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Freitagsinfusion 14/21: Deadline

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    Freitagsinfusion 14/21: Deadline

    Um wie üblich beim Thema der Mittwochsfrage zu bleiben: es geht um Deadlines.
    Schreibe eine Szene, in der Dein*e Prota unter Zeitdruck ganz dringend etwas fertigstellen muss. Schön geschrieben, überarbeitet, rechtschreibfehlerarm.

    Aber natürlich hat auch diese Schreibaufgabe eine Deadline. Wer sie bis Sonntag, 27.06.21, 13.00 Uhr, erledigt hat, der bekommt dafür einen ausführlichen Kommentar zu seiner Szene von mir. In Reimform. Und Ihr wisst alle, wie sehr ich handgedichtetes hasse und was für ein Opfer das ist.

    Always avoid alliteration.

    #2
    Na, das motiviert mich doch direkt Auftritt Jojo, Rob und Frieda

    CN Verletzung (angedeutet, nicht explizit)
    Ich schielte auf die Uhr, während ich den letzten Absatz zur hypothetischen Kausalität beim objektiven Tatbestand hinzufügte. 23:47 Uhr. Diese vermaledeite Hausarbeit zur strafrechtlichen Fallpraxis hatte sich länger hingezogen, als ich vermutet hatte. Und rechercheintensiver als erwartet war sie auch gewesen. Aber wenn ich mich ranhielt, konnte ich die Deadline durchaus noch schaffen. Dreizehn Minuten hatte ich immerhin noch, um die letzten Sätze Korrektur zu lesen, mein Fazit zu ergänzen, zwei neue zitierte Werke im Literaturverzeichnis zu vermerken und das Ganze per E-Mail an meinen Prof zu senden.

    Zwölf Minuten, wie mir ein erneuter Seitenblick auf die Taskleiste verriet.

    Komm schon, Johannes! Jetzt zieh es durch! Hättest du dir den Fall eher im Detail angeschaut, würdest du jetzt nicht die zweite Nacht in Folge durchmachen müssen, um den Abgabetermin noch zu schaffen. Aber gleich hast du es geschafft!

    Der Gedanke an Prof. Dr. Eisermann, der rigoros alle E-Mails ignorierte, die ihn nach Punkt 0 Uhr erreichten, spornte mich an und ließ mich noch schneller tippen. Wenn das überhaupt möglich war.

    Noch neun Minuten.

    Schweißtropfen standen auf meiner Stirn, mein Mund war ausgedörrt. Keine Ahnung, wann ich die Mateflasche neben meinem Laptop ausgetrunken hatte, aber zwei Stunden war es sicher schon her. Hatte ich eigentlich seit heute Mittag irgendwas gegessen?

    Noch sieben Minuten.

    Mein Blick flackerte über die abschließenden Sätze, ich setzte noch ein vergessenes Wort an die richtige Stelle und ließ das Fazit Fazit sein. Mit schweißfeuchten Fingern scrollte ich zum Literaturverzeichnis. Wie hieß dieser Schinken noch mal, den ich heute Nachmittag in der Bibliothek gewälzt hatte? Klasse, Johannes, ganz großes Kino! Ein Buch aus dem Präsenzbestand nutzen und dann auch noch vergessen, sich den Titel aufzuschreiben!

    Noch fünfeinhalb Minuten.

    Ich wühlte mich durch die virtuellen Notizen auf meinem Tablet, um vielleicht doch noch irgendwo zwischen unleserlichen Notizen und durchgestrichenen Anmerkungen den gesuchten Buchtitel zu entdecken —

    Es schepperte.

    Reflexartig schoss ich von meinem Schreibtischstuhl hoch.

    Was, zur Hölle, war das gewesen?

    Ein schrilles Miauen schallte aus Richtung Küche.

    Hätte ich nicht schon alarmiert herumgestanden, wäre spätestens das der Moment gewesen, in dem ich aufgesprungen und durch den Flur gehechtet wäre. Nicht dass ich letzteres nicht trotzdem tun würde.

