Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Negative Eigenschaften

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    [Bootcamp] Negative Eigenschaften

    Sgt Käsefuß: Uuuuaaaaaah, hab ich gut geschlafen.

    Ankh: Sag mal, wo warst du denn?! Ich hab dich schon überall gesucht!

    Sgt Käsefuß: Na, ich war in meiner Schublade, Sommerschlaf halten.

    Ankh: Sommerschlaf?

    Sgt Käsefuß: Na klar, was dachtest du denn, wohin die ganzen Wollsocken im Sommer verschwinden?

    Ankh: Äh, okay. Dir ist aber schon klar, dass unsere ganzen Rekruten jetzt irgendwo in der Sonne liegen, anstatt ihre Schreibfähigkeiten zu trainieren?

    Sgt Käsefuß: Eine kleine Pause kann ja nicht schaden. Sollen wir weitermachen? Hast du ein Thema?

    Ankh: Ja klar, ich –

    Sgt Käsefuß: Gut. *Triller!* Alles Antreten!
    IMG_1900.JPG



    Ankh: Okay. Ähm. Heute reden wir über

    Negative Eigenschaften

    Kein Mensch ist perfekt (nein, auch keine Socke!). Um also eine realistisch Figur zu erschaffen, braucht sie auch schlechte Seiten. Und damit meine ich nicht so Pseudo-Fehler wie „ist zu bescheiden“ oder „weiß nicht, dass sie in Wirklichkeit hübsch ist“, sondern echte Charakterschwächen.

    Sgt Käsefuß: Aaaber, dann mag sie der Leser vielleicht nicht mehr!

    Ankh: Ja, das ist die Befürchtung. Deswegen picken sich einige Autoren immer wieder dieselben Eigenschaften heraus, die zwar ein bisschen negativ sind, aber beim Publikum nicht negativ ankommen: Das ungeschickte Mädchen, der schüchterne Junge, wenn‘s ein bisschen „härter“ sein darf, der Detektiv, der gerne mal einen über den Durst trinkt.

    Sgt Käsefuß: Und die sind schlecht?

    Ankh: Söckchen, nichts ist schlecht, wenn man es richtig macht. Nur erstens läufst du in Gefahr, dass der Leser denkt „nicht schon wieder dieses Klischee!“, zweitens musst du aufpassen, dass du nicht bei diesen „akzeptierten“ Charakterschwächen auch noch schummelst. Wenn das ungeschickte Mädchen nur immer dann stolpert, wenn sie dem Traummann in die Arme fallen soll, und nicht, wenn sie der Killer durch den Wald hetzt, dann ist sie unglaubwürdig.

    Sgt Käsefuß: Negative Eigenschaften sollen also tatsächlich negative Auswirkungen haben und die Figur in Schwierigkeiten bringen.

    Ankh: Genau. Sonst sind es keine.

    Sgt Käsefuß: Der Detektiv darf also saufen, so lange er im Suff auch den Tatort verwüstet, Zeugen anpöbelt und am nächsten Morgen vergessen hat, wo er seine Hinweise hingelegt hat?

    Ankh: Joah, das wäre doch mal interessant ... Wenn du es allerdings übertreibst, fragen sich deine Leser irgendwann, was der in dem Job verloren hat und warum ihm nicht endlich seine Marke entzogen wird.

    Sgt Käsefuß: Supi! Mehr Konflikt!

    Ankh: Okay. Aber du darfst dir beim Schreiben auch nicht selbst das Bein stellen. Der Detektiv, der seinen Job so verbaselt, dass er den Fall nicht mehr lösen kann, ist kein guter Protagonist für einen Krimi.

    Sgt Käsefuß: Er muss also am Ende die Kurve kriegen und seine Schwäche ablegen.

    Ankh: Das wäre eine Möglichkeit. Wobei eine Wunderheilung auch nicht besonders realistisch ist. Niemand überwindet seinen Alkoholismus, nur weil er am Ende des 2. Aktes eine Offenbarung hat. Es kostet Disziplin und vielleicht braucht der Detektiv auch Hilfe. Aber je härter wir ihn daran Arbeiten sehen, seine Schwächen zu überwinden, desto leichter verzeihen wir ihm auch, was er vorher angerichtet hat.

