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Freitagsinfusion #44: Das Interview

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    [Inspiration] Freitagsinfusion #44: Das Interview

    Dein Protagonist wird zu einem Interview eingeladen. Geht er hin? Oder nicht? Was zieht er an? Und welche Fragen wird er garantiert nicht beantworten – aus welchen Gründen auch immer?
    »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

    #2
    Welche Art von Interview?
    Überregionale, seriöse Tageszeitung? Online Magazin für Manager? Lokale Schülerpresse, oder Rita Skeeter?

    Jaja, ich weiß schon, was Du sagen wirst. „Denk Dir was passendes aus, Du bist ja schließlich Autor.“

    Na gut, ich mache ja schon. 🙂
    Always avoid alliteration.

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      #3
      Meine Protagonisten haben sich alle geweigert. Entweder ist der Terminkalender auf Monate hinaus zu voll, oder sie haben keine Lust. Aber erfreulicherweise hat sich ein Nebencharakter gefunde, der den Reporter in Empfang nimmt:


      Ein kleiner, drahtiger Mann mit schlohweißen Haaren und buschigen Augenbrauen kommt auf den Innenhof und winkt den schlacksigen jungen Mann heran. "Hallo! Ihr dort! Ihr müsst doch bestimmt der - wie nennt man das gleich? Jour-na-list? - sein?"

      Man begrüßt sich freundlich und der Alte schaut zu dem Journalisten hoch. Seine Augen blitzen vergnügt. "Na, dann wollen wir mal. Möchtet Ihr mit in mein Studierzimmer kommen? Oder wollen wir uns hier ans Feuer setzen?"

      "Gerne in Euer Studierzimmer, Meister Taars. Aus Eurer direkten Arbeitsumgebung ergeben sich sicher interessante Fragen."

      Der Alte führt den Journalisten durch einige Gänge, dann in eine Art Vorraum, in dem eine junge Frau sitzt und ein alt aussehendes Buch studiert. Als die beiden eintreten macht die junge Frau Anstalten, aufzustehen, aber Taars macht eine abwehrende Handbewegung und sie konzentriert sich wieder auf ihr Buch. Von dort aus geht es in das Studierzimmer. Es wäre eingentlich ein recht großer Raum, doch er ist so zugestellt mit überquellenden Regalen, dass er winzig wirkt.

      "Setzt Euch bitte. Soll ich uns etwas Tee bringen lassen?"

      "Das ist nicht nötig, danke."

      "Ich muss ja schon sagen, ich bin beeindruckt. Dieses In-ter-view - eine ganz tolle Idee! Aus welcher Sprache kommt der Begriff nochmal?"

      "Freut mich, dass Ihr dem gegenüber so aufgeschlossen seid."

      "Oh, man muss mit der Zeit gehen. Gerade, wenn man alt wird." Er kichert verschmitzt. "Und die Interviews, die Ihr mir vorab geschickt habt - sagenhaft! Was man da alles erfährt über fremde Kulturen und Berufe! Ihr müsst mir versprechen, Eure - wie hieß das, Zeit-ung? - ganz billig zu verkaufen. Alle Leute sollten solche Interviews lesen können. Gerade das mit dem Köhler, das fand ich sehr spannend. Und das, das ihr mit der Schneiderin geführt habt. Ich wusste vorher nie, was man alles beachten muss, um ein schönes Hemd zu schneidern." Taars fährt mit der Hand über den Brustteil seines hellen Leinenhemds.

      "Ein gutes Stichwort. Darf ich fragen: ist das Eure normale Arbeitskleidung, die Ihr gerade tragt?"

      "Das hier? Oh, ja. Bei der Behandlung Kranker wird die Kleidung oft verunreinigt, aber gleichzeitig ist Sauberkeit sehr wichtig. Ich trage immer Sachen, die die Mägde gut auskochen können."

      Der Journalist notiert sich die Antwort, was der Alte faziniert beobachtet. "Ihr verwendet eine Art Kurzschriftsystem?"

      "Ja, sonst würde das MItschreiben zu lange dauern."

      "Sehr interessant. Und Ihr, tragt Ihr auch gerade Eure normale Arbeitskleidung?"

      Der Journalist muss lachen. "Wisst Ihr, eigentlich sollte ich Euch die Fragen stellen. - Aber ja, für Interviews mit höhergestellten Personen versuche ich, mich angemessen zu kleiden."

      "Natürlich, natürlich, fagt nur."

      "Woher kommt Ihr, Meister Taars? Stammt Ihr aus der Gegend hier?"

      "Ja, ich wurde in Nira geboren. Mein Vater war Mitglied der Palastwache Kaiser Karmars des Zweiten."

      "Karmar der Zweite? Moment..." Der Journalist kramt kurz in seinen Unterlagen, liest etwas, blickt dann erstaunt auf. "Wie alt seid Ihr denn?"

      "Zweihundertundeinundreißig Jahre." Taars richtet sich in seinem Stuhl so groß auf, wie es geht. "Ich bin der Drittälteste hier. Aber von uns Alten eindeutig der - wie sagt man da neuerdings? Der Fitteste."

      "Beeindruckend. Sehr beeidruckend. Das heißt, die beiden anderen Alten sind Eure Patienten? Gibt es denn Krankheiten, die nur bei Magiebegabten auftreten?"

      "Bedauere. Über meine Patienten werde ich nichts sagen. Kein Wort."

      "Aber könnt Ihr mir Eure Behandlungsmethoden ganz allgemein schildern? Ohne konkrete Beispiele zu nennen."

      "Das könnte gehen. Versuchen wir es."
      Zuletzt geändert von Alys II.; 28.09.2018, 11:03.
      Always avoid alliteration.

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        #4
        Ich würde niemals eine meiner Figuren der Tortur eines Interviews aussetzen. Stattdessen plane ich die Figur, spare selbst das Intimste nicht aus (wie die Figur ist, ohne äußere Maske, ohne offizielles Gesicht), aber auch, wie die Figur sich selbst sieht, und, wie andere sie sehen. Fremdbild versus Selbstbild also. Hier ein Beispiel aus einem Exposé, an dem ich gerade arbeite.:

        Michael:
        Selbstbild: Fühle mich unvollständig, ohne zu wissen, wer meine Mutter ist.
        Fremdbild: Ein geiler Typ, mit dem man Spaß haben kann, wenn er nicht so grüblerisch wäre.
        Ohne Maske: Ein Mensch auf der Suche nach der eigenen Identität, der Angst davor hat, was er vielleicht finden könnte.

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        • Ankh
          Ankh kommentierte
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          Das hier ist eine Schreibübung, an der man einfach teilnehmen kann, wenn man Lust hat. Wenn nicht, dann nicht

          Eine Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Charakterinterviews und -fragebögen hatten wir zum Beispiel hier schon mal, du kannst dazu aber auch gerne ein neues Thema eröffnen, wenn es dir auf den Nägeln brennt.

        • Gast-Avatar
          Gast kommentierte
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          Ankh, der Autor, und nur er oder sie, erschafft eine Figur! Er legt fest, was Want und Need, was Background und Strategie einer Figur ist, und, wie die Figur sich selbst sieht, sowie, wie andere sie sehen. Es ist eine klar struktuierte Aufgabe, in die der Autor viel Fantasie fließen lässt.

        • Ankh
          Ankh kommentierte
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          Habe ich das irgendwo bestritten?

        #5
        "Wie geht es der Frau? Ist sie tot?"
        "Können wir sie sprechen?"
        "Hat sie die selben Verletzungen wie beim letzten Mal?"
        "Kein Kommentar."
        "Aber Herr – wie ist Ihr Name?"
        "Shôriki. Teamleiter von DWTeam 11."
        "Herr Shôriki, die Öffentlichkeit ist besorgt, und hat ein Recht darauf, zu erfahren, was in dieser Stadt vor sich geht!"
        "Die Persönlichkeitsrechte unseres Patienten gehen vor. Über die Sicherheit in unserer Stadt sprechen Sie am besten mit Herrn Oberfeldwebel Ates da drüben."
        Die Blicke der beiden Männer trafen sich über den Köpfen der Reporter. Yokais Mundwinkel zuckte, als sich die Meute um 180 Grad drehte und den Offizier bestürmte, der eben den Flur betreten hatte.
        "Herr Ates, haben wir es mit einem Serienkiller zu tun?"
        "Können Sie uns Einzelheiten zur Spurenlage mitteilen?"
        "Haben Sie bereits eine Sonderkommission eingerichtet?"
        "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können wir dazu aus ermittlungstaktischen Gründen nichts sagen. Ich danke Ihnen für ihre Zeit." Ates bremste nicht einmal ab, sondern bahnte sich ohne Rücksicht einen Weg zur Tür, vor der Yokai stand. Sein Blick bohrte sich für einen Augeblick zornig in den von Yokai, bevor er sich hinter ihm vorbeischob und die Wohnung des Opfers betrat. Yokai stellte sich einem Reporter in den Weg, der hinterherschlüpfen wollte.
        "Herr Shôriki, Sie sprachen von den Persönlichkeitsrechten Ihrer Patientin. Das bedeutet, sie ist noch am Leben, nicht wahr?"
        "Kein Kommentar."
        "Es berührt sicher nicht das Patientengeheimnis, wenn sie uns sagen, was genau passiert ist, oder?"
        "Das fällt nicht in meinen Zuständigkeitsbereich. Dazu warten Sie am besten die Pressekonferenz der Militärpolizei ab." Ein Schatten im Augenwinkel erregte Yokais Aufmerksamkeit.
        "Es wird also zu diesem Fall eine Pressekonferenz geben?"
        "Voraussichtlich nicht von unserem Konzern. Was die Militärpolizei betrifft, wenden Sie sich an Herrn Ates. Calavera?"
        Die Menge wurden schlagartig mucksmäuschenstill, als Yokai sein Mikrofon aktivierte.
        "Aye?"
        "Da draußen vor den Fenstern ist eine Drohne. Hol das Ding runter."
        "Mit Vergnügen."
        "Und schick De Portau raus, wenn er gerade die Hände frei hat."
        Dere schwarze Schatten verschwand. Weiter hinten fluchte einer der Reporter. Als sich kurz darauf die Tür hinter Yokai öffnete, drängten sich die Vordersten sofort weiter unangenehm gegen ihn und reckten die Hälse, wichen aber gleich wieder kollektiv einen Schritt zurück. Yokai musste sich nicht einmal umdrehen, um zu wissen, was sie sahen.
        "Kannst du mal kurz hier übernehmen? Ich muss mit Ates sprechen."
        "Klar", antwortete eine vertraute Bassstimme.
        Yokai umrundete den zwei Meter Muskelberg, der sich hinter ihm in der Tür aufgebaut hatte. Das Geschnatter setzte wieder ein.
        "Wie heißen Sie?"
        "De Portau. Sicherheitsgardist DWTeam 11."
        "Was hat den Konzern veranlasst, ein High Threat Response Team zu diesem Einsatz zu schicken?"
        "Ist die Situation da drin gefährlich?"
        Yokai hörte noch De Portaus knappe Antwort, bevor sich die Tür hinter ihm schloss.
        "Kein Kommentar."




        Poems are never finished.
        Just abandoned.

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        • Alys II.
          Alys II. kommentierte
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          "Und, wie gefällt Ihnen so, was Ihre Autorin da über Sie geschrieben hat?"
          "Kein Kommentar."

        • Ankh
          Ankh kommentierte
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          *lach* Dafür, dass die sonst so gerne und viel labern, können die manchmal ziemlich wortkarg sein

        #6
        Diese Freitagsinfusion gibt mir ein wenig die Möglichkeit, noch ein paar Ideen für den nicht ganz vollständigen 3. Akt meines Überarbeitungsprojektes zu finden. Super!

        Eine hübsche, blonde und junge Frau betrat das spartanisch eingerichtete Büro des Journalisten. Sie trug eine viel zu große Jacke, flache Schuhe, Handschuhe und hatte gewaltige Kopfhörer auf, aus denen der ‚Sänger‘ einer Metalband einen unverständlichen Text brüllte. Als sie jene aber absetzte, verstummte die Musik und sie pulte Schaumstoff aus ihren Ohren.
        „Bin ich hier richtig? Ich bin Lynn Kast.“
        Der Journalist erhob sich und reichte ihr die Hand. Sie griff nach dieser für einen Handschlag, ließ aber rasch wieder los und setzte sich ohne Aufforderung auf den Stuhl vor dem Tisch.
        „Es wundert mich, dass Sie tatsächlich aufgetaucht sind“, sagte der Fremde.
        „Sie erpressen das Iljin-Kartell. Es wundert mich, warum Sie noch leben. Stattdessen sitze ich hier, um Ihnen Ihre Fragen zu beantworten.“
        Das Blut wich ihm aus dem Gesicht und er räusperte sich. „Das Wunder der totalen Überwachung. Man weiß nie, was auf am Ende auf den Datenträgern landet. Aber fangen wir an, ja? Ich schreibe einen Artikel über das SSEK und ihre Bindung zu den osteuropäischen Kartellen.“
        Sie seufzte. „Dann stellen Sie ihre Fragen. Scheinbar meinen die Russen, dass es ihnen hilft.“
        „Gut. Sie waren bis zum Ende der Herzensbrechermorde bei dem SSEK angestellt, ehe Sie ihre ehemalige Partnerin in den Slums erschossen haben. Was haben Sie für das SSEK gemacht?“
        „Das, was eine Nichtpolizistin eben im SSEK macht. Es ist das spirituelle Sondereinsatzkommando. Und wenn ich also keine Beamtin bin, bin ich wohl ein Medium.“
        „Aber welche Art von Medium?“
        „Eine Banshee.“
        Er blinzelte und sah auf sein Tablet, auf dem direkt Informationen zu diesem Thema stehen mussten. Er hatte wohl die neuste Version von neuralen Links. Er nahm sich einige Minuten, ehe er den Blick wieder hob.
        „Wie sind sie als Banshee bei den Russen gelandet?“
        „Was kann wohl eine Person machen, die den Tod anderer erleben kann oder ganz simpel in Dauerschleife abspielen sieht?“
        „Eine Menge. Deswegen sind Sie für beide Parteien wichtig. Wie lange haben Sie für das SSEK gearbeitet?“
        „Vier Jahre. Danach kehrte ich zu den Russen zurück.“
        „Sie waren bereits vorher bei ihnen?“
        „Sie haben mich von Lüneburg nach Berlin gebracht, als ich sechzehn war.“
        „Das klingt nach einer engen Bindung. Aber sie haben gegen das Iljin-Kartell im Fall des Suizids von Fiona Rösch ausgesagt. Hat das ihre Bindung nicht zerstört? Immerhin sind drei der besten Männer Artjom Iljins dadurch hinter Gitter gewandert.“
        „Nein, hat es nicht. Und selbst wenn, ich bin zu wertvoll für das Kartell, als dass sie mir gegenüber einen Groll hegen können.“ Sie lächelte kurz und schlug die Beine übereinander.
        „Was war der erste Fall im SSEK, den sie bearbeitet haben?“
        „Der Suizid von Jani Joroslow.“
        „Oh. Das war ihr erster Fall? Ein Kollege hat damals darüber geschrieben. Ein hässliche Sache.“
        „Nur ein pädophiler Vater, der seine Tochter in den Tod trieb.“ Sie schluckte und presste die Kiefer zusammen. Wenn es doch so einfach abzutun wäre, wie sie es verbal tat.
        „Sie verbinden also die beiden Partein. Das SSEK braucht Sie für unaufklärbare Morde, die Russen wahrscheinlich, um mehr Geld zu verdienen. Aber was haben Sie davon?“
        „Schutz. Was in meinem Kopf ist, ist sehr viel Geld und noch viel mehr Leben wert. Wenn ich wollte, könnte ich jetzt sofort unsere halbe Regierung denunzieren.“
        Er runzelte die Stirn. „Ist das nicht ein bisschen hochgegriffen?“
        „Glauben Sie? Unser Kanzler zum Beispiel, Gutav Wittinger. Während er sich mit einer Prostituierten vergnügt hat, hat er ein paar verschlüsselte Mails mit einem chinesischen Konzern ausgetauscht, der an unseren Restbeständen von Wäldern interessiert war. Also die echten Wälder, die militärisch geschützt werden. Hat einen sehr hohen Preis für eine handvoll Bäume genannt und die Antwort darauf war … gut, bei Ihrem Blick werde ich nicht sagen, was die Antwort war.“ Sie sprach immerhin mit einem Journalisten und das war mit unter das dreckigste Volk der heutigen Zeit. Neben Politikern. „Worauf ich hinausmöchte: die Prostituierte wurde ein paar Tage später tot aufgefunden. Raubmord. Eine Tat, die ich gut beobachten konnte, aber keine Hinweise lieferte, also habe ich die Szene selbst berührt. Die Frau, die vor meinen Augen abgestochen wurde, angefasst und voilÁ , das erste, was ich erlebte ist nicht der Mord an sich, sondern ihre Nacht mit Wittinger und die Emails, die sie nicht mal bewusst wahrgenommen hat. Erst dann wurde ich, äh ich meine sie abgestochen.“
        Auf dem Tablet öffnete sich eine Notizapp, auf der in großen Buchstaben Wittinger und Waldbestände sowie China zu lesen war, ehe sie sich wieder schloss.
        „Wieso schafft man Sie dann nicht aus dem Weg? Sie scheinen für viele gefährlich zu sein. Doch stattdessen werden Sie von zwei Instanzen beschützt. Der legalen und der illegalen.“
        „Aus demselben Grund, warum es Waffen gibt. Sie sind gefährlich, aber wer sie in den Händen hält, sitzt eindeutig am längeren Hebel. Und wenn Ihr Feind eine Waffe hat, Sie aber nicht, was wäre ihnen lieber? Sie zu zerstören oder selbst in den Händen zu halten?“
        „Aber wenn ich öffentlich mache, was Sie sind und können, wird es nicht gefährlicher für Sie?“
        Sie schüttelte den Kopf. „Die Triade weiß von mir, die Italiener haben sogar meinen Vater getötet, die Polen sind daran gescheitert, mich in die Finger zu bekommen und die Russen schirmen mich vor allen Politikern und Wirtschaftsmogulen ab. Ich habe einen sehr mächtigen Nekromanten an meiner Seite und kann mir selbst mehr als gut helfen. Neben der Tatsache, dass ich oftmals weiß, wann ich sterbe. Ich kenne immer meinen eigenen Tod und kann ihn so umgehen. Und niemand hätte etwas davon, mich leiden zu lassen, wenn ich doch nützlich sein kann.“
        Er stützte seinen Ellenbogen auf den Tisch und entlastete seinen Hals, indem er seinen Kopf auf seiner Handfläche bettete. „Aber sind Sie es sich nicht leid, ständig den Tod sehen zu müssen?“
        „Ich bin damit aufgewachsen. Früher habe ich es gehasst, heute nutze ich es. Ich habe mich damals benutzen lassen, nun entscheide ich, was ich will und was nicht.“
        „Was ist, wenn Sie nicht mehr für die Russen arbeiten wollen?“
        „Wie meinen Sie das?“
        „Ich gehe ohne tiefe Recherche nie in solche Interviews. Die Polizei lässt so gut wie alle Fälle um das Iljin-Kartell im Sande verlaufen und das Kartell liefert viele Informationen an die Behörden. Ich habe mich bis jetzt gewundert, warum man solch einen unmoralischen und widerrechtlichen Deal eingeht. Der Grund sind Sie. Was ist also, wenn Sie eines Tages aufwachen und nicht mehr für die beiden arbeiten wollen? Wenn Sie sich sagen, dass nie wieder als Banshee fungieren wollen? Bei dem Nutzen, den sie für beide Seiten haben, werden sie Sie doch wohl kaum gehen lassen.“
        Lynn blinzelte.
        Darauf hatte sie keine Antwort.

        Kommentar


          #7
          "Schön, dass es endlich geklappt hat mit dem Interview!"
          "Glaube ich Ihnen, Sie haben ja lange genug darum gebettelt."
          "Ist ja verständlich. Ich will ja hier nicht den großen Speichellecker spielen, aber es war nun mal schon immer mein, naja, Wunsch mich mal mit Ihnen treffen und mit Ihnen sprechen zu dürfen. Sozusagen paart sich hier privates Interesse und Arbeit, nicht wahr?"
          "Na, zumindest können Sie mit Worten umgehen, daher haben Sie wohl als Journalist den richtigen Beruf gewählt. Ist doch auch wahr, oder?"
          ...
          "Herr Janssen! Wie sieht, ich sag mal, Ihr normaler Arbeitstag aus? Kann man bei Ihnen überhaupt noch von Arbeitstag reden?"
          "Wie meinen Sie das? Wieso soll man meinen Arbeitstag nicht als Arbeitstag benennen? Wollen Sie damit sagen, dass ich nicht arbeite? Oder dass..."
          "Nein, nein. Verstehen Sie mich nicht falsch..."
          "So! Tu ich das?"
          "Lassen Sie mich erklären..."
          "Ich bitte darum. Vielleicht brauchen Sie dafür so lange, dass Sie den Zeitrahmen für unser Gespräch komplett ausgefüllt bekommen und ich Sie hinausbitten darf!"
          ...
          "Wann haben Sie zum ersten Mal gemerkt, dass Ihre Geschichten anders als die der vielen anderen Autoren sind? Dass sie besser sind, dass man damit was anfangen kann, dass man sie verkaufen kann?"
          "Zunächst einmal habe ich nie behauptet, dass meine Geschichten besser sind. So, wie Sie angefangen haben mit der Frage, wann ich denn gemerkt hätte, dass sie anders, ja, anders sind. Dass sie anders sind und dass sie gut sind. So hätten Sie die Frage stellen müssen, oder?"
          "Ja, da haben Sie recht!"
          "Na, also. Ist schon komisch, dass ich Ihnen hier Ihren Beruf erklären muss. Sind Sie der Journalist hier, oder ich? Aber vielleicht können Sie mir auch helfen, und mir verraten, wie ich meinen nächsten Roman beginnen soll. Haben Sie einen Tipp für mich? Für den ersten Satz?
          ...
          "Nun gut, wie sehen denn Ihre zukünftigen Projekte aus? Vorhin hatten Sie ja schon mal angedeutet, dass ein neuer Roman kommen soll. Auf was müssen dürfen sich Ihre Leser einstellen, worauf dürfen sie gespannt sein?"
          "Hab ich das angedeutet? Wann?"
          "Nun ja, vorhin hatten Sie gesagt, ob nun aus der Ironie heraus oder etwas Ähnlichem, dass ich Ihnen helfen könnte, wie Sie mit ihrem neuen Roman beginnen soll und..."
          "Ja, das stimmt. Das hatte aber nichts mit Ironie oder sonstwie zu tun."
          "Aha..."
          "Denn Sie können mir wirklich helfen! Sie können mir wirklich helfen und mir sagen, wie ich ihn beginnen soll. Meinen neunen Roman, mein neues Projekt! Dann können Sie mir auch gleich verraten, worum es in eben diesem Roman gehen soll! Denn ich weiß es nicht. Nein, ich weiß es nicht!"
          "Okay..."
          "Ja, schreiben Sie das genauso auf. Genauso! Dann wissen Ihre Leser, dass wir Autoren auch nur Menschen sind, die nicht jeden Tagen von übernatürlichen Eingebungen befallen werden, von hochtrabenden Ideen infiziert werden für irgendwelche Weltromane, verstehen Sie? Ja, da staunen Sie was? Und während Sie mich so ungläubig anschauen, darf ich Ihnen sagen, dass die Zeit herum ist. Wo die Tür ist, brauche ich Ihnen dabei nicht sagen, oder? Ich hoffe, dass Ihre Hoffnungen und Wünsche nicht zusehr enttäuscht oder gar zerstört worden sind ... von mir! Doch lassen Sie mich Ihnen wenigstens eine Frage beantworten!
          "Und... und die wäre?"
          "Fragen Sie mich: Warum ist dieses Interview derart in die Hose gegangen? Na los, fragen Sie mich das!"
          "Warum...warum ist diese Interview derart in die Hose gegangen?"
          "Weil wir alle Menschen sind und Menschen machen Fehler und haben Schwächen. Ihre ist es, dass Sie mir nicht die richtigen, vernünftigen Fragen stellen konnten. Und meine ist es, dass ich in all den Jahren des einsamen Arbeitens zur Freude der mir verhassten Menschheit, verlernt habe, mit eben jener umgehen zu können. Es ist ein Leid, es tun zu müssen, aber in Gedenken an einen selbst muss man es machen! Verstehen Sie? Man muss es ... man muss es."
          It's my life, don't you forget, caught in the crowd, it never ends! (Talk Talk)

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