    Rob hatte das Geräusch scheinbar auch gehört – nun ja, Kunststück bei der Lautstärke –, denn er rauschte aus seinem Zimmer durch den Flur und verschwand eine Sekunde später in der Küche. Die Szene wurde von erbärmlichem Miauen derart dramatisch untermalt, dass ich mich in einem drittklassigen Katastrophenfilm wähnte.

    »Oh Gott, Frieda! Aua!«, rief Rob. Diesem Ausbruch folgte eine Reihe von Flüchen und als ich an der Küchentür ankam, sah ich das ganze Ausmaß der Bescherung. Das hier war kein Katastrophenfilm, sondern ein verdammter Splatter Movie!

    Keine Ahnung, was die Katze hier veranstaltet hatte, aber das Texas Chainsaw Massaker war ein lustiges Blumenpflücken dagegen. Und Rob hatte in seinem Eifer, unsere glücklicherweise noch immer vierpfotige Mitbewohnerin zu retten, scheinbar das Sequel zum Gemetzel eingeläutet. Meine Güte, konnte man diese beiden denn nie unbeaufsichtigt lassen?!

    Ich unterdrückte einen Fluch und versuchte, die Lage logisch zu erfassen.

    Was auch immer passiert war – es gab zwei Verletzte und einige Glasscherben auf dem Boden, in die ich weder greifen noch treten wollte. Das hatten Frieda und Rob schon zur Genüge getan.

    Die Katze schrie noch immer herzzerreißend und in solch schrillen Tonlagen, dass ich wirklich begann, mir Sorgen zu machen. Selbst Rob, der Frieda hoch genommen hatte und sie mit der unverletzten Hand streichelte, schien sie nicht im Geringsten zu beruhigen. Womöglich weil er selbst alles andere als ruhig war. Was mich wiederum beunruhigte.

    »Rob, komm sofort mit«, bestimmte ich und hätte ihn an der Hand gezogen, wenn er nicht in der einen die verletzte Katze gehalten hätte und mit der anderen auf bestem Wege gewesen wäre, auf unserem Küchenboden ein paar rote Rorschach-Tests anzulegen.

    Zum Glück folgte er mir brav, Frieda an sich gedrückt. Auf dem Weg ins Bad hatte ich schon per Kurzwahl die Nummer des Tiernotdienstes gewählt. Während ich im Badschrank nach Verbandszeug wühlte, erklärte mir die freundliche Stimme am Telefon, dass sie in wenigen Minuten jemanden vorbeischicken würden. Wunderbar! Bevor ich mich um die Umsetzung der Sofortmaßnahmen für unser Haustier kümmerte, half ich Rob dabei, seine Hand notdürftig mit einer Mullbinde zu umwickeln. Auch wenn sein Gesicht Bände sprach, hatte er die Finger tapfer unter fließendes Wasser gehalten, um die Wunden zu säubern. Meine Nerven waren aufgrund der herzzerreißenden Sounduntermalung der Katze ohnehin angespannt und ich war froh, dass Rob sich in dieser Situation so gut es ging zusammenriss. Vermutlich vor allem wegen Frieda und weniger für mich. Aber das sollte mir recht sein.

    Frieda fürs Erste zu verarzten, glich dagegen einem Akt der Unmöglichkeit. Sie wehrte sich buchstäblich mit Zähnen und Klauen, schrie allerdings auch vor Schmerzen. Irgendwann hatten wir zumindest das Nötigste hinter uns, das uns die Tierärztin geraten hatte. Und keine Sekunde zu früh klingelte es an unserer Tür.