    Sgt Käsefuß: Aber was ist mit negativen Eigenschaften, die wir gar nicht verzeihen wollen? Du sagtest, diese akzeptierten Dinge sind schon abgedroschen. Wenn ich nun etwas Neues bringen will, nehme ich etwas wirklich Negatives?

    Ankh: Es gibt Dinge, die wollen wir nicht verzeihen. Wir sind eher bereit, einem Mörder –

    Sgt Käsefuß: einem Sockenribbler!

    Ankh: – Sympathien entgegenzubringen, sofern uns seine Motive nachvollziehbar vorkommen, als einem Charakter, der Kinder schlägt oder Tiere quält. Solche Eigenschaften sind dann eher dicke rote Pfeile, auf denen „Antagonist“ steht. Wenn du sie verwenden willst, dann mit sehr, sehr viel Fingerspitzengefühl.

    Sgt Käsefuß: Ich habe keine Finger. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob ich für eine solche Figur überhaupt Sympathien wecken will. Am Ende glaubt man noch, ich würde als Autor sowas verteidigen.

    Ankh: Das muss jeder für sich entscheiden. Du könntest ja auch die Botschaft vermitteln, dass man jedem Menschen eine Chance geben sollte, egal, was er getan hat. Aber wenn du deiner Figur seinen Fehler nicht verzeihen kannst, würde ich davon abraten, ihn zu schreiben. Ich finde, man sollte seine Figuren grundsätzlich mögen, trotz ihrer Fehler, um sie gut schreiben zu können.

    Sgt Käsefuß: Okay. Puh. Zu positiv darf die negative Eigenschaft nicht sein, aber zu negativ auch nicht …

    Ankh: Es gibt noch genug im Mittelfeld, das du verwenden kannst. Menschen sind vielschichtig. Warum ribbelt jemand Socken auf? Ist demjenigen überhaupt klar, was er da anrichtet? Es ist wichtig, dass der Leser die Figur nachvollziehen kann. Zeig, woher diese unangenehme Seite kommt, und gib ihr einen guten Grund. Das entschuldigt nichts, aber es wird nachvollziehbarer, und das hilft dem Leser, Sympathie zu entwickeln.

    Sgt Käsefuß: Aber die Figur muss auch an sich arbeiten! Wenn ich Verständnis haben soll, dann will ich auch, dass ihr selbst klar ist, dass das, was sie da tut, nicht okay ist.

    Ankh: Guter Punkt. Lass sie ihren Fehler realisieren und, wie oben schon gesagt, in der zweiten Hälfte der Geschichte ein paar Schritte in die richtige Richtung tun. Ein Charakter muss sich nicht um 180° drehen, oft wäre das auch wieder unglaubwürdig. Aber gib uns Lesern Hoffnung, dass er ein besserer Mensch sein kann, und wir werden die Daumen für ihn drücken.

    Sgt Käsefuß: Schöööön! Und wie finde ich nun eine solche negative Eigenschaft?

    Ankh: Wenn man lernen kann, ein besserer Mensch zu werden, dann hat man vorher auch die Fehler irgendwo aufgeschnappt. Wühle mal ein bisschen in der Vergangenheit deiner Figur: Wo ist sie aufgewachsen, wie wurde sie sozialisiert? Was könnte dabei schiefgegangen sein und welche Auswirkungen hat das bis heute?

    Sgt Käsefuß: Das hört sich nach viel Psychologie an.

    Ankh: Wenn du eine Figur mit Tiefe willst, dann musst du auch ihre Dimensionen erkunden. Es ist nicht damit getan, dass du einen Würfel nimmst und bestimmst, dass sie ein Rassist ist. Der Vorteil ist: Wenn du weißt, wo der Charakterfehler herkommt, dann hast du auch schon den Schlüssel, wie die Figur den Fehler überwinden kann.

    Sgt Käsefuß: Öööch, Beispiel?

