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Namen übernehmen oder entfremden?

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    [Gesellschaft] Namen übernehmen oder entfremden?

    Ich hätte jetzt wirklich gedacht, dass es bereits ein Thema dazu gibt, aber ich habe hier nichts dazu gefunden *grübel*

    Ich will gerade über ein Fest zur Wintersonnenwende schreiben, das ich schon länger in meinen Notizen habe und dort den Namen Julfest gegeben habe - in vollkommen unverfrorener Anlehnung an das nordische Julfest, da ich davon auch einige Parallelen übernehme.
    Gerade ist mir aber die Frage in den Sinn gekommen, ob das nicht irgendwie zu banal und "frech" ist. Als Alternative dachte ich an eine neue Schreibung des Wortes, sodass die Intention dahinter erkennbar bleibt (Jyl oder Iul oder Yul z.B.), aber da frage ich mich gerade, ob das nicht eher wie ein schlechter Vertuschungsversuch wirkt.
    Wie gesagt, mir geht es ja nicht darum, da meine Inspiration geheim zu halten. Aber in einem Fantasy-Roman hat der Leser vielleicht bestimmte Erwartungshaltungen, dass tatsächliche Dinge zumindest bis zu einem gewissen Grad entfremdet werden.

    Wie seht ihr das? Wie handhabt ihr sowas?
    Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

    So nah, so fern.

    #2
    Wenn du dir Teile aus der nordischen Kultur/Religion/Mythologie herauspickst und sie als solche erkennbar in deinem Fantasyroman verarbeitest, würde ich mir als Leser wünschen, dass sie auch ihren Namen behalten. Auf mich wirkt es tatsächlich wie ein Vertuschungsversuch.

    Ich bin generell auch skeptisch, wenn eine Person über eine ihr "fremde" Kultur schreibt, weil es leider nicht selten ist, dass angebliche Kultur auf Klischees basieren. Also, wenn ich ebenfalls über das Julfest schreiben würde, und zwar mit dem Wissen, was ich aus der IKEA-Werbung habe.

    Deshalb fand ich es bei einem japanischen Fantasy gut bei der Autorenvita zu lesen (um meine Vorurteile entgegenzuwirken), dass die Autorin, die Sprache gelernt und das Land häufig bereist hat. Im Vorwort sagt sie auch, dass sie über ein imaginäres Land schreibe, aber Schauplatz und Zeitalter der wahren historischen Epoche übereinstimmten und dass sie Anklänge von Sitten und Traditionen, Landschaft und Jahreszeiten benutze. Sie hat im Voraus benannt, welche Orte in ihrem Roman real und welche fiktiv sind, und dass sie sich Freiheiten genommen hat.

    Ich fand es sehr sympathisch und das Lesen hat mir mehr Spaß gemacht.

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    • Kelpie
      Kelpie kommentierte
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      Okay, daran hätte ich jetzt gar nicht gedacht, aber es ergibt durchaus Sinn, dass man in der Autorenbeschreibung sozusagen seine Qualifikationen betont ... Oft genug hab ich mich über Autoren geärgert, die klammheimlich Dinge übernehmen und ich ihnen da nicht allzu viel Wissen unterstellen würde ...

    #3
    Ich persönliche versuche es so zu schreiben, wie es Sinn in meiner Welt macht. Meist macht eine Verfremdung Sinn, weil es nicht die gleiche Sprache ist oder das Fest/Ding eine andere Bedeutung bekommt. Als ich mir mein Neujahrsfest gesucht habe, habe ich die angebetete Gottheit geändert, da ich damit handlungsrelevante Elemente verbinde. Also kann ich den Namen (der auf die Gottheit/Himmelskörper referiert) nicht Eins-zu-Eins übernehmen. Ich kann das Fest schlecht "Weißen Mond" nennen, wenn die Sonne angebetet wird, das macht doch keinen Sinn. (Außer natürlich da steckt mehr Historie in meiner Welt dahinter, aber man muss es ja nicht komplizierter machen als nötig.)

    Für das Jul-Fest wäre vielleicht wichtig: Ist es auch bei dir eine Mittwinter-Feier oder die Mittwinter-Jahreszeit? Spricht das zelebrierende Volk eine germanische Sprache (oder kann es zumindest von einer entlehnen)? "Jul" hieß vermutlich ursprünglich (sprich: Proto-Germanisch) einfach nur "Fest" und die Wintersonnenwende ist eines der wichtigsten Feste der Germanen gewesen, quasi "das Fest". (Weiter zurück gehend ins Proto-Indo-Europäische bedeutete es wohl so viel wie "Witz" oder "Spiel".)
    Je nachdem wie weit weg von unserer Welt oder wie nah dran an unseren Kulturen deine Fantasywelt ist, macht es vielleicht Sinn diesen Namen zu ändern, um deine Leser nicht auf eine falsche Fährte zu locken. Dann ist es mehr das Fest deines Volkes, mit dem was ihnen wichtig ist; nicht was alten Germanen wichtig war. Falls sie sich eh sehr nah an alten Germanen und ihren Bräuchen halten, macht es vielleicht mehr Sinn den Namen zu behalten.

    Falls du eine verfremdete Schreibweise suchst: In Alt-Englisch hieß das Fest auch "Geola".
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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    • Kelpie
      Kelpie kommentierte
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      Meine Sprache habe ich ziemlich ans Altnordische angelehnt, insofern stimmen die Kulturen in dem Punkt gut überein. Was nun die Bedeutung von Jul in meiner Sprache wäre, habe ich mir noch nicht überlegt, ich tendiere zurzeit zu einem Beinamen eines Wintergottes. Aber oberflächlich leitet sich das Julfest einfach nur davon ab, dass der Monat Julmond heißt xD

    • In-Genius
      In-Genius kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Kelpie Wenn du eh aus dem Altnordischen kommst (props by the way) was Sprache und Kultur angeht, dann würde ich das Julfest soweit lassen, von Namen und Ritual. Dann entlehnst du ja richtig etwas von den alten Germanen, statt einfach nur Inspirationspuzzleteile zusammenzusuchen. Bei Entlehnung würde ich persönlich nah am Original bleiben mit dem Hinweis auf fiktionalisierte Elemente.

    #4
    Vom Gefühl her würde ich es so sehen:

    Wenn Deine phantastische Welt wirklich sehr deckungsgleich ist mit der irdischen Kultur, die als Vorbild gedient hat, dann würde ich solche Bezeichnungen auch "irdisch" lassen. Du schreibst ja auch Schnee und nicht Sne, und Pferd und nicht Pfyrd.

    Wenn Deine Welt aber doch sehr verfremdet ist und nur noch Grundzüge der irdischen Inspiration vorhanden sind, dann finde ich solche Wortverfremdungen auch ok. Guck Dir an, wie Martin es gelöst hat:
    Sir -> Ser
    Mage -> Maegi
    Master -> Maester
    Khan -> Khal
    Dadurch, dass man das ursprüngliche, irdische Wort noch erkennt, versteht man die Bedeutung seiner Wortschöpfung instinktiv. Trotzdem liest es sich einigermaßen fremd und mysteriös. Eine gute Studie zu Neologismen bei Martin findet sich übrigens hier: http://www.academia.edu/37280324/Neo...3%9Cbersetzung

    Ohne Deine Welt zu kennen, kann ich nicht pauschal sagen, ob sich die echten oder die verfremdeten Begriffe besser lesen. Ich glaube, schreiben würde ich es erstmal mit den irdischen Wörtern als Platzhaltern, und dann später schauen, wie viel man ändern muss um das Flair der phantastischen Welt zu erschaffen.
    Always avoid alliteration.

    Kommentar


      #5
      Ich schließe mich den Vorpostern an: Wenn Du Dich an tatsächlichen Ritualen orientierst, dann nimm doch einen Namen, der eine eindeutige Referenz (Jyl klingt doch auch nett) dazu herstellt. Leser, die die Hintergründe erkennen, freuen sich vielleicht über den "insider", andere denken sich vielleicht, etwas Ähnliches hätten sie schonmal gehört.
      Für mich zählt das nicht als frecher Diebstahl; das wäre es erst, wenn Du es aufziehst, als käme alles davon aus Deiner und nur Deiner Fantasie (der ich das natürlich uneingeschränkt zutraue).

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      • Kelpie
        Kelpie kommentierte
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        Natürlich.

        XD

        Danke!

      #6
      Ich sehe es auch, wie die anderen.
      Schlimm wäre eher, wenn man sich was neues ausdenkt und dann einen bekannten namen drauf klatscht. Aber so, finde ich es in ordnung die tatsächlichen Begriffe für etwas bekanntes zu nutzen.
      Nein das war ich nicht.
      Ach so, das!
      Ja, das war ich.

      Kontakt: administrator@wortkompass.de

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