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    [Bootcamp] Sprich dich aus.

    Beim Impuls Starke Figurenrede haben wir mit Wörtern und Ausdrucksweisen die Eigenschaften der Figur dargestellt. Hier gehen wir noch eine Stufe tiefer und betrachten die inhaltlichen Ebene.


    Der Dialog bietet unglaublich viele Möglichkeiten, Informationen zu übermitteln. Im Gegensatz zum Erzähler[1] nehmen die Figuren kein Blatt vor den Mund. Die Figur darf fluchen und lügen[2]. Sie darf ausweichen oder schweigen, wenn sie keine Lust haben zu antworten, sie kann die Arme verschränken und dem Gegenüber mit einem Giftblick verdeutlichen, dass sie jetzt gar nichts mehr sagen wird!

    Apropos Gegenüber. Ein weiterer Vorteil vom Dialog ist, dass mehrere Figuren beteiligt sind. So enthält er auch Informationen über die Beziehung zwischen den Dialogpartnern und natürlich jede Menge Konfliktpotenzial. Wo zwei Meinungen sind, ist ein Streit vorprogrammiert.


    Aus diesen Informationen lassen sich
    • Handlung (plotrelevant),
    • Emotionen,
    • Charaktereigenschaften,
    • Beziehung zwischen den Figuren und
    • Konflikt
    ablesen, die man alle benötigt, um einen interessanten und lebhaften Dialog zu gestalten.
    Am wichtigsten ist es, dass der Dialog – wie jede andere Szene auch – die Handlung vorantreibt. Doch man kann eine Handlung auch ganz unterschwellig und feinfühlig vorantreiben, während man z. B. Emotionen und Beziehungsebene atmosphärisch wirken lässt. Es sollte jede Komponente im Text erkennbar sein, doch wie sie gewichtet werden, hängt von eurer Szene ab.


    Schauen wir uns mal ein Gespräch zwischen Petra und ihrer Tochter Sara an. Für den Plot brauchen wir diese Szene, weil Mutter und Tochter danach schlecht gelaunt und dreckig bei der Oma ankommen sollen.
    „Jetzt iss dein Eis endlich auf. Es tropft dir noch auf das Kleid.“
    „Hm?“
    „Sara, putz dir mal die Ohren. Dort läuft es die Waffel runter … ach Scheiße! Jetzt zapple nicht auch noch, du verschmierst das alles!“
    „Mama … du hast Scheiße gesagt.“
    Jetzt lesen wir noch mal den gleichen Dialog mit verschiedenen Charaktereigenschaften, wodurch sich ein anderer Konflikt ergibt.
    „Sara-Schatz, sei vorsichtig mit dem Eis.“
    „Ja, Mann!“
    „Das heißt ‚Ja, Mama‘ … Oh je, jetzt hast du getropft. Das schöne Kleid. Wir wollten doch noch zu meiner Mutter gehen.“
    „Mann, Mama! Hör auf, mir mit deinem vollgesabberten Taschentuch im Gesicht rumzufummeln. Ich bin nicht mehr fünf!“
    Wie fühlt sich Petra? Wie fühlt sich Sara? Was für Charaktereigenschaften besitzen sie? Was für eine Beziehung haben Mutter und Tochter? Was für eine Beziehung hat Petra zu ihrer eigenen Mutter, wenn sie ihre Tochter anspricht, aber von „meiner Mutter“ und nicht von „Oma“ redet? Um welche zwischenmenschlichen Konflikte handelt es sich?
    … Wie ihr seht, ist der Dialog ein hervorragendes Mittel, um Show don’t tell einzusetzen: „Seitdem Sara in die Grundschule geht, widersetzt sie sich auf rabiate Weise der behütenden Mutter Petra.“



    Worauf könnt ihr beim Dialog zusätzlich achten?

    1. Inquit-Formeln, Gestik und Mimik
    Auch hier gilt Show don’t tell: „Laut/leise/verzweifelt/abgehackt sagen“ ist eine Behauptung, die Alternativen mit ausdrucksstarken Verben wie „krakeelen“, „kreischen“ oder „gurgeln“ ebenfalls. Zweites verleiht eurem Text – ebenfalls wie die Standardbewegungen grinsen, Augenbrauen und Achseln zucken – eine comichafte Note. Versucht daher, bereits in der direkten Rede die Emotionen und die Lautstärke zu vermitteln. (Üben könnt ihr hier.)
    Doch Inquits (genauso wie Adjektive) sind nicht schlecht! Wir brauchen sie, um unkompliziert zu verdeutlichen, wer spricht; Wir brauchen sie manchmal auch, um den Satz eine ausgewogene Melodie zu geben.


    2. O-Ton
    Die direkte Rede zeichnet sich aus, lebendig und natürlich zu sein. Übertreibt es jedoch nicht mit dem Originalton oder den Eigenheiten der Figur.
    „K-ka-kann ich b-bitte vorbei? I-i-i-i-i-ch habe es a-a-a… a-a-a-a…”
    „Wat willst‘n? Sprech[3] normal.“
    „I-i-i-i-ich habe e-e-e-es a-a-a…“
    „A was? Arsch offen, oder was haste?“
    „I-i-i-i-i-i-ch ma-ma-ma-ma-meinte, a-a-a-a…”
    3. Schwammiges Gespräch
    In der Realität ist es so, dass man manchmal um den heißen Brei herumredet. Würde man im Roman ein Gespräch in der gleichen Ausführlichkeit schreiben, wirkte es so, als würde man jede Handlung in all seinen Details breittreten. Wenn es z. B. nur darum geht, das Licht anzuschalten, braucht man nicht zu benennen, wie der Finger über den kühlen Metallknopf gleitet, der erst mit entsprechendem Gewicht heruntergedrückt werden kann, um dann mit einem Klicken den Stromkreis zu schließen … ähm, ja … gehen wir lieber zum Beispieldialog über.
    „Sag mal, hast du am Wochenende Zeit?“
    „Freitag hab ich schon was vor, aber Samstag und Sonntag habe ich frei.“
    „Hast du dann Lust, mit mir ins Kino zu gehen?“
    „Gern. Hast du an einen bestimmten Film gedacht?“
    „Ja.“
    „Welchen?“
    „Diesen Disneyfilm.“
    „Die Realverfilmung von ‚Die Schöne und das Biest‘?“
    „Ja, genau. Hast du Lust?“
    „Und wie!“
    „Ist dir Samstag oder Sonntag lieber?“
    „Samstag.“
    „Welches Kino?“
    Ich unterbreche diese Unterhaltung, da sie mich langweilt. Mir reicht: „Hast du Lust, am Samstag den neuen ‚Die Schöne und das Biest‘ zu sehen?“ – „Ja, gern!“

    Aufgequollene Schwammgespräche sind anstrengend. Der Leser muss durch die unnötigen Informationen wühlen und herausfinden, welche davon für die Geschichte relevant sind, und welche davon entstanden sind, weil sich der Autor warmschreiben musste.
    Macht einen Test und streicht die Rede. Wenn man nicht bemerkt, dass da etwas fehlt, dann ist die Aussage unnötig.


    4. Infodump
    Eine weitere Art von Infodump ist, wenn der Autor die Figuren als Sprachrohr missbraucht und sie erklären lässt, was sie und ihre Mitfiguren bereits wissen.
    „Kannst du heute Abend mit Nikolas dem Nachbarsjungen mit dem Bus zum Sport fahren? Ich kann dich heute nicht zum Fußballtraining bringen. Das Auto ist nämlich in der Werkstatt, weil dein großer Bruder Mark es vorgestern beim Wenden gegen einen parkenden Laster gefahren hat.“
    „Danke für die Info, Mutter. Ich kenne Nick. Ich weiß auch, dass mein Bruder Mark heißt und älter ist als ich. Ach ja, wir beide saßen mit im Auto, falls du das vergessen hast.“
    5. Gradlinige Aussagen
    Dieser Punkt überschneidet sich mit Infodump. Die Figur redet so ausführlich, dass auch der langsamste Leser versteht, worum es geht. Doch dies nimmt den Dialog den Witz und macht ihn steif und berechenbar.


    Zuerst ein nicht-geradliniger Dialog:
    „Seit wann benutzt du Tommy Girl?“
    „Seit wann schnüffelst du an meinen getragenen Hemden?
    Spätestens im Kontext wird deutlich, dass eine Frau die Affäre ihres Mannes aufgedeckt hat. Beide reden verdeckt, dennoch spürt man die Vorwürfe und die Beziehung zueinander.

    Natürlich ist es möglich, deutlicher zu werden, damit jeder folgen kann:
    „Ich war gerade dabei die Wäsche zu waschen. Dabei ist mir unangenehmerweise aufgefallen, dass dein Hemd stark nach einem Frauenparfum riecht, das weder du noch ich benutzen. Kannst du mir das bitte erklären?“
    „Ich sehe keinen Grund, dir etwas zu erklären. Du spionierst mir sowieso schon hinterher.“
    Dialoge haben aber mehr Pep, wenn wir sie kurzhalten. Der Leser muss zwischen den Zeilen lesen, und das ist für die meisten spannender als viel zu offensichtliche Aussagen.



    Hast du einen Text mit Dialog, den du gern überprüfen möchtest? Lasst uns ihn gemeinsam angucken. (In den Beispielen fehlen die Inquit-Formeln und der Erzähltext. Diese sollt ihr nicht aus eurem Übungstext löschen.)
    Hier könnt ihre eure Texte posten.

    [1] Außer man benutzt den personalen Erzähler im Deep Point of View
    [2] Außer man benutzt den unzuverlässigen Erzähler
    [3] Jupp. Es tat ganz schön weh, „sprech“ zu schreiben. Auch wenn es gewollt ist, würde ich empfehlen, grammatikalische Fehler zu vermeiden, die der Leser nicht als solche erkennt.
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