    Ankh: Zum Beispiel hat deine Figur aufgrund der Kultur, aus der sie stammt, tiefverwurzelte Vorurteile gegenüber Orks. Sie hat ihr Leben lang erzählt bekommen, dass die dumm, brutal und minderwertig sind, auch wenn sie nie einen aus der Nähe gesehen hat. Ein möglicher Weg aus diesem Rassismus wäre, dass sie im Laufe der Geschichte einem Ork begegnet, der ihr das Gegenteil beweist.

    Sgt Käsefuß: Und dann verliebt sie sich in ihn, und gemeinsam schaffen sie den Rassismus in ihrem Heimatland ab!

    Ankh: Wenn du möchtest. Kann aber auch sein, dass sie sich erst einmal zusätzliche Schwierigkeiten macht, indem die sich ihn mit ihrer Überheblichkeit zum Feind macht.

    Sgt Käsefuß: Das gefällt mir! Negative Eigenschaften, die auch der Figur selbst Probleme machen sind mir sympathischer, als solche, unter denen nur die Menschen in ihrem Umfeld leiden. Außerdem zwingt es sie, ihre Fehler zu überdenken.



    Fassen wir nochmal zusammen:

    Sei ehrlich mit dem Fehler! Schwäche ihn nicht ab, damit der Leser ihn vielleicht gar nicht bemerkt oder ihn wenigstens nicht so schlimm findet. Gib deiner Figur eine echten, negative Eigenschaft mit allen Problem, die das nach sich zieht. Aber wähle eine, die es dir ermöglicht, deine Figur noch genug zu mögen, um dich in sie hineinzuversetzen.

    Wecke andererseits auch nicht zu viel Verständnis für die Figur. Nicht jeder Widerling ist in Wahrheit ein armes Opfer der Umstände. Auch wenn es sicher Gründe gibt, dass er so wurde, und es sich lohnt, diese zu erforschen, gehört doch auch ein Stück Eigenverantwortung für sein Handeln dazu. Lass ihn innerhalb der Geschichte bei anderen Figuren anecken. Dass jemand der Protagonist oder gar der Auserwählte ist, gibt ihm nicht das Recht, sich wie ein Arsch aufzuführen.

    Gib der Figur eine Tendenz, sich zu bessern. Mach es der Figur aber nicht leicht, diese Eigenschaft zu überwinden. Wenn sie es mit einem Fingerschnippen tut, fragt man sich nur, warum sie es nicht schon viel eher getan hat. Lass sie es wirklich wollen, mach es ihr schwer, und lasse sie innerhalb der Geschichte vielleicht erst ein paar vorsichtige Schritte gehen. Kein Sexist wird in zwei Wochen zum Frauenrechtler. Aber der Leser wird auch schon zufrieden sein, wenn der Charakter seine bisherige Meinung ernsthaft in Frage stellt.


    Übung 1:
    Hast du eine Figur, deren negative Eigenschaft dir noch etwas unbedeutend und zahnlos erscheint? Stelle die Figur und ihre Eigenschaft hier vor. Welchen Einfluss hat die Eigenschaft auf die Geschichte, welche Hindernisse schafft sie für die Figur? Lass uns gemeinsam überlegen, wie wir eine vielleicht kleine, unbedeutende Macke zu einer handlungsrelevanten negativen Eigenschaft ausbauen können.


    Übung 2:
    Hast du keine aktuelle Figur, die du für diese Übung aufpeppen könntest? Machen wir eine neue! Wähle eine negative Eigenschaft, die du noch nie zuvor in einer Geschichte für einen Protagonisten verwendet hast. Überlege dir dann drei Dinge, wie diese negative Eigenschaft ihm im Laufe der Geschichte Steine in den Weg legen kann. Gemeinsam überlegen wir, ob wir Sympathien für die Figur aufbringen können.


    Eure Texte könnt ihr wie immer hier in die geschlossene Textwerkstatt stellen.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    #2
    Ich hoffe, dass es okay ist, wenn ich das hier poste.

    Ein Problem, das ich immer wieder mit meinem derzeitigen Projekt habe, ist mein Deuteragonist Felix. Er ist einfach zu gut und ich schaffe es nicht, ihm auch nur irgendeine negative Eigenschaft anzudichten.

