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Weltenfrage #11 - Zeitrechnung und Kalendersysteme

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    Weltenfrage #11 - Zeitrechnung und Kalendersysteme


    Zugegeben - dieses Thema ist nun schon Weltenbau für Fortgeschrittene.
    Ob man sich beim Entwurf der eigenen Welt wirklich mit Zeitrechnung und Kalendersystemen auseinandersezten will (also: sich das antun will) muss jeder selbst wissen, vor allem weil es hier wirklich recht unwahrscheinlich ist, dass der Leser mehr davon mitbekommt als Heute ist Markttag."
    Aber es gibt ja Perfektionisten unter uns, also sehen wir uns auch dieses Thema mal genauer an:

    Grundsätzlich gilt als Faustregel: je höher entwickelt eine Gesellschaft ist, umso mehr Bedarf hat sie auch für ein Zeiteinteilungssystem. Einem neolithischen Jäger reichte es zu wissen, dass einmal im Jahr eine große Tierwanderung einsetzt - wir dagegen kriegen heute die Krise, wenn die S-Bahn um 08:17 Uhr mit 4 Minuten Verspätung kommt.

    Zeiteinteilung ist eigentlich relativ einfach: erstmal gibt es Tag und Nacht. Wenn man noch genauer werden will, dann kann man noch unterteilen in Vormittag, Nachmittag und so weiter, oder eben in fiktive Einheiten wie Stunden, Minuten und Sekunden. Letzteres erfordert aber schon relativ genaue Uhren oder vergleichbare Messgeräte - mit Wasseruhren, Stundenkerzen, Räucherstäbchen etc. kann man zwar Stunden noch einigermaßen genau messen, bei den Untereinheiten wird es aber schon schwierig. (Kleine Randbemerkung nebenbei: dass unser Tag 24 Stunden hat geht auf die alten Ägypter zurück - bei den Maya dagegen hatte der Tag 20 Stunden.)
    Schreiben wir also irgendein mittelalterlich angehauchtes Setting, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass unser nicht des Lesens kundige Protagonist sich irgendwo "zur neunten Stunde" verabredet - in einem fortschrittlichen Sci-Fi-Setting sollte dagegen präzise Zeitmessung völlig normal sein.

    Schwieriger sind die Kalendersysteme.
    In wenig entwickelten Kulturen werden wir am ehesten astronomische Kalender antreffen, also Lunar- oder Solarkalender. Auch, wenn die Wesen der beschriebenen Kultur wahrscheinlich nicht verstehen, was genau sich da abspielt, so beobachten sie doch den Wechsel der Jahreszeiten und Phänomene wie Sommer-/Wintersonnenwende, Tagundnachtgleiche und so weiter. Falls es in der erschaffenen Welt einen Mond gibt (oder mehrere?), dann bemerken die Leute die Mondphasen und orientieren sich daran.
    Und hier wird es schon kompliziert, denn Lunar- und Solarkalender sind nicht deckungsgleich. Ein Sonnenjahr ist die Zeit, die der Planet braucht, um die Sonne einmal zu umrunden. Eine Mondphase ist die Zeit, die der Trabant braucht, um den Planeten einmal zu umrunden. Dass diese beiden Zeiträume sich exakt auf einen gleichen Nenner bringen lassen, ist zwar theoretisch denkbar, aber so unglaublich unwahrscheinlich, dass es unglaubhaft ist. (Oder so wirkt, als ob der Autor/Welterschaffer es sich sehr einfach gemacht hat...)
    Spätestens dann, wenn eine Kultur so weit entwickelt ist, dass sie den Monaten/Monden Namen gibt, dann wird sie auch merken, dass diese Monate sich jahreszeitlich verschieben. Irdisch gesehen haben das manchen Kulturen akzeptiert, andere versuche mit komplizierten Berechnungssystemen, verschiedenen Monatslängen und Schalttagen dem gegenzusteuern.

    Für diejenigen von Euch, die sich überhaupt mit Kalendersystemen abgeben: wie habt Ihr das gelöst?

    Gibt es einen Mondkalender, und die Monate wandern einfach so durch die Jahreszeiten?

    Oder habt ihr einen festen Sonnenkalender mit einer Zeiteinteilung, die sich von den Mondphasen unabhängig gemacht hat?

    Eine Mischform?
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    Always avoid alliteration.

