Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Adjektive

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    [Bootcamp] Adjektive

    Ha!

    dachtet ihr, ihr könnt im neuen Jahr einfach weiter vor euch hinschlumpfen? Jetzt wird gearbeitet! Sgt Sockenpuppe hier und ich …

    Sgt Sockenpuppe: *schnorchel*

    Ankh: Äh, Söckchen?

    Sgt Sockenpuppe: *rrrr-z-füüüüü*

    Ankh: Äh, also, heute reden wir über
    Adjektive


    Unter Autoren geht gelegentlich das Gerücht um, dass Adjektive böse sind. Füllwörter, unnütz, blähen den Text sinnlos auf und sind generell ein Zeichen eines unausgereiften Schreibstils. Stimmt das?

    Sgt Sockenpuppe: *schnürch-ze-püüüüü*

    Ankh: Genau. Es ist natürlich völlig daneben zu behaupten, dass eine ganze Wortart in unserer Sprache vollkommen unnütz oder gar schädlich ist. Adjektive haben eine sinnvolle Funktion, und zwar die, ein Substantiv näher zu beschreiben:
    das Auto → das rote Auto

    was in einem Text mitunter ja ganz praktisch ist, wenn man in der Vorstellung des Lesers Bilder erzeugen will.

    Nun ist es aber so, dass Adjektive dazu verschieden gut geeignet sind. Deswegen lohnt es sich, beim Überarbeiten des Textes darauf zu achten, dass man nicht das erstbeste Adjektiv hinschreibt, das einem in den Sinn kommt, sondern sich überlegt, welches am besten dazu geeignet ist, auch tatsächlich ein aussagekräftiges Bild im Kopf des Lesers entstehen zu lassen.
    das Auto → das auffällige Auto

    Tja. Es ist auffällig, okay, aber wodurch? Unser Kopfkino bleibt verschwommen. Ist es schwarz-weiß-rot kariert? Ist es verrostet? Hat es Monstertruckreifen? Krallt sich die Kühlerfigur in das Blech der Motorhaube?

    Achtet darauf, dass ihr tatsächlich ein Bild erzeugt. Statt einfach zu behaupten, dass das Auto auffällig ist, zeigt dem Leser, warum es auffällt. Im Fall der Monstertruckreifen oder der Kühlerfigur seht ihr, dass das nicht einmal unbedingt durch ein anderes Adjektiv geschehen muss; wichtig ist, dass ihr das Adjektiv „auffällig“ hinterfragt und durch eine Beschreibung ersetzt, die die Sinne anspricht. Ein im Text erzeugtes „Bild“ muss nämlich auch nicht unbedingt visuell sein, das Auto kann auch laut scheppern, nach faulen Eiern stinken oder die Straße beben lassen.

    Wenn wir schon einmal beim Thema „auffällig“ sind: Vermeidet Adjektive, die keine neuen Informationen bringen.
    der graue Elefant
    das laute Geschrei
    der nasse Regen

    Hier könnten wir die Adjektive verlustfrei streichen, und das sollten wir auch tun, denn hier blähen sie tatsächlich nur den Text auf, ohne irgendeinen Mehrwert hineinzubringen. Wenn in einem Text von einem Elefanten die Rede ist, dann stellt sich jeder Leser diesen automatisch grau vor. Ein Adjektiv ist erst dann sinnvoll, wenn die Farbe des Elefanten von dieser automatischen Vorstellung abweicht.

    Wenn er das nicht tut, und auch sonst keine Merkmale hat, die ihn an dieser Stelle von der Erwartung des Lesers abheben, dann braucht er auch kein Adjektiv mit sich herumtragen.

    Umgekehrt kann es sein, dass euer Substantiv viele, viele interessante Merkmale hat. Ist es dann ratsam, sie alle aufzuführen? Hier ist die Antwort wie so oft ein entschiedenes: Kommt drauf an!

    Beschreibungen haben die Eigenschaft, den Textfluss zu bremsen. Man hält in der Handlung inne und sieht sich um, betrachtet etwas genauer. Dieser Effekt kann mitunter genau das sein, was dein Text braucht. Wenn dein Protagonist sich durch das Höhlenlabyrinth gekämpft und die bösen Spinnengeister abgeschüttelt hat und nun endlich ans Tageslicht tritt, dann sei es ihm gegönnt, das er tief durchatmet, die warmen Sonnenstrahlen willkommen heißt, die seine Haut aufwärmen, und sich am Anblick der winzigen, violetten Wiesenblumen erfreut. Er ist noch am Leben, die Minute darf er sich nehmen, bevor er sich aufmacht, an der Tür des bösen Spinnennekromanten zu klopfen.

    Einige Absätze davor aber, als er durch die Höhlengänge stolpert, während die Spinnen hinter ihm herkrabbeln, hat er wenig Zeit sich umzusehen. Vielleicht ist es notwendig zu erwähnen, dass es in diesen Gängen stockdunkel ist, aber ob die Haare der Spinnen in der Zugluft sanft wogen ist ihm sowas von egal. Selbst spitze Steine unter seinen Füßen sind ihm egal, solange sie ihn nicht signifikant bremsen, und dem Leser sind sie auch egal, denn der will nur wissen, ob euer Protagonist den Viechern entkommt.

    Actionszenen sind Textabschnitte, bei denen ihr sehr, sehr sparsam mit Adjektiven sein solltet. Die Wahrnehmung eurer Perspektivfigur verengt sich auf das Lebensnotwendige, und damit sollte sich auch der Text nicht um Nebensächlichkeiten scheren. Wenn ihr dagegen aus eurem Text bewusst etwas Tempo herausnehmen wollt, und der Perspektivträger Zeit und Muße hat, sich ein wenig umzusehen, dann sind Adjektive – treffende, aussagekräftige Adjektive – ein gutes Mittel dafür.

    Zuletzt gibt es noch Adjektive, die allein oder in bestimmten Kombinationen sehr häufig verwendet werden. Romane sind bevölkert von spielenden Kindern, verwilderten Gärten, düsteren Wäldern und regennassen Straßen. Das ist nicht sonderlich originell, und der Autor darf sich gerne fragen, ob die Kinder nicht mal was anderes machen können, während der Held das Dorf betritt.

    Auf der anderen Seite rufen diese vertrauten Begriffe bei Lesern sofort ein Bild hervor, ohne sich störend in den Vordergrund zu drängen. Oder kurz: manchmal will man gar nicht originell sein, sondern nur rasch eine Kulisse aufbauen, bevor man zu den wesentlichen Dingen kommt. Wenn der Held keine Zeit oder kein Interesse hat, innezuhalten und die Umgebung zu betrachten, dann sind solche bewährten Bausteine eine gute Möglichkeit zu signalisieren: Dies ist ein normales Dorf/ ein gefährliches Stück Natur, ohne absätzelang Text für diese doch recht banale Information aufzuwenden. Wie immer ist hier Fingerspitzengefühl gefragt; man sollte sich darüber klar werden, ob man die Szenerie lieber langsam oder schnell, einprägsam oder unaufdringlich aufbauen möchte, und kann sich dann bewusst an die Umsetzung machen.

    Zusammengefasst: Adjektive sind nicht böse. Autoren dürfen sie gerne verwenden. Man sollte aber darauf achten, sie sorgfältig auszuwählen, um den maximalen Effekt zu erzielen.



    Aufgabe:
    Nimm einen Textabschnitt, den du überarbeiten möchtest. Streiche dir alle Adjektive an und überlege dir bei jedem einzelnen, ob sie notwendig und aussagekräftig sind. Wenn du Verbesserungspotential findest, streiche oder ersetze sie mit Beschreibungen, die Bilder erzeugen und gut in den Textfluss passen. Wenn du möchtest, kannst du dann beide Versionen HIER in der geschlossenen Textwerkstatt posten, um deine Änderungen mit anderen zu diskutieren.



    Viel Erfolg!



    Wenn du Themenwünsche für das Bootcamp hast, kannst du sie in DIESEM Thread loswerden

    Zuletzt geändert von Ankh; 01.01.2018, 16:45.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.
Lädt...
X
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung