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Mittelalterliche Reisenstrategien im Winter

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    Mittelalterliche Reisenstrategien im Winter

    Hallo, ich habe in meinem Mittelalter-Fantasy-Roman folgendes Szenario:

    Eine Reisegruppe versucht im Winter, über einen gut ausgebauten Gebirgspass zu kommen. Sie haben ausreichend Ausrüstung (auch zwei überdachte Fuhrwagen mit Pferden) und auch erfahrene Reisende dabei. Die Wege sind grundsätzlich befahrbar, allerdings ist das Wetter nicht ideal, sodass der Pass verschneit ist.
    Ich hatte mir überlegt, dass die Gruppe tagsüber unterwegs ist, um Hindernisse so früh wie möglich zu erkennen und reagieren zu können. Nachts können sie - da die Gegend recht ruhig ist - ein Lagerfeuer entfachen und damit gegen die Kälte kämpfen.
    Jetzt frage ich mich, ob das so realistisch ist.
    • Halten die Pferde nach schwerer Arbeit (es geht bergauf und die Fuhrwagen sind gut beladen) einen nächtlichen Aufenthalt in der Kälte ohne weitere Vorkehrungen aus oder muss man da besondere Vorkehrungen treffen?
    • Macht es Sinn, draußen zu übernachten, oder sollte sich die Gruppe eher eine Höhle oder so als Schutz suchen? Ich dachte mir, dass die Planwagen einen guten Schutz vor dem Wind abgeben und das Lagerfeuer dann genug Wärme abgibt.
    • Ist es überhaupt sinnvoll, am Tag zu reisen, wenn es etwas wärmer ist, und die kalte Nacht zu ruhen?


    Später müssen meine Helden ohne die Ausrüstung in der Wildnis auskommen. Sie sind aufgrund eines Angriffs verunsichert und müssen sich daher auch um ihre Sicherheit kümmern. Sie haben keine Wagen mehr und auch nur noch das nötigste an Ausrüstung dabei. Jetzt würde ich sie nachts in Höhlen übernachten lassen, da sie nicht ohne weiteres ein weit sichtbares Feuer anzünden können.
    • Welche Strategien gibt es, um in der Kälte vernünftig zu überleben?
    • Macht es nun Sinn, die Nacht unterwegs zu verbringen und dann tagsüber, wenn wilde Raubtiere nicht aktiv sind und es wärmer ist, zu schlafen?
    • Welche Ausrüstung (neben Decken, Wasserflaschen und der notwendigsten Nahrung) sollten sie auf jeden Fall dabei haben?


    Vielleicht hat auch jemand von euch spontan einen Link zu allgemeinen Überlebensstrategien auf Lager. Ich hab zwar schon Dr. Google befragt, aber noch nicht so viele gute Seiten auftreiben können.
    "Alles, was wir brauchen, ist Glaube, Vertrauen und Feenstaub."
    (Peter Pan)

    #2
    Ein paar Gedanken dazu:

    Im Normalfall war im MA die Reisezeit im September bzw. mit Beginn des Herbstes zu Ende, da eben lebensbedrohliche Erkältungen und auch Erfrierungen befürchtet wurden/drohten (Regen, Schlamm, Kälte, Hunger). Das bedeutet, es muss einen wirklich, wirklich, wirklich wichtigen Grund geben, um so eine Reise auf sich zu nehmen . Nichts desto trotz musste mal im November des 6. Jh. eine Reisegruppe loseiern um sich in Verdun einzufinden ... Also, im Grunde stand einer Reise wenig im Weg. Aber, mit zunehmender Kälte und Niederschlag wurden Reisen ab spätestens November extrem hart.

    Weitere Faktoren die zu bedenken sind: im MA war die Ausrüstung nicht geeignet, um längere Reisen im Winter über einen Gebirgspass zu unternehmen. Hier muss man aber auch beachten, das wintererprobte Völker da eher über geeignete Ausrüstung/Kleider verfügen, als Vöker wärmerer Klimate, die einfach mal so über einen Gebirgspass im Winter wollen. Außerdem waren die meisten Menschen latent unterernährt, d. h. die Menschen fangen schneller an zu frieren. Man bekommt Frostbeulen und kann vor Juckreiz nicht mehr schlafen ... *hust*.


    Das Problem, was ich nun bei Deinem Gebirge habe ist folgender, bzw. sind folgende:
    Die Gebirge waren im Winter im MA fast unpassierbar. Es gab im grunde keine Wege, da die Schneeschmelzen, Lawinen, Muren, Gerölle usw. die etwaigen angelegten Wege jedes Jahr wieder unpassierbar machen würden. Im Grunde waren die Alpen und auch die Pyrenäen ein Reiseriegel. Natürlich wurden sie überquert, aber eben mit erheblicher Mühsal.
    Wegweiser bspw. fehlen in Gebirgen, so dass die Orientierung fast nicht funktioniert. Es war eher ein Wunder, wenn bspw. ein ortskundiger Reisender mal vier steine übereinander türmte, als Wegweiser.

    Im Winter über ein Gebirge zu krauchen ist zusätzlich entsprechend kompliziert, wenn man sich die ganzen Wetterumschünge, die sehr plötzlich auftretetn können, anschaut. Nebel, Schnee, Sturm ...
    Was aber positiv ist, das es ausreichend Trinkwasser gibt --> Schnee. Ich denke, das ist aber das einzige Positive. Außer man heißt Hanibal und hat Elefanten.

    Außerdem gab es in Gebirgen auch oft Banditen. Es wurde bspw. mal ein Heer von Karl dem Großen von einem sog. "Ortskundigen" in ein Hinterhalt gelockt ...

    Aber, nichts ist ja bekanntlich unmöglich und die alten Römer krakselten ja auch über das Gebirge. In den Alpen selbst legten sie deshalb recht ausgebaute Unterkünfte an, die wohl auch noch im MA erhalten waren. Außerdem wurden an bekannten Routen auch sog. Hospize und Klöster angelegt (meist im Abstand von einer Tagesreise) um reisenden Unterschlupf zu gewähren.

    Jetzt stellt sich mir die Frage: Wie besiedelt ist das Gebirge und wie ausgebaut ist es? Passieren, überqueren sie einen sehr ausgebauten Pass oder einen Nebenpass? Wer überquert diesen Pass? Reiche "die großen Leute" konnten sich die Ausrüstung leisten die notwendig war, um die Alpen im Winter zu überqueren. Die kleinen Leute fand man eher auf dem Friedhof wieder und auch bei den gut ausgerüstetn Leuten wird es Verluste gegeben haben.
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

    Kommentar


      #3
      Vielen Dank für die ausführlichen Informationen. Jetzt hab ich eine ganze Menge zum Nachdenken.

      Die Ausrüstung sollte nicht unbedingt das Problem sein, die Leute sind wohlgenährt, dank meiner Fantasy-Elemente ist auch eine gescheite medizinische Versorgung vorhanden und außerdem kennen sich die Leute mit frostigen Wintern aus, also sollten sie über ausreichend wärmere Kleidung verfügen, sodass sie mir nicht auf halber Strecke erfrieren.

      Die Route über die Berge ist sehr gut ausgebaut, weil es sich um die Hauptverbindung vom Tal zur Außenwelt handelt. Die Leute haben sich damals den einfachsten Weg ins Tal gesucht, weshalb der Weg auch recht ebenmäßig ist und nicht bis in die höchsten Gipfel führt. Was ich nochmal überdenken sollte, ist das Szenario mit den Fuhrwagen - die kommen ja ab einer bestimmten Steigung ins Rutschen, also müsste ich das entweder anpassen oder die Wagen weglassen ... was dann aber einen Teil der Handlung nicht möglich macht.

      Banditen sind in dieser Gegend sehr rar gesät (obwohl es im Prinzip in meiner Handlung auf ein solches Szenario hinausläuft), weil die Straße nur sehr selten befahren wird und es sich daher schlichtweg nicht lohnt, wochenlang auf Lauer zu liegen, nur um einem armseligen Händler ein paar Tontöpfe abzuluchsen. Gerade im Winter werden die Banditen sich also lohnenderen Gebieten zuwenden.

      Was mich allerdings eine Weile beschäftigen wird, ist deine Frage nach dem "Warum jetzt?".
      Ich habe vor Ewigkeiten festgelegt, dass die Handlung im Winter beginnt - damals war der Reisebeginn meiner Protagonistin allerdings noch durch äußere Umstände und Fluchtinstinkte bestimmt, weshalb sich die Frage gar nicht gestellt hat. Und seitdem hab ich einfach am Winter festgehalten, weil ... keine Ahnung warum. Vielleicht liegt's an meiner Vorliebe für Schnee.
      Deswegen grübel ich, ob es einen Unterschied macht, wenn ich die Handlung in den Frühling verlege, die Straßen wieder getaut sind usw. ... es müssen ja nicht gleich Hochsommertemperaturen sein. Das wäre auf jeden Fall eine bequemere Lösung.


      Eine gute Idee sind übrigens Klöster bzw. Schutzhäuser entlang der Route. Dann müsste ich zwar - zwecks Überfall - ein kleines Problem einbauen, damit meine Reisegruppe die Schutzhütte an einem Tag nicht erreicht, aber das sollte sich ja relativ leicht bewerkstelligen lassen. Rammt sich halt eines der Pferde einen Stein in den Huf und lahmt dann für ne Weile ...
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      (Peter Pan)

      Kommentar


      • Sophie
        Sophie kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Okay, da muss ich doch ein bisschen tiefer in den Fundus an Informationen einsteigen:

        Früher gab es einen regen Handel zwischen Tal und Außenwelt, daher kommt auch die gut ausgebaute Straße. Da das Haupthandelsgut aber irgendwann weggefallen ist, ist auf der Route gerade im Winter bzw. Frühling so gut wie nichts mehr los.
        Das Tal arbeitet größtenteils autark - viel Landwirtschaft, Viehzucht und Rohstoffgewinnung, eher weniger Luxusgüter. Die müssen sich die Bewohner des Tals tatsächlich von außen besorgen. Das läuft aber hauptsächlich im Sommer bzw. Herbst ab, wenn sie auch das (qualitativ hochwertige) Vieh an die Außenwelt verhökern können.
        Zu dieser Zeit gibt es durchaus auch mal Überfälle, aber im Winter / Frühjahr ist die Route halt eher verwaist und für Diebesgesindel nicht lohnenswert.

        Die Schutzhäuser entlang der Route sind nicht bewohnt - teilweise stelle ich mir da Steinhäuser in Gutshofgröße vor, die früher tatsächlich mal Gasthäuser waren, manchmal können es aber auch einfach nur irgendwelche Holzschuppen sein, die den nötigsten Unterschlupf bieten. Also müssen die Reisenden ihre Verpflegung ohnehin mitnehmen und haben halt in den Häusern den Vorteil, dass sie windgeschützt unterkommen und mit einem Feuer auch vernünftige Wärme haben.

        Der Überfall auf die Gruppe hat auch einen spezifischen Grund, weshalb ich da keine Zufallsbegegnung reinbasteln muss. Mit "Warum jetzt?" meinte ich tatsächlich den Aufbruch der Gruppe.

        In Ordnung, dann macht es keinen großen Sinn, meine Gruppe zwischendrin aufzuhalten. Aber vielleicht kann ich eines der Schutzhäuser durch eine Lawine mehr oder weniger unbrauchbar machen, sodass sie dann doch im Freien übernachten und deshalb ein leichtes Ziel darstellen.

      • Ankh
        Ankh kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        Tja, oder wenn diese Häuser unbewohnt sind, vielleicht dient ja eins inzwischen der Diebesbande als Unterschlupf? Dann rennt deinen Reisegruppe direkt in ihre Arme.

      • ThetaHelion
        ThetaHelion kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        weltatlas und Ankh waren ja schon fleißig, daher nur der ein oder andere zusätzliche Gedanke zu Deinen Ausführungen:

        zu "Gut ausgebaute Straßen":
        Ich würde im Winter darauf nicht viel geben. Schau Dir die gut ausgebauten Straßen bei uns im RL an. Wenn da im Winter kein Winterdienst aktiv wird, ist die Straße nach starkem Schneefall praktisch nicht mehr vorhanden und wenn da wenige Reisende unterwegs sind, dann ist auch nicht damit zu rechnen, dass der Schnee verdichtet ist, wodurch Fuhrwerke echte Schwierigkeiten haben sollten. Da würde ich bestenfalls auf Packtiere setzen und die menschlichen Reisenden sollten Schneeschuhe im Gepäck haben.

        Edit: Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Vielleicht lassen sich die Fuhrwerke ja auch direkt durch Schlitten ersetzen.


        zu "Raubtiere und Schlaf bei Tag oder bei Nacht":
        Ich bin gerade nicht wirklich sicher, ob die Nachtjagd in solchen Breiten ganz so passt. Ich meine mich zu erinnern, dass Wölfe und Großkatzen durchaus am Tag jagen und die Nachtjagd eher in den Tropen verbreitet ist - aber das sind bestenfalls Erinnerungsfragmente aus diversen Tierdokus.
        Zuletzt geändert von ThetaHelion; 27.04.2017, 11:00.

      #4
      Ich würde Schneeschuhe empfehlen, wenn du nach Überlebenstipps fragst. Und keine Fuhrwerke, sondern wie Theta sagt, Schlitten.

      Bezüglich Kälte: Ich glaube, die Leute früher waren weit kälteresistenter als wir heute. Wir frieren ja schon, wenn unser Nacken einen Zug bekommt Ganz allgemein halten Felle wirklich sehr warm, dagegen sind Decken, und seien sie auch aus Wolle, nichts. Wenn Wolle, dann mitsamt der Schafshaut, nichts Gewebtes o.Ä. Ich würde sogar behaupten, dass 2-3 Felle gleich gut oder besser wärmen als ein Federbett, nur eben handlicher sind.
      Und auch Feuer halten richtig warm. Wenn es gelingt, eins zu entzünden und deine Leute mit Fellen eingedeckt sind, behaupte ich mal, dass Kälte nicht ihr größtes Problem ist - nicht nachts.

      Fraglich ist eher, wie man das Ganze transportieren will. Ob das Holz auch nicht nass ist. Und ganz allgemein: Wo soll man unter freiem Himmel das Lager aufschlagen? Auf dem Berg gibt es im Winter nur wenig schneefreie Stellen, auch nicht im Wald oder unter Bäumen, weil der Wind die Schneeflocken überallhin wirbelt. Höhlen sind wohl machbar, allerdings werden die meiner persönlichen Erfahrung nach (also in den Gebirgen, die ich kenne) insofern überbewertet, dass es gar nicht so viele gibt bzw. diese nicht einfach mal so gefunden werden. Und im Winter sind sie sicherlich gerne bewohnt - wenn nicht von Räubern, dann von einem schlafenden Bär.

      Bezüglich Tag und Nacht kann ich dir keine Antwort auf die Raubtiere geben. Ein Berg ist in der Nacht allerdings absolut tödlich. Selbst im Sommer bei Vollmond. Wenn man das Gebiet nicht wie seine Westentasche kennt, ist es unmöglich Abhänge als solche auszumachen, da die Dreidimensionalität nicht so recht erkannt wird und die Grautöne dem Auge einen Streich spielen. Im Wald, wo der Boden steil abfällt, gaukelt die Nacht dir vor, alles sei eben, weil die Äste der Bäume und das Gebüsch nicht sichtbar abfallen und du den Boden in ihrem Schatten nicht sehen kannst. Auf freiem Feld wirkt die Distanz bei einem Abgrund um ein Vielfaches kleiner. Und wenn du dich erhöht befindest und meterweit unter dir Baumkronen liegen, dann wirkt das in der Nacht, als sei das gewöhnlicher Boden - nahe genug, um ihn mit einem kleinen Satz zu erreichen.
      Daher: Durch unbekannte Berge wirklich niemals bei Nacht. Auch nicht bzw. gerade dann nicht, wenn Schnee liegt und es noch so hell wirkt.
      Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

      So nah, so fern.

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