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Weltenfrage #17: Infrastruktur

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    Weltenfrage #17: Infrastruktur



    In meiner Rollenspielgruppe spielten wir vor einigen Jahren ein Abenteuer, bei dem die Spielergruppe unter anderem ein mysteriöses Bergwerk in einem Inselgebirge finden musste.
    Wir gingen logisch an die Sache ran: Wir waren in einer vollkommen unzivilisierten und nicht erschlossenen Gegend, eine Mine braucht Wasserversorgung – wir müssten also nur dem Fluss stromaufwärts folgen, und schon würden wir die Mine finden. Leider versicherten uns alle Einheimischen, dass es keinen Fluss gäbe.
    Also Plan B: Dann suchen wir eben die Straße. Ein Bergwerk, in dem Tonnen von Erz abgebaut werden, braucht eine Versorgungsstraße. Leider fanden wir auch diese nicht.
    Plan C: Wir lassen uns hinführen. Auch, wenn wir keinen offiziellen Führer finden – die Minenarbeiter brauchen etwas zu essen. Wir müssen also nur herausfinden, von welchem Markt regelmäßig große Mengen Lebensmittel ins Gebirge geschafft werden, und den Händlern folgen wir dann diskret. Tja, Ihr ahnt es: solche Großlieferungen an Nahrungsmitteln gab es nicht.
    Das ganze kostete uns mehrere Spielabende und war unglaublich frustrierend. Als wir die Mine schließlich fanden, war diese quasi im Nichts. Nicht einmal ein Trampelpfad führte dorthin. (Und diese Minenanlage plus umgebender Gebäude war eine kleine Stadt!) Nachdem wir nur zu Fuß dort hin kamen, ist mir bis heute unklar, wie das Erz von der Mine abtransportiert werden soll. Und die Bergleute (immerhin rund 70 Mann) lebten offenbar von Luft und Liebe. Ach ja, einen Bach gab es. Der schien aber nur dort lokal hinter der Küche zu plätschern und führte nirgendwo hin.

    Wie es zu dieser ganzen Situation gekommen war, ist klar: Der Autor des Abenteuers hat keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, welche Infrastruktur für den Betrieb eines Bergwerks notwendig ist. Ich verstehe, warum. Das Thema ist nicht gerade spannend. Trotzdem ist es beim Weltenbau ein notwendiges Übel, sich damit auseinanderzusetzen. Wie man an dem obengenannten Beispiel schön sieht: schlampige Infrastruktur führt sehr schnell dazu, dass der Leser eine Welt als unrealistisch ansieht.

    Bis zu einem gewissen Grad kann das trotzdem funktionieren. Wer erinnert sich an nur eine echte Straße im „Herr der Ringe“? (Ich gebe zu, ich habe hier die Filme vor Augen. Aber ruft sie Euch nochmal ins Gedächtnis: Minas Tirith steht mitten in einer vertrockneten Graslandschaft, und nicht einmal zum Haupttor führt eine Straße. Selbst das gigantische Schwarze Tor von Mordor steht einfach so in der Landschaft herum – Gollum muss Frodo und Sam führen, weil ein Weg dorthin nicht offensichtlich erkennbar ist.) Ich denke, man verzeiht diese Ungenauigkeiten bei Tolkien, weil der „Herr der Ringe“ in anderen Dingen, die Tolkien gut konnte, so toll ausgearbeitet ist. Wer Tolkien liest, der schwelgt in Liedern, Sprache und ansprechenden Landschaftsbeschreibungen.

