folgt die "orale Phase" - alles in den Mund stecken und der geliebte Daumen/Schnuller. Danach schaltet sich das ab bis zur Pubertät, dann erreicht erst die Sinnlichkeit die "Geschlechtsphase". (jetzt mal hart runtergebrochen)

            Der sinnliche Reiz ist einfach, direkt und deutlich angenehm für einen Selbst (insofern man damit im Reinen ist - da gibt es natürlich ein Spektrum). Daher stürzt sich Leon als "Kind in emotionaler Entwicklung" zunächst unbewußt auf dieses. Bei Suchtberatern erfährt man, dass Sex oft (leider) das liebste Ablenkungswerkzeug beim Menschen ist. Es suggeriert Nähe, man fühlt sich selbst, man fühlt/denkt an keine Probleme bis das Hoch abflaut. Die Naturdroge unseres Hirns.

            Aus unserer Sicht wirkt das reduzierend-negativ - stimme ich dir total zu. Wenn jemand das absichtlich tut, werd ich auch riiiiiichtig sauer. >.< Leon kann allerdings nicht anders, weil er subtile Unterschiede nie unterscheiden musste. Er zaudert ja auch und greift nicht einfach zu, weil er das will. Er denkt nicht nur an sich, weil er ein Egozentriker ist - da ist ein Gewissen & Intelekkt, nur auf dem Feld überfordert.

            Zum Autismus:
            Es sollte auch kein Vergleich in der Begründung sein, nur ein scheinbar ähnliches Bild im Außen durch schwierigen Umgang mit Emotionen.
            Ich habe es bisher bei vielen Autisten (mehr und minder) beobachtet - die scheinbare Reduktion des Anderen auf etwas ganz Einfaches. Also sobald die Situation emotional wird, denn das verstehen sie nicht ... aber nur, wenn der Autist sich nicht ganz verschließt. (das ist oftmals die erste Reaktion) Die Autisten haben mir das sogar selbst unabhängig voneinander erklärt, wenn ich sie fragte, warum sie sich so verhalten - und wenn sie sich mir so erklären, dann muss ich ihnen das mal glauben.

            Auf jeden Fall ein ordentliches Diskussionsfeld - ich mag das mit dir!

          • In-Genius
            In-Genius kommentierte
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            E.F. von Hainwald Die Erklärung ist sehr aufschlussreich, so für die Entwicklung eines Menschen generell. Dass Leon es nicht anders/besser kann, merkt man durchaus. Es ist auch durch seine Vorgeschichte klar, dass er in Bezug auf Gefühle und Empfindungen lernbedarf hat.
            Ich weiß nur nicht, ob er wirklich bei quasi Null anfangen würde. Es ist ja nicht so, als würde das Cybernet jemandem seine Gefühle nehmen a la Equilibrium; sondern man verarbeitet seine und die Gefühle von anderen zur gleichen Zeit. Das heißt Empfinden an sich müsste ihm bekannt sein. Vielleicht nicht alle Empfindungen im gleichen Maße (Trauer oder Wut hat man sicherlich anders und schwächer in einem Cybernet als Fröhlichkeit beispielsweise, könnt ich mir vorstellen).
            Dass es neu für ihn ist, nur seine eigenen Gefühle wirklich zu empfinden und nur für sich zu haben und wie man die Gefühle und Absichten von anderen in jeglicher Art von Kommunikation entdeckt, das ist klar. Das ist total neu für ihn und dass darf ihn verwirren auf allen Ebenen. Es frustriert mich zwar, dass ihn das verwirrt, aber ich sehe ein, wie schwierig das für ihn ist. Da sehe ich auch definitiv ein verwandtes Konzept zum Autismusspektrum, wo das Erkennen und Mitteilen von den eigenen Gefühlen und denen von anderen äußerst schwer fallen kann.

            Allerdings dass er auf Frauen irgendwie recht eindimensional reagiert, halte ich eher für eine Schwäche des Charakters. Was auch normal ist, Menschen sind nicht perfekt und das erwarte ich auch von Buchfiguren nicht. Wäre ja langweilig. Ich denke auch nicht unbedingt, dass er das absichtlich macht, sondern dass er sich darüber keine Gedanken macht. Echte Empathie, ohne Cybernet, ist schwer und sich den anderen als ebenso komplexes Wesen wie sich selbst vorzustellen umso mehr - selbst wenn er als Erinnerungskonstrukteur eigentlich diese Tatsache wissen müsste.
            Mir scheint es eher so, dass diese Eindimensionalität in seinem Verhalten eine Art blinder Fleck ist, dem er sich selbst nicht bewusst ist und seine Umgebung ihn nie darauf hinweisen musste, dass das unsinniges Verhalten ist.
            Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie er mit Skylynn in der Zukunft interagiert und ob die beiden über diese "sinnliche Phase" hinausgehen - und uns das gezeigt wird.

          • E.F. von Hainwald
            E.F. von Hainwald kommentierte
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            Hmmmh ja, ich verstehe deine Einwände, wo er anfangen würde.
            Ich ging von so weit "vorne" aus, weil das Cybernet die Einschätzung quasi abnimmt. Ist das, was mein Gegenüber fühlt, gut, alles klaro, muss ich nix machen. Ist das, was mein Gegenüber fühlt, schlecht, dann tu ich alles, damit es ihm besser geht. Ich muss nicht mal wissen warum es ihm besser geht, mir reicht es, wenn er es tut, weil dann geht es mir automatisch auch gut.
            Also im Extremfall erzieht das Cybernet den Mensch vielleicht zu einem egozentrischen Narzisten, der denkt, er hilft anderen. Vielleicht auch nicht, damit spiele ich halt.

            Ich hab noch paar Überraschungen parat - eine davon verunsichert mich persönlich am meisten ... also wie Leser darauf reagieren werden. Bin gespannt, wie du das sehen wirst.

          #57
          Oh, das ß liebt ihr. Da habe ich noch nichts erwähnenswertes gefunden, aber statt heiser keucht die arme Lux heißer. ^^
          Na ja, dadurch wird jedenfalls klar, dass Lux und Rade gerade fröhlich miteinander zugange sind. Das Telefon klingelt, was dazu führt, dass Rade zu Leon in die Küche kommt, um abzuheben. Ich finde Leons Beobachtungen - auf rein wissenschaftlicher Ebene natürlich - äußerst interessant. Ich wäre nicht darauf gekommen, dass statt eines natürlichen Geschlechtsteils eine Hochleistungs-Laserkanone stecken könnte. Auf welche Ideen Leon kommt. Soll Rade etwa aus dem Schritt schießen? Wobei ich diese Doppeldeutigkeit echt köstlich finde. Ah, sieht Rade genauso. Der versteht die Doppeldeutigkeit also genauso wie ich. Beruhigend. ^^ Lux kommt hinzu und bringt Leon mächtig in Bedrängnis, weil er sie durchaus attraktiv findet (Was bzw. wofür zum Geier ist diese komische Platte? Die muss doch im Weg sein.), wegen Rades Gefühlen aber Bedenken hat. Da rauscht Rade schon ab, weil der Anrufer einen Job für ihn hat, der offensichtlich nicht warten kann.
          Der Job stellt sich als ein illegales Wettrennen heraus. Lux nimmt Leon in ihrem Fluggleiter mit zur Rennstrecke und auf der Fahrt dorthin erfahren wir, was es mit dem Regen auf sich hat. Ich bin keine Ingenieurin, aber es klingt logisch. Wobei ich jetzt mehr an dem vergifteten und radioaktiv verstrahlten Bereich hänge, der scheinbar die Rennstrecke darstellt. Wenn da was passiert, muss der Fahrer doch direkt an dem Dreck dort sterben.
          Bei der Beschreibung der Fahrer drängt sich mir die Frage auf, wieso manche, wenn sie doch schon mehr Maschinen als Menschen gleichen, überhaupt noch ein Fahrzeug verwenden. Sie könnten sich ebenso gut einen Antrieb und ein oder zwei Räder anbauen lassen. Weniger Gewicht, weniger Fläche, die durch den Gegenwind ausbremsen kann.
          Das Rennen, das Lux und Leon gemeinsam mit Skylinn, der Sponsorin von Rade, verfolgen, beginnt. Rade ist auf der Rennstrecke ein Poser, allerdings ein beeindruckend guter. Ich bin nur unsicher, ob ihm das viel gegen den Fahrer mit dem Gedankenhelm hilft. Der ist ziemlich clever und zerstört einen der Checkpoints, deren Passieren zum Gewinnen notwendig ist. Aber Rade stürzt sich einfach von der Rennstrecke dem Checkpoint hinterher, trägt sein Gefährt hindurch und schafft sich auch wieder irgendwie hinauf.
