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    #31
    Zitat von Mona Beitrag anzeigen
    Aber im Prinzip, wenn man die Komfortzone auf di Gefühlsebene beschränkt, stimmt, dann wird er da schon bei der ersten Ungereimtheit ein bisschen weiter rausgedrängt. Aber eben versteht er es nicht ganz so wie der Zuseher. Hmmm. Und ich frage mich gerade, worunter das in einem Roman fiele: Wenn man einen Prota in einer Komfortzone begleitet, die eigentlich gar keine ist, er weiß das nicht, der Leser aber schon. Ist er dann in einer Komfortzone oder nicht?
    Wenn der Protagonist so gar nichts davon mitbekommt, dass etwas nicht stimmt, der Leser aber schon, müsste ja wenigstens ein anderer Charakter dafür sorgen, dass die Geschichte in Gang kommt. Angenommen, Truman hätte wirklich gar nichts geahnt, man bekommt aber mit, was hinter den Kulissen abläuft, ist das für den Leser bestimmt ganz spannend, wenn es gut gemacht ist, aber für Truman ändert sich ja nichts. Er würde komplett passiv bleiben, bis ihm vielleicht irgendwann aus heiterem Himmel einer sagt: "Mensch, das ist doch alles nur Show." Das hätte so was von: Ja... und jetzt?

    Also, ich denke, dass zumindest etwas mit dem Protagoniste passieren muss, so dass er es merkt, können wir uns schon mal alle einigen, ist nicht das schlechteste beim Geschichtenerzählen

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      #32
      Amilyn hat recht. Das würde nicht funktionieren, denn eine Figur, die nicht weiß, dass sie ein Problem hat, kann auch nicht aktiv, nicht mal reaktiv, ergo gäbe es keine Geschichte zu erzählen.
      So ist es aber in dem Film auch nicht. Trumans komplette Realität bekommt Risse, nachdem dieser Scheinwerfer runterfällt. Wenn das nicht außerhalb der Komfort-Zone ist, dann weiß ich es auch nicht.

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        #33
        Bei "Truman" steigern sich die Hinweise. Der Scheinwerfer alleine hätte noch nichts ins Rollen gebracht. Denn er wird ja vorerst in sein altes Leben zurückbugsiert. Aber der Prota beginnt, Dinge zu hinterfragen, reizt seine Grenzen aus (wie ein Kind) - aber im Grunde genommen ist er nicht unter Zwang, seine Zone verlassen zu müssen. Aber dann sieht er ja plötzlich seinen Vater, was ihn völlig aus der Bahn reißt. Danach beginnt er, bewusst gegen seine Welt aufzubegehren, er möchte "testen", was nicht stimmt oder ob er selbst verrückt ist. Das bekommt der Zuschauer und Truman immer dann mit, wenn er seinen Ort verlassen möchte: sobald er losfahren will, fahren alle Autos vor ihm auf die Straße und bilden einen Stau. Er kann nicht fortfliegen, weil ihm alle Flüge madig gemacht werden. Für den Zuschauer sind die Szenen hinter den Kulissen natürlich bekannt. Hier ist der Plot die Frage, ob der Prota von selbst hinter das Geheimnis kommt - der Zuschauer kennt es längst. Den Thread habe ich eigentlich so verstanden, dass bestimmte Konstellationen innerhalb eines Genres den Zuschauer nicht überraschen. Bei Truman "erwartet" der Zuschauer, dass Truman ausbrechen wird (es ist eine vorhersehbare Wendung). Der Film ist so aufgebaut, dass er diesen Schluss haben wird. Würde Truman es nicht schaffen oder sogar unwissend vorher sterben, würde dies den Zuschauer frustriert zurücklassen. Es gibt solche Filme - und die können richtig "böse" sein (dafür hätte ich zwei bis drei Beispiele). Der Plot bei der "Truman Show" ist also vorhersehbar (nicht, WIE es geschieht, aber DASS es geschieht). Je nachdem, in welchem Genre sich ein Regisseur oder ein Autor aufhält, für welche Zielgruppe er schreibt, gibt es Erwartungen. Deshalb gibt es nur sehr wenige Filme und Bücher, die den Leser oder Zuschauer tatsächlich überrascht zurücklassen (Bücher gibt es davon mehr), im Sinne von "das hatte ich jetzt überhaupt nicht erwartet". Es ist nicht so, dass immer das Gute gewinnen muss, aber das macht schon über 80% aller Filme aus. Die verbleibenden 20% geraten schnell in den Ruf, Produkte eines übertriebenen, exotischen Kunst- und Sinnanspruchs zu sein. Man will nicht überrascht werden, sondern man möchte in seinem Weltbild nur mehr bestätigt werden. Deshalb ähneln sich fast alle Plots. In den Grenzbereichen häufen sich dann auch die "guten" Filme, oder besser: die Filme, die einen Eindruck hinterlassen, eben weil sie gegen den Strich gebürstet waren. "Titanic" ist bestimmt kein Heulfilm geworden, weil er so teuer war, sondern weil das Ende so sinnlos war. Natürlich hätte beide gerettet werden können, wenn der Regisseur es nur gewollt hätte. Das Schicksal, das einen Prota überrollt, lebt alleine vom Zufall und Situationen, die er zumeist nicht beeinflussen kann - und das mögen Konsumenten nicht. Ich glaube deshalb, dass für einen unverhersehbaren Plot auch die Ignoranz und Teilnahmslosigkeit des Universums herhalten müssen.

        Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
        Mark Twain

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          #34
          Ehm... ein Plot, bei dem die "Guten" verlieren ist nicht unvorhersehbar, sondern eine klassische Variante des Dramas, eine Tragödie. Die sich übrigens hervorragend mit der 7-Punkte-Struktur plotten lässt (nur eben spiegelverkehrt).

          Im übrigen hat für mich "Überraschung" nichts mit der Qualität eines Filmes oder Buches zu tun, "Überraschung" hat ebenfalls nichts mit Struktur zu tun (Für überraschende Wendung muss man nicht von den klassischen Strukturmodellen abweichen) und weder Struktur noch Überraschung haben irgendetwas mit dem Weltbild zu tun, dass in einem Film oder Buch vermittelt wird.

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            #35
            Ich bin nicht gerade ein Freund von Schreibratgebern, die zu strikte Vorschriften machen, aber es gibt eben Dinge die einfach so besser funktionieren. Es ist nunmal ein Fakt, dass diese auf Beobachtungen beruhen. Wenn man genug liest, hat man Strukturmodelle nicht unbedingt nötig, wer wenig liest, sollte sich an Strukturmodelle halten. Der entscheidende Punkt ist, ich verwende diese Strukturen nicht und doch tue ich es doch, denn jeder Punkt daran ist für mich aus meiner Leseerfahrung einfach selbstverständlich. Eine Geschichte braucht Wendungen, einen Konflikt und ein Ziel. Wann die jeweils eintreten, ergibt sich eigentlich von selbst und passt fast immer auf diese Strukturen, selbst, wenn man sie nicht benutzt hat. Natürlich oft abstrakter, als wenn man Strukturen wie ein Kochrezept befolgt.
            Was aus der Komfortzone schubsen angeht: Ich hätte jetzt gesagt, dass es bei Harry Potter eher ein in die Komfortzone reinschubsen ist, dass er erfährt, dass er ein Zauberer ist. Dass seine Eltern tot sind, hat damit nicht viel zu tun, schließlich kennt er es ja gar nicht anders. Trotzdem funktioniert es, da der entscheidende Punkt eine wichtige Veränderung ist, egal ob nun im positiven oder negativen Sinne. Das Problem mit dem Klischee liegt eher daran, dass man den entsprechenden Punkt der Struktur mit einem Klischee füllt. Wenn man den Punkt aber genauso abstrakt sieht, wie er gemeint sein sollte, kann man das ganz leicht vermeiden.
            Ich sehe diese Strukturmodelle eher wie eine durchsichtige Folie, die ich hinterher über meinen Plot legen kann und wenn es ungefähr stimmt oder aus gutem Grund nicht stimmt, passt es.
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              #36
              Ich glaube, diese Diskussion kann man unendlich lang fortsetzen. Der eine glaubt daran, dass Vorgaben, die sich bewährt haben, einen weiterbringen, der andere beharrt auf seine künstlerische Freiheit.

              Ich habe mich selbst während des letzten Jahres viel über Handwerk informiert, habe aber nie einen Ratgeber gelesen. Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass alle erfolgreichen Autoren Schreibratgeber gelesen haben. Worauf ich allerdings wetten würde, ist die Tatsache, dass sie alle begeisterte Leser sind. Ich lese Bücher seit ich lesen kann und habe dementsprechend einfach ein Gefühl, was Strukturen, Kapiteleinteilung und dergleichen angeht. Das ist wie beim Klavierspielen - da spiele ich nicht nach Noten, sondern nach Gehör, und trotzdem ist das Ergebnis am Ende recht ähnlich. Manche benötigen diese "Regeln" (so nenne ich sie eigentlich ungern, weil es eher Ratschläge sind) schwarz auf weiß, andere verinnerlichen sie, indem sie selbst lesen. Die richtige Aussprache einer fremden Sprache lerne ich zum Beispiel, wenn ich mir Filme im Originalton ansehe, und nicht, indem ich mich über die richtige Aussprache genauestens informiere. Das handhabt aber jeder anders, weil Menschen eben auf unterschiedliche Art lernen.

              Jeder von uns wendet Schreibregeln an, ob bewusst oder unterbewusst. Nur, weil ich keine Ratgeber lese, heißt das nicht, dass ich es nicht tue. Ich lerne die richtige Figurenzeichnung oder eine ordentliche Dramaturgie, indem ich erfolgreiche Bücher lese, und wenn mir ein Kniff besonders gefällt, informiere ich mich darüber genauer, um ihn besser anwenden zu können. Aus guten Büchern, die ich nicht aus der Hand legen kann, egal wie spät es ist, habe ich zum Beispiel gelernt, dass jedes Kapitel (wenn möglich) mit einem kleinen Cliffhanger enden sollte, um den Leser zum Weiterblättern zu bewegen. Das, was einem besonders gut bei Büchern gefällt, wendet man auch gerne selbst an.

              Wovon ich nichts halte, sind komplett festgefahrene Modelle. Ein Protagonist muss zum Beginn einer Geschichte nicht zwingend aus seiner Komfortzone herausgezogen werden. Dieses Ereignis kann auch schon früher eingesetzt haben, sodass man mitten in der Geschichte ist. Der Punkt muss eben nur gut gewählt sein. Der Wendepunkt oder was auch immer muss für mich nicht bei 50% der Geschichte liegen (Achtung, nur ein Beispiel) - mit solchen Zahlen kann ich gar nichts anfangen. Wichtig ist nur, dass man grundlegende Strukturen einhält, und die kennt nahezu jeder aus Büchern.

              In meinen Augen gibt es Ratschläge, die man bereits unterbwusst erlernt, und andere, denen man sich gar nicht bewusst ist. Die Sache mit den Füllwörtern wäre da für mich ein Beispiel. Das habe ich erst gelernt, nachdem ich mich mit der Marterie etwas auseinandergesetzt habe. Man sollte also die Handwerksregeln weder verteufeln noch sich zu sehr auf sie versteifen.

              Wenn ich eines im Leben gelernt habe, dann dass der goldene Mittelweg für mich immer der richtige ist, und das nicht nur beim Schreiben.

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                #37
                Wichtig ist nur, dass man grundlegende Strukturen einhält, und die kennt nahezu jeder aus Büchern
                Nur weil man sie auf einer unbewussten Ebene wahrgenommen hat, heißt das aber nicht, dass man sie in seinem eigenen Roman plötzlich perfekt und fehlerfrei anwenden kann.
                Ernsthaft, wenn es so einfach wäre und man das Schreiben einfach so nebenbei durch Lesen erlernen könnte, dann müssten sich Agenturen und Verlage nicht jeden Tag durch bergeweise Schrottmanuskripte wühlen.
                Ich kenne niemanden, der von seinem ersten Romanversuchen behauptet "Ja, war nicht perfekt, aber zumindest die Sache mit der Struktur habe ich richtig, richtig gut hinbekommen. Das war einfach." Struktur ist in den allermeisten Fällen das, womit Anfänger am meisten kämpfen, selbst wenn sie viel Talent haben. Weil das eben etwas ganz neues ist. Schreiben an sich, Sätze formulieren, dass lernt man in der Schule, aber Erzählstruktur? Das ist etwas, was man vorher noch nicht gemacht hat.
                Kann man das ohne Tipps von Außen (Ratgeber, Internet, Kurse, was auch immer) lernen? Einfach durch Osmose und Trial-and-Error? Bestimmt können das einige Leute. Es sich einfach erklären zu lassen, geht aber deutlich schneller.


                Ein Protagonist muss zum Beginn einer Geschichte nicht zwingend aus seiner Komfortzone herausgezogen werden. Dieses Ereignis kann auch schon früher eingesetzt haben, sodass man mitten in der Geschichte ist
                Eine Figur kann sich schon zu Beginn eines Romans/Films außerhalb der Komfortzone befinden, aber deshalb befindet man sich nicht "mitten in der Geschichte".

                Der Wendepunkt oder was auch immer muss für mich nicht bei 50% der Geschichte liegen (Achtung, nur ein Beispiel) - mit solchen Zahlen kann ich gar nichts anfangen
                Müssen tut überhaupt nichts. Du kannst auch deinen Plot Punkt 1 bei 70% und den Mittelpunkt bei 80% setzen und dann den Rest der Handlung in 80 Seiten durchhetzen. Die Frage ist nur, ob das sinnvoll ist. Den Wendepunkt in der Mitte zu platzieren macht erzählerisch sehr viel Sinn.

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                  #38
                  Nur weil man sie auf einer unbewussten Ebene wahrgenommen hat, heißt das aber nicht, dass man sie in seinem eigenen Roman plötzlich perfekt und fehlerfrei anwenden kann.
                  Selbiges gilt aber auch für Ratgeber. Nur, weil man sich grundlegend über das Handwerk informiert, heißt das nicht, dass man die Kniffe auch in der eigenen Geschichte anwenden kann. Beides erfordert Übung, und die bekommt man nur, wenn man schreibt und das Ganze ausprobiert. Ich habe nie behauptet, dass es einfach ist. Nicht jeder kann das, aber auch durch Ratgeber kann nicht jeder das Handwerk beherrschen. Was für einen persönlich einfacher ist, muss jeder selbst entscheiden. Deshalb handhabe ich es so: Richtig ist, was funktioniert - und bei jedem funktioniert was anderes.

                  Ich kenne niemanden, der von seinem ersten Romanversuchen behauptet "Ja, war nicht perfekt, aber zumindest die Sache mit der Struktur habe ich richtig, richtig gut hinbekommen. Das war einfach."
                  Auch das habe ich nie behauptet. Genauso wenig habe ich behauptet, dass es einfach wäre, ein Buch zu schreiben. Ich schreibe schon seit ich zwölf bin und habe unzählige Projekte bereits verworfen, weil sie großer Mist waren. Zwei habe ich beendet und da stimmen einige Sachen nicht, sodass ich sie in diesem Zustand nie verschicken würde. Erst bei meinem jetzigen Projekt bin ich davon überzeugt, dass ich den Dreh raus habe. Alles Gelernte erfordert Übung, um es richtig anwenden zu können, egal auf welche Weise man es gelernt hat.

                  Und zu dem letzten Punkt hatte ich ja bereits dazugeschrieben, dass es nur ein Beispiel ist. Ehrlich, ich sitze während des Schreibens nicht vor meinem Manuskript und denke mir: Oh, jetzt bin ich bei 50%, jetzt muss unbedingt dieses und jenes passieren. Ich kenne die meisten Strukturmodelle, aber ich sehe erst im Nachhinein, welches davon ich meiner Geschichte zuordnen kann. Ob eine gewisse Sache an einer bestimmten Stelle Sinn macht, entscheide ich bei der Überarbeitung, aber meistens ist die Struktur schon drin, wenn ich den Plot entwerfe.

                  Und noch einmal: Ich finde, man sollte für jeden Lernweg offen sein. Ich habe mich auch über das Handwerk informiert, aber ich habe mir keine Ratgeber gekauft, weil ich Romane einfach vorziehe. Aus denen lerne ich ebenfalls eine Menge. Deshalb habe ich auf den goldenen Mittelweg verwiesen. Man sollte sich einfach nicht zu sehr auf eine Sache versteifen.

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                    #39
                    Die Sache ist doch einfach die: man kann es so machen, oder man kann es so machen. Beides garantiert in keinster Weise, ob ein Romanmanuskript von einem Verlag aufgenommen wird.

                    Und im Grunde interessiert es keinen Menschen, wie wir zu Hause sitzen und unseren Roman schreiben, ob wir ihn vorher geplant haben, wie wir ihn geplant haben oder ob wir einfach drauflosgeschrieben haben. Wir können schon mal davon ausgehen, dass wir, egal, wie wir unseren Roman geschrieben haben, zumindest die 3-Akt-Struktur umgesetzt haben, ob geplant oder ungeplant (die habe ich übrigens sehr wohl in der Schule gelernt, ziemlich früh sogar, 5. oder 6. Klasse).

                    Die Frage war ja auch nicht: "Ist es total super, wenn ich mich nicht an Strukturen halte?" sondern: "Kann es vorhersehbar sein, auf immer die gleichen Methoden zurückzugreifen?" Und da würde ich einfach ein klares: "Kann sein, muss aber nicht" antworten Denn ich glaube einfach, die Kunst ist es, den Leser einfach so abzuholen, dass er überhaupt nicht darüber nachdenkt, dass er womöglich zehn Bücher nach demselben Muster schon vorher gelesen hat.

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                      #40
                      Denn ich glaube einfach, die Kunst ist es, den Leser einfach so abzuholen, dass er überhaupt nicht darüber nachdenkt, dass er womöglich zehn Bücher nach demselben Muster schon vorher gelesen hat.
                      Da bin ich völlig bei dir. Wenn ich Geschichten konsumieren, dann fallen mir Plot-Punkte eigentlich nur dann auf, wenn ich emotional nicht involviert bin. Wenn die Story fesselnd ist, passiert sowas eigentlich nicht.

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                        #41
                        Zitat von Maggi Beitrag anzeigen
                        Ehm... ein Plot, bei dem die "Guten" verlieren ist nicht unvorhersehbar, sondern eine klassische Variante des Dramas, eine Tragödie. Die sich übrigens hervorragend mit der 7-Punkte-Struktur plotten lässt (nur eben spiegelverkehrt)..
                        Natürlich. Aber der Konsument weiß im allgemeinen vorher, auf was er sich einlässt. Genau deshalb gibt es ja Genres. Soll heißen: die Guten dürfen verlieren, wenn es eine Tragödie ist. Das kann er bei einer Tragödie erwarten. Die Guten dürfen aber ansonsten nicht verlieren (dafür gibt es sogar ungeschriebene Filmstudioregeln). Eine Regel, an die sich fast jeder hält: mit geraubtem oder geklauten Geld darf man nicht glücklich werden. Immerhin prägen wir mit Medien ein Kulturbild, auf das wie uns verständigt haben. Sachen, die tabu sind, bleiben (im Mainstream) tabu. Sicher mag es Querdenker geben, die landen aber selten in großen Kinos. Und eine Zensur gibt es obendrauf. Vorhersehbar ist der Plot immer dann, wenn man sich in einem Genre aufhält. Ansonsten bekommt die Story z.B. die verwaschene Bezeichnung "Tragikomödie", was Menschen eingefallen sein muss, die sich nicht entscheiden konnten. Wenn ich also behaupte, das Ende steht von vornherein fest, so gilt das natürlich nur innerhalb eines Genres. "Die Truman-Show" gehört sicher nicht zu den Fällen, wo das Ende frustrierend ist; hier erwartet der Zuschauer das befreiende Ende.


                        Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
                        Mark Twain

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                          #42
                          Zitat von Amilyn Beitrag anzeigen
                          Denn ich glaube einfach, die Kunst ist es, den Leser einfach so abzuholen, dass er überhaupt nicht darüber nachdenkt, dass er womöglich zehn Bücher nach demselben Muster schon vorher gelesen hat.
                          Wenn es zu ähnlich ist, kann es ihm beim zehnten Mal auffallen.
                          Vielen wahrscheinlich schon früher, sonst würde der neueste Roman Jonas Jonasson ein ebenso großer Bestseller wie der Hundertjährige, der aus dem Fenster... sein.
                          Oder man lässt die Leser viele Jahre warten, dann wären sie für ein bekanntes Schema wieder offen.

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                            #43
                            Alles, was der Mensch anfasst, hat Strukturen. Ob man nun darüber nachdenkt oder nicht. Selbst wenn ich mit meiner Mutter am Telefon quatsche und sie mir von ihrem Urlaub erzählt, hält sie sich ganz instinktiv an gewisse Strukturen: es gibt eine Vorstellung von Ort und Charakteren (Anfang), was ihr alles passiert ist (Hauptteil) und wie sie wieder nach Hause kam (Ende). Wie sie mir ihren Urlaub erzählt, daran kann ich ablesen, welche Information zu welchem Akt gehört. Das heißt noch lange nicht, dass sie mir ihren Urlaub auch chronologisch einwandfrei erzählt. Aber auch das tun Bücher und Filme nicht, Rückblenden und Vorausdeutungen sind Gang und Gebe.

                            Die Plot-Modelle sind dem Leser egal, aber ein Autor kann sie sich zu nutze machen, damit er weiß, was wann wem wo und warum passiert. Ob er das dem Leser chronologisch erzählt oder sich virtuos an allen Tipps vorbeijongliert ist für das Plotten und seine Modelle selbst unwichtig.
                            Aber ich stimme zu: Wer viel liest, viele Filme und viele Serien guckt - wer viele Geschichten konsumiert - der bekommt irgendwann ein Gefühl dafür, was ein Anfang ist, was ein spannender Konflikt ist und wie man das ins Finale bringt. Das heißt aber noch lange nicht, dass seine Idee frei von Klischees wäre. Oder dass er seine Idee leserfreundlich zu Papier bringen könnte.

                            Plotten und Struktur helfen, die Übersicht zu behalten und sich über die zentralen Punkte wirklich klar zu werden.
                            Was die zentrale Punkte sind, kann einem keine Struktur verraten, sondern nur die eigene Idee. Die Struktur dient nur dazu, die eigene Idee denkbar zu machen. Selbst jemand, der nicht aktiv eine der Plotstrukturen benutzt, wird unbewusst irgendeine Art von Struktur - und sei es bloß Chronologie - benutzen, um sich selbst und schließlich dem Leser seine Idee einer Geschichte zu erklären. Das ist einfach menschlich und sprachlich sowieso gar nicht anders möglich.

                            Ich denke, nur wer sein Handwerk wirklich beherrscht, kann improvisieren und virtuos über das Blatt fegen.
                            Was ich meine: Nachdem ich gut tausend Liebesgeschichten konsumiert habe und selbst dutzende und noch zig mehr klassische Liebesgeschichten geschrieben habe, habe ich das Handwerk der Liebesgeschichte so sehr drauf, dass ich eine Liebesgeschichte mit anderen Erzählstrategien oder eine Liebesgeschichte ohne Drama leserfreundlich schreiben kann. Denn jetzt weiß ich alle Züge, alle Klischees, alle Genrevorgaben in- und auswendig, habe alle Regeln ausgeschöpft und verinnerlicht - jetzt sind meine Fähigkeiten so gut trainiert, dass ich formlos, virtuos und improvisierend die Bausteine einer Liebesgeschichte kombinieren kann. Vorher gab es immer noch eine Ecke oder ein Klötzchen, dass ich nicht kannte und mir ausgrechnet im kreativen Moment zwischen die Beine grätschte. Jetzt weiß ich, ihm auszuweichen oder es mitzubenutzen, ganz nach meinem Belieben.
                            Da ist Schreiben wie alles andere auf der Welt: Nur mit viel Üben, sehr viel Üben und richtig viel Üben kann man über die Grenzen der Welt und die eigenen Grenzen hinausgehen.
                            Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
                            to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
                            A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
                            You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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