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Freitagsinfusion 05/22: Irgendetwas ist anders

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    Freitagsinfusion 05/22: Irgendetwas ist anders

    Schreibt eine kleine Szene, in der eure Figur erwacht und ein entscheidender Teil ihrer Realität hat sich verändert.

    Wie verhält sie sich? Und gibt es die Option, das Ganze rückgängig zu machen?
    Wartest du dort hinterm Horizont? Schmiegt die Erde sich so müde an das Himmelreich? Sturm zieht auf mit dunkler Wolkenfront. Ganz egal wie schnell ich lauf, der Abstand bleibt doch gleich. Die alte Sehnsucht ist mein einziger Begleiter. Und trotzdem steh ich auf und gehe taumelnd weiter. — ASP, Ziel

    #2
    Conny riss die Augen auf. Sie blinzelte mehrmals. Das, was ihr gerade durch den Kopf schoss, konnte nicht der Wahrheit entsprechen. Das musste sie geträumt haben.
    Ihr Mund fühlte sich staubtrocken an und sie sollte aufstehen, um ein Glas Wasser zu trinken. Als Conny sich bereits aufgerichtet hatte und das erste Bein herausgeschwungen hatte, hielt sie inne. Gerade eben war sie geschockt aufgewacht wegen eines schlechten Traums. Eigentlich sollte sie durchgeschwitzt sein und ihr Herz sollte rasen. Aber sie spürte nichts davon.
    Zittrig legte sie ihre rechte Hand auf ihre Brust, wartete, aber spürte nichts. Nicht nur, dass ihr Herz nicht raste, es schien nicht einmal zu schlagen. Wie konnte das möglich sein?
    „War das doch kein Traum?“
    Mit einem unguten Gefühl schaute sie an sich herab. Sie hatte nicht ihren Pyjama an, sondern trug noch immer Jeans und ihre schwarze Bluse. Auf ihrem Oberteil konnte man Flecken schlecht sehen. Ein Grund, warum sie das Kleidungsstück mochte, aber auf ihrer Jeans entdeckte sie einen dunklen Fleck auf ihrem Oberschenkel. Obwohl sich eine grauenvolle Ahnung in ihr breit machte, betrachtete sie den Fleck näher. Er war längst in den Stoff eingezogen. Rostrot klagte er sie an.
    „Nein“, hauchte sie und sprang nun förmlich auf. Als sie ihr Bett genauer betrachtete, konnte sie auch auf dem Bettlaken mehrere kleine rote Flecken ausmachen, die teils verschmiert waren. Ihr Bett wirkte wie ein kleines Schlachtfeld.
    Bilder von letzter Nacht blitzten vor ihrem geistigen Auge auf. Sie hatte keine andere Wahl gehabt. Um überhaupt eine Chance zu haben, um ihn endlich aufzuhalten können, musste sie… Ihre Hand klatschte an ihren Hals, wollte die Stelle fühlen, wo er seine Zähne in ihren Hals gebohrt hatte. Aber da war nichts.
    Hastig eilte sie ins Bad, um dort im Spiegel nach den Spuren zu suchen. Conny fand nichts, dennoch wusste sie genau, wo er sie gebissen hatte. Es kam ihr zwar immer noch wie ein Alptraum vor, aber sie war schon immer Realistin gewesen, um jetzt nicht die Augen vor der Wahrheit zu verschließen, ganz gleich wie schrecklich sie war.
    Ihr bleiches Ebenbild starrte ihr entgegen. Sie sah die Panik in ihren grünen Augen, die sie jeden Moment beherrschen konnte, wenn sie sich nicht beruhigte. Aber wie sollte sie sich beruhigen, wenn es wahr war, was letzte Nacht geschehen war?
    Dieses Brennen im Hals, ein Durst, den sie vorher noch nie so empfunden hatte. Es hatte sie wahnsinnig gemacht. Conny war nicht länger Herr ihrer Sinne gewesen und er wusste dies auszunutzen. Er wusste, wie er sie noch mehr zu seiner Marionette machen konnte. Dabei wollte sie das doch alles beenden, anstatt sich von ihm weiter manipulieren zu lassen.
    Conny hörte ein Keuchen, bemerkte erst etliche Sekunden später, dass sie es selbst gewesen war. Im Spiegel sah sie, wie Tränen aus ihren Augen flossen, ganz so, als würde sie von außen eine andere Person beobachten. Ein Lächeln zeichnete sich in ihrem Gesicht ab, was irgendwie unpassend wirkte. Aber sie fand es tröstend, dass sie als Vampirin wenigstens noch weinen konnte.
    „Du kannst mir doch nicht alles nehmen.“
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      #3

      Es war ein Dienstag wie jeder andere. An diesem Durchschnittsdienstag erwachte Charles Oakley wie an jedem anderen Dienstag, übermüdet und verkatert. Die Handy-Uhr zeigte 12:51 - eine unprovozierte Eskalation, die Oakley nur deshalb unbeantwortet lies, weil ihm die Augen wieder zu fielen.
      Noch eine weitere Information hatte sich unerwünscht in sein Bewusstsein gedrängt: Neue Nachrichten! Zwölf davon! Oder neun. Sieben! Vielleicht waren es auch nur vier, so ganz sicher war er sich da nicht mehr. Aber dieses rote Briefsymbol hatte sich eingebrannt, und eine viel zu hohe Zahl daneben. Was sollte denn sein? Was sollte denn schon sein!
      Inzwischen war es 13:09 Uhr, als sich Charles Oakley unter unmenschlichen Anstrengungen auf der Couch aufsetzte. Er war sich nicht sicher, ob es das alles wert war, aber er war latent unruhig, mehr als sonst. Da war noch ein anderes Symbol: Anrufe in Abwesenheit. Anrufe! Seine Hand zitterte vor Zorn. Nicht einmal das letzte bisschen Menschenwürde gönnten einem diese Blutsauger. Die Missachtung jeglicher Privatsphäre hatte ein Level an Anmaßung erreicht, das... Ach, was sollte er sich da reinsteigern. Was hatte er erwartet.