          Ei, da muss ich aber mal motzen! Was hast du dir denn bei dieser Wortwiederholung nur gedacht? Als Rade die Hand vorstreckt: "... doch nichts geschah" und kurz darauf, noch im selben Absatz "... das nichts Aufregendes geschah". Passierte, sich ereignete ... Ach, da gibt es so viele Synonyme und ich stolper gleich darüber. Eieiei. ^^
          Na ja, natürlich geschieht nicht nichts. Leon vermutet, dass Rade mit dem Fahrer dasselbe angestellt hat wie mit ihm, als er seine Panikattacke hatte. Jedenfalls fällt der aus seinem Gleiter. Leons Entsetzen darüber, dass Rade die Technologie des Cybernets als Waffe eingesetzt hat, passt zu unserer Frage, die wir vor ein paar Kapiteln hatte. Ich sagte doch, Gefühle können eine Waffe sein.
          Skylinn feiert quasi schon den Sieg, als eine andere Teilnehmerin Rade überholt. Die Technik, die diese nutzt, erscheint mir nicht ganz ungefährlich, wenn ich Skylinns Ausführungen richtig interpretiere. Wenn das Zeug einfach nach einiger Zeit der Aktivierung verschwindet, dann ist die Frau, die dran hängt, theoretisch in Gefahr, auch zu verschwinden. Potentiell noch vor der Ziellinie, was gut für Rade wäre, allerdings wäre das einfach nicht richtig. Man darf doch nicht auf das Leben des Fahrers pfeifen, nur um zu gewinnen. Aber so weit kommt es zum Glück doch nicht. Als die Fahrerin durchs Ziel rauscht, trennt sie sich von ihrem Gefährt, das einfach weiterfährt. Keiner schnallt, was gerade passiert ist, bis die Fahrerin glücklich ihren Sieg hinausbrüllt. Fühlt sich für mich irgendwie seltsam an, als einzige den Sieg zu feiern.
          Da ist noch ein Fehlerchen, der leicht untergehen kann. Statt "Er zog das Oberteil ..." steht da "Es zog ...". Oder will uns der Autor damit sagen, dass Rade doch nur ein Gegenstand ist? ^^
          Wieso glaubt Leon, es sei gefährlich für Rade, wenn man erkennt, dass er Soldat war?
          Rade will Leon seinen Gewinn vom Rennen abtreten. Ein Geschenk, damit Leon sich eine eigene Wohnung suchen kann. Aber Leon ist sauer. Er will keine Almosen und auch nicht wie ein unselbstständiger Teenager behandelt werden. Ich finde Rades Geste eigentlich nett, aber ich kann auch Leon verstehen. Ist jedenfalls kein übler Zug an ihm, was wohl auch Skylinn meint, die Leon einen Job anbietet.

          Hat euch der Schreibstil des Rennens gepackt? Riss es euch mit? Fiebertet ihr mit? Konntet ihr euch alles gut vorstellen? Bei so einem Rennen geht es um Tempo und Action und halsbrecherische Wendungen, hat der Text euch das gut verkauft?
          Der Stil hat mir das Rennen wunderbar vermittelt. Rasant wie das Rennen selbst. Ein Wunder, dass das Setting und die Gefühle unserer drei Zuschauer da noch Platz fanden! Sowas zu schreiben, ist unheimlich schwer. Manche Stellen musste ich zwar zwei Mal lesen, um sie mir vorstellen zu können (z. B. als Rade sich am ersten oder zweiten Checkpoint mit einem Tritt hochkatapultiert), aber das lag nicht an der Beschreibung, sondern an meiner Lesegeschwindigkeit, die sich zumindest gefühlt an das Tempo des Rennens anpasste. Ich habe gehofft, das Rade gewinnt. Ich habe mit den Dreien mitgefiebert und mit die Daumen gedrückt. Die beiden Kniffe, wodurch Rade den eingestürzten Checkpoint als Hindernis hatte bzw. von der Fahrerin mit dem gefährlichen Antrieb noch kurz vor Schluss überholt wurde, hielten das Rennen spannend und ich finde es immer gut, wenn einem der Sieg verwehrt bleibt. Siege schreiben kann jeder. Niederlagen als etwas Gutes verkaufen, ist eine Kunst.

