Zugegeben - dieses Thema ist nun schon Weltenbau für Fortgeschrittene.
Ob man sich beim Entwurf der eigenen Welt wirklich mit Zeitrechnung und Kalendersystemen auseinandersezten will (also: sich das antun will) muss jeder selbst wissen, vor allem weil es hier wirklich recht unwahrscheinlich ist, dass der Leser mehr davon mitbekommt als Heute ist Markttag."
Aber es gibt ja Perfektionisten unter uns, also sehen wir uns auch dieses Thema mal genauer an:
Grundsätzlich gilt als Faustregel: je höher entwickelt eine Gesellschaft ist, umso mehr Bedarf hat sie auch für ein Zeiteinteilungssystem. Einem neolithischen Jäger reichte es zu wissen, dass einmal im Jahr eine große Tierwanderung einsetzt - wir dagegen kriegen heute die Krise, wenn die S-Bahn um 08:17 Uhr mit 4 Minuten Verspätung kommt.
Zeiteinteilung ist eigentlich relativ einfach: erstmal gibt es Tag und Nacht. Wenn man noch genauer werden will, dann kann man noch unterteilen in Vormittag, Nachmittag und so weiter, oder eben in fiktive Einheiten wie Stunden, Minuten und Sekunden. Letzteres erfordert aber schon relativ genaue Uhren oder vergleichbare Messgeräte - mit Wasseruhren, Stundenkerzen, Räucherstäbchen etc. kann man zwar Stunden noch einigermaßen genau messen, bei den Untereinheiten wird es aber schon schwierig. (Kleine Randbemerkung nebenbei: dass unser Tag 24 Stunden hat geht auf die alten Ägypter zurück - bei den Maya dagegen hatte der Tag 20 Stunden.)
Schreiben wir also irgendein mittelalterlich angehauchtes Setting, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass unser nicht des Lesens kundige Protagonist sich irgendwo "zur neunten Stunde" verabredet - in einem fortschrittlichen Sci-Fi-Setting sollte dagegen präzise Zeitmessung völlig normal sein.
Schwieriger sind die Kalendersysteme.
In wenig entwickelten Kulturen werden wir am ehesten astronomische Kalender antreffen, also Lunar- oder Solarkalender. Auch, wenn die Wesen der beschriebenen Kultur wahrscheinlich nicht verstehen, was genau sich da abspielt, so beobachten sie doch den Wechsel der Jahreszeiten und Phänomene wie Sommer-/Wintersonnenwende, Tagundnachtgleiche und so weiter. Falls es in der erschaffenen Welt einen Mond gibt (oder mehrere?), dann bemerken die Leute die Mondphasen und orientieren sich daran.
Und hier wird es schon kompliziert, denn Lunar- und Solarkalender sind nicht deckungsgleich. Ein Sonnenjahr ist die Zeit, die der Planet braucht, um die Sonne einmal zu umrunden. Eine Mondphase ist die Zeit, die der Trabant braucht, um den Planeten einmal zu umrunden. Dass diese beiden Zeiträume sich exakt auf einen gleichen Nenner bringen lassen, ist zwar theoretisch denkbar, aber so unglaublich unwahrscheinlich, dass es unglaubhaft ist. (Oder so wirkt, als ob der Autor/Welterschaffer es sich sehr einfach gemacht hat...)
Spätestens dann, wenn eine Kultur so weit entwickelt ist, dass sie den Monaten/Monden Namen gibt, dann wird sie auch merken, dass diese Monate sich jahreszeitlich verschieben. Irdisch gesehen haben das manchen Kulturen akzeptiert, andere versuche mit komplizierten Berechnungssystemen, verschiedenen Monatslängen und Schalttagen dem gegenzusteuern.
Für diejenigen von Euch, die sich überhaupt mit Kalendersystemen abgeben: wie habt Ihr das gelöst?
Gibt es einen Mondkalender, und die Monate wandern einfach so durch die Jahreszeiten?
Oder habt ihr einen festen Sonnenkalender mit einer Zeiteinteilung, die sich von den Mondphasen unabhängig gemacht hat?
Eine Mischform?
Kommentar