      Pressekonferenz... Start des Trainingsbetriebs... Vorstandssitzung... Die Betreffs der ungelesenen Nachrichten kamen ihm vage vertraut vor. Doch wie damals bei dieser "abstrakten Kunst", die der senile Präsident vor ein paar Jahren im Vereinsheim hatte ausstellen lassen, begannen die Umrisse zu zerfließen, je mehr Oakley sich ihnen näherte. Je mehr er versuchte, sich auf einzelne Bestandteile zu fokussieren und ihren Sinn einzukreisen, desto dynamischer verloren sie ihre Form und zerfielen in etwas völlig neues.
      Die Packung Wiener Würstchen im Kühlschrank bot noch Inhalt und auch aus dem Senfglas schienen sich noch Reste lösen zu lassen - nicht alles war schlecht an diesem Mittwoch Morgen. Dienstag! Immer noch Dienstag.
      Seine Instinkte hatten ihm immer gute Dienste erwiesen und Oakley vertraute ihnen auch diesmal: Er würde diesen Nachrichten nicht ohne ausgewogenes Frühstück entgegentreten. 14:21 Uhr zeigte das Gerät jetzt, als er wieder auf der Couch lag, um der Verdauung ihren Raum zu geben. Gedanken zogen wie Wolken vorbei - und waren ebenso diffus. Ein Mann mit Betonfrisur und blauem Anzug erschien vor seinem inneren Auge und verschwand so schnell wie er gekommen war. Samt seinem Tisch und seinem Stapel Papier. Lockerungen... Locker... LOCKERUNGEN!!!
      Mit einem mal stand Oakley im Raum, die Jeans schon halb über die ausgeleierte Jogging-Hose gezogen. Hektische Blicke, rechts, links, Handy, Maske. Wo war der verdammte Schlüssel? Die Tür knallte.

      Stöblin, der inkompetenteste unter diesen wertlosen Schmutzfinken, war gerade noch kopfüber im Gebüsch verschwunden, bevor Oakleys Dreier-BMW die Laterne vor dem Vereinsheim schrammte und das Licht des Lokaljournalisten fast mit ausgepustet hätte. "Oakley! Da sind Sie ja endlich!" Kurz befürchtete Oakley ein zweites Rendezvous mit den Würstchen, allein durch den Klang Emsers Stimme. Doch es gelang ihm das Schlimmste zu verhindern. "Emser. Haben Sie mich denn so vermisst?"
      "Wir reden später." Mit wilden Handbewegungen schien Präsident Frobert Emser Oakley per Telekinese auf den Stuhl neben sich befördern zu wollen. "Wir sind mitten in der Fragerunde. Hat noch jemand Fragen zur Kaderplanung für die neue Saison? Dann bitte jetzt an Herrn Oakley. Setzen Sie sich! Setzen Sie sich!"
      Eine der drei traurigen Gestalten, die Oakley vorher kaum aufgefallen waren, nahm seine Tasche und ging. Die anderen zwei wirkten verloren in einem Meer von ca. vierzig Stühlen, denen Oakley nun gegenüber saß. Aus dem Hintergrund des Raumes warf ihm Stöblin böse Blicke zu. Ein Zweig schien ihn am Auge erwischt zu haben. Die Hose müsste in die Reinigung. Er sah nicht gut aus.

      Rund fünf Monate waren vergangen, seit Oakley das letzte Mal diese Räume betreten hatte. Ja, seit er seine Wohnung verlassen hatte. Alles wirkte so surreal. Waren es wirklich nur fünf Monate gewesen? Nicht eine Sekunde hatte er damit verbracht, über die Kaderplanung für die neue Saison nachzudenken. Allein der Gedanke an eine Saison und echte Fußballspiele schienen ihm in den letzten Monaten zu abstrakt. Ha! Kaderplanung... Oakley musste schmunzeln, er wusste selbst nicht recht warum.
      Emsers verwirrter Blick am Ende der Pressekonferenz deutete Unglaube an, die Reporter aber schienen zufrieden. Oakley selbst hatte nicht den blassesten Schimmer, was er ihnen die letzten zehn Minuten erzählt hatte. Wie diese Uhr dieses spanischen Malers schien der ganze Tag in Oakleys Kopf über den Rand seiner Auffassungskapazität zu fließen. Nichts wie raus, bevor Emser wieder das Gespräch einfiel, das er führen wollte. Erst am Steuer brachte ihm ein tiefer Zug an der Zigarre einen Moment der Ruhe. Lockerungen. Saisonstart. Oakley schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich musste er sein Leben wieder in den Griff kriegen. Emser war senil und noch nie der hellste, aber irgendwann würde er ihn feuern müssen und einen neuen Manager anstellen. Vielleicht war es noch nicht zu spät, ein paar Transfers anzuleiern. Vielleicht sollte er für morgen früh den Wecker stellen. Vormittag. Morgen Vormittag. Mittwoch.
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