    Mein Projekt ist ein Entwicklungsroman mit einem Romance-Subplot – inspiriert von Charles Dickens: Maël, ein unleidlicher Workaholic-Griesgram, bei dem man die negativen Eigenschaften nicht erst suchen muss ;-) , wird durch das Wiedersehen mit seinem ersten Freund (Felix) nach und nach geläutert. Da Felix stellvertretend für die Dickens-Geister steht, kann er kein Antagonist sein und gerade seine Güte, seine Freundlichkeit und seine ungebrochenen Gefühle für Maël können aus dem verbitterten, jungen Mann wieder einen Menschen machen.

    Möglicherweise springt euch ja eine negative Eigenschaft in Auge, wenn ich euch Felix etwas vorstelle (er soll jetzt natürlich nicht negativ werden, aber ich habe Angst, dass ihn sein Gutmensch-Design irgendwann unsympathisch macht…ich zerbreche mir echt den Kopf, weil ich jeden anderen Charakter, der wie Felix ist, hassen würde…wirklich…aber zu ihm passt es irgendwie), die ich dann mehr herausarbeiten kann. Möglicherweise ist der Charakter in sich auch gar nicht schlüssig.

    Felix ist etwa 27 Jahr alt und arbeitet als Buchhändler. Seine Eltern waren einmal sehr vermögend, haben jedoch alles verloren. Felix hat aus zwei Gründen (erstens wegen der enormen, familiären Schulden und zweitens wegen seines Gesundheitszustandes) nicht studiert, obwohl er es vorhatte. Er hat (hallo, Klischee) blonde Locken, braune Augen, ein hübsches Gesicht, ist zierlich (fast untergewichtig), aber nicht unsportlich.

    Maël lernt ihn in der Schule kennen. Felix ist gewissenhaft, schlau (Einserschüler), hilfsbereit (z.B. anderen bei den Hausaufgaben zu helfen), zurückhaltend (aber nicht im Sinne von schüchtern, sondern von Lage sondieren), belesen, mutig, fröhlich und warmherzig. Wenn er Ungerechtigkeiten mitbekommt, kann er heftig aus der Haut fahren. Er macht sich nichts aus materiellen Gütern – außer Büchern – und achtet nicht besonders auf seine Gesundheit (er ist eher so der Träumertyp). Er liebt Zuckriges über alles, was im Zuge seiner Erkrankung nicht hilfreich ist.

    Seine beiden besten Freunde sind absolute Raufbolde und Chaoten, die in der Schule nur Mist gebaut haben. Felix hat sich ab und zu an dem Unsinn beteiligt (z.B. einen Plan ausgefeilt), konnte sie aber auch zur Vernunft rufen, wenn er es für nötig hielt. Allerdings ist er nie sofort eingeschritten oder hat verhindert, dass seine Freunde sich mit Maël anlegen (der ein arroganter Streber war und den keiner mochte), weil er Angst hatte, dass er sie verliert.
    Als Maël Felix wieder trifft hat er sich kaum geändert. Er ist immer noch genügsam und fröhlich, aber auch schrecklich einsam und leicht zu verunsichern und verletzbar.

    Er hat Diabetes Typ I und leidet unter heftigen Migräneattacken (Cluster).
    Zuletzt geändert von Lyriksoldatin; 16.06.2019, 21:15.

    Kommentar


    • SaKi
      SaKi kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Wenn er weiß, dass seine Freunde Unrecht tun und anderen Leid zufügen und er trotzdem nichts dagegen tut, weil er lieber weiterhin mit ihnen befreundet ist, dann finde ich das schon mal nicht gut. Das "Gute" zu überzeichnen, wie Arynah vorschlägt, halte ich auch für einen guten ersten Ansatz.

      Ich hab ja den Luxus, dass ich Felix und seine Geschichte gelesen habe und sie daher kenne. Ich mag solche Charaktere und fand ihn bisher nicht total unrealistisch, aber schon ziemlich naiv und er kam mir trotz seiner Zuneigung zu Maël etwas egoistisch vor. Ich meine: Er hat schon den Plan, Maël für sich zu gewinnen und er weiß, wie dieser auf ihn reagiert. Ich denke, das nutzt er (unbewusst?) aus. Er könnte also durchaus manipulativ sein, um eine negative Eigenschaft zu nennen.

