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Freitagsinfusion #124: Spiele Gott

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    Freitagsinfusion #124: Spiele Gott

    Dein*e Protagonist*in hat die Chance, eine Sache an dem Setting, das Du als Autor*in erschaffen hast, zu verändern.
    (Vielleicht möchte er*sie, dass der Himmel grün ist ... oder er*sie will verändert ein physikalisches Gesetz ... gibt jedem Menschen 2 Leben ... ermöglicht Raumflüge mit Überlichtgeschwindigkeit ... schafft eine Religion ab ... macht eine bestimmte Krankheit ungeschehen ... verhindert die Geburt einer bestimmten Person ...)

    Beschreibe den Moment, in dem Dein*e Protagonist*in seine Macht herausfindet - und wie er*sie sie verwendet.
    Always avoid alliteration.

    #2
    "Und was hast du für einen Grund, mich umzubringen?" fragt Samira, während sie mich kritisch von Kopf bis Fuß mustert. Keine Waffen, keine Fangzähne, Tentakel oder sonstige Gliedmaßen, um ihr den Kopf abzureißen. So etwas wie mich hat sie schon lange nicht mehr gesehen, einfach nur ein ganz normaler Mensch. Ein überaus gutaussehender, denke ich, während ich meine engelsgleichen Locken locker aus dem Gesicht puste. "Spricht man so mit seinem Gott?" frage ich und lächle so breit, dass sich das Sternenlicht in meinen perfekten Zähnen reflektiert. "Götter..." Sie spuckt vor mir auf den Boden, ein Tröpfchen landet auf meinen Krokodillederschuhen. "Die können mich mal am-" "Nanana" Ich hebe tadelnd den Zeigefinger. "Zugegebenermaßen, das mit dem Wolfsrudel war ein wenig übertrieben. Aber die Wasserschlange, da habe ich dich drangekriegt!" Ich stupse ihr freundschaftlich mit dem Ellbogen in die Seite. "Das..." Sie holt geräuschvoll Luft. "Du warst das. Das alles?" Ich breite die Arme aus und deute eine Verbeugung an. "Ich weiß, ich weiß. Kaum zu glauben, dass ein Mensch allein hinter diesem meisterhaften-" "DU...RIESENARSCH!" Sie rammt mir den Finger in den Bauch, genau in den Solarplexus. "Ist dir noch zu helfen? Warum? Sag mir einfach warum? Warum bist du so ein mieses, kleines..." Sie sucht nach dem richtigen Wort, aber ich lasse es sie nicht finden. Ein klitzekleines bisschen fies bin ich vielleicht. "Suchst du was?" frage ich unschuldig, und das macht sie nur noch wütender. Sie tritt nach mir, und mit einem routinierten Rückwärtssalto weiche ich aus. Unter der Narrenkappe funkelt sie mich an. Ich lasse die Glöckchen ein klitzekleines bisschen bimmeln. Sie packt sich die Kappe vom Kopf und pfeffert sie auf den Boden. Ok, langsam wird es gemein. Ich klatsche theatralisch in die Hände, und im nächsten Moment sitzen wir an einer üppig gedeckten Tafel. "Wein?" biete ich an, obwohl ich die Antwort schon kenne. Nämlich gar keine, sie starrt mich einfach nur an. Gluckernd schenke ich mir ein. Sie sagt noch immer keinen Ton, also beschleunige ich die Sache ein wenig." Du bist also ein Gott." sagt sie. "Kein Gott" korrigiere ich. "Etwas weitaus mächtigeres. Mein Kommen wurde in uralten Schriften prophezeit. Autoren nennt man solche wie mich." Ich lasse ein verblichenes Pergament erscheinen und halte es ihr unter die Nase. "Schau, da stehts." Ihr Blick ist abwertend, das gefällt mir nicht. Ihr Blick ist bewundernd. Aber kritisch. "Und was willst du von mir? Ich meine, du machst doch eh alles, wies dir passt."
    "Sei doch nicht immer so negativ"
    "Ich bin genau so negativ, wie du mich negativ machst. Wieso bin eigentlich ich die, die immer alles abbekommt?"
    "Das sagst du nur, weil du die anderen POVs noch nicht kennst." antworte ich und grinse wissend. "Aber nun die frohe Botschaft: Du kannst dir eine Sache wünschen, egal was! Und ich mache sie wahr."
    "Ich wünsche mir, dass du dieselbe Scheiße durchmachen musst wie ich." antwortet sie wie aus der Pistole geschossen. "Wie würde es dir gefallen, wenn die Leute abschießen, fressen, erfrieren lassen."
    "Hey!" Ich hebe abwehrend die Hand. "Du bist noch gar nicht gefressen worden!"
    "Noch?" Sie will mir an die Gurgel, will mich würgen, so wie Homer Bart würgt. Zum Glück sind ihre Hände jetzt so schwer wie ein Laster, und die Tafel stabil genug, um das Gewicht zu tragen. Fantasy, bitch. Sie zerrt ungläubig an ihren Handflächen herum, aber die bewegen sich keinen Millimeter. "Also, so langsam müssen wir mal vorankommen." sage ich. "Was willst du?"
    Sie verflucht mich, mich und meine Vorfahren. "Das weißt du doch sowieso schon" zischt sie dann und tritt mir unter dem Tisch vors Schienbein. Es tut gar nicht weh.
    "Das ist ja das witzige" sage ich. "Ich schreibe das spontan, ich weiß also tatsächlich noch nicht, was du gleich sagen wirst. Logisch wäre irgendwie, deine Schwestern zurückzubekommen, aber das wäre auch langweilig. Wie wärs damit, dass die Welt keine Kugel, sondern ein Donut ist. Aus physikalischer Sicht wäre das echt-"
    "Aus physikalischer Sicht kannst du dich ins Knie ficken. Ich wünsch mir unendlich viele Wünsche. Bä!" Sie streckte mir die Zunge heraus. Verdammt, warum habe ich sie so schlau gemacht?
    "Gilt nicht." sage ich.
    "Warum nicht?"
    "Weil."
    "Das ist keine Antwort."
    "Doch."
    "Ok" stimmt sie einsichtig zu. Selber bä!
    Sie rollt eine Strähne mit ihrem Finger auf, bemerkt meinen Blick und hört auf. Fängt wieder an. Flucht. "Ich will ein Happy End."
    "Definiere Happy End."
    "Ich bin glücklich und alle die mir wichtig sind auch. Alle anderen können sich-"
    "Alle die dir jetzt wichtig sind oder alle, die dir einmal wichtig sein werden? Und was ist mit Widersprüchen, vielleicht ist des einen Glück des anderen-"
    "Du bist so ein Arsch! Krieg ich jetzt mein Happy End oder nicht?"
    "Das geht nicht so leicht, das ist Grim Fantasy. Da kann ich nicht einfach ein Märchenschloss herzaubern"
    "Und was ist das da?" Anschuldigend zeigt sie auf den Komplex aus Schlössern und Burgen über uns. Er verschwindet.
    "Ich sehe nichts."
    "Ich wünsche mir Stahlkappenstiefel."
    Gnädig neige ich den Kopf, und zücke meinen Zauberstab. "Wutschen und Wedeln!" belehre ich sie, während ich ein wildes Muster in die Luft zeichne. Puff, sind die Stiefel da. "Tritt schon zu" sage ich und beiße die Zähne zusammen. "Du hast es dir verdient."

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      #3
      "Und warum bekommen wir nicht jeder einen Wunsch?"
      Weil ich keine Zeit habe, fünf Szenen zu schreiben und ich keinen vorziehen wollte. Also müsst ihr euch zusammen auf etwas einigen.
      "Aha. Ist das jetzt wieder so eine Mitarbeiterevaluationsscheiße?"
      Nein. Ich habe euch doch erklärt, worum es –
      "Dass wir uns was wünschen dürfen, ja. Damit du uns dann einen Strick draus drehen kannst."
      Warum sollte ich das tun?
      "Na, schau dir doch mal die kranke Welt an, die du erschaffen hast. Also ob du nicht jede Gelegenheit nutzen würdest, allein eins reizuwürgen."
      Erstens habe ich diese Welt nicht geschaffen.
      "Ha. So viel zum Thema Autor."
      Und zweitens würde ich euch kaum solche Macht geben, wenn ich euch eins reinwürgen wollte. Das kann ich nämlich auch so.
      "Nein, kannst du nicht. Denn wenn du es einfach so tust, dann bist du auch schuld. Aber wenn wir uns etwas wünschen und du dann eine Katastrophe draus strickst, dann kannst du schön die Verantwortung auf uns schieben."
      Wie meinst du das?
      "Naja, angenommen wir wünschen uns, dass es keine Kriege mehr gibt, dann jagst du am Ende noch den ganzen Planeten in die Luft. Keine Menschen mehr, keine Kriege. Und wir sind dran Schuld. Sowas."
      Ich bin der Autor, nicht der Teufel.
      "Im Prinzip bist du das doch. Jedenfalls könntest du als einer agieren, wenn du willst."
      Okay, schön. Aber ich verspreche euch, ich werde einfach machen, was ihr wünscht. Ohne Hintergedanken.
      Die fünf wechseln Blicke. Misstrauisch, aber ich merke, das Thema ist durch.
      "Okay, und was sollen wir uns jetzt wünschen?"
      "Keine Ahnung. Ich meine, "dass alle Leute nett und freundlich sind" würde nicht funktionieren, oder?"
      "Das wäre irgendwie gruselig. Ich meine, die Persönlichkeit von allen zu verändern, wäre ein ziemlich heftiger Eingriff."
      "Vielleicht würde es schon reichen, wenn man den Durchschnitts-IQ um 30 Punkte anhebt."
      "Dann hätten wir hochintelligente Arschlöcher zu Hauf. Nein danke."
      "Und ein angenehmer Lebensstandard für alle?"
      "Das würden sich innerhalb von ein paar Jahren doch wieder ein paar wenige unter die Klauen reißen."
      "Keine Krankheiten mehr?"
      "Und woran sollen die Leute dann sterben? Der Planet platzt auch so schon aus allen Nähten, auch ohne, dass sich Leute 150 Jahre an ihre Sessel klammern."
      "Wahrscheinlich würden sie sich noch begeisterter gegenseitig umbringen, wenn man sich anders nicht mehr loswird."
      "Dann wenigstens keine kranken Kinder mehr?"
      Stille. Wieder werden Blicke quer durch den Raum getauscht. Nachdenkliches Nicken. Dann hebt einer nach dem anderen die Hand.
      "Okay, wir haben uns entschieden."
      Keine kranken Kinder?
      "Und keine Tricks. Sie leiden nicht, sie sterben nicht, sie lösen sich nicht in Luft auf oder so ne Scheiße. Sie bleiben einfach gesund."
      Versprochen.
      "Ehrlich jetzt?"
      Ja, klar. Auch wenn es etwas schade ist, weil ich es immer nett finde, wenn ihr auf der Kinderstation vorbeischaut. Die kann ich jetzt wohl dicht machen.
      "Das Opfer bringen wir gerne."
      In Ordnung.
      "Wehe, du schreibst doch eines."
      Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft. Keine kranken Kinder.
      "Nicht in der Ver– Warte mal. Du hast das nie vorgehabt, oder? Und du hast uns gerade dazu gebracht, etwas zu beschließen, was du längst beschlossen hattest!"
      Ich würde mich da nicht so festlegen.
      "Jetzt hast du dich festgelegt."
      Jetzt ja.
      "Okay, dann verbuchen wir das mal als Gewinn."
      Das könnt ihr. Auch wenn ich euch leider nicht das gute Gefühl lassen kann, das ihr das bewirkt habt. Denn ihr werdet dieses Gespräch hier jetzt vergessen.
      "Kann ich mit leben. Solange du dich an die Abmachung hältst."
      Versprochen.
      "Na dann. Ähm. Danke."
      Gern geschehen. Und nun macht euch wieder an die Arbeit. Die Pause ist vorbei.
      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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        #4
        Jarczyk: Schnelles Ding. (schafft alle Religionen ab und bekommt dafür den Friedensnobelpreis).

        (ich: Friedensnobelpreis?
        Jarczyk: Ja sicher.
        ich: Ein bisschen genießt du auch die Ironie mit dem "Gott spielen", nicht wahr?
        Jarczyk: Du kennst mich. (grinst))

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          #5
          "Dass ich das richtig verstehe", sagte Marion und stellte ihr Glas zurück auf den Tresen. "Wir betrinken uns hier seit viertel vor acht, weil James Priester ist."
          Annes Hand flatterte zu ihrem Ausschnitt. Sie zog einmal rechts und einmal links ihr Lederkorsett zurecht, räusperte sich und murmelte etwas, das sich wie "Ganz recht" anhörte.
          Ganz recht ... was für ein dämlicher Ausdruck. Sie nahm noch einen kräftigen Schluck Guinness.
          Marion hob die Schultern. "Kannst du doch ändern", sagte sie beiläufig, eine Hand schon wieder am Glas.
          "Klar." Anne schnaubte.
          "Nein, ich mein's Ernst. Was glaubst du, warum mein Fashion Blog so erfolgreich ist? Ganz bestimmt nicht, weil ich so hart dafür arbeite. Und ich bin nur eine Nebenfigur. Stell dir bloß mal vor, was du als Protagonistin bewirken könntest."
          "Protagonistin? Was für eine Protagonistin?"
          "Na, du!", sagte Marion. "Du brauchst nur zu sagen: Ich wünsche mir, dass James niemals Priester geworden ist. Das war's. Mein Gott ... Bin ich etwa die Erste, die dir das beibringt?"
          Eine Zeitlang überlegte Anne, wie sie dem Barkeeper möglichst unauffällig vermitteln konnte, die Leute in Weiß zu rufen. Dann aber begann sie so zu unvermittelt zu lachen, dass ihr dabei sogar ein Grunzen entwischte. Sie stützte denn Ellbogen auf den Tresen und zeigte Marion den Mittelfinger. "Ich wünsche mir, dass James niemals Priester geworden ist", sagte sie dabei und lachte noch mehr.
          Kaum hatte sie den Satz zu Ende gesprochen, schwang die Tür auf und ein Mann in Bluejeans und grauem Pullover mit V-Ausschnitt kam herein. Erst, als er direkt neben ihr stand, erkannte sie ihn.
          "Hi", sagte James und küsste sie auf die Schläfe.
          Sofort zog sie ihren Kopf zurück, doch James schien es nicht bemerkt zu haben. Er setzte sich auf den Hocker neben ihr und bestellte einen Whiskey Sour beim Barkeeper. Als dieser serviert und James einen kleinen Schluck genommen hatte, lächelte er sie an. "Alles in Ordnung?"
          Anne starrte auf die Stelle zwischen seinen Schlüsselbeinen. Während sie von sich zeigte, was zu zeigen sich lohnte, kam es ihr absolut unerhört vor, dass James' Stelle zwischen seinen Schlüsselbeinen zu sehen war. Am liebsten hätte sie sie mit der Hand verdeckt, doch dann hätte sie seine Haut berühren müssen. In einer Bar. Seine ... Haut ...!
          "Falls du noch besorgt bist wegen meiner Mutter", sagte James. "Es geht ihr wieder gut, und ich soll dir sagen, dass sie dir die Schüssel wieder mitgibt, wenn wir das nächste Mal da sind."
          Das nächste Mal? Bei seiner Mutter?!
          Anne griff nach ihrem Bierglas, ließ die Hand aber auf halbem Weg sinken. Diese Situation schrie nach etwas anderem als nach Bier.
          Als James sich zu ihr beugte und seine Lippen so nah an ihrem Ohr waren, dass sich all ihre Härchen im Nacken aufstellten, wusste sie nicht, ob das ein gutes oder ein schlechtes Gefühl war. Sie schielte nach rechts, unfähig, sich zu rühren, doch Marion hatte sich gerade halb auf ihrem Hocker aufgesetzt, um an ein Schälchen Erdnüsse zu gelangen.
          "Ach", raunte James. Sein Atem war heiß, seine Stimme so anders. "Und das mit der Swingerparty am Wochenende habe ich geklärt. Halb zehn. Adresse kommt kurzfristig per Textnachricht."

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