    Einige Zeit später hatte ich das Küchenmassaker beseitigt und Frieda war professionell versorgt. Eingerollt schlief sie in Robs Armen. Und auch ich fühlte, wie die Anspannung langsam von mir abfiel und der Müdigkeit wich. Das war wirklich eine Aufregung, auf die ich gut und gerne verzichten konnte. Auch Rob sah nicht minder erschöpft aus als die Katze, wie er da auf dem Sofa hockte und über ihr Fell streichelte. Glücklicherweise hatte die Verletzung schlimmer ausgesehen, als sie war. Bei beiden. Daher hatten wir beschlossen, am nächsten Tag nach der Uni zum Tierarzt zu fahren, um die Verletzungen noch einmal begutachten und neu verbinden zu lassen. Dann würde die Zeit die Wunden heilen. Wenn Madame Unnötiger-nächtlicher-Spaziergang-mit-Folgen sie denn ließ.

    »Vielleicht sollten wir nach dem letzten Vorlesungsblock kurz im Tierbedarf vorbeischauen und ein Tragegeschirr für sie kaufen. Auf zwei Pfoten hüpfen wird sie ja wohl nicht in den nächsten Tagen und spontan Flügel kriegen wohl auch nicht.«

    »Hm«, machte Rob nur und mein Witz flog gnadenlos an ihm vorbei.

    Kein Wunder, dem fielen schon im Sitzen die Augen zu.

    »Ab ins Bett, würde ich vorschlagen.«

    »Hm«, kam nur wieder zurück, aber immerhin erhob sich Rob und verkrümelte sich mit Frieda in sein Zimmer.

    Ich beschloss, dass Schlafen keine allzu schlechte Idee war und kehrte nach einem Umweg ins Bad auch in mein Zimmer zurück.

    Dort begrüßte mich mein Laptop, der mir mit meiner noch immer geöffneten, ungespeicherten Hausarbeit auf dem Bildschirm entgegen strahlte.

    1:27 Uhr.

    Bildete ich mir das ein, oder machte hier irgendwas ein zischendes Geräusch?

    Die Deadline meines Profs war jedenfalls mit wehenden Fahnen vorbeigerauscht.

    Hin- und hergerissen zwischen einfach den Laptop zuklappen und dem Versuch zu retten, was zu retten war, stand ich noch eine Weile in meinem Zimmer herum.

    Dann fiel mir der Buchtitel wieder ein.

    Und die Rechnung des Tiernotdienstes.

    Ich fotografierte sie ab, schickte sie per Bluetooth an meinen Laptop und vervollständigte das Literaturverzeichnis. Zusammen mit dem Foto hängte ich die Hausarbeit an die Mail an und schickte sie mit einer kurzen Erklärung für meinen Prof ab.

    Er war zwar unerbittlich, was seine Abgabefristen anbelangte. Aber vielleicht hatte er ja ein Herz für Katzen. Oder wenigstens eine Vorliebe für Horrorfilme.
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    Zuletzt geändert von SaKi; 27.06.2021, 14:03. Grund: Überarbeitung der Szene :)
    Wartest du dort hinterm Horizont? Schmiegt die Erde sich so müde an das Himmelreich? Sturm zieht auf mit dunkler Wolkenfront. Ganz egal wie schnell ich lauf, der Abstand bleibt doch gleich. Die alte Sehnsucht ist mein einziger Begleiter. Und trotzdem steh ich auf und gehe taumelnd weiter. — ASP, Ziel

    Kommentar


    • SaKi
      SaKi kommentierte
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      Danke sehr, Alys II., für das wunderbare Musengedicht! Ich lese da raus, dass es der Muse grundsätzlich gefallen hat ^_^ Und ja, es ist eine Kurzgeschichte, weil sich die Eule einfach nicht kurzfassen kann. Konnte ich wenigstens gleich was Neues in der Schreibcommunity posten dank deiner Inspiration

    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      SaKi Oh ja, der Muse hat es gefallen. Die stößt gerade mit Deiner Muse auf gelungene Zusammenarbeit an. (Wieso machen die eine Cocktailparty ohne uns???)

    • SaKi
      SaKi kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Alys II. Weil sie's können!
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