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Mittwochsfrage #62: Wie viele Anhaltspunkte braucht ein Roman?

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    Mittwochsfrage #62: Wie viele Anhaltspunkte braucht ein Roman?

    Was wollt ihr am Anfang einer Geschichte erfahren?
    Ist z. B. der Name des Protagonisten wichtig? Wie steht es mit dem Grund, weshalb der Himmel rot ist oder drei Monde hat? Muss man wissen weshalb und vor wem der Protagonist flieht oder reicht es, wenn er in Lebensgefahr schwebt?

    Wie stark sollen Andeutungen sein? Wenn z. B. zwielichtige Gestalten miteinanderreden, wollte ihr lieber im Dunkeln tappen oder Schlagwörter hören, damit ihr das Gespräch einordnen könnt?

    Würdet ihr die obigen Fragen anders beantworten, je nachdem ob ihr sie aus Autoren- oder Lesersicht betrachtet?


    Edit: Den Anfang definiere ich mit der Länge, die man braucht, um zu urteilen, ob man das Buch gut oder doof findet, oder um es wegzulegen.

    Bei mir sind es je nach Buch 1-20 Seiten. 60 Kam aber auch mal vor.
    Zuletzt geändert von Victoria; 17.05.2018, 11:37.

    #2
    Am Anfang der Geschichte habe ich es gerne einige Infos über

    - den/die Prota:Geschlecht, ungefähres Alter, Eigenheiten. Genug, um mir selber ein Bild von ihm/ihr zu machen.
    - Setting: Mir reicht es, zu wissen, dass der Himmel rot ist.
    - Konflikt:muss spürbar sein. Mir reicht es, wenn ich sehe, dass er/sie vor etwas flieht.
    - Stimmung: Die Grundstimmung der Geschichte sollte fühlbar sein.

    Mir gefallen Romananfänge am besten, die Fragen aufwerfen und meine Fantasie ins Rollen bringen.
    Er oder sie flieht vor etwas. Das macht mich neugierig und ich suche nach Anhaltspunkten für mein persönliches Detektivspiel, das mich tiefer in die Geschichte hineinzieht. Wenn mir der Autor diese Fragen sofort beantwortet, nimmt er mir einen Großteil des Vergnügens.

    Ich möchte spüren, dass ich am Anfang von Etwas stehe, das beginnt sich unaufhaltsam in eine bestimmte Richtung (auf einen Konflikt) zu bewegen. Das geht mir als Leser und als Autor gleich.
    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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    • Milch
      Milch kommentierte
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      Bei Filmen bin ich genervt, wenn sie ständig auf der Flucht sind, das macht mich auch nicht neugierig, das nervt mich auch. Ich weiß nicht, warum, wahrscheinlich weil es dann nur über das körperliche geht. Ausnahmen gibt es selbstverständlich immer.

    • Peter
      Peter kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Milch
      Es ist unerheblich, ob sie auf der Flucht sind. Ich habe einfachheitshalber das obige Beispiel benutzt.

      Es geht um den Konflikt, der in irgendeiner Form erkennbar sein sollte, um mich neugierig zu machen.
      Wie gesagt, rein meine persönliche Meinung.

    • Milch
      Milch kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Es reicht schon, wenn es irgendwie unterhaltsam ist, ein Konflikt macht aber alles unterhaltsamer,

    #3
    Was wollt ihr am Anfang einer Geschichte erfahren?
    Ich muss und will nicht unbedingt sonderlich viel über die Figuren wissen. Es reicht mir dort, wenn ich eine grobe Vorstellung vom Protagonisten bekomme. Den Namen erfahre ich ganz gern möglichst am Anfang.
    Das Setting möchte ich mir gut vorstellen können, aber ich will dort keine sehr langen Beschreibungen.
    Der Konflikt sollte vorgestellt werden. Schön finde ich es auch, wenn Themen angeschnitten werden, die der Roman tiefer behandelt. Hat man natürlich auch nicht immer, aber wenn möchte ich das gerne am Anfang erfahren.

    Wie stark sollen Andeutungen sein?
    Ich mag es, wenn die Andeutungen nicht so offensichtlich sind. Ich mag es zu rätseln. Deshalb will ich dann ja weiterlesen. Ich finde es interessant, wenn man Theorien entwickelt und dann erst später die Auflösung folgt.

    Würdet ihr die obigen Fragen anders beantworten, je nachdem ob ihr sie aus Autoren- oder Lesersicht betrachtet?
    Nein, das sehe ich genauso.
    There is no real ending. It´s just the place where you stop the story.
    Frank Herbert

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      #4
      Hängt ein bisschen davon ab, was man als "Anfang" definiert. Die erste Seite? Das erste Kapitel? Den ersten Akt?

      Falls Kapitel (oder sogar Akt), hätte ich im Laufe dessen schon gern ein paar Informationen.
      * Wichtiger als der Name des Protas wäre mir eine ungefähre Ahnung, wie er tickt / was an ihm besonders ist.
      * Wenn ich weiß, dass ich Fantasy oder Sc-Fi lese, brauch ich für den roten Himmel und die drei Monde keine Begründung. Ich würde sie zunächst unter "Deko-Material" verbuchen. Wenn sie ne tiefergehende Bedeutung haben, werde ich das schon rechtzeitig erfahren.
      * Eine Andeutung, warum und vor wem er flieht, wäre nett. Aber bloß keine lange Backstory, die die Flucht unterbricht!

      Insgesamt sollte der Anfang mehr Fragen aufwerfen als beantworten, ganz klar. Sonst muss ich ja nicht weiterlesen.

      Zitat von VickieLinn
      Würdet ihr die obigen Fragen anders beantworten, je nachdem ob ihr sie aus Autoren- oder Lesersicht betrachtet?
      Auf keinen Fall. Ich beantworte die Fragen als Leser und versuche, mich als Autor an genau diesen Antworten zu orientieren. Ich will ja was schreiben, wovon ich als Leser begeistert wäre. Und außer mir hoffentlich noch viele andere.
      and it's not what we think
      rather the opposite
      it's staring at the end of you.

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      • Zwielicht
        Zwielicht kommentierte
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        Ha! Ich bin ein Bleistift

      #5
      Ich hätte tatsächlich gerne möglichst früh Namen, Geschlecht (ergibt sich ja meistens aus dem Namen) und ein ungefähres Alter, weil der Autor ganz oft den Moment verpasst, an dem es noch ok ist, diese Infos später zu geben. Es gibt einige Bücher, bei denen man irgendwo auf Seite 100 auch mal den Namen des Ich-Erzählers erfährt, und das geht mir einfach tierisch auf den Geist. Es kann gut sein, dass der Autor damit irgendwas künstlerisches/alternatives/gegen-den-Strom-schwimm-mäßiges bezwecken will, das ist auch gut und schön, soll er mal machen, aber mir als Leser gefällt das nicht.

      Alles andere darf sich gerne im Laufe der Geschichte ergeben. Wenn der Leser völlig unvorbereitet in die Geschichte geworfen wird, kann das zwar durchaus verwirrend sein, aber wenn der Autor es gut hinbekommt, die Infos so zu geben, dass man gar nicht merkt, dass man den Anfang eigentlich überhaupt nicht verstanden hat, hat es für mich schon so was von einem Leseerlebnis. Und das finde ich super.

      Ich ertappe mich allerdings immer dabei, dass ich das genaue Gegenteil von dem mache, was ich mir als Leser wünsche. Total nebulöser Anfang, ich will nicht raus mit der Sprache, in meinem Kopf ist ja eh schon alles klar - lies doch selbst, was ich denke, Herr Leser! Dann gebe ich auch ganz früh total nebensächliche Infos über den Freund vom Schwippschwager seiner Mutter die Oma und über Nachbars Primeln im Vorgarten. Geil. Braucht ja jeder. Ich hatte ja schon mal irgendwo gesagt, dass ich dann von meinen Texten immer erstmal total begeistert bin und die Primel-Passagen wie Hulle abfeiere, aber mit ein bisschen Abstand (und auch mal einem "Das interessiert doch kein Schwein" von außerhalb) kommt irgendwann ein Anfang zustande, mit dem ich selbst als Leser einverstanden wäre

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        #6
        Ich möchte so schreiben, wie ich etwas lesen möchte, und natürlich bin ich geprägt durch das, was ich gewöhnt bin.
        Das wichtigste für mich persönlich bei anderen ist: Mag ich den Schreibstil? Es gibt Stile, die packen mich, selbst wenn Grün auf Grün oder seitenlang die Thronfolge von Guldern beschrieben wird.
        Die anderen müssen mich eben inhaltlich überzeugen, mit Ausblick auf einen interessanten Konflikt den schlafenden Leser in mir wecken, neugierig machen mit einer seltsamen, komischen, außergewöhnlichen oder mir unbekannten Situation, mich aber nicht zumüllen.
        Meine Erwartung ist bei unterschiedlichen Genres unterschiedlich. Bei SciFi kann die Story für mich auch mit einem Erklärbären für das Setting losgehen, aber interessant muss es sein; Á  la Crichton, der seinen Romanen Prologe (tja, die überblättere ich allerdings aus Prinzip) über Henne und Ei voranstellt. Bei einem Krimi/Thriller würde ich nicht unbedingt mit einem Rezept für Frühstückseier anfangen (überhaupt finde ich kulinarische Krimis ... egal), sondern mit einer eher action-geladenen Szene.
        Ansonsten wäre ich nicht so festgelegt, aber es sollte schon eine nicht ganz alltägliche Szene des Protagonisten sein, denn den möchte ich kennenlernen, wie er handelt oder nicht handelt, selbst wenn die Handlung nur Denken wäre. Der Start sollte erkennen lassen, dass eine Feder gespannt wird, egal ob es sich um den Hauptkonflikt oder einen Nebenschauplatz handelt. Dass Name, ungefähres Alter, Probleme erkennbar sein müssen, empfindet wahrscheinlich jeder Leser und Autor als selbstverständlich.
        Zuletzt geändert von Dodo; 16.05.2018, 14:55.

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          #7
          Ähnlich wie Zwielicht frage ich, was man als Anfang definiert. Ich lasse ja einem Buch so 50-100 Seiten Zeit mich von diesem zu überzeugen, auch wenn ich das dann nicht mehr als Anfang definieren würde.

          Der Name ist mir jetzt nicht sooo wichtig, aber ich möchte ihn schon irgendwann mal bekommen. Bei Simon Becketts "Der Hof" hat es ziemlich lange gedauert, bis man wusste, dass der Prota Sean heißt, aber auch nicht verwunderlich bei Ich-Perspektive und langes einsames rumgurken... Aber dafür war es noch okay, da es auch früher nicht ins Buch gepasst hätte. Irgendwie muss das mit dem Namen auch passen, besonders wenn man in der Ich-Perspektive schreibt. Ist ja dann doch komisch, wenn der Prota sich in Gedanken plötzlich mit seinem Namen anspricht. Manchmal macht man das zwar, aber neee... ist sehr unelegant.

          Puh, was sonst. Ich mag es, wenn man mich gleich in eine Situation wirft, ohne langes Vorgeplänkel. Der Anfang sollte spannend sein, um mich Feuer und Flamme für ein Buch zu machen. Beschreibungen am Anfang mag ich nicht. Ich mag es zwar, wenn mir am Anfang mit übermittelt wird, auf was für einen Prota ich mich einstellen kann, charakterlich, aber das bitte durch Handlanung / sein Verhalten rüberbringen.

          Natürlich ist so ein Anfang auch irgendwie Genre abhängig, aber da ich fast nur Fantasy oder Krimi/Thriller lese, kann ich nur davon sprechen.

          Und nein, ich sehe das genauso aus Autorensicht.

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            #8
            Wenn ich sofort und gleich alle faktischen Infos habe, fühle ich mich erschlagen. Das wirkt dann doch sehr lexikalisch.
            Ich möchte gern soviel Infos haben, wie für die Geschichte und mein Mitkommen in dieser Geschichte relevant sind. D.h. ich möchte als Leser gern abgeholt werden, da ist mir persönlich das Genre auch ziemlich schnuppe. Eine Fantasygeschichte, dir mir erst mal faktenmäßig die Planetenkonstellation näher bringt und erklärt warum der Mond blau erscheint lege ich weg, wenn das keinen erkennbaren Bezug zum Prot und der Geschichte selbst hat.
            Solche Dinge können aber toll in eine Geschichte eingebettet sein, auch gern auf den ersten 20 Seiten.

            Es kommt mir also eher auf die Art und Weise, wie Infos in eine Geschichte eingefriemelt werden an und nicht zwangsläufig auf die Masse
            Nein das war ich nicht.
            Ach so, das!
            Ja, das war ich.

            Kontakt: administrator@wortkompass.de

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              #9
              Peter bringt es ganz schön auf den Punkt:
              - den/die Prota:Geschlecht, ungefähres Alter, Eigenheiten. Genug, um mir selber ein Bild von ihm/ihr zu machen.
              - Setting: Mir reicht es, zu wissen, dass der Himmel rot ist.
              - Konflikt:muss spürbar sein. Mir reicht es, wenn ich sehe, dass er/sie vor etwas flieht.
              - Stimmung: Die Grundstimmung der Geschichte sollte fühlbar sein.
              So ähnlich geht es mir nämlich auch.

              Ich will ein Gefühl für die Geschichte bekommen, d.h. ich brauche eine Ahnung vom Setting und der Stimmung. Und Personen sollten möglichst früh "Menschen" sein. Aussehen ist mir da nicht so wichtig, aber ich will einen Charakter sehen und in den meisten Fällen auch einen Namen (namenlose Protagonisten funktionieren bei mir nur sehr selten bzw. der Autor beherrscht sein Handwerk nicht).

              Das andere ist, dass ich möglichst gleich in die Geschichte eintauchen will, d.h. ich will keine großartigen Landschaftsbeschreibungen, Infodump oder seitenlanger Hintergrund (v.a. nicht mit einem Rückblick ).

              Wie bei allem gilt natürlich, dass es immer auch Ausnahmen geben kann und mich eine Geschichte entgegen sonstiger Vorlieben fesselt.
              »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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                #10
                Ich glaube, mir ist die Stimmung am wichtigsten. Ich will wissen, auf welche Art von Gefühlen ich mich einlassen werde.
                Beispielsweise kann ich es wenig leiden, wenn ein Buch mit Action anfängt, und dann später kaum noch Action hat. Oder wenn ein Fantasy Buch zu lange im alltäglichen rumhängt - oder umgekehrt mit viel Magie beginnt und es sich dann später nur noch um die Romanze dreht.

                Prota ist mir erstaunlich egal, für den Anfang. Setting auch, es sei denn es ist Teil der Stimmung.
                Konflikt... naja, es muss zumindest erahnbar sein, dass ein Konflikt existiert, aber das fällt bei mir wieder in die Stimmung.

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                  #11
                  Was wollt ihr am Anfang einer Geschichte erfahren?
                  Ist z. B. der Name des Protagonisten wichtig? Wie steht es mit dem Grund, weshalb der Himmel rot ist oder drei Monde hat? Muss man wissen weshalb und vor wem der Protagonist flieht oder reicht es, wenn er in Lebensgefahr schwebt?
                  Das kann ich absolut nicht generell beantworten, weil es für mich ganz einfach auf das Genre bzw. auf die Atmosphäre ankommt.Ich las schon Bücher, wo ich anfangs ausschließlich Fragezeichen im Kopf hatte, was durchaus toll gemacht sein kann, z.B. bei Entführungsstorys, wo man gemeinsam mit dem Prota erst mal im Dunklen tappt und begreifen muss, was da mit "einem" geschieht (gern in der Ich-Perspektive), oder auch in surrealistischen Romanen.
                  Auch bei Namen finde ich, dass es ganz darauf ankommt. Namen personalisieren ja immer. Und ich finde es ein prima Stilmittel, durch die Nicht-Nennung von Namen die Charaktere z.B. in Dystopien oder Kriegsromanen als "austauschbar", als Nummern zu präsentieren, womöglich auch gerade am Anfang eines Romans, um diese Grundatmosphäre zu verdeutlichen.

                  Bei Filmen geht es mir übrigens genauso.
                  Außerdem kommt es für mich auch immer darauf an, warum ich etwas lese. Wenn ich mit dem Detektiv nen Mord gemeinsam aufklären will, wäre es nicht förderlich, mir den Mörder schon anfangs zu präsentieren. Wenn es aber eine howcathem-Geschichte ist, ist es halt wiederum umgekehrt, dann brauche ich diese Info, um mitfiebern zu können.

                  Wie stark sollen Andeutungen sein? Wenn z. B. zwielichtige Gestalten miteinanderreden, wollte ihr lieber im Dunkeln tappen oder Schlagwörter hören, damit ihr das Gespräch einordnen könnt?
                  Das Gleiche in Grün.

                  Würdet ihr die obigen Fragen anders beantworten, je nachdem ob ihr sie aus Autoren- oder Lesersicht betrachtet?
                  Nein.

                  Ganz generell mag ich jedenfalls undurchsichtige, zwielichtige Charaktere, die mich auch gern ein bisschen ratlos machen können -- vorausgesetzt, dass spätestens gegen Ende des Romans der Charakter so weit aufgeklärt wird, dass ich als Leser erkennen kann, welche Rolle er spielte.

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                    #12
                    Mir ist wichtig, dass ich mir die Situation vorstellen kann, dass ich ein Bild und ein Gefühl für die Geschichte bekomme und einen Bezug zur Figur. Dabei müssen Fakten nicht erklärt werden, Name, Alter, Geschlecht oder auf welcher Energiebasis das Raumschiff funktioniert, sind mir egal. Die Figur muss das gewisse Extra haben, oder zumindest nicht nerven (letzteres scheint eine schwierige Aufgabe zu sein). Die Welt muss greifbar, muss erlebbar sein, zu beschreiben wie sie funktioniert und warum es zwei Monde gibt, ist da nicht immer förderlich.
                    Außerdem hasse ich es, wenn die Figuren (ganz besonders Ich-Erzähler) Dinge beschreiben, die für sie Alltag sind. Das macht mir so offensichtlich, dass ich einen Roman lese, das mag ich nicht. Ich weiß, dass ich einen Roman lese, man muss es mir nicht mit dem Brett vor den Kopf schlagen.

                    Nach diesen Prämissen schreibe ich meine eigenen Anfänge. Meist beginnt mein erster Absatz (ich schreibe viel kurze Texte) mit der Landschaft/Wetter/Umgebung, damit kann ich meinen Stil vorstellen, ich kann den Ton, Stimmung, Charakterstimme angeben, das Genre anzeichnen und mit dem Leser quasi eine gemeinsame Nulllinie einführen - damit wir beide wissen, wo ich den Leser abhole, was ich voraussetze und was ich ihm erkläre. Ich schaffe ein Bild, in das der Leser einziehen kann und von wo aus er nun Figuren und Konflikt entdecken darf. Meine Figuren hingegen erkläre ich selten: Aussehen beschreibe ich praktisch nie, Alter und Geschlecht ergeben sich aus dem Kontext oder sind irrelevant. Der Name taucht meist früh auf, einfach um nicht immer "er, er, er" schreiben zu müssen, Abwechslung und so, aber eben nicht als wichtiger Fakt, den der Leser unbedingt wissen muss. Und obwohl ich ganz sicher weiß, auf welcher Energiebasis das Raumschiff funktioniert und warum es zwei Monde gibt, wenn es für die Handlung oder die Figur nicht relevant ist, schreibe ich das nicht in den Text: meine Figur wird es wissen (vielleicht), es ist ihr Alltag, mehr als die Existenz dieser Dinge muss dann auch meinen Leser nicht interessieren.
                    … Diese Einstellung hat mir durchaus bereits in den Hintern gebissen. Ich hab mal einen Text über einen taubstummen Protagonisten geschrieben, ohne dezidiert hinzuschreiben, er sei taubstumm und benutzte Gebärdensprache. Ich habe vermieden im Deep-PoV über Töne und Geräusche zu schreiben und auch die Verben "sagen" und "sprechen" fallen nicht, aber das war im Grunde schon alles. Für meine Figur war es Alltag, dass er taubstumm war und es hat ihn nicht weiter behindert, also sah ich keinen Grund darüber ein Fass aufzumachen. Nicht jeder Leser hat sofort begriffen, dass er taubstumm war, manche haben es im Grunde nie herausgelesen - auf der einen Seite ist das irgendwie doof, auf der anderen Seite: genau das. Für das Liebesdrama spielte seine Gehörlosigkeit absolut keine Rolle, für seinen Alltag spielte es absolut keine Rolle, also muss es auch für den Leser keine große Rolle spielen, auch wenn das natürlich ihr Bild von der Figur verzerrt.
                    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
                    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
                    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
                    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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