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"Er war schon tot, als er aus dem Fenster gestürzt wurde."

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    "Er war schon tot, als er aus dem Fenster gestürzt wurde."

    ... oder so eine ähnliche Aussage habe ich schon öfter in einem Krimi gehört. Kann man das denn auch feststellen, wenn der Tod selbst nur Sekunden vor dem Sturz stattgefunden hat und auf eine Weise, die entweder mit dem Sturz selbst zu erklären ist oder dadurch verschleiert wird?

    Mein Fall sieht vor, dass einem Mann durch eine ruckartige Bewegung das Genick gebrochen wird und dieser danach (max 30 Sekunden später) vom Balkon seiner Wohnung 12 Stockwerke in die Tiefe geworfen wird. Kann man aus dem Matsch, der da wohl übriggbleibt, tatsächlich noch erkennen, ob er gesprungen ist oder schon tot war, und wenn ja woran?
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    #2
    Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und sage: Schwierig, vor allem, wenn die Verletzungsspuren dem eines Sturzes ähneln. Was man möglicherweise feststellen kann wäre ein Handabdruck (?) am Hals ... sofern der Hals nicht völlig zermatschtklumpt wurde.

    Das wäre mal meine ganz unleihenhafte Vermutung.
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

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      #3
      Ich habe nur mal irgendwas davon gehört, dass bei einem Sturz wenn man schon tot ist keine Hämatome entstehen können, weil da ja nix mehr aktiv durchblutet wird. Aber ich stelle es mit schwierig vor, das nach 12 Stockwerken noch zu erkennen. Außerdem, wenn er mit dem Kopf zuerst aufkäme wäre er ja theoretisch auch schon tot, bevor der Rest aufschlägt, da wird ja auch nix mehr lang durchblutet an den Verletzungen ... Bleibt auch noch die Frage, ob jemand der aktiv springt anders aufkommt oder die Muskeln angespannter sind als bei einer Leiche, bzw ob man das dann noch feststellen kann.
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      • weltatlas
        weltatlas kommentierte
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        Jub. Aber, ich bezweifle, das er mit dem Kopf zu erst aufkommt. Normalerweise kracht man mit seinem Schwerpunkt zuerst auf den Gehweg. Ja, möglicherweise wäre das Aufkommen ein Indiz dafür, ob Jemand freiwillig gesprungen ist oder bereits verstorben aus dem Fenster gestoßen wurde. So ein Sturz wird vermutlich nur wenige Sekunden dauern. Bei einem Genickbruch weiß ich nicht, wie lange das Herz noch pumpt bzw. wie lange das Blut noch zirkuliert ...

      #4
      Allein die Form des Bruchs an der Wirbelsäule würde für die Gewalteinwirkung sprechen. Man erkennt sehr leicht in welche Richtung die Kraft gewirkt hat, die zum Bruch geführt hat.
      Eine Torsion wirkt bei einem Sturz nicht auf das Genick. Generell glaube ich das Genickbrűche eher seltener sind bei stürzen, da ja nicht alle auf den Kopf fallen. Das wäre die Kraft Einwirkung auch ne ganz andere.

      Aber warte nochmal auf die Antworten der richtigen Mediziner

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        #5
        Man kann tatsächlich bei der Autopsie eine Menge differenzieren.
        Ob jemand erschossen wurde oder Sekunden vorher einen tödlichen Herzinfarkt hatte, beim Verkehrsunfall starb oder schon mit Herz-Kreislaufstillstand in die Menge steuerte. Es kommt natürlich auf die Überlebenszeit an, aber es reichen einige Herzschläge, um autoptisch sichtbare Blutungen zu erzeugen, die als vitales Zeichen gedeutet werden.
        Nach einem Sturz aus großer Höhe kann man nicht mehr rekonstruieren, ob gesprungen oder geworfen, es sei denn, ... Dazu gleich. Man kann einfach davon ausgehen, dass mit dem Aufprall aus 12 Stockwerken Höhe der Tod sofort eintritt. Die Knochenbrüche können dann außerordentlich vielgestaltig sein ... sind aber alle "reaktionslos", ohne Zeichen der Vitalität.
        Es sei denn, es hat vorher ein Kampf stattgefunden, der Verletzungen, auch äußerlich nicht sichtbare, erzeugt hat; auch ein massiver Stoß mit stumpfem Werkzeug kann ausreichen. Die rechtsmedizinische Sektion findet ja genau aus diesem Grunde statt; es ist schließlich keine Neuigkeit, dass man stirbt, wenn man ohne Fallschirm aus Reiseflughöhe aussteigt. Auch nicht neu: Niemand, der nicht will, springt einfach so, das braucht eine gewisse Überzeugungsarbeit, und wenn man von perfiden Psycho-Erpressungen absieht, bleibt da nur Gewalt.
        Frage: Welchen Genickbruch meinst du? Die Fraktur von Halswirbel 7, das eigentliche Genick, ist nicht unbedingt sofort tödlich, aus 12. Stock dann aber sicherlich schon. Die Fraktur von HW2 dagegen schon, wenn sich der "Zahn" dieses Wirbels in Atem- und Kreislaufzentrum bohrt. Schafft man das als Angreifer bei einem unwilligen Gegner so leicht und filigran, ohne zu kämpfen? Jemandem das Genick zu brechen, ist extrem brutal. Der Griff an den Kopf, das Drehen gegen Widerstand und darüber hinaus ... ich denke, man kann dort als Rechtsmediziner fündig werden. Ein paar aufgeregte Herzschläge bis zum Todeseintritt kostet dieser Ablauf schließlich schon.
        Aber letztlich können die Sturzverletzungen davon ablenken und es verdecken.
        Und nein, wenn er noch lebt, wenn er mit dem Kopf aufprallt und dabei stirbt, kann man das dem Restkörper nicht ansehen. Das läuft dann alles unter sofortiger Tod. Je näher Todeseintritt und postmortale Verletzung zeitlich beieinander liegen, um so unmöglicher wird die sichere Unterscheidung. Von daher ist geschickter Mord und sofortiger Wurf vom Balkon nicht unbedingt zum Scheitern verurteilt. Die Flugrouten sind wohl auch einigermaßen variabel, abgesehen von hinunter, sodass jeglicher Aufschlag möglich sein sollte. Auch wenn das Toast mit der Marmelade immer auf der Marmelade landet.
        Das mit den Hämatomen ist prinzipiell richtig, die entstehen nur bei einigermaßen suffizientem Kreislauf. Das sieht man auch nach zwölf Etagen noch, nur nicht so ... schön. Natürlich läuft auch nach dem Tod noch Blut aus Wunden, der Schwerkraft folgend. Das sieht man aber auch. Liegt die Leiche beim Auffinden z. B. mit der Nase in der Luft (aufm Hinterkopf), kann das Blut aus den Ohren nicht an die Schläfe oder an die Kehle gedröppelt sein.
        Mit Todeseintritt erschlaffen alle Muskeln. Mit der Zeit entwickelt sich dann die Leichenstarre, die sich mit Eintritt der Fäulnis wieder löst (deswegen hat man da eine "Uhr" für die Liegezeit einer Leiche, um so präziser, je frischer und je standardisierter die Umweltbedingungen). Es gibt Behauptungen, dass vor dem Tod stark beanspruchte Muskeln als erstes erstarren; also, wenn jemand weggelaufen ist, die Beinmuskulatur - aber darauf würde wohl niemand einen Tathergang rekonstruieren. Das ist alles sehr variabel.

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          #6
          Lieben Dank für eure Antworten!

          Dodo Das klingt ja alles schonmal ganz gut für meinen Mörder. Was ich noch nicht ganz verstanden habe: Wenn er ihm den 2. Halswirbel bricht, dann stirbt er sofort, also ist da am wenigsten mit Kampfspuren zu rechnen?

          Mein Mörder hat diesen Genickbruch-Griff trainiert und besitzt auch die nötige Kraft dazu. Ein Motiv für einen Selbstmord hat er auch konstruiert. Das Opfer rechnet nicht mit dem Angriff, auch wenn es ein wenig misstrauisch ist, aber die beiden stehen am Ende auf dem Balkon und unterhalten sich, als der Mörder angreift, ist also überrascht. Mehr als eine spontane Abwehrverletzung dürfte das nicht ergeben, wenn der Angriff an sich sofort tödlich ist, oder?

          Wobei, interessant wäre natürlich auch, wenn er ihn nicht umbringt, sondern mit der Rückratverletzung nur lähmt und dann runterschmeißt ... Ich hab gerade eine sadistische Ader, scheint mir ... jedenfalls, ginge das auch und wäre das vielleicht noch leichter als Selbstmord zu tarnen? Bzw. wäre es möglich, so einen Bruch mit lähmender Rückratverletzung gezielt zuzufügen?
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            #7
            Der Zweite-Halswirbel-Bruch ist das, was immer als Genickbruch verkauft wird, aber als Erbsenzähler musste ich erwähnen, dass das Genick der siebte Wirbel ist (oder war's der achte? *grübel* Nein.)
            Ich bin zugegebenermaßen unerfahren, was das Zufügen von Wirbelbrüchen angeht; aber ich nehme an, dass es eine "Technik" geben könnte, die das zum Ziel hat. Wenn Dein Killer also extrem geschickt, schnell und kräftig ist - warum nicht. Und da der Herzstillstand sehr sehr sehr wahrscheinlich sofort eintritt, hat das Opfer keine Zeit für eine gezielte Abwehr und es wird kein Blut mehr aktiv in die Gewebe gepumpt, somit keine Hämatomentwicklung. Erst 12 Stockwerke weiter unten läuft das Blut dann "passiv" aus Verletzungen. Mit einer immobilisierenden Fraktur - auf welcher Höhe der Wirbelsäule sollte das passieren? Müsste auch Hals sein, damit das Opfer die Gegenwehr wirklich unterlässt; die Brustwirbelsäule ist zwar alles andere als unverwundbar, wird aber durch den Brustkorb ein bisschen stabilisiert (somit große Gewalt notwendig => Spuren), und die Lendenwirbelsäule führt "nur" zum Querschnitt, da kann das Opfer noch schlagen, kratzen, beißen, Fasern unter die Fingernägel bekommen ... Aber sagen wir einmal: vier Extremitäten durch Angriff gegen die Halswirbel gelähmt, Wurf über Balkon (auch dabei können Gewaltspuren durchs Heben und Werkeln entstehen), Weg nach unten ... Reichlich Zeit, um wenigstens ein paar Hämatome entstehen zu lassen. Aber wie gesagt: Es kann autoptisch durchaus schwierig werden, doch nach einem Sturz ist die Leiche nicht völlig formlos. Und ein guter Rechtsmediziner grübelt über jede Einblutung nach. Sagt man.
            Also: Densfraktur (das ist der Teil des zweiten Wirbels, der bricht) ist für Deinen Killer wohl das risikoärmste Verfahren. Spielereien mit dem Opfer sind dagegen gefährlich, ihn auffliegen (ha, Wortspiel) zu lassen.

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            • Schneeregen
              Schneeregen kommentierte
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              Beim "Genickbruch" wird der Kopf ruckartig zur Seite gedreht.
              Es bricht wahrscheinlich auch an den oberen Halswirbel.Die Todesursache ist dabei aber, glaube ich, nicht wie beim Bruch, der durch einen Sturz kommt.Wie ich deine Beschreibung verstehe, geht der Wirbel dabei nach oben ins Gehirn rein.
              Bei einer Drehung hätte man dann doch eher eine Verletzung des Nervenkanals. Die müsste dann auch erkennbar sein, selbst wenn man den Kopf in die Ursprungsposition zurück bringt.

            • Dodo
              Dodo kommentierte
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              Schneeregen Ein Bestatter sammelt die Leiche nach der Fundort-Spurensicherung ein, in den Transportsarg, in die Leichenhalle, auf die Mole (die Bahre), von dort ins Kühlfach oder, manchmal, ohne Umweg in den Sektionssaal und auf den Tisch. Das ist unhandlich und unsentimental. Der Kopf dreht von A nach B und C und zurück. Vor dem ersten Schnitt wird die Leiche gedreht und von allen Seiten äußerlich begutachtet. Eine artifizielle, neu (!) nach dem Tod zugefügte Rückenmarksverletzung durch Bestatter oder Sektionshelfer / Präparatoren ist trotz des Hantieren eher unwahrscheinlich, weil es schon extreme Überdehnungen verlangt, die dann doch vermieden werden. Auch wenn Samthandschuhe nicht getragen werden. Der Obduzent geht nicht davon aus, die Leiche unberührt vor sich zu haben, und fragt die Ermittler auch ganz gerne, wie die Auffindesituation etc war, um die Veränderungen genauer einordnen zu können.

              "Gewalt gegen die Wirbelsäule" ist deshalb so fürchterlich, weil das Rückenmark dabei geschädigt werden kann/wird. Die entstandene Verletzung ist immer erkennbar, Risse unterschiedlichen Ausmaßes und je nach Überleben Einblutungen, die wiederum weitere Schäden am Nervensystem erzeugen. Das muss aber (nicht sofort) tödlich sein, je nach betroffenem Segment der WS. Der Unterschied bei der C2-Fraktur ist, dass verdammt häufig der Dens (ein Fortsatz, der in nach oben ragt) bricht - was nicht so schlimm wäre - und in den Hirnstamm disloziert. Eigentlich ein sehr geschütztes, altes Hirngebiet, das die Vitalfunktionen kontrolliert, aber wenn der verrenkte Knochen da hineinbohrt, ist sofort Schluß. Andere Verletzungen der HWS sind ebenfalls gefährlich, aber prinzipiell mit Stabilisierung überlebbar. Todesursächlich wäre aber auch dort meistens die Rückenmarksverletzung mit Unterbrechung / Abdrücken der lebenswichtigen Leitungen (wenn es keine weiteren Mittodesursachen gäbe).

              Eine einfache Drehung führt nicht zu einem Genickbruch. Da müssen noch Peitschenhiebbewegungen oder extreme Entschleunigungen (Aufprall) und / oder Torsionen stattfinden. Ein simples "Hals-Umdrehen" wäre eher eine reine Weichteilverletzung (inclusive der Zwischenwirbelscheiben und des Rückenmarks) und setzte ebenfalls eine unmenschliche Kraft voraus. Die Spuren wären immens (Muskel-, Bänder-, Gefäss-, Rückenmarksrisse in einer Ebene ohne knöcherne Verletzung? Das schreit nach böser Fremdeinwirkung). Ich habe noch nie davon gehört, dass ein Mensch so getötet wurde, habe das aber auch nicht recherchiert. Ich würde es in einem Roman weder einsetzen, aber auch nicht bemängeln, wenn es mir logisch präsentiert würde. Also als Mord durch einen King Kong-Killer.

            • Schneeregen
              Schneeregen kommentierte
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              Danke für die Erklärung. Jetzt wird mir auch wieder klar, dass man dafür den Kopf schräg umdrehen muss, was dazu führt, dass der Wirbel eben doch ins Hirn geht.

            #8
            Und welche variante würdest du für realistischer halten, im Bezug darauf, dass sie durchzuführen ist und darauf, wie wahrscheinlich der Täter damit durchkommt? Zweifel darf der Rechtsmediziner übrigens durchaus haben, es darf nur nichts zu finden sein, was eindeutig auf Mord hinweist bzw einen Selbstmord ausschließt, und möglichst nicht nur mit viel Glück für den Täter, sondern was er vorher bedenken und beeinflussen kann.
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              #9
              Wie gut man absichtlich, kurz und schmerzlos den zweiten Wirbel knacken kann (+ die tödliche Verrenkung des gebrochenen Wirbelanteils in den Hirnstamm), weiß ich nicht. Ich kann es mir fast nicht vorstellen. Es würde mich beim Lesen aber überhaupt nicht stören, weil es schon eine sehr spezielle Fragestellung ist, die ich - kann ja nur für mich sprechen - vom Medizinischen nicht eindeutig beantworten kann. (Ich bin kein Rechtsmediziner, teile aber die Gesinnung und ein paar Erfahrungen, weil ich 's mal werden wollte). Wie es kampftechnisch aussieht ... keine Ahnung. Aber überhaupt: Was Tarantino darf ...
              Und der Rechtsmediziner steht genau vor dem Dilemma wie oben gesagt: Je schneller Tod und Aufprall beieinander liegen, desto weniger bekommt man es auseinander gedröselt. Die heißere Spur wären eher andere Angriffsspuren, und wenn Du sagst, Dein Killer ist sehr geübt ... Dann kommt er damit durch, und zwar glaubhaft. Es ist nicht so, dass sich der Möchtegern-Rechtsmediziner in mir die Haare rauft und "Disbelief" schreit.

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                #10
                Es ist nicht so, dass sich der Möchtegern-Rechtsmediziner in mir die Haare rauft und "Disbelief" schreit.
                *lach* Okay, das wollte ich vor allem verhindern. Dann ist ja alles im Lack, danke!
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                  #11
                  Ich hab ein sehr anschauliches Fachbuch hier, in dem ein Bild von einer Sturzleiche aus dem 2., dem 3. und dem 5. Stock abgebildet sind. Deshalb kann ich mir ziemlich gut vorstellen, dass bei einem Sturz aus dem 12. Stock nicht wirklich viel für den Gerichtsmediziner übrig bleibt. Da dann festzustellen, ob der Genickbruch durch den Sturz oder durch Fremdeinwirkung entstanden ist, dürfte sehr schwierig werden, weil quasi jeder Knochen zertrümmert ist.

                  In dem Buch steht auch, dass solche Fälle schwer zu klären sind und hauptsächlich auf den kriminalistischen Ermittlungen beruhen. Wenn dein Mörder einen Suizid vortäuschen will, wird nur ein Motiv nicht ausreichen. Sinnvoll ist dann neben dem Abschiedsbrief eine Aufsteighilfe, mit der das Opfer über das Geländer geklettert ist. Leere Alkoholflaschen vielleicht, weil meistens Mut angetrunken werden muss. Wenn die Polizei (heute, in Deutschland) mitbekommt, dass vor dem Sturz eine andere Person oder mehrere in der Wohnung anwesend waren, wird die Annahme des Suizids grundsätzlich erstmal in Zweifel gezogen. Da reicht es ja schon, wenn jemand zwei Stimmen im Hausflur gehört oder zufällig durch den Spion geschaut hat (sofern es die in deiner Geschichte gibt).

                  Bei einem aktiven Sprung in suizidaler Absicht liegt die Aufschlagstelle auch in der Regel weiter von der Absprungstelle (Hauswand) entfernt, als bei einem Absturz. Deshalb wird bei solchen Fällen immer die Entfernung zwischen der Aufschlagstelle und der Senkrechten der Absturzstelle gemessen und geschaut, ob Zwischenkollisionen möglich waren (Bäume, andere Balkone, Satellitenschüsseln, was man halt so an Hauswänden findet). Dein Mörder sollte das berücksichtigen, wenn er die Leiche runterwirft.

                  Inwiefern man sich bei einem solch hohen Sturz dreht, wenn man noch lebt im Gegensatz zu, wenn man tot ist, weiß ich allerdings nicht. Aber ich denke, wenn man noch lebt - gleich ob man freiwillig gesprungen ist oder abgestürzt - gibt es, wie bei einem Treppensturz, Abwehrbewegungen in dem Versuch, Halt zu finden. Entsprechend müssten die Arme - theoretisch - beim Aufprall auch aussehen von der Haltung her. Eine Leiche, denke ich, dürfte sich beim Sturz eher mal auf den Rücken drehen, als jemand, der in voller Absicht sich abgestoßen hat. Allerdings war ich in Physik auch nie eine Leuchte ^^
                  "You only cry for help if you believe there's help to cry for." - Wentwort Miller

                  "How do I know what I think, until I see what I say?" - Howard Tayler

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                    #12
                    Zitat von Kady Beitrag anzeigen
                    Ich hab ein sehr anschauliches Fachbuch hier, in dem ein Bild von einer Sturzleiche aus dem 2., dem 3. und dem 5. Stock abgebildet sind. Deshalb kann ich mir ziemlich gut vorstellen, dass bei einem Sturz aus dem 12. Stock nicht wirklich viel für den Gerichtsmediziner übrig bleibt. Da dann festzustellen, ob der Genickbruch durch den Sturz oder durch Fremdeinwirkung entstanden ist, dürfte sehr schwierig werden, weil quasi jeder Knochen zertrümmert ist.
                    Nach einem Sturz ist genug übrig (erst bei Hochgeschwindigkeitsunfällen mit z. B. einem ICE wird es wirklich sehr schwer bis unmöglich, weil da noch ein gewisser Quirl-Effekt dazu kommt). Die Differenzierung vitaler gegenüber avitaler Frakturen ist (nicht nur) in Fällen von Stürzen eben gerade die Aufgabe des Rechtsmediziners. Im Prinzip kann man von jedem Knochenfragment so eine Aussage treffen, deren Wertigkeit und "Wahrheits"-Gehalt (sicher vital/ sicher postmortal) von dem Zeitintervall zwischen Tod und Knochenbruch abhängt, nicht von der Anzahl der Brüche (und natürlich betreibt man den Aufwand nicht, wenn man nicht bereits mit bloßem Auge den Unterschied ... ahnt). Je kürzer dieses Intervall, desto wichtiger sind die Ergebnisse der Kripo und Spurensicherung, wenn nicht andere Verletzungen an der Leiche auf einen Angriff auf den Lebenden hinweisen, und das kann man erkennen.
                    Die Idee mit dem "Aufstieg" ist gut, ein Indiz, das aber auch schnell gefälscht ist. Die leeren Flaschen Alkohol helfen nur, wenn das Opfer tatsächlich davon besoffen war, denn die Untersuchungen auf Drogen und Alkohol werden an der Leiche auf jeden Fall durchgeführt. Man kann aus der Untersuchung von Blut, Urin und / oder Gewebe tatsächlich sowohl verwendete Getränkegruppe als auch Trinkverhalten ableiten (schnell, viel, langsam oder Nachtrunk). Wenn es da Ungereimtheiten gibt, wird's haarig (und ist das Täglichbrot für die juristische Beurteilung von Straftaten oder Fahrfehlern unter Alkoholeinfluss). Die Falllinienanalyse ist ein weiteres Indiz, aber manche springen nicht, sondern lassen sich fallen; im Einzelfall ist das ein weiteres Puzzleteil für die Gesamtinterpretation.

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                      #13
                      Okay, trinken wird er nicht, aber er hat aufgrund von verheilenden Brandverletzungen ggf. noch Schmerzmittel intus. Das mit dem Hocker zum Drüberklettern ist eine gute Idee, mal schauen, wie ich das noch einbaue. Abschiedsbrief ist auch schwierig, weil er niemanden mehr hat, an den er den richten würde. Aber der Mörder wird beim Betreten und Verlassen der Wohnung nicht gesehen, da hat er einen guten Plan Alles in Allem versuche ich es so hinzubekommen, dass keine Anhaltspunkte entstehen, dass er nicht allein war und es auch kein offensichtliches Motiv für einen Mord gibt.
                      Poems are never finished.
                      Just abandoned.

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                      • Ankh
                        Ankh kommentierte
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                        Nee, ist schon prima. Je genauer ich es weiß, desto wohler fühle ich mich beim Schreiben.

                        Wie hat man den mörderischen Rechtsmediziner denn erwischt? Er hat ja nun alle Voraussetzungen, sich was auszudenken, was die Kollegen nicht finden, oder es sogar so zu drehen den Fall selbst auf den Tisch zu bekommen. Andererseits, vermutlich ist die Dunkelziffer unter mörderischen Rechtsmedizinern aus diesem Grund ziemlich hoch, und sie haben eben bisher nur den einen erwischt, der einfach viel zu dämlich war

                      • Dodo
                        Dodo kommentierte
                        Kommentar bearbeiten
                        Er hat sich gefilmt und die Leiche in Tönnchen irgendwo auswärts versteckt, die alle mit dem Namen des Instituts, in dem er arbeitete (und den Mord begangen hat) beschriftet waren. *seufz* Details. Jeder Schriftsteller kann das besser.

                      • Flori
                        Flori kommentierte
                        Kommentar bearbeiten
                        Aufgabe des Verbrechers: Beweise vernichten. Aufgabe des Rechtsmediziners: Beweise beschaffen (entdecken, wenn das weniger missverständlich ist).
                        Mich wundert das gar nicht so sehr

                      #14
                      *ausgrab*

                      Dodo wie sieht es denn bei folgendem Szenario aus?

                      * Opfer wird von Killer umgebracht – entweder mit schwerem Gegenstand (Eisenstange o.ä.) der Schädel eingeschlagen oder per Genickbruch wie in Ankhs Beispiel oder per ...?
                      * Dann wirft der Killer das Opfer von einer Autobahnbrücke und direkt vor einen LKW. Evtl. fahren vielleicht noch ein, zwei andere Autos drüber (nachts + viel Verkehr), das Opfer landet im Gestrüpp am Straßenrand.
                      * Es ist südeuropäischer Hochsommer, Bullenhitze auch nachts, schwül, kurz zuvor hat es heftig geschüttet.
                      * Als mehrere Stunden später (ca. 4) die Leiche gefunden wird, ist sie in ziemlich miesem Zustand: das halbe Gesicht weg, ein Arm ab. Von Blut nicht mehr all zuviel zu sehen, weil Dreck und nass und mehrere Autos.
                      * (Randinfo: der LKW-Fahrer begeht zunächst Fahrerflucht und meldet sich später dann doch bei den Bullen. Benennt den Zeitpunkt, als ihm einer vor das Fahrzeug geknallt ist.)

                      Schaut also erstmal nach Selbstmord aus, gibt auch andere Hinweise in die Richtung.

                      FRAGE:
                      Wie einfach isses in diesem Fall für die Forensik, sofort zu sagen: Das war kein Selbstmord, zum Zeitpunkt des Sturzes war der schon tot? Bzw. was könnte ich ändern, damit das Ganze als Selbstmord durchgeht?
                      Die Mordmethode ist offen, was auch immer da passen würde, das möglichst wenig Spuren hinterlässt bzw. nur solche, die auch durch Sturz + LKW-Kollision entstanden sein könnten.

                      Dankeschön!
                      and it's not what we think
                      rather the opposite
                      it's staring at the end of you.

                      Kommentar


                      • Dodo
                        Dodo kommentierte
                        Kommentar bearbeiten
                        Ja, der Fall ist klar: Eine Leiche wurde von der Brücke gestürzt. Man kann das zweifelsfrei feststellen, da die Verletzungen durch die Fahrzeuge oder auch des Aufpralls am Boden keine Reaktionen am Gewebe mehr hervorrufen; ganz plump: eine Leiche blutet nicht (aktiv), da läuft höchstens Blut der Schwerkraft folgend aus - und auch das nach einiger Zeit nicht mehr.
                        Die Hitze läßt zwar zunächst die Autolyse schneller in wahre Fäulnis und Verwesung übergehen, aber sowohl mit bloßem Auge als auch mikroskopisch und mit anderen Tricks kann man an Wundflächen vitale Reaktionen nachweisen oder eben nicht. Jedenfalls bei vier Stunden.
                        Ich denke, die Rechtsmediziner werden sich im Verlauf der Sektion darüber bereits einig sein (ansonsten dauert das mit Zusatzuntersuchungen ein bis zwei Tage), dass das Opfer schon tot war. Anhand der vitalen Reaktionen (am gebrochenen Knochen und den angrenzenden Weichteilen, beim Genickbruch auch speziell an den Zerreißungen des Rückenmarks) können sie auch sagen, welche der Verletzung todesursächlich bzw. zum Zeitpunkt des Todeseintritts oder vorher zugefügt wurde.
                        Die Verdeckungssuizid-Inszenierung hätte nur eine rudimentäre Chance der "Anerkennung", wenn der Tod unmittelbar vor dem Sturz von der Brücke einträte. Und selbst dann reichen die paar Sekunden des fehlenden Kreislaufs aus, um festzulegen: Verletzung trat vor Kreislaufstillstand oder danach ein. Schwierig ist sowas eher bei Sturz plus Hirnblutung, wenn die Sturzverletzungen die Hirnbefunde begründen könnten (ist der Mensch wegen eines Schlaganfalls gestürzt - oder stürzte er (wurde er geschubst) und bekam deswegen eine Hirnblutung). Oder bei Vita minima, aber das wird schon höchst speziell.

                      • Zwielicht
                        Zwielicht kommentierte
                        Kommentar bearbeiten
                        Merci vielmals. Ja so ähnlich hab ich das schon vermutet bzw. mir aus obigem zusammengereimt.
                        Zusatzfrage: Wenn alle anderen Indizien ganz klar auf Selbstmord hindeuten ... dann finden all diese Untersuchungen trotzdem - immer - und in allen Details statt, richtig? Und nicht erst, wenn ein Kriminaler danebensteht und sagt „ich hab Zweifel an der Selbstmordtheorie“?

                        Dann wird mein Killer das Opfer wohl bewusstlos auf die Bücke bugsieren ... und ihm kurz vor Sturz erst da Genick brechen müssen 😬

                      • Dodo
                        Dodo kommentierte
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                        Das Urteil, "es war Selbstmord", fällt erst am Ende der Untersuchungen. Kaum ein Staatsanwalt verlässt sich nur auf Umstände, jedenfalls nicht ohne Ergebnis der Leichenschau. Ausnahme wäre wohl das klassische "Niemand im verschlossenen Raum, nur die Leiche mit eindeutig suizidaler Spurenlage". Einen Selbstmord zu stagen ist extrem schwierig. Umgekehrt sehen auch einige Suizide wie Mord aus.
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