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Aktive und passive Helden

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    Aktive und passive Helden

    Während des Oktoberkurses stieß ich auf eine Frage und zwar:

    Was genau sind aktive und passive Helden?

    In meinem Projekt ist der Protagonist in seinem Handeln eher passiv, aber in seiner Gedankenwelt durchaus aktiv, d.h. er setzt sich mit seiner Umwelt auseinander, was im Verlauf auch dazu führt, das er anfängt aktiv sein Handeln zu bestimmen.

    Was macht für Euch einen aktiven bzw. passiven Helden aus?
    