      Persönlichkeitstypen wie er neigen sicherlich dazu, vieles zu zerdenken und zu verträumen. Sie haben starke Prinzipien und Ideale und halten womöglich verbissen daran fest. Da sie alles zerdenken, sind sie sicher eher still, aber können unvermittelt heftige Gefühlsausbrüche haben und dadurch launisch wirken, vor allem wenn gegen ihre Prinzipien verstoßen wird. Er könnte sich auch verrennen in seine Gefühle für Maël, irgendwas auf ihn projizieren, das nicht da ist – vielleicht weil er von damals noch falsche Vorstellungen hat. Und er könnte es auch mit seinem Gutmenschentum zu gut meinen, wie Arynah schon ausgeführt hat. Dass er speziell zu denen "zu weich" ist, die es nicht verdienen, wodurch er gerade diejenigen verletzt, die ihm wichtig sind. Wenn er zu sehr in seinen Gedanken gefangen ist, kann ich mir vorstellen, dass er den Sinn für die Realität verliert (beinhaltet auch Insulin vergessen mit ernsten Folgen, s. anderer Thread). Er könnte außerdem "unecht" wirken und schwer einschätzbar sein, wodurch andere ihn missverstehen oder sein Verhalten falsch auffassen.

    • Lyriksoldatin
      Lyriksoldatin kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Aww, danke für eure schnellen Bemühungen.

      Arynah Oh, das klingt sehr gut. ;-) Das würde auch verdammt gut zu Felix passen, weil diese Gewissenskonflikte wohl immer im Vordergrund stehen. Er weiß ja e.g., dass seine Freunde Maël immer schlecht behandelt haben, aber gleichzeitig versucht er immer das Positive in ihrem Mobbing zu sehen.

      Felix hat auch Verlustängste und hält sich für niemanden gut genug, sucht Fehler immer erst bei sich und ich könnte mir vorstellen, dass das auch etwas anstrengend ist. Fragt sich nur, wie ich diese Überzeichnung darstelle. Das mit den Spenden gefällt mir aber auch sehr gut. Danke für deine hilfreichen Denkanstöße.

      Dodo Hm, mutig ist er halt, wenn es um andere geht, denen Unrecht angetan wird (außer seine Freunde sind die Akteure). Die Dynamik zwischen ihm und seinen beiden Bullys^^ ist allerdings sehr komplex. Also sie sind zwar seine ‚Beschützer‘, aber nicht vor anderen, sondern vor sich selbst. Weil er zu wenig auf sich achtet. Und Felix kann sich selbst auch alleine gut durchsetzen und braucht niemanden, der für ihn einsteht.

      Und stimmt ich könnte mir auch gut vorstellen, dass er um der Harmonie Willen den anderen schon mal Steine in den Weg legt und dass das auf andere verräterisch wirken könnte. Das ist ein guter Einfall.

      VickieLinn ^^Felix ist der Deuteragonist (ich wusste nicht, dass man das so unterteilen muss), aber die Geschichte ist nur aus Maels Sicht geschrieben. Warum er so ist … *nachgrübel*

      Ich dachte mir, dass er durch seine früh diagnostizierte Krankheit oft im Krankenhaus und alleine und isoliert war. Er hatte bis zur Schule keine Freunde und seine Eltern hatten eine lukrative Firma, immer viel gearbeitet und wenig Zeit für ihn. Felix hat also hauptsächlich gelesen und besonders Heldengeschichten hat er geliebt. Daher kommt sein grundgutes Wesen. In der Schule hat er sich dann mit seinen zwei besten Freunden angefreundet, die ihn trotz seiner Krankheit komplett akzeptiert haben (er hat sich deswegen immer minderwertig gefühlt) und in den Phasen, in denen er wegen der Migräne nicht lernen oder zur Schule konnte, ihm den Stoff vorbeigebracht oder einfach Gesellschaft geleistet haben. Er ist ihnen deswegen einfach unendlich dankbar und hat trotzdem Angst, dass sie ihn verlassen (weshalb er ihnen trotz seines Gerechtigkeitssinns einiges durchgehen und sich auch manchmal auf die dunkle Seite der Macht ziehen lässt).

      Ankh
      Ja, das ist eine Frage, dich ich so nicht beantworten kann. Eigentlich braucht Felix keine wirklich negativen Eigenschaften. Er ist eben ein Guter, aber ich habe Angst, dass es ihn unglaubwürdig oder unsympathisch macht, wenn er so ist. Besonders wenn der Protagonist anfangs ein richtiges Ekel ist. Allerdings soll Mael nicht so werden wie Felix sondern wie Mael bleiben, aber nicht mehr so verbittert sein. Daher passt mir deine zweite Analyse besser.

      Der Leser bekommt Felix zudem ja nur durch Maels Augen charakterisiert und darin wirkt er zwar wirklich wie ein Engel, aber Mael kann das absolut nicht leiden und findet Felix’ Fröhlichkeit anstrengend und überzogen. Auch Felix soll eine Entwicklung durchmachen. Weniger einsam und die Fehler nicht mehr bei sich suchen, erkennen, dass er trotz Krankheit absolut liebenswert ist. Dazu passen dann auf jeden Fall auch das mangelnde Selbstbewusstsein und Minderwertigkeitsgefühle, die du erwähnt hast.

      Felix ist einfach in sich so zwiespältig. Mutig (für andere) und ängstlich (für sich). Ruhig und kämpferisch. Und wenn er sich sicher fühlt, dann kann er schnell das Steuerruder übernehmen und alle abhängen. Un gerade diese Ambivalenz, die trotzdem ja allrounder-perfekt wirkt, lässt mich grübeln.

      Es wäre für mich sogar logisch, dass er diesen vermeintlichen Mangel bewusst dadurch kompensiert, dass er zu allen Menschen besonders nett und freundlich ist, weil er glaubt, dass er der Welt sonst nicht viel zu bieten hat.
      Das klingt seht gut!

      Die Vernachlässigung seiner Gesundheit könnte auch dieser tiefsitzenden Vorstellung entspringen, dass er selbst ja eh nicht so wichtig ist im großen kosmischen Gefüge.
      Und das auch.


      SaKi

      Wenn er weiß, dass seine Freunde Unrecht tun und anderen Leid zufügen und er trotzdem nichts dagegen tut, weil er lieber weiterhin mit ihnen befreundet ist, dann finde ich das schon mal nicht gut.
      Ja, gerade hier habe ich Angst, dass es für viele nicht direkt nachvollziehbar ist, wenn er zusieht, wie seine Freunde Unrecht tun, und ihm sonst die Gerechtigkeit über alles geht. Vielleicht glaubt er auch, dass sie das Maß halten und greift erst ein, wenn er denkt, dass sie es überschreiten. Aber das ist vermutlich wirklich ein negativer Aspekt.

      Oha, egoistisch. Das habe ich jetzt gar nicht gesehen. Okay, er ist auf jeden Fall egoistisch, wenn es um seine Freunde geht. Aber Mael macht sich natürlich nicht beliebt mit seiner arroganten Art und er hackt auch auf allen möglichen Menschen rum.^^ Vielleicht ist da Felix’ Gerechtigkeitssinn etwas auf ausgleichende Vergeltung gepolt.

      Dass er speziell zu denen "zu weich" ist, die es nicht verdienen, wodurch er gerade diejenigen verletzt, die ihm wichtig sind.
      Das klingt gut und passt auch prima in meinen Plot! Danke!
      Zuletzt geändert von Lyriksoldatin; 17.06.2019, 18:31.

    • Victoria
      Victoria kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Ich hab dich nach der Rolle von Felix gefragt, weil seine Eigenschaften dramaturgisch in Beziehung zum Prota haben.Das ist besonders wichtig, wenn man nur aus der Sicht des Protagonisten schreibt. Du hast Ankh geantwortet, dass ihn Mael anstrengend findet. Und von dieser Perspektive aus gesehen, sind das ja negative Eigenschaften.

      In deinen Antworten gibt es einige, wo man noch nachhaken und in die Tiefe gehen könnte; es wäre auch eine tolle Zitronen-Diskussion. Die ganzen Drunterkommentare zu diesem Post machen sich auch generell in der Projektwerkstatt ganz gut.

    #3
    Ich staube dieses Thema mal ab und hole es wieder hervor 😚

    Eine Frage, die ich mir seit ein paar Tagen stelle, ist folgende: Wie balanciert man am besten die Charaktereigenschaften einer Figur?

    Ich höre immer wieder, dass Figuren negative Eigenschaften haben sollten, die sie von ihrem Ziel fernhalten und sie realer machen. Mary und Gary Sues will niemand sehen, das ist schon klar. Aber wie viel negative Eigenschaften sind genug?

    Momentan bastele ich an meiner Protagonistin herum und merke, dass sie nicht so richtig negative Eigenschaften hatte, die ihr das Erreichen ihres Ziels erschwert hätten. Das mag zum einen daran liegen, dass genügend äußere Einflüsse ihr das Leben erschweren und mir das bisher nicht aufgefallen ist.
    Jetzt stetzte ich also ihren Charakter neu zusammen und bestücke sie mit negativen, positiven und neutralen Eigenschaften. Allerdings merke ich auch, dass ich nicht weiß, wann es "reicht".

    Ich bin gespannt darauf, was ihr dazu zu sagen habt

    Kommentar


    • Dodo
      Dodo kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Eine glaubhaft entwickelte negative Eigenschaft ist genug. Fünfzig glaubhaft entwickelte Eigenschaften sind auch genug und nicht zu viel. Wichtig ist: glaubhaft.
      Nimm die äußeren Einflüsse einmal weg und überlege, was an Deiner Figur jetzt noch im Wege steht. Und woher es kommt. Das ist mE fast noch wichtiger, denn daraus entwickeln sich die positiven, negativen und neutralen Eigenschaften ganz natürlich. (Das ist auch der Grund, warum ich meinen Anta besser kennenlernen wollte. Nicht von außen mit "künstlich" herbeiüberlegten Eigenschaften spicken, sondern einen Keimling ausbringen und gucken, was neben der einen erwünschten negativen Eigenschaft noch alles so wächst ) Auf die Art brauchst Du nichts ausbalancieren, weil es in sich rund ist, selbst wenn die Figur ein Oberschurke mit Faible für Miezekatzen oder ein Engel auf Erden mit einem Hang zu Ladendiebstählen ist. Es muss in der Figurentwicklung begründet sein.

    • Ankh
      Ankh kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Ich denke, "genug" ist weniger eine konkrete Zahl als das, was realistisch in deine Figur passt. Wenn fünf negative Eigenschaften harmonisch zueinander passen und gut durch die Biografie und die Lebensumstände der Figur erklärbar sind, ist das okay. Wohingegen drei willkürlich ausgesuchte, die sich vielleicht noch dazu widersprechen, schon zuviel wirken können.

      Wenn du schon ein Konzept für die Geschichte hast, würde ich schauen, welche negative Eigenschaft da noch mehr Konflikt reinbringen könnte, und die zentral als Ausgangspunkt für die Charakterentwicklung nehmen. Dann noch ein paar Eigenschaften drum herum, die damit gut harmonieren (manchmal sind negative Eigenschaften ja auch ein Spiegel oder eine extreme Form einer guten Eigenschaft; zum Beispiel wird ein unerträglicher Pedant auch pünktlich und verlässlich sein, das kann man als eigene Eigenschaft interpretieren oder sozusagen als Paket).

      Wann's zuviel ist habe ich bei meinen Figuren meist dann gemerkt, wenn ich Schwierigkeiten hatte, diesen Eigenschaften genug Raum in der Geschichte zu geben. Ich habe dann einige an eine andere Figur abgegeben, und es hat beiden nicht geschadet Wenn du also welche weglassen kannst, ohne dass dir die Figur dadurch zu flach erscheint, dann sind die überzähligen zumindest für die Geschichte nicht nötig. Das heißt nicht, dass du sie unbedingt streichen musst, aber ich denke, es macht die Figur prägnanter, wenn man sich nicht allzu sehr verzettelt.

    • ofinkandpaper
      ofinkandpaper kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Vielen Dank

      Die Impulse helfen mir schon echt gut weiter!
Lädt...
X
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung