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Freitagsinfusion 7/22: Ungewöhnliche Orte

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    Freitagsinfusion 7/22: Ungewöhnliche Orte

    Wieder einmal passend zur Mittwochsfrage: Schick Deine*n Prota an einen ungewöhnlichen Ort. Irgendwohin, wo er*sie aus der eigenen Komfortzone gerissen wird - egal, ob im positiven oder negativen Sinne.
    Always avoid alliteration.

    #2
    Möglicherweise hat mich die Freitagsinfusion inspiriert, einen Plotpunkt, an dem ich eine ganze Weile geknabbert habe, zu umgehen und eine andere potentielle Lösung zu finden. Ich muss noch etwas darüber nachdenken, ob die Szene in meine Geschichte passt, aber für 'schnell runtergeschrieben' gefällt sie mir relativ gut.


    CN: Bergnot
    Im ersten Moment geschah gar nichts. Kvido hielt die Augen geschlossen und strich mit den Fingerspitzen über die Symbole, die er sorgfältig auf das Papier gezeichnet hatte, bevor er den Magiekristall in die Mitte gelegt hatte. Hatte es ...?
    Im nächsten Moment riss eine Böe an seinem Umhang. Er zog den Stoff enger um sich, während der Wolkenbruch, in dem er sich plötzlich befand, ihn innerhalb weniger Atemzüge bis auf die Haut durchnässte.
    Einen Moment zu spät bemerkte er, dass auch die Tusche auf dem Papier verlief.
    “Das war so nicht geplant.” Seine Stimme klang selbst in seinen eigenen Ohren zu schwach. Er musste Thana finden. Wenn er wenigstens etwas von der Umgebung erkennen könnte! Es musste noch Tag sein, aber die Wolken hingen tief genug, dass nur ein schwaches Dämmerlicht die wenigen Schemen, die er durch den Regen erkennen konnte, erhellten. Wobei, war erhellen hier das richtige Wort? Irgendwie war alles grau. Weniger schwarz erscheinen ließen? Nein, das hörte sich albern an. Moment. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich über Wortwahl Gedanken zu machen.
    Er war irgendwo im Kreuz der Welt, dem mächtigsten Gebirge des Kontinents und es regnete. Kvido hatte genug Geschichten über Expeditionen gelesen um zu wissen, dass er einen Unterschlupf suchen sollte.
    Ein Blitz erhellte die Szenerie für einen Moment, bevor ein ohrenbetäubendes Donnern folgte. Richtig, Unterschlupf. Jetzt! Kvido rannte in Richtung der niedrigen Bäume.


    Kvido kauerte unter dem kargen Schutz des Nadelbaumes. Such Schutz unter den Bäumen, hatten sie gesagt. Da wirst du nicht nass, hatten sie gesagt. Nachdem er den Umhang mehrfach gefaltet hatte, saß er zumindest halbwegs bequem auf dem federnden, niedrigen Ast.
    Er wollte nach Hause. Einfach nur nach Hause. Stattdessen saß er in einem undurchdringlichen Dickicht aus niedrigen Bäumen, in dem er sich hoffnungslos verlaufen hatte. Er rieb die Hände aneinander um sie etwas zu wärmen und verteilte dabei nur das ekelhafte Harz, das inzwischen auch das Papier mit den Runen unbrauchbar gemacht hatte. Er würde Ghaersu nie wieder verlassen, wenn er das überlebte. So viel zu dem Plan, als strahlender Ritter mit wehendem Umhang zu Thanas Rettung zu eilen. Er kaute auf seiner Unterlippe, teils um das Zittern zu unterdrücken und teils, weil der Gedanke im Nachhinein so albern erschien. Er war ein Beamter, kein Ritter.
    Es fiel ihm schwerer und schwerer, seine Gedanken schweifen zu lassen. Er berührte fremde Träume, suchte nach dem einen Traum, der ihm helfen könnte. Wie schon die letzten Stunden fand er Thanas Träume nicht. Wie auch, die Sonne war erst vor Kurzem untergegangen und sie hatte ihm verraten, dass sie selten vor Mitternacht einschlief. Er huschte durch andere Träume in der Hoffnung wenigstens Hinweise zu finden, wie er ein Feuer machen konnte. Wieso konnte all die Leute, die sonst von den Ausflügen berichteten, nicht davon träumen, wie sie in der Wildnis überlebten? Warum mussten immer Drachen im Spiel sein? Und wenn er noch einen Traum fand, in dem sich der Besitzer in einer heißen Quelle entspannte ...


    Der Regen hatte nachgelassen, aber die Kälte saß hartnäckig in seinen Knochen. Wieder huschten seine Gedanken durch Traumfetzen. Er spürte seine Zehen und Finger kaum noch und bei jedem Kaminfeuer das er sah, bei jedem gemütlich beheizten Heim, wurde die Versuchung, sich einfach in den Traum einzulassen um die Kälte zu vergessen verlockender, auch wenn er wusste, dass seinem Körper nichts von der Wärme zuteil werden würde. Er könnte erfrieren, während er sich an ein Kaminfeuer träumte.
    Weiter. Er schob den Traum zur Seite. Er könnte noch einmal versuchen, Thana zu ...
    “Kvido?”
    Er war selbst überrascht, dass er diesmal so plötzlich in ihrem Traum gestolpert war. Zu spät bemerkte er, dass er diesmal nicht die Illusion des strahlenden Ritters in Weiß erschaffen hatte, in der er sich sonst mit Thana traf.
    “I ...”
    “Hast du geweint?”
    Bevor er die Tränen verschwinden lassen konnte, stand sie dicht vor ihm. Dann hielt sie inne. “Möchtest du umarmt werden?”
    Er war sich sicher, dass seine Stimme kaum mehr als ein Zittern sein konnte und nickte stattdessen. Im nächsten Moment fand er sich in der wundervollsten Umarmung seines Lebens.
    “Du bist eiskalt. Was ist passiert?”
    Während Kvido mit zittriger Stimme erzählte, strich sie immer wieder über seinen Hinterkopf. Er spürte, wie er sich etwas beruhigte. Vielleicht konnte doch alles gut werden?
    “... und ich habe versucht, Feuer mit zwei Stöcken zu machen, aber, aber ...”
    “Schhh.”
    Nach zwei, drei weiteren Atemzügen löste Thana die Umarmung und legte stattdessen die Hände auf seine Schultern. “Du wirst jetzt aufstehen und laufen. Oder hüpfen. Egal, Hauptsache du bleibst in Bewegung und wärmst dich etwas auf. Schaffst du es, zwei, drei Stunden durchzuhalten?”
    Ihre dunklen Augen musterten ihn eindringlich, bis er nickte.
    “Such' in der Zeit irgendeine Oberfläche, auf die du eine Rune ritzen kannst. Oder schreiben. Irgendetwas.”
    Wieder nickte er.
    “Ich suche eine Rune für Feuer.” Sie zog ihn wieder in eine Umarmung. “Kvido, pass auf dich auf. Bleib in Bewegung. Ich beeile mich, versprochen.”
    Er erwiderte die Umarmung zögerlich und stellte fest, dass seine Arme leer waren.
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    Kommentar


    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
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      Gefällt mir gut. Macht Lust, mehr davon zu lesen.

    • Coira
      Coira kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Vielen Dank, Alys. Von anderen Schreiberlingen ist das das höchste Lob :-)

    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Coira Geht mir auch immer so. Lob von “normalen” Leser*innen ist toll, aber Lob von anderen Schreibenden ist noch viel toller. Aber die Szene gefällt mir wirklich gut und macht mich sehr neugierig auf den Rest der Geschichte.
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