    Obwohl ich ein Fan vom „Herr der Ringe“ bin finde ich aber, dass die Geschichte durch gute Infrastruktur noch gewonnen hätte.
    Nehmt als Gegenbeispiel einmal die „Rad der Zeit“-Serie. Hier sind die Trollocs einer der Hauptgegner - eine Art Orks, die Menschen überfallen. Das Komische dabei ist: die Menschen wissen genau, wie lange es dauert, dass ein Heer von Punkt A nach Punkt B marschiert. Sie haben ein gut ausgebautes Straßennetz, schicken Boten aus, und warnen sich gegenseitig. Aber die Trollocs tauchen immer dort auf, wo sie eigentlich gar nicht sein dürften. Sie sind offenbar nicht an normales Reisen über Land gebunden, und genau das ist unerklärlich und verstört die Menschen zutiefst.
    Ein anderes, schönes Beispiel finde ich aktuell bei George R. R. Martin, der Infrastruktur sehr bewusst einsetzt. Viele derjenigen, die den Eisernen Thron wollen, haben gute Chancen darauf. Die spannende Frage ist, wer seine Armee in die Nähe der Hauptstadt bringt – und in welchem Zustand diese Armee dann noch sein wird. Ausgezehrt vom Marsch und ausgehungert? Oder geschwächt von wochenlanger Seefahrt auf kleinen Schiffen, mit seekranken Pferden? Und ganz nebenbei steht da noch die Frage im Raum, ob diese große Mauer aus Eis, die seit Jahrhunderten nicht richtig gewartet wurde, gegen den Feind aus dem Norden halten wird.

    Macht Ihr Euch bei Euren Romanen Gedanken über Infrastruktur wie Straßen, Wasserwege, Brücken, Energieversorgung, Fernwärme, Busverbindungen u.s.w?
    Gibt es in Euren Städten Abwasserwege und Müllentsorgung?
    Geht Ihr vielleicht sogar noch weiter und entwickelt Ihr Grundzüge von sozialer Infrastruktur, also Gesundheitssystem, soziale und kulturelle Einrichtungen, Bildungssystem, Sport- und Freizeitanlagen?


    Always avoid alliteration.

    #2
    An deinen letzten Beispielen sieht man gut, dass gerade Armeen und Krieg Infrastruktur benötigen und vorantreiben. Man denke nur an das Straßennetz der Römer.
    Auch die Ägypter sind ein gutes Beispiel, die zum Aufbau ihrer großen Pyramiden Arbeiterdörfer drumherum hatten und die Pyramiden stehen dort, wo sie stehen, aufgrund der Bodenbeschaffenheit und benötigten Transportwege. Gerade riesige Bauten wie Paläste kann man nicht einfach irgendwohin bauen und dann ist da nichts drumherum.

    In meinem PloMo-Projekt geht es um einen Stamm Nomaden. Die haben natürlich weder festgebaute Städte noch steinerne Straßen. Umso wichtiger allerdings sind Transportmittel wie Pferde oder Kamele und die Landschaft selbst wie Flüsse und Berge etc. Wer sein ganzes Hab und Gut auf wenigen Wagen verstaut, ist zwar sehr mobil, aber ohne eine Brücke kann ein Fluss zu einem unüberwindbaren Hindernis werden. Da wird man sich zweimal überlegen, ob man das Risiko eingeht sein Haus in der Strömung zu verlieren.
    Darüber mache ich mir natürlich Gedanken. Genauso wichtig ist die Lage der einzelnen Orte meiner Geschichte. Wie weit liegen sie für jemandem mit einem Pferd auseinander? Wie weit zu Fuß? Wie beeinflusst diese Distanz die Machtausübung des Herrschers? Es gibt Gründe, warum die Römer in Britannien und Germanien nie alles einnahmen, der lange Weg von Rom aus gehört dazu. Wenn Informationen und Menschen nur so schnell reisen können wie ein Pferd, hat das einen großen Einfluss auf entfernte Gebiete.

    Bisher allerdings spielten meine Geschichten noch nicht in einer zeitlichen und örtlichen Dimension, wo Infrastruktur von großem Belang war oder sie spielten in einer modernen, westlichen Stadt, wo ich einfach meine Erfahrungen extrapolieren konnte. Mit kommenden Projekten wird diese Frage wesentlich spannender, da ich von meinem PloMo-Projekt ausgehend eine ganze Welt mit eigener Historie entwickeln will, die schlussendlich in einer "modernen Gesellschaft" ankommen soll. In den Geschichten auf dem Weg dorthin werden Fragen zur Infrastruktur noch von großer Bedeutung sein.
    Aber alles nach einander. Ich komme dann wieder hierher, um von meinen Erfahrungen zu berichten
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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    • Alvias
      Alvias kommentierte
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      Bitte bessere mich aus wenn ich falsch liege, aber der lange Weg von Rom war nicht wirklich ein Grund ... die Nordküste Galliens lag wesentlich weiter weg als diese barbarischen Länder jenseits der Alpen und des Rheins. Die Ostgrenze des Römischen Reiches war auch viel weiter entfernt ... dass man Germanien nicht eingenommen hat, lag wohl eher am Widerstand seiner Bewohner, in Britannien war es ähnlich ... irgendwann hatte man kein Interesse mehr daran, über dieses Land zu herrschen ... man konnte ja nicht alle mit der Zivilisation beglücken ;-) oder habe ich das falsch in Erinnerung?

      Aber ansonsten muss ich dir Recht geben ... Infrastruktur ist extrem wichtig und spielt eine große Rolle, vor allem für den Plot

    • In-Genius
      In-Genius kommentierte
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      Alvias Wie vieles im Leben hat es natürlich mehrere Gründe, die zusammenspielen. Ich bin allerdings sicher, dass der lange Weg zwischen Rom und seinen Grenzen dazu beigetragen hat, gewisse Landstriche nicht einzunehmen. Germanien hat sich nur teilweise gewehrt. Viele germanische Stämme an der Grenze hatten auch Abkommen mit den Römern - die aber genauso oft gebrochen wurden. Es ist schwieriger, Abkommen oder Gesetze dort durchzusetzen, wo die Macht nicht spürbar ist. Je weiter weg dieser Ort vom zentralen Geschehen ist, desto schwieriger ist es die Macht spürbar zu machen (in Zentralstaaten).
      Umso schwieriger natürlich Macht an einem weit entfernten Ort zu halten, den man nur als mäßig wichtig ansieht. Ich mein, was will man als Römer in Britannien? Mauer bauen, London behalten und fertig.

      Bei der Ostgrenze ist sicherlich zu beachten, dass es von Konstantinopel aus regiert wurde, nicht von Rom aus. Das Östliche Römische Reiche hielt ja auch weithinein bis ins späte Mittelalter an, während Westrom schon lange gefallen war. Ich möchte vermuten, dass die relativ gute Erreichbarkeit vieler Provinzen per Seeweg geholfen hat, die Macht besser zu festigen. Während Kontinentaleuropa zwar durch Flüsse gut vernetzbar ist, aber das bietet sich zum Bewegen von Armeen und vor allem Handel leicht schlechter an.

      Wie gesagt, die Gründe sind vielerlei, warum welche Landstriche erobert werden und welche Reiche fallen, aber die Beweglichkeit und Schnelligkeit von Informationen/Menschen in einem Reich ist zu beachten in Erklärungsmodellen.

    #3
    Die Infrastruktur ist mir tatsächlich sehr wichtig, obwohl (oder gerade weil?) mein Setting eine fiktive Großstadt ist.

    Ich glaube, es ist auch das einzige am Weltenbau, für das ich wirklich Zeit investiere, bevor ich mit dem Schreiben loslege. Da ich discovery writer bin, kommt es zwar gerne trotzdem mal vor, dass ich vor einer (sich ergebenden) Verfolgungsjagd innehalten muss, um die Umgebung zu entdecken, aber zumindest gönne ich mir diese Phasen. Denn jemanden zu verfolgen macht ohne Straßenkenntnisse, ggf. ÖPNV und ein Gefühl für Entfernungen wirklich wenig Sinn ...
    Ich halte mich dabei aber ebenfalls an meine eigenen Erfahrungen.



    Alles ist Gift. Es kommt nur auf die Dosis an. (Paracelsus)

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    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
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      Großstadt hat wirklich den Vorteil, dass wir da instinktiv vieles richtig machen und eigene Erfahrungen haben. Da wäre man ja doof, wenn man das nicht nutzt. Wir haben ein Gefühl dafür, wie oft ein Taxi vorbeikommt, und wie viele Bäcker, Apotheken und Blumenverkäufer es gibt.
      Hast Du für Deine fiktive Stadt eine konkrete Großstadt als Basis genommen, oder sie komplett selbst entwickelt?

    • Lael
      Lael kommentierte
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      Als ich die Geschichte angefangen habe (so um 2002 rum), habe ich mich von der Größe her an Berlin orientiert, da ich innerstädisch Wegstrecken von 2 h+ überbrücken wollte und mir die Multikulturalität entgegenkommt. Aber im Prinzip könnte es fast überall sein.

    #4
    Zur Tolkien-Thematik:

    Bei Tolkien gab es sehr wohl Straßen, auch wenn das im Film zugunsten der romantisierten Atmosphäre etwas vernachlässigt wurde. Auf den Karten sind die großen Handelswege sogar eingezeichnet (Nord-Süd-Straße, Harad-Straße, Große Oststraße etc.) und sie führen sowohl nach Minas Tirith als auch zum Morannon.
    Aber auch im Film kommen sie ab und zu vor. Bspw. als die Hobbits das erste Mal von einem der schwarzen Reiter verfolgt werden, ruft Frodo sogar: "Runter von der Straße!" Ihnen wird auch geraten abseits der Wege zu gehen. (sicher auch eine Erklärung)

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    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
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      Peter, und Nachtmahr, ich merke schon, ich hab HdR eine Weile nicht mehr gelesen. Früher war das Pflichtlektüre in jedem Skiurlaub, aber seit diese Urlaube nicht mehr jährlich gesichert stattfinden ... (Alles Ausreden, ich weiß. )

    • Nachtmahr
      Nachtmahr kommentierte
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      Och, ich hab den Herrn der Ringe auch schon länger nicht mehr gelesen, aber das liegt daran, das er mir manchmal zu schwere Kost ist. Ansonsten, kommt eigentlich schon viel Infrastruktur in Tolkiens Geschichten vor, finde ich. Da gibts ja noch die diversen Wege. Die Nordstraße die später Grünweg genannt wird, Elbenweg usw. Aber darauf achte ich beim Lesen gar nicht, auch wenn ichs unbewusst abspeicher. Und so wird es wohl den meisten Lesern gehen. Und in den Filmen ist trotz aller Überlänge einfach kein Platz, um auf sowas genauer einzugehen.

    • Winterherz
      Winterherz kommentierte
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      Nachtmahr Also ich würde davon ausgehen, das Minas Tirith von Wasserquellen versorgt wird, wo es schon an den Berg gebaut wurde.
      Quellen die sonst als Gebirgsbach nach unten laufen. Ich bin im Südschwarzwald groß geworden, da sind an den Bergen überall kleine Quellen und Bäche, manchmal kleine Teiche, da kommt eine Menge Wasser zusammen.
      Weiterhin besteht die Möglichkeit, bei einer so großen Baufläche, Wasser in Zisternen zu sammeln. Eine Stadt bzw. Festung muss nicht zwingend an einem Fluss liegen. Ohne Fluss oder vergleichbares wäre aber die Kanalisation ein Problem, vermute ich.
      Durch Helms Klamm fließt auch ein Bach der wohl dem Berg entspringt. Es wird nicht so gezeigt, aber es ist im Bereich des Möglichen denke ich. Wasser ist tatsächlich fast überall, allerdings begrenzt die Menge natürlich die mögliche Bevölkerung. Realistisch gesehen ist ein Fluss immer Trumpf, wenn es um eine richtige Stadt geht.
      Zuletzt geändert von Winterherz; 04.03.2019, 20:18.

    #5
    Das Setting meiner Geschichten sind meist Städte (fiktiv oder real) aus der jetzigen Zeit.

    Infrastruktur spielt eine große Rolle. Im letzten Band haben meine Figuren Greater New York durch selektive Zerstörung den Strom abgestellt und ich habe mich durch die New Yorker Hochwasser Evakuierungszonen gearbeitet. Generell sind meine Protas gerne mit Fahrrad oder U-Bahn unterwegs.

    In den Fantasysachen ist Infrastruktur nicht sonderlich bedeutend. Ein paar Straßen und befahrbare Flüsse reichen mir zur Zeit. Im ersten Band sind die Figuren an für sich stationär in einem kleinen Nest irgendwo im Rheinland. Das ändert sich in den nächsten Bänden, wenn sich das Kreuzfahrerheer auf den Weg nach Osten begibt. Dann muss ich mir um Straßen, Seewege und Versorgung mehr Gedanken machen.


    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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      #6
      Infrastruktur sind ja die Venen/Adern eines Lades, einer Zivilisation. Also ja, es spielt für mich eine Rolle. Aber keine dramatisch. Es hat nur Fortbewegungswert, mal besseren, mal schlechteren.
      Nein das war ich nicht.
      Ach so, das!
      Ja, das war ich.

      Kontakt: administrator@wortkompass.de

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        #7
        Macht Ihr Euch bei Euren Romanen Gedanken über Infrastruktur wie Straßen, Wasserwege, Brücken, Energieversorgung, Fernwärme, Busverbindungen u.s.w?
        Ja
        Gibt es in Euren Städten Abwasserwege und Müllentsorgung?
        Ja
        Geht Ihr vielleicht sogar noch weiter und entwickelt Ihr Grundzüge von sozialer Infrastruktur, also Gesundheitssystem, soziale und kulturelle Einrichtungen, Bildungssystem, Sport- und Freizeitanlagen?
        Ja

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          #8
          Zitat von Alys II. Beitrag anzeigen
          In meiner Rollenspielgruppe spielten wir vor einigen Jahren ein Abenteuer, bei dem die Spielergruppe unter anderem ein mysteriöses Bergwerk in einem Inselgebirge finden musste.
          Wir gingen logisch an die Sache ran: Wir waren in einer vollkommen unzivilisierten und nicht erschlossenen Gegend, eine Mine braucht Wasserversorgung – wir müssten also nur dem Fluss stromaufwärts folgen, und schon würden wir die Mine finden. Leider versicherten uns alle Einheimischen, dass es keinen Fluss gäbe.
          Also Plan B: Dann suchen wir eben die Straße. Ein Bergwerk, in dem Tonnen von Erz abgebaut werden, braucht eine Versorgungsstraße. Leider fanden wir auch diese nicht.
          Plan C: Wir lassen uns hinführen. Auch, wenn wir keinen offiziellen Führer finden – die Minenarbeiter brauchen etwas zu essen. Wir müssen also nur herausfinden, von welchem Markt regelmäßig große Mengen Lebensmittel ins Gebirge geschafft werden, und den Händlern folgen wir dann diskret. Tja, Ihr ahnt es: solche Großlieferungen an Nahrungsmitteln gab es nicht.
          Das ganze kostete uns mehrere Spielabende und war unglaublich frustrierend. Als wir die Mine schließlich fanden, war diese quasi im Nichts. Nicht einmal ein Trampelpfad führte dorthin. (Und diese Minenanlage plus umgebender Gebäude war eine kleine Stadt!) Nachdem wir nur zu Fuß dort hin kamen, ist mir bis heute unklar, wie das Erz von der Mine abtransportiert werden soll. Und die Bergleute (immerhin rund 70 Mann) lebten offenbar von Luft und Liebe. Ach ja, einen Bach gab es. Der schien aber nur dort lokal hinter der Küche zu plätschern und führte nirgendwo hin.
          Hm, mir sind spontan dafür einige Erklärungen eingefallen:

          Plan A: Der Fluss verläuft unterirdisch oder die Bewohner tragen das täglich benötigte Wasser aus einem Bergsee zur Siedlung und lagern es womöglich in einer Zisterne oder, je nachdem von welchen Höhenmetern wir reden, können sie auch Schnee von den Bergspitzen abtragen.
          Was den Transport der Erze angeht: Je nach technischem Stand könnten unter Tage Loren für lange Strecken genutzt wurden sein. Stollen werden teilweise auch geflutet, zum einen, um Stabilität des Systems zu gewähren, zum anderen auch, um Transportwege unter der Erde zu nutzen. (Ohnehin gibt es auch immernoch Grundwasser, sodass Wasser idR. eher gefördert werden, also aus dem System herausbefördert werden muss, als zugeführt.) Wenn die Mine seit langer Zeit bestand, hätte sich da ein großes Wegenetz etablieren können. Zusammen mit einem unterirdischen Fluss bräuchte es also keinen Transportwege über Tage. Was allerdings immer noch nötig wäre, sind Luftschächte. Aber ob man die in einem Gebirge so leicht findet?
          Dass hinter der Küche ein Bach fließt... Der kann in höheren Lagen entspringen und dann alsbald wieder im Gestein verschwinden/ versickern. Muss nichts heißen, finde ich.

          Plan C: Je nachdem wie die Ernährung aussieht, können die Menschen auch von Almvieh leben. Ich denke da spontan an Yaks im Himalaya, die Leder, Fell, Milch und Fleisch liefern und genauso gut den ganzen Haushalt tragen können. Bei einem Bergwerk kann es sein, dass die Leute die Lasttiere, die sie unter Tage verwenden, ab einem bestimmten Lebensalter oder bei Verletzung schlachten und Nahrung und Leder gewinnen. Wenn ich mich nicht irre, ist die traditionelle Ernährungsweise von Inuits auch stark tierisch geprägt, dh. Menschen brauchen nicht unbedingt eine ausgewogene Ernährung/ hauptsächlich pflanzliche Ernährung, um eine Zivilisation aufrechtzuerhalten. (Ich glaube, in den heißen Gebieten Afrikas leben die Menschen auch hauptsächlich von Vieh wie Ziegen, die noch das dornigste Gebüsch fressen können.) Als Letztes bleibt auch die Möglichkeit, dass die Menschen jagen.

          Plan B: Insofern muss es nicht unbedingt Straßen dorthin geben, da die Gemeinschaft auch abgeschottet leben kann. Ob das jetzt so ein schönes Leben wäre, ist etwas anderes. (Bzw. hast du auch nichts dazu geschrieben wie die Menschen dort lebten. Neben der Infrastruktur hätte ich bei solchen Lebensumständen jedenfalls kein Wald-und-Wiesen-Dorf erwartet.)

          Das Interessante an dem Bergwerk wäre eher die Verhüttung gewesen, weil das mit einigem Dreck einher geht, und vor allem Feuerholz kostet. Da hätte man evtl. durch Rauchwolken die Lage finden können oder, gegeben in dem Gebirge hätte es auch Wald gegeben, durch abgeholzte Bäume zumindest einen näheren Radius ausmachen können, in dem das Bergwerk zu finden ist.

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          • Alys II.
            Alys II. kommentierte
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            Ich meinte ja nicht, dass die Überlegungen, die meine Spielgruppe damals aufgestellt hat, die einzig richtigen gewesen wären. Wie Du aufgezeigt hast, gibt es noch sehr viele andere Möglichkeiten für sinnvolle Infrastruktur. (Von den von Dir genannten gab es. z.B. keine einzige in dem Abenteuer.) Aber irgendeine durchdachte Infrastruktur muss es geben, sonst wird das ganze unrealistisch.

          • JessicaJoan
            JessicaJoan kommentierte
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            Ich meinte damit auch nicht, dass ihr falsch gelegen hättet oder einfallslos gewesen wart.

            Es ist nur so, dass das Setting, das du beschrieben hast, erklärt werden kann und deswegen nicht per se undurchdacht oder "unrealstisch" ist. Ich habe das völlig losgelöst von deiner Gruppe genommen und weiter ausgeführt als Beispiel wie soetwas erklärt werden kann.

          • Badabumm
            Badabumm kommentierte
            Kommentar bearbeiten
            Ein Rollenspiel muss nicht plausibel aufgebaut sein, wenn die Macher an die Hälfte der notwendigen Voraussetzungen gar nicht gedacht haben. Natürlich ist eine Mine da, wo das Erz ist. Ein Fluss muss da nicht sein, aber eine Straße oder eine Arbeitersiedlung bestimmt. Man könnte sich eine utopische Möglichkeit ausdenken, in der das Erz unterirdisch über Förderbänder talwärts geschafft wird - aber warum unterirdisch, nur damit man es nicht von außen sehen kann und damit die Mission künstlich erschwert wird?

            Ich will sagen: üblicherweise nehmen Minenbetreiber keine Rücksicht auf die Umwelt. Wo Erz abgebaut wird, ist in der Regel weiträumig alles kaputt, planiert und gerodet. Es sei denn, die Mine soll vor feindlichen Staaten versteckt werden. Dann wird es unterirdisch sein, wie ja auch Raketenproduktionen getarnt wurden.

          #9
          Ich habe bisher eher wenig ganze Länder entwickelt, aber auch beim Aufbau meiner Städte achte ich drauf. Denn wie bei deinem Minen-Beispiel frage ich mich immer, wie eine größere Stadt an genau dieser Stelle entstanden ist und wie sie versorgt wird, wenn sie sich nicht (komplett) selbst versorgen kann. So tolle Städte versteckt mitten im nirgendwo finde ich deswegen immer recht unglaubhaft.

          Ich denke das Problem in der Phantastik ist oft einfach, dass der Autor/die Autorin denkt, dass das ja eh alles ausgedacht und magisch ist und man deswegen nicht recherchieren muss. Oder sich irgendwie an die Logik einer Welt halten muss

          Meiner Meinung nach sollte man das Thema Infrastruktur viel stärker beachten, da es nicht nur ein bisschen Realismus in die Geschichten bringt, sondern auch der Welt und dem Plot mehr Leben geben kann. Wenn ich weiß, dass eine Stadt abhängig ist vom Handel oder keine Kanalisation hat oder diese eine Straße quasi die Lebensader ist, dann kann man da so viele schöne Hindernisse und Probleme kreieren
          »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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          • Alys II.
            Alys II. kommentierte
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            Zitat von Julestrel Beitrag anzeigen
            Ich denke das Problem in der Phantastik ist oft einfach, dass der Autor/die Autorin denkt, dass das ja eh alles ausgedacht und magisch ist und man deswegen nicht recherchieren muss. Oder sich irgendwie an die Logik einer Welt halten muss
            Oh ja! Genau das ist es, was mich beim Weltenbau so oft nervt. "Ist halt so in meiner Welt" ist dieses Lieblingsargument von Leuten, die nicht recherchieren wollen bzw. sich mit Logik nicht auseinandersetzen wollen.

          • Ankh
            Ankh kommentierte
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            Ich finde es bei Magie sogar noch viel wichtiger, sich da Gedanken zu machen, weil man sich ja auch noch überlegen muss, wie sich die Magie auf die Infrastruktur auswirkt bzw. welche Teile sie ersetzt.

          #10
          Etwas spät - aber ich bin mal wieder da...
          Macht Ihr Euch bei Euren Romanen Gedanken über Infrastruktur wie Straßen, Wasserwege, Brücken, Energieversorgung, Fernwärme, Busverbindungen u.s.w?
          Gibt es in Euren Städten Abwasserwege und Müllentsorgung?
          Geht Ihr vielleicht sogar noch weiter und entwickelt Ihr Grundzüge von sozialer Infrastruktur, also Gesundheitssystem, soziale und kulturelle Einrichtungen, Bildungssystem, Sport- und Freizeitanlagen?
          Ja! Auf jeden Fall. Ich versteh gar nicht, wie man das nicht tun könnte. Ich finde aber auch, solange etwas nachvollziehbar ist, bleibt die Logik erhalten. Also bspw. das das Tor nach Mordor nicht einfach zu finden ist - wer wollte schon eine richtige Straße nach Mordor? Diese würde wohl eher Sauron nützen, aber jenseits des Tores hat er (zur Zeit der Geschichte) wenig Macht. Vllt gab es eine richtige Straße, die über die lange Zeit verfallen ist? Das nach Minas Tirith keine feste Straße führt, ist dann allerdings etwas abwegig - wer solche Städt erbaut, baut auch feste Straßen. (m.M.n.)


          Ich jedenfalls habe mich viel mit dem Römischen Reich beschäftigt. Das ist vorbildlich was Infrastruktur angeht. (Aber auch andere Reiche, etwa das Mongolische, Chinesische oder das Inka-Reich hatten ganz spezielle Infrastrukturen.)

          Man muss sich z.B. fragen, welche Bedeutung etwa der Hauptstadt zukommt. Rom war ein Imperium. Das heißt, es hatte keine festen Grenzen, es hat seinen Einfluss über die ehemaligen Grenzen des Ortes Rom weit ausgedehnt. Diese Ausdehnung hat Ressourcen eingebracht, die erst ermöglichten, das Rom zur damals weltgrößten Stadt heranwuchs. Rom war Rom, SPQR - Senat und Volk von (der Stadt) Rom. Alle Steuern und auch viel Getreide des Reichs gingen letztlich nach Rom - nicht anders konnte man damals eine Millionenstadt ernähren und unterhalten. Ohne Getreide aus den Provinzen musste Rom Hunger leiden.
          Alles was aus der Stadt heraus kam, wurde vor allem in Legionen und Infrastruktur investiert, um die Herrschaft Roms zu sichern, und letztlich den Ressourcenfluss zu sichern, der wiederum in Machterhalt investiert wurde. Letztlich dient die beständige Ausdehnung auch dem Schutz des Machtzentrums, dazu braucht es Infrastruktur.

          Eigentlich ist Infrastruktur elementar. Jede Form von Zivilisation ist vor allem eins bzw. zwei Dinge - Infrastruktur und Kulturstruktur. (was für ein Wort...)

          Infrastruktur ist nicht selten auch eine spannende Sache. So ist z.B. die Versorgung einer Armee ebenfalls Infrastruktur. Tross, Getreide, Wasser, etc. Oder bei modernen Armeen - Treibstoffe, Ersatzteillager, vllt Sprungtore für Raumschiffe, usw.
          Zur kulturellen/sozialen Struktur kann man dann zählen, wie die Armee/Flotte etc. organisiert und strukturiert war. (Etwa die Ordnung und Disziplin der römischen Legionen.)

          Infrastruktur ist auch Technologie und/oder damit auch Überlegenheit. Römische Legionen hatten technische Tricks drauf, die ihre Gegner immer wieder überraschten, verwirrten, ängstigten. Umgekehrt kann der Verlust von gewohnter Technologie und Infrastruktur fatal sein.

          In gewisser Weise hängt das schon mit dem Weltenbau zusammen, den Infrastruktur hat immer einen Bezug zur Umwelt, Natur und Landschaft, oder zur Physik, Naturwissenschaft und Naturgesetzen.

          Sehr komplex und manchmal sehr kompliziert. Vor allem wenn man auch soziale, religiöse und wirtschaftliche Strukturen etc. mit dazu nimmt.
          Zuletzt geändert von Winterherz; 04.03.2019, 20:20.

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