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Mal eine moralische Prinzipienfrage (organisiertes Verbrechen)

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    Mal eine moralische Prinzipienfrage (organisiertes Verbrechen)

    Mal interessehalber, weil es ja auch in meinem Roman ein bisschen darum geht (und auch in einem künftigen vermehrt darum gehen wird) und mich mal interessieren würde, wie andere Leute darüber denken. Es gibt kein "Richtig" oder "Falsch" und ich bin auf eure Antworten sehr gespannt!
    Ich hoffe, es ist jugendfrei genug. Wenn nicht: Sorry. Hab mich bemüht, es unblutig zu umschreiben.


    Ausgangslage:

    Angenommen, ihr seid Veganer, habt allerdings eine Ausbildung zum Feinkostmitarbeiter (oder Ernährungswissenschafter o.ä.) gemacht und Einblick in Massentierhaltung und Co. gewonnen (in Bereiche, die meistens geheimgehalten werden können), und ihr wollt nun dagegen ankämpfen, weil euch jedes Mal übel wird (!!), wenn ihr Tierleid seht oder davon hört. Öffentlich die Namen der angeprangerten Organisationen preisgeben, könnt ihr nicht, weil die Fleischmafia, wenn sie auffliegt, nicht nur Tierchen durch den Fleischwolf dreht. Mit Strukturen usw. preisgeben verhält es sich ähnlich, und bestenfalls hetzt die Mafia Juristen auf euch los (man denke an die ewig langen Gerichtsverhandlungen gegen Tierschützer). Also kurz gesagt: Ihr steht auf verlorenem Posten.
    Wie würdet ihr am ehesten vorgehen?

    a) versuchen, das System von innen heraus zu verbessern, also z.B. in einem Massentierhaltungsbetrieb oder bei einem Schlachthof mitarbeiten als Landwirt oder evtl. als Tierarzt(assistentin) o.ä. -- das heißt, konkret mit den Tieren zu tun haben und vielleicht wenigstens ein paar Tieren pro Tag ganz konkret (!) das Leid mindern können. Vorteil: Ihr könnt ganz konkret in brenzligen Situationen handeln und etwas verbessern.
    b) das System von außen heraus zu verbessern, z.B. Mitarbeit in einer Tierschutzorganisation oder auf einem Gnadenhof, wo man das Leid nicht ganz so unmittelbar mitbekommt (ich weiß, es gibt Ausnahmen). Vorteil: Euch wird vielleicht nicht ganz so schnell übel werden.
    c) Flucht nach vorne und offen (z.B. als Autor) anprangern, was Sache ist. Mit dem Risiko, im Fleischwolf zu landen, wobei das Risiko mit Bekanntheitsgrad eventuell sinkt (tut es zwar nicht, aber ist ne nette Beruhigung).
    d) Flucht halb nach vorne und verdeckt (unter Pseudonym und/oder als Fiktion getarnt) geheime Methoden der Fleischmafia aufdecken, mit vermindertem Risiko, irgendwie abgemurkst zu werden.
    e) Kontakt mit der Fleischmafia aufnehmen und sozusagen gute Miene zum bösen Spiel zu machen, um wiederum von innen heraus dann Kunden der Massentierhaltung für eure Ideen der Öko-Bio-Haltung zu gewinnen. Ein Ausstieg/Auffliegen kann dann natürlich auch ein bissi heikel sein. ^^


    Welchen Weg würdet ihr gehen?

    Liebe Grüße
    Mona


    PS: Das war nur ein Beispiel, ich hab keine Kontakte zur Fleischmafia oder sonst einer Mafia. ^^
    Ausgangslage ist übrigens eine realistische Welt, wie sie in DL und Ö üblich ist, also kein Fantasy.
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    #2
    Schwierige Situation Ohne jetzt in eine allzugroße Diskussion zu gehen würde ich a oder b sagen.

    a) wäre meine Variante, wenn ich wirklich keine anderen Leidenschaften hätte. Wahrscheinlich aber eher in die Richtung...eigene ethische Fleischproduktionslinie aufmachen und hoffen, der Mafia mit ethisch erzeugtem Fleisch von glücklichen Tieren die Kunden unterm Hintern wegzuklauen. Denn wenn ethische Tierhaltung wirtschaftlich vorteilhafter ist als unethische, wird sich die Situation von allein lösen.
    b) wäre, wenn ich noch anderes im Leben vorhabe, als all mein Geld und Zeit in das Retten der Welt zu stecken. Mit ähnlichem Ziel: Leute aufklären, und versuchen, ethische Fleischproduzenten zu unterstützen und wachsen zu lassen.
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    • Mona
      Mona kommentierte
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      Super, danke für Deine begründete Antwort!

    #3
    Hm, wie ist denn die Figur angelegt?
    Jemand, der sehr praktisch veranlagt ist und sofort etwas verbessern will, wird a. wählen. Frei nach "Wer nur ein Lebewesen rettet, rettet die ganze Welt".
    Jemand, der nur in großen Dimensionen denkt, wird über die anderen Optionen nachdenken müssen. Missstände anprangern und Fiktion können dabei in der öffentlichen Wahrnehmung fließend ineinander übergehen und die Fleischwolf-Bedrohung wohl eher in Richtung eines Unglaubwürdig-Machens/werdens und Faktenverdrehens münden.
    Die letzte Variante e. scheint mir idealistisch verklärt, denn für viele Verbraucher geht es letztlich darum, wieviel sie über die Theke reichen müssen. Tierschutz endet, wo Geld für die Fluppe draufgehen könnte. Könnte ein desillusionierendes Ende nehmen.

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    • Mona
      Mona kommentierte
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      "Missstände anprangern und Fiktion können dabei in der öffentlichen Wahrnehmung fließend ineinander übergehen und die Fleischwolf-Bedrohung wohl eher in Richtung eines Unglaubwürdig-Machens/werdens und Faktenverdrehens münden."
      --> Wie meinst Du das denn?

      Die Figur ist eher in großen Dimensionen denkend angelegt, ist aber gern auch praktisch aktiv. Und hat nen Hang zum Burn-out (aber Weltverbesserungskram geht vor).
      Wobei mich ja ohnehin euer Favorit auch interessiert

    • Dodo
      Dodo kommentierte
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      Eine heutzutage bewährte oberflächliche Diskreditierungsmethode ist doch schon der simple Aufschrei "Fake News". Jedenfalls muss sich der Aufklärer erst einmal gegen die Unglaubwürdigkeitsvorwürfe des Angegriffenen verteidigen, anstatt über die Sache zu reden. Ablenkung, egal wie dämlich.

      Mein persönlicher Favorit für eine Figur: a.
      Ich empfinde Persönlichkeiten wie Oskar Schindler als wahre Helden. Aber natürlich hat auch Brokovich was für sich.

    #4
    d)
    Wenn ich auf irgendeine Art Einblick habe, dann sollte es auch möglich sein, Beweise zu fotografieren o.ä. und die anonym an eine Tierschutzorganisation weiterzuleiten. Tiere haben eine genügend große Lobby, dass diese Dinge auch Gehör finden werden, und die Fleischmafia wird dann hoffentlich erstmal damit beschäftigt sein, die Aufsichtsbehörden zu berhigen, als dass sie großartig nachgehen können, welche Feinkostmitarbeiterin sie angeschwärzt hat.
    Sollte das nicht schnell oder erfolgreich genug sein, hindert mich ja nix daran, ab und zu ein Huhn aus einer Legebatterie zu retten. Das wäre dann aber vermutlich mehr zur Gewissensberuhigung, als dass ich mir einbilden würde, dass das mehr wäre als ein Tropfen auf den heißen Stein.
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    Poems are never finished.
    Just abandoned.

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    • Gast-Avatar
      Gast kommentierte
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      Stimme zu.

    #5
    Ganz persönlich und realistisch würde ich die Möglichkeiten wählen, wie ich am meisten Menschen erreiche, aber mich selbst immer noch schützen kann. Meine Freunde werden sicherlich irgendwann über meinen Tod hinwegkommen, aber die Personen in meiner Familie würde ich nicht so gern allein lassen. Außerdem vermute ich, dass ein Tod im Fleischwolf ein minibisschen grausam ist. Das möchte ich nicht. b oder d also.

    Wäre ich eine Romanfigur, wäre a für mich zu klein. Da kann ich ja kaum was bewirken. Ich würde da je nach Charakterzug c, d oder e wählen. Wobei weniger c und mehr zu e tendierend, weil ich kein Typ bin, der sich auf die Straße stellt und aggressiv Infos verteilt. Lieber langsam und sicher aus einer höheren Position die Wahrheit durchsickern lassen.

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      #6
      Ich hätte d) gesagt, tendiere aber eher zu Möglichkeit f) (), diese Organisation in Nacht-und-Nebel-Aktionen zu diskreditieren und anzugreifen. Alles anonym und maskiert, mit verschwiegenen und mutigen Mitstreitern, die zu allem bereit sind. Bei diesen Aktionen könnten riesige Banner mit anklagenden Texten auf Gebäuden angebracht, Schlachttiere befreit, Hinweise auf Fleischpackungen angebracht, deren Webseite gehackt und verändert werden usw.
      "A writer is a world trapped in a person." Victor Hugo
      "Writing is hard work; it's also the best job I've ever had." Raymond E. Feist
      "Be inspired by others, but when you sit down to write, knock down any walls of doubt, and write like only you can." Lucy Knott

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        #7

        Bei Deiner Figur kommt es darauf an, wie idealistisch sie ausgelegt ist. Und wie pragmatisch.

        Einem echten Idealisten ist es egal, wenn er das eigene Leben riskiert, der wird die Mafia anprangern.
        Das ganze als gemäßigte Methode (Arbeit unter Pseudonym) kann ich mir vorstellen bei jemandem, der sehr idealistisch denkt, aber noch Realist genug ist, um zu wissen, dass er nicht nur das eigene Leben riskiert (sondern ja auch das seiner Familie).
        Wenn jemand pragmatisch etwas Gutes tun will, dann entschließt er sich wohl eher für die Möglichkeit der Arbeit auf einem Gnadenhof. Oder eine andere Mitarbeit bei Tierwohlorganisationen - er muss ja nicht zwingend sein Insiderwissen über die Fleischmafia preisgeben, sondern könnte ganz allgemein dafür kämpfen, dass mehr und mehr Menschen Vegetarier oder Veganer werden. Auch damit würde er der Fleischmafia langfristig schaden.

        Die Möglichkeit a halte ich für unrealistisch. Was will man denn konkret heimlich tun in so einer Situation? Und wenn der Charakter auch noch auf Tierquälerei mit starkem körperlichen Unwohlsein reagiert, dann ist es kaum denkbar, dass er sich dem täglichen Leid hunderter Tiere aussetzt, nur um vielleicht einem davon heimlich ein Schmerzmittel zu geben.
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        Always avoid alliteration.

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          #8
          Ich schließe mich in dem Fall Nachtmahr an.
          Auf keinen Fall a oder b. Völlig ausgeschlossen.
          I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

          Douglas Adams

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            #9
            Vielen Dank schon mal für eure Antworten! Die haben mir schon gerade sehr, sehr weitergeholfen!
            Ich muss jetzt noch mal drüberschlafen, vielleicht beziehe ich mich dann noch mal näher auf das ein oder andere Posting.

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              #10
              Ich hab direkt ein Problem damit, dass ein Veganer so eine Ausbildung macht ... Aber er könnte ja auch aufgrund der Ausbildung zum Veganer geworden sein, was seine Entscheidung sicher auch beeinflussen wird.

              Ich persönlich würde

              b wählen, und ich denke, wenn die Figur schon vor der Ausbildung Veganer war (und die Ausbildung trotzdem gemacht), würde er das auch tun. Wäre halt für die Story eher langweilig

              Wenn er aufgrund der Ausbildung und dessen, was er da mitbekommt, Veganer wird (was ich grundsätzlich schon die spannendere Ausgangslage finde), wird er sicher nicht zur Kuschelvariante greifen. Da könnte ich mir e bzw Nachtmahr s Variante vorstellen. Ich glaube aber, dass e die spannendstere Möglichkeit für die Geschichte wäre, da Tierbefreiung und Co. schon oft thematisiert wurden”‹”‹”‹”‹”‹”‹.

              Die Sache als Autor publik machen, finde ich übrigens sinnlos. Das ist, wenn das Buch überhaupt ein Erfolg wird, ein bis zwei Wochen der große Aufreger, und dann war's das auch schon. Da müsste man schon ein Buch nach dem anderen raushauen, um das Thema in den Medien präsent zu halten. Leider ...

              Eine ganz spannende Frage finde ich auch noch: hat er die Ausbildung durchgezogen, falls er aufgrund dessen Veganer wurde?
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                #11
                Vielen Dank für eure zahlreichen und wirklich spannenden Antworten.

                Ich muss gestehen, dass der Inhalt (bzgl. Veganer und Fleischmafia) nicht viel zur Sache tut, auch wenn ich das inhaltlich fiktiv streife. Es war mir bloß nichts Besseres eingefallen (zugegeben, das Beispiel war unglücklich gewählt von mir, wie u.a. Amilyn im ersten Satz schon treffend angesprochen hat).

                Die Story von wegen Veganer usw. sollte nur zur Veranschaulichung dienen. Im Grunde ging es mir bloß darum, zu erfahren, was andere (also ihr) machen würden, wenn sie etwas aufdecken wollen bzw. warnen wollen, berufliche Nähe hierzu haben, dabei aber eventuell ihr Leben riskieren.

                Wie ich darauf kam: Wie erwähnt kam mir der Gedanke so beim Romanschreiben, meine Charaktere decken halt auch so das ein oder andere auf, und mich interessierte einfach mal, wie andere Menschen da vorgehen würden. Zumal mir wie bei Dodo näher beschrieben v.a. ein Charakterbild im Kopf schwebte.

                Danke noch mal für eure Mühe, jede einzelne Antwort war sehr interessant zu lesen und ich fand sie sehr inspirierend! <3

                Liebe Grüße
                Mona

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                • Ankh
                  Ankh kommentierte
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                  Ich halte es für schwierig, die Antworten (bzw die Frage) auf ein anderes Thema 1:1 übertragen zu wollen. Ginge es zum Beispiel um Menschen statt um Tiere würde ich sicher mehr riskieren und würde vermutlich auch mit mehr Unterstützung rechnen. Ginge es um bedrohte Bäume, würde das schon wieder ganz anders aussehen, da stünde ich dann vermutlich allein vermummt in der Weihnachtsbaumschule. Wenn ich mich überhaupt vom Sofa bewegen würde.

                • Mona
                  Mona kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  Danke schön!
                  Ja, Du hast vollkommen recht.Ich hatte da im Eingangsposting nicht weit genug mitgedacht ... Danke umso mehr für Deine Meinung hier!
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