          Davon abgesehen als persönliche Meinung geht mir Leon immer noch auf den Kranz und seine Gedanken sind alles andere als hilfreich. Er ist zwar neu darin, Menschen ohne Cybernet zu verstehen und er macht Fortschritte, dass soll es wohl zeigen... Aber so als Leser sitz ich oft nur da und denke mir "Ach, Junge, kommste da auch drauf? *eye roll*" Die anderen Figuren finde ich weiterhin interessant, wenn auch hart übertrieben in ihrer Art. War die Oberstadt eher gedeckt und suchte das Understatement; ist die Unterstadt laut und auffallend und wie ein Zirkus. Das empfinde ich ein wenig als erschöpfend. Vielleicht liegt das aber auch daran, mit welchen Leuten sich Leon einlässt, er scheint da einen gewissen Faible zu haben.
          In-Genius Da ich selbst oft Menschen auf die Nerven gehe, vermutlich auch oft oder gerade weil ich nicht immer so ticke wie "alle anderen", empfinde ich Leon da irgendwie nachvollziehbar. Nichts gegen deine Meinung. Die ist schon richtig. Ich vergleiche mich nur gerade mit Leon und muss grinsen, weil ich hier zusehen kann, wie eine geistige Krücke (Leon) dich so auf die Palme bringt.
          Ich bin gerade wegen deinem Vergleich zwischen Ober- und Unterstadt einhergehend mit Understatement und auffallender Zirkus am überlegen. In einer edlen Wohnsiedlung ist alles an seinem Platz und das Auffälligste sind wohl die Rhododendren, wenn sie in voller Pracht blühen. Gehe ich weiter in eine Gegend, die als schlecht verschrien ist, begegnen mir Punker mit fetten Tattoos, Graffitis an den Wänden (schöne als auch schlichte Parolen, die die Dummheit des Erzeugers in die Welt schreien), baufällige und heruntergekommene Häuser, geschlossene Läden mit eingeschlagenen Scheiben, in die kein Händler mehr einziehen will. Dazwischen findet man auch ganz normale Leute, die sich einfach keine bessere Gegend leisten können und nicht jeder Punker ist ein Verbrecher oder Schläger. Die auffälligen Frisuren und Tattoos sollen oft genug nur zum Ausdruck bringen, wie verloren sich diese Menschen fühlen. Mag erschöpfend wirken, aber so weit weg von der Realität empfinde ich es nicht.

          Kapitel 10 lesen wir dann bis zum 30. März. Oder brauchen wir noch einen Erholungstag?
          Ich bin für einen weiteren Erholungstag! Ich habe noch nicht alles von der Messe abgearbeitet, musste aber schon einen Plot fertigmachen, an dem ich seit einem Monat arbeite.

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          • In-Genius
            In-Genius kommentierte
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            Schön, dass dir die Beschreibung des Rennens gut gefallen hat. Mich persönlich hat sie nicht überzeugt *schulterzuck* Passiert.

            Der Unterschied zwischen Ober- und Unterstadt finde ich auch realistisch, daran war das keine Kritik. Ich finde auch nicht schlimm, dass dieser Unterschied existiert. Aber gerade die Figuren … Wenn ich mir vorstelle an Leons Platz zu sein, krieg ich voll den Hals bei Lux' Verhalten, weil sie so laut und aufdringlich ist und sie und Rade beide immer alles zur Schau stellen und sich in den Mittelpunkt drängen. Für mich persönlich ist solches Verhalten extrem anstrengend und ich empfinde das als belästigend. Ich hätte das nicht lange dort ausgehalten - aber zum Glück bin ich nicht Leon.

          • Lael
            Lael kommentierte
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            Keiner schnallt, was gerade passiert ist, bis die Fahrerin glücklich ihren Sieg hinausbrüllt. Fühlt sich für mich irgendwie seltsam an, als einzige den Sieg zu feiern.
            Das hat mich gerade echt zum Lachen gebracht, danke.

            Ich finde es toll, dass wenigstens dich das Rennen gepackt hat. Und was die Sache mit dem "Niederlagen als etwas Gutes verkaufen" angeht, stimme ich dir auch sofort zu. Ich wundere mich trotzdem, dass Rades großes Ego nicht zumindest für einen kurzen Moment angekratzt ist, wo ihm doch der Sieg nur so knapp durch die Finger glitt. Aber vielleicht würde auch nur ich toben.

          #58
          Hat euch der Schreibstil des Rennens gepackt?

          Anfangs ja. Da habe ich das gut vor meinem inneren Auge gesehen, und hatte so halb die Flugszenen aus "Das fünfte Element" und halb "Grand Theft Auto" im Kopf. Und dann bin ich irgendwann abgedriftet und habe gemerkt, dass ich gerade eine Seite gelesen hatte, ohne dass ich danach hätte sagen können, was da stand. War aber zu faul, um zu analysieren, warum. Bei dem Move der beinamputierten Frau am Ende habe ich wieder "aufgehorcht". Ich wette, diese supergeheime Technologie wird nochmal eine Rolle spielen in dem Buch, und das fand ich plot-denkend wieder sehr spannend.

          Übrigens stimme ich Lael absolut zu, was dieses Stehenlassen von Lux betrifft. Das hat mich auch richtig getroffen und hat Rade - den ich eigentlich mag - mächtig Sympathiepunkte gekostet. Rade und Lux sind das, was auf Englisch so schön "friends with benefits" heißt und auf Deutsch mit "Fickfreunde" nur ungenügend übersetzbar ist. Auf jeden Fall wäre ich an ihrer Stelle beleidigt und verletzt, dass er mitten in der Nummer abhaut und davoneilt. Egal ob es um einen Adrenalinkick geht oder um einen Job, die 2 Minuten Zeit wird er ja wohl noch haben ...

          Skylynn finde ich eine sehr spannende Figur. Sie war mir gleich sympathisch, und ich denke, sie wird Leons Love Interest. Was ich jetzt wieder interessant fand, denn wird nicht immer in den Schreibratgebern so schön gepredigt, das Love Interest muss spätestens auf Seite 30 aufgetaucht sein? Skylynn wird dagegen richtig spät eingeführt, und trotzdem finde ich sie eine gelungene Figur und hoffe, mehr von ihr zu lesen.


          Always avoid alliteration.

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          • In-Genius
            In-Genius kommentierte
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            Wir sind jetzt etwa bei der Hälfte, da wird Skylynn eingeführt. Fand ich auch einen interessanten Move jetzt noch eine Figur einzuführen, die zumindest durch die ausführliche Beschreibung eher wichtig zu sein scheint.

            Ich denke, was mich unter anderem bei der Rennszene gestört hat, war dieses Gelaber von den Zuschauerplätzen zwischen drin. In einem Film kann man das machen: Autorennen und darüber einen Dialog legen, wenn man unbedingt was sagen muss. Aber in einem Buch? Das hat für mich das Rennen abgebremst.

          #59
          Na denn, Kapitel 10:

          Leon entwickelt sich weiter - sowohl äußerlich, als auch emotional. Er hat einen eigenen Job, und wird zunehmend besser darin, Gefühle anderer Menschen zu interpretieren. Ganz ohne Cybernet.

          Wie gefällt Euch diese Parallele äußerer und innerer Handlung?

          Und was haltet Ihr von Skylynn in diesem Kapitel? Ist sie nur ein notwendiges Plot Device, um Leons Wandlung zu demonstrieren - oder wird hier eine wirklich wichtige Figur aufgebaut?


          Kapitel 11 bis 01.04.19 bitte. Keine weiteren Erholungstage, wir lesen hier schließlich nicht zum Vergnüg... äh, doch. ;-) Wir lesen zum Vergnügen. Wenn es Euch zu schnell geht, sagt Bescheid.
          Always avoid alliteration.

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            #60
            Wie gefällt Euch diese Parallele äußerer und innerer Handlung?
            Sowas finde ich gut. Zum einen ist der Mensch ein komplexes Wesen, wenn sich ein Ding ändert, ändern sich auch andere Dinge. Das zu reflektieren, finde ich gut.
            Außerdem finde ich gut, wenn man schwer zu beobachtende Dinge sichtbar machen kann. Innerlichkeit ist schwer zu beobachten und wir sind auch nicht ultra-nah an Leon dran, dort also eine äußere Handlung anzubauen um seine Veränderung besser sichtbar zu machen, ist recht klug.

            Und was haltet Ihr von Skylynn in diesem Kapitel? Ist sie nur ein notwendiges Plot Device, um Leons Wandlung zu demonstrieren - oder wird hier eine wirklich wichtige Figur aufgebaut?
            Für mich ist sie ein wichtiges Gegengewicht zu Lux (und Rade). Skylynn ist weniger schrill und aufdringlich als Lux, sie zeigt damit eine andere Art des Umgangs in der Unterstadt. Nicht weniger hart, aber ruhiger. Sie bringt also etwas Vielfalt in die Persönlichkeiten. Außerdem könnte Leon seine fast tiefsinnige Unterhaltung über die gefühlstechnischen Unterschiede zwischen Ober- und Unterstadt weder mit Rade noch mit Lux haben, aber es ist durchaus wichtig über die Unterschiede nachzudenken und manchmal hilft es, sie auszusprechen. Es ist also sowohl für Leon als auch für den Leser gut, wenn es da eine Person für dieses Gespräch gibt.
            Ob sie eine wichtige Figur wird, muss sich noch zeigen. Ich krieg so ein wenig ein mäanderndes Gefühl von der Geschichte im Moment. Ich bin erstaunt, dass wir "erst" und "immer noch" bei 53% der Geschichte sind. Die Hälfe ist rum, eine Menge ist passiert und es war auch interessant; aber wohin will die nächste Hälfte gehen? Es gibt viele Fäden aufzuheben, aber im Moment scheint die Geschichte keines davon ergreifen zu wollen.

            Was mir in diesem Kapitel so sehr auffiel, dass ich es in meine Notizen schrieb: Inquits.
            Die sind mir bereits vorher als teilweise dumm und unnütz aufgefallen, aber in diesem Kapitel, im Skylynn-Leon-Gefühlsgespräch in besonders negativer Weise. Als Skylynn "sinniert" tut sie das nämlich nicht, sie fragt nur etwas und in der Frage selbst ist nichts Nachdenkendes. Die Frage lädt zum Nachdenken/Sinnieren ein, okay, aber deswegen ist die Frage selbst nicht sinnierend. Schlimmer jedoch: praktisch jeder gesprochene Satz hat eine Inquitformel an sich dran heften und wenn es so etwas ist wie "hörte er neben sich sagen" (das kommt öfter vor als mir lieb ist). Ich hab mich schon gewundert, warum ich die Dialoge so langgezogen finde und einer der Gründe sind die zahlreichen, oft unnötigen und teilweise albernen Inquits. Immer mal wieder heb ich darüber eine Augenbraue und denk mir "kann man schöner schreiben" oder "ohne diese Formel hätte das viel mehr Tempo", was gerade bei Lux' frechen Witzen wichtig wäre.
            Im ersten Gespräch des Kapitels, zwischen Leon und Skylynn vor dem Anruf, werden 19mal Inquits für gesprochene Rede verwendet, das auf 13 verschiedene Verben verteilt (darunter: beginnen, platzen, nicken etc.). In meinem Browser sind das vier Seiten Dialog. Zwischen zwei Menschen braucht's echt nicht so viele, wenn man mich fragt. Da sollte von alleine klar sein, wer was sagt, auch ohne dass man einen Sticker dranklebt. Wenn es um die Gefühle und non-verbale Kommunikation geht, gibt es wesentlich bessere Taktiken als Inquits oder man nähme zumindest welche mit entsprechender Aussage, denn "sagen", "antworten", "erklären" und "fragen" (zusammen 9mal in dem kurzen ersten Gespräch) haben keinen Beitrag zu Gefühlen und non-verbaler Kommunikation.
            Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
            to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
            A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
            You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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            • Alys II.
              Alys II. kommentierte
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              Interessant. Die Inquits nerven mich überhaupt nicht (bis auf das "sinniert", das ist mir auch aufgefallen). Ist wahrscheinlich so, weil ich selbst dazu neige, mit vielen Inquits zu schreiben.

            • In-Genius
              In-Genius kommentierte
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              Alys II. Da ist sicherlich viel persönlicher Geschmack und eigener Stil drin. Ich schreibe wenige Inquits, weil ich sie oft für überflüssige halte. Beistehende eigene Sätze zur Erläuterung der Sprechsituation schreibe ich allerdings auch, also ganz allein lass ich den Leser da nicht. Aber ich möchte jedem Satz in meinem Werk seinen Wert geben und Inquits, in meinen Augen, lenken von dem gesprochenen Satz ab und hängen immer noch etwas dran, statt einfach einen Punkt zu lassen.
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