    #2
    Bisher habe ich mich gekonnt davor gedrückt, ein Kalendersystem entwickeln zu müssen.

    Allerdings spielen Kalender durchaus eine Rolle beim Schreiben und Entwickeln meiner Geschichten. Für meine Nomadengeschichte ziehe ich den chinesischen Kalender/Kompass zu Rate, um bestimmte Elemente in Einklang zu bringen. Und für eine andere Geschichte orientiere ich mich nach den mongolischen bzw russischen zwölf Tierkreiszeichen, die im Grunde nicht viel was anderes als ein Kalender sind.

    Allerdings denke ich, dass unsere moderne Welt viel zu besessen davon ist, Zeit zu beherrschen. Ich führe zwar einen Kalender, aber auf meinen Alltag hat der wenig Auswirkungen und so halten das meine Figuren in ihren Geschichten auch.
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Was genau meinst Du mit "bestimmte Elemente in Einklang bringen" bezogen auf den chinesischen Kalender und Kompass? Das interessiert mich.

      Mir geht es auch so, dass ich mich einerseits vor eigenen Kalendern bisher gedrückt habe. Andererseits aber nicht rein mit einem auf dem julianischen Kalender basierenden Zeitstrahl arbeiten, deshalb habe ich mich mit den Kalendersystemen zu beschäftigen begonnen.

    • In-Genius
      In-Genius kommentierte
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      Alys II. Meine Nomadengeschichte geht genau ein Jahr lang, von Jahresanfang bis Jahresende, und um den Jahreszeiten ein bisschen Flavor zu geben, orientiere ich mich am chin. Kalender, der jedem Monat verschiedene Dinge zuweist: Tierkreiszeichen, Yin-Yang, die fünf Elemente, die Himmelsrichtungen, die vier "Wundertiere" etc. Ich finde den chin. Kalender/Kompass hochfaszinierend und benutze ihn recht häufig.

      Falls ich mir selbst mal ein Kalendersystem ausdenken muss, wollte ich vorher ein Buch lesen, dass ich besitze. "Die Universalgeschichte der Zeit", voll das fette Ding, aber sicherlich spannend.

    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Ah, verstehe. Das ist eine schöne Idee, kann ich mir zu einer Nomaden-Story tatsächlich gut vorstellen.

    #3
    Spannende Sache.

    So kompliziert ist das eigentlich nicht, wie korrekt oder kompliziert ein Kalender war, hing immer stark mit der Mathematik zusammen. Ohne Mathematik kann man sich am besten an Mond und Sternen orientieren, so wie an den jahreszeitlichen Veränderungen.

    Sobald eine Mathematik vorliegt, hat man versucht, die Kalender genau zu berechnen. Der Mayakalender ist dabei eine der erstaunlichsten Leistungen. Der wirklich paktischste Kalender ist allerdings der julianische, der auf Veranlassung von G. I. Caesar entwickelt wurde (Ursprungt liegt offenbar in Ägypten), und dann im ganzen Römischen Reich Anwendung fand. Dieser Kalender wurde von Augustus (seinem Nachfolger und erster "Caesar"/Kaiser) korrigiert, und von Papst Gregor im 16. Jhd. überarbeitet (daher auch gregorianischer Kalender). Dieser Kalender benötigt alle 4 Jahre einen Schalttag. Nach den bisherigen Schaltregeln ergibt sich erst in vielen tausend Jahren eine Abweichung von einem Tag, so das diese Ungenauigkeit als zu gering, und daher als vernachlässigbar akzeptiert wird.

    Dieser Kalender funktioniert so gut, das er heute weltweit Anwendung findet. Möglich war dieser Kalender, weil man mathematisch in der Lage war, die Länge der solaren Zeiten bis auf Nachkommastellen zu berechnen. Die Menschen waren also schon immer sehr darauf aus, die Zeit zu beherrschen, wenn man so will, immerhin ist dieser Kalender antiken Ursprungs.


    In meinem Buch habe ich mir also den Kopf zerbrochen, denn - diese Kalender gehen alle auf eine Sache zurück: die astronomischen Verhältnisse (Erdumfang und Sonnenumlaufbahn). Wenn der Planet nicht irdisch ist, wird er einen anderen Umfang und eine andere Umlaufzeit haben. Auch auf die Neigung des Planeten (Jahreszeiten und Wetter). Da hat Auswirkungen auf fast alles.

    Ich habe also überlegt, wie sieht ein (Exo-)Planet aus, dessen Wetter extremer ist als das irdische (längere, stärkere Winter; und heißere, trockenere Sommer). Ich kam zu dem Schluss, das ich die Polarkreise weiter zum Äquator schieben muss (und die Wendekreise von ihm weg), also die Achsneigung stärker ist. Damit das Wetter nicht einfach nur zwischen den Extremen pendelt, sondern Zeit hat sich zu entwickeln, muss der Planet deutlich größer sein (um auch genug Land- und Wasserfläche zu bieten, denn die polaren und tropischen Zonen sind definitiv unbewohnbar).

    Was passiert nun mit den Taglängen? Wie lange dauert dann ein Jahr? Wie viele Monate werden es? Ich brauchte also einen Kalender, um zeitliche Abläufe in den passenden Kontext zu stellen. Das führte zu allen möglichen Abänderungen: Eine Stunde mit 60, 80, 90 oder 100 Minuten (und evtl. eine Minute mit .... 100 sek. (1 Sek. ist Norm); ein Jahr mit 12, 14, 16 oder 24 Monaten; ein Jahr mit - je nach Monaten - 360, 380, 400 bzw. 400+n Tagen; und Monate mit 21, 24, 28, 30, 40 usw. Tagen.
    Entscheidende Frage - gibt es auch Schalttage und -Monate? Und - was ist mit dem unirdischen Mond/en? (der muss ja anders sein)

    Am Ende war ich betriebsblind, so das ich es beiseite gelegt habe, vorläufig. Offen blieben auch wichtige Fragen - funktioniert das Ganze, oder ist es absurd? Eine Sache die mich noch immer unzufrieden stimmt, ist, das ein Planet der wesentlich größer als die Erde ist, mehr Masse hat und eine höhere Schwerkraft - könnte meine eher irdische Fauna und Flora unter diesen Bedingungen überhaupt leben? Oder wären sie irgendwie anders geartet?

    Wenn ein Tag und ein Jahr länger ist als das irdische, was ist dann mit der Alterung der Lebewesen? Sind sie mit 50 so alt, wie auf der Erde mit 80? (Sonst würden sie ja entsprechend langsamer Altern; und wie gehe ich im Buch darauf ein? (würde der Leser solche Anpassung als richtig oder flasch empfinden?)

    Und dann ist da noch diese leidige Namensgebung - kann ich bei einer so starken Änderung einfach Jan.- Dez. benutzen, wie benenne ich die neuen Monate? Tolkien hat einfach den julianischen Kalender benutzt, wie mir aufgefallen ist, auch wenn das keinen Sinn ergibt - ausser HdR spielt in ferner irdischer Zukunft.


    Sich etwas ausdenken ist spannend und macht Spaß, aber man verheddert sich auch schnell darin, wenn es logisch bleiben soll.

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    • Winterherz
      Winterherz kommentierte
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      In-Genius Danke =) Ja macht wirklich Mühe. Ich hoffe es fruchtet auch. Aber lassen kann ich es so oder so nicht, denn man lernt immer was dazu bei all der Recherche.

    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
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      In meinem Rohentwurf habe ich auch mit Erntemond und ähnlichen Bezeichnungen gearbeitet, weil ich sie einfach schön fand. Dann kamen mir aber Zweifel, ob ich wirklich einen Lunisolarkalender mit Schalttagen habe, oder nicht doch einen Lunarkalender, in dem die Monate durch die Jahreszeiten wandern. Man kann da wirklich erstaunlich viel Detailversessenheit reinstecken...

    • Kelpie
      Kelpie kommentierte
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      Ganz großen Respekt, dass du da so einen guten Überblick hast. Ich muss aber zugeben, dass ich an einem gewissen Punkt tatsächlich so nachlässig werden würde, dass ich einfach sage: Okay, ne Stunde hat 100 Minuten, der Tag dennoch 24 Stunden - das merkt doch niemand, wenn die sich also trotzdem in "einer" Stunde treffen. Und ob die dann älter werden als 50 ... weiß doch keiner

      Ich habe die Monatsnamen an das kulturelle Leben angepasst. Also wie die Germanen. Manche beschreiben die landwirtschaftliche Tätigkeit, andere Jahreszeitenfeste, andere Opferfeste.

    #4
    Das Kalendersystem ist klar an den Wechsel der Jahreszeiten geknüpft. Da es in meiner Welt viele verschieden Klimazonen und entsprechende Jahreszeiten gibt oder eben nicht gibt, hat jedes Volk sein eigenes Kalendersytem.
    In meiner Wüstenregion orientiert man sich zudem an den Sternen und den Monden.
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

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      #5
      Der Kalender ist wohl mit das Thema, um das ich mir am meisten Gedanken gemacht habe. Bisher habe ich auch 3 verschiedene für 3 unterschiedliche Völker.

      Ich stelle jetzt mal nur einen davon vor, aber selbst bei dem muss ich kurz überlegen, wie das nochmal ging

      Ich habe 3 Monde mit jeweils unterschiedlicher Dauer der Mondphasen (15, 28 und 172 Tage) Ein Monat wird nach dem kleinsten Mond berechnet und dauert also 15 Tage. Er wird unterteilt in eine Woche des jungen Lichts (zunehmender Mond) und eine Woche des alten Lichts (abnehmender Mond); der Tag zwischen diesen zwei Wochen ist Vollmond und gehört zu keiner der Wochen, er ist der "Mondtag" und der monatliche Feiertag. Die sieben Wochentage sind nach den wichtigsten Göttern benannt.
      Im Jahr gibt es 24 Monate, wir kommen also auf 360 Tage im Jahr. Das macht nach drei Jahren eine Differenz von 15 Tagen, was genau einem weiteren Monat entspricht. Alle drei Jahre gibt es also ein Schaltjahr mit einem ganzen zusätzlichen Monat. Dementsprechend verschieben sich die Jahresfeste Jahr für Jahr. Sicher, nicht einkalkuliert ist dieser eine Tag, den auch wir alle 4 Jahre dazurechnen, aber das wäre mir dann zu kompliziert geworden. Denkbar ist es natürlich, dass nach 60 Jahren ein doppeltes Schaltjahr stattfindet.
      Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

      So nah, so fern.

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      • Kelpie
        Kelpie kommentierte
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        Danke

      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Ich finde es vor allem cool, dass du verschiedene hast. Ich mag es nämlich gar nicht, wenn es in Fantasywerken eine Art Einheitskultur gibt. Gemeinsprache, alle haben die gleiche Währung, den gleichen Kalender, etc. Man muss sich doch nur mal ansehen, wie vielfältig diese Dinge auf unserer eigenen Welt sind und waren und welche spannenden Probleme sich daraus ergeben.

      • Kelpie
        Kelpie kommentierte
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        Danke Ich muss nur immer wieder aufpassen, dass ich nicht in dasselbe Schema rutsche (allgemein, nicht nur beim Kalender). Also z.B. ein lunares Kalendersystem, das dann immer wieder auftritt, anstatt auch einmal ein solares zu verwenden. Oder so ^^

      #6
      Mit Kalendern kann man mich jagen. Ich hab mich für mein aktuelles Projekt durch die Kalendergeschichte gequält, weil ich herausfinden musste, welches Kalendersystem wir um 588 in Germanien hatten. Was war das für eine Suche, da eine halbwegssichere Antwort zu haben, weil gefühlt alle was anderes sagten/schrieben. Und das nur, um nebenbei einen Monatsnamen richtig erwähnen zu können. Wobei mir das den Aufwand nimmt, einen eigenen Kalender zu entwickeln. Ein hoch darauf, dass die Christen so gut im Missionieren waren, dass auch andere Welten davon profitieren *nick* (Oder eher ein Hoch auf mich, dass ich einen Mönch rüber geschickt habe, der sich viel Einfluss damals erarbeitet hat).

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        #7
        Kann mir mal jemand eine Formel für die Berechnung zur Verfügung stellen? Habe immer gedacht, dass es von der Komplexität her schwer sein wird, aber wenn die Berechnungen im Browser (https://apps.panbu.de/mondkalender) funktionieren, dann werde ich das auch noch hinbekommen.

        Alle Formel die ich bis dato gefunden habe, scheinen nicht so exakt zu sein, bzw. unterscheiden sich meine Ergebnisse von dem der Apps. Hängt eventuell davon ab, zur welchen Uhrzeit man die Illumination berechnet? Oder mein Julian Day ist inkorrekt .

        Würde mich über jede hilfreiche Antwort freuen.

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