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Freitagsinfusion 5/21: Damals und Heute

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    Freitagsinfusion 5/21: Damals und Heute

    (Ich hoffe, es ist okay, wenn ich den Thread jetzt einfach mal poste.)

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    Sucht euch einen Absatz aus einem eurer alten Werke heraus und schreibt ihn um, wie ihr ihn heute schreiben würdet. Ob er nun ein Jahr, zehn Jahre oder fünfzig Jahre alt ist, spielt keine Rolle.
    Was hat sich seitdem verändert? Wie habt ihr euch entwickelt, was habt ihr jetzt besser gemacht, und was mögt ihr an der alten Version vielleicht trotz aller Entwicklung doch ganz gerne oder sogar lieber?
    There are many ways to make music.

    #2
    Ein Schnippsel von 2013.
    .Die große Eingangshalle war elegant dekoriert, und auch hier war das Thema „Regenwald“ bereits präsent. Einige kleinere echte Palmen in Kübeln und größere Exemplare aus Plastik würden in einer Stunde die Gäste begrüßen. Linn musste lachen. Jemand hatte ein paar Stofftiere, Papageien und vor allem Pinguine, in die großen Kübel mit Buchsbäumen und Bambuspflanzen am Eingang gesetzt. Mit ein wenig Stolz atmete sie tief durch, dann ging sie in ihr Büro, um sich für die offizielle Eröffnungsfeier umzuziehen.
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    Erbarmungswürdiger Versuch, eine Szene in Szene zu setzen. Nix wird gezeigt, nur behauptet, die albernen Stofftiere widerlegen die behauptete Eleganz, und es ist strunzlangweilig. Ein How-not-to.

    Wie würde ich's besser machen? Gnadenschuss für diesen Abschnitt: Weglassen.
    Wenn ich es schreiben müsste?
    Leben überwucherte die sonst so gut abwischbare Eingangshalle. Falsches Efeu und Lianenpflanzen rankten sich das Treppengeländer hinauf, kleine Palmen wuschelte aus Kübeln heraus, aus den Lautsprechern murmelte plätscherndes Wasser und leises Gekecker der Papageien und Malaienäffchen. Nein, das waren die Gäste, die sich in Richtung Buffet schoben. Linn stand wie ein zufriedener Entdecker vor dem Banner mit der Aufschrift "Im Regenwald". Vielleicht sollte sie mal aus den verdreckten Cargohosen raus und in ein glitzerndes Cocktailkleidchen schlüpfen. Sie machte sich auf den Weg, raus aus dieser Blabla-Szene und in ihr Büro. Wer mitkommen möchte, wird enttäuscht sein, denn sie lässt sich beim Umziehen nicht zusehen.
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    *seufz* Nein, definitiv weglassen. Lieber rein in die Action, die folgen wird. Dabei kann sie noch genügend Kübel umstoßen und über Rankpflanzen stolpern. Malaienäffchen gibt's auch gar nicht.

    Kommentar


      #3
      Die Aufgabe finde ich ziemlich schwierig. Ich habe jetzt eine Version meines Romans von vor sieben Jahren durchforstet und bin erstaunt, wie wenig sich an den einzenen Absätzen geändert hat, während ich den Plot ziemlich massiv überarbeitet habe. Ich bin offenbar Meister des Recyclings.

      Von den Szenen, die es noch gibt, ist hier eine, die sich zumindest ein bisschen geändert hat:

      2014:
      Das erste, was Kid wahrnahm, war der Geruch von verschmortem Gummi. Tier stieg aus der Behandlungskabine und sah an den Fassaden hoch, und Kid folgte seinem Blick.
      Schatten tanzten auf den Wänden mit dem Blaulicht, doch er konnte nirgendwo die Bewegung von Metamenschen oder gar Crittern ausmachen. Hinter keinem der teilweise vernagelten Fenster weit und breit brannte Licht, und bis auf das Bellen von Hunden weiter unten auf der Straße und das entfernte Summen der Autobahn herrschte Stille. Eine kühle Briese nach Müll und Gummi stinkenden Nachtwindes strich durch sein Gesicht.
      "Wohnt hier niemand?" fragte Tier misstrauisch.
      "Niemand der Ärger will."
      Feist reichte Kid einen Rucksack hinaus und sprang auf die Straße. "Los doch."
      Mit einem leisen Surren und einem metallischen Schlag schloss sich die Luke hinter ihnen.
      Kid folgte Feist um den Wagen herum auf die Kreuzung. Der Suchscheinwerfer tauchte sie in kaltes Flutlicht, doch hier und da glimmte ein Trümmerteil oder tanzen noch kleine orangene Flämmchen in den Müllhaufen und auf dem Asphalt in kleinen Pfützen von Benzin. Eine einsame Plastiktüte wehte über die Straße.
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      2020
      Als der Rettungswagen still stand, ließ Kid zögernd die Sitzkante los und rieb sich die Beule am Hinterkopf, die er sich bei einem der wilden Fahrmanöver zugezogen hatte.
      Tier stand bereits an der Hecktür. Sobald die Verriegelung klickte, stieß er sie auf und sprang hinaus. Er war kaum um die Ecke des Wagens verschwunden, da tauchte er wieder auf, riss den Feuerlöscher aus der Halterung und stürmte wieder davon.
      Erstickender Geruch von verschmortem Plastik brandete in die Kabine. Kid begriff, dass die Lage da draußen ernst war, schüttelte die Verwirrung ab, die ihn am Sitz festgenagelt hatte, und griff nach seinem Notfallrucksack.
      Draußen fand er sich in einer schmalen, düsteren Straße zwischen heruntergekommenen Gebäuden wieder. Kein Metamensch war weit und breit zu sehen. Nirgendwo hinter den zum Teil vernagelten Fenstern brannte Licht, und nur ein tief über die Straße hängendes Kabel, von dem Funken regneten, bewies, dass es hier überhaupt Strom gab.
      Von rechts schlug ihm Hitze und beißender Qualm entgegen. Ein kleines Auto hatte seine Schnauze in eine Barrikade aus abgeschrammten Betonklötzen gebohrt, die die Straße zur Hälfte versperrte. Flammen loderten aus dem Innenraum empor.
      Der Feuerlöscher fauchte noch einige Male, bis die letzte Flamme im Wagen erstarb. Es wurde gespenstisch still. Erst jetzt fiel Kid auf, dass Scratch die Sirene abgestellt hatte; nur das Blaulicht flackerte über die schmutzigen Fassaden. Hier und da glimmte es noch in den Müllhaufen oder tanzen orangene Flämmchen in kleinen Benzinflecken auf dem brüchigen Asphalt.
      Eine kühle Brise strich durch sein Gesicht. Eine einsame Plastiktüte wehte über die Straße. Zu dem Gestank von Müll und verschmortem Plastik mischte sich der Geruch von erhitztem Metall und noch etwas Eigenartigem, das ein flaues Gefühl in Kids Bauch pflanzte.
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      Poems are never finished.
      Just abandoned.

      Kommentar


      • Dodo
        Dodo kommentierte
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        Ging mir mit meinen 2013-Schnippsel auch so. An den meisten Stellen hat sich erstaunlich (erschreckend? Oder doch Ausdruck eines eigenen ... Stils?) wenig geändert.

      • Ankh
        Ankh kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Dodo Zumindest ziehe ich daraus, dass sich das, was ich für guten Stil halte, seit damals nicht viel verändert hat ^^ Ob das jetzt gut ist oder schlecht, sei dahingestellt. Beim Überarbeiten schreibe ich teilweise neu, teilweise kopiere ich tatsächlich eine Menge Sätze und Formulierungen herum, vielleicht weil ich fürchte, dass ich die alte Version sonst besser finden könnte als die neue.

      #4
      Alte Version, von 2011, 2012 oder 2013 überarbeitet:
      Solange ich lebe, wird mir der Name Debbie in Erinnerung bleiben.
      Niemand in unserer Schule spricht mehr über sie. Manchmal erwähnt vielleicht jemand aus Versehen ihren Namen, und dann kehrt die Erinnerung zurück und hängt schwer in der Luft, wie dichter, feuchter Nebel. Debbie ist das große Tabuthema, und obwohl mich das manchmal wütend macht, kann ich es verstehen, bringt doch der Gedanke an sie nur Erschütterung und Schuldgefühle mit sich.
      Dennoch möchte ich von ihr erzählen. Um mein Versprechen zu halten. Und weil niemand es verdient hat, vergessen zu werden.
      Doch wo fange ich an? Debbie war hübsch - keine herausragende Schönheit, aber auch nicht hässlich. Ihre langen, wohlgeformten Beine, auf die ich insgeheim immer neidisch gewesen war, lenkten von ihrem leicht rundlichen Bauch ab. Und ihr Lächeln war schön - ihr echtes Lächeln. Sie war jedoch nie wirklich glücklich, und so war ihr Lächeln immer nur ein halbes; ihre Mundwinkel hoben sich an und zuckten leicht, ihre Augen blieben unverändert. Nur ein einziges Mal habe ich sie wirklich lächeln sehen
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      Liebste Erzählerin, ich weiß, dass du auf das Mädel stehst, aber wenn du von ihr als Person erzählen willst, ist's nicht gerade angebracht, als erstes so lang über ihren Körper zu reden.
      Ich hab jetzt mal versucht, dieses Ding so zu schreiben, wie es mir damals auch gefallen hätte, nur besser. Ein Bisschen Purple Prose wie damals, ein paar groteske Bilder wie ich es heute mag. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob es mir gefällt. Beim Überarbeiten würde ich es vermutlich etwas kürzen. Oder ob eines besser ist als das andere. Die Aufgabe ist echt schwer. Warum hab ich mir das angetan. XD

      Neue Version
      Wir reden nicht über Debbie.
      Es ist eine unausgesprochene Abmachung, die die gesamte Schule scheinbar über Nacht getroffen hat, und nun ist es, als sei sie Lord Voldemort. Wir haben uns stillschweigend geschworen, sie mit keinem Wort zu erwähnen, wodurch ihr Name selbstverständlich doch immer wieder fällt - vielleicht aus Versehen oder Unwissenheit, vielleicht, um auszutesten, ob er noch immer dasselbe Unbehagen auslöst, vielleicht mit genau diesem Unbehagen als Ziel. Und dann breitet sich ohrenbetäubende Stille aus, bis irgendwann irgendwer einen zaghaften Versuch unternimmt, über etwas anderes zu sprechen und wir uns auf das neue Thema stürzen wie die Aasgeier. Oder vielleicht sind wir auch nur ein Schwarm schreckhafter Stadttauben, die nach allem picken, was ihnen unter die Schnäbel kommt und die gesamte Umgebung vollscheißen.
      Ich würde sie gerne aufschrecken, diese Tauben. Debbie brennt mir auf der Zunge, und manchmal will ich Feuer speien, ihren Namen hinausschreien bis mir die Stimmbänder reißen, und die Mauern aus Schweigen niederreißen.
      Vielleicht will will ein kleiner Teil von mir von ihr erzählen, um uns die Schutzmauern zu nehmen. Vor allem aber will ich mein Versprechen einhalten. Debbie war so viel mehr als unbehagliche Stille, und ich will, dass uns mehr von ihr in Erinnerung bleibt. Ich will an ihr Lächeln erinnern, das sie so gut wie nie mit uns teilen konnte, ihre Stimme, die fast nie erklang, ihre Gedanken, die den meisten von uns verborgen blieben. Ich will, dass sie nicht vergessen wird.
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      There are many ways to make music.

      Kommentar


      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Mir ist die neue Version etwas zu schwammig. In der ersten Version braucht du zwei Sätze und ein Bild (der feuchte Nebel), um zu beschreiben, dass niemand über sie redet. In der neuen Version brauchst du 10 und Voldemort, Aasgeier, Stadttauben, Feuer und Mauern, und trotzdem wird darin nicht mehr gesagt. Purple Prose ist manchmal wunderbar, aber ein gutes Bild pro Sachverhalt reicht mir.

      • Dodo
        Dodo kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Finde beide Versionen auf ihre Art gelungen: das eine knapp und informativ, trotzdem farbig genug, um nicht langweilig zu sein, das andere ein wortreicher, witziger Schwall, aber ein Hauch zu viel davon; tatsächlich wäre mir in der neueren Fassung auch zu viel innerer Widerspruch. Entweder die Leute reden, wenn auch heimlich oder als Test, oder sie schweigen tatsächlich, was von der Ich-Erzählerin gebrochen werden möchte. Die beschriebenen Äußerlichkeiten fand ich im älteren Text auch nicht sehr lang. Aber ja, wenn sie für das Mädel schwärmt, dann vielleicht auch von deren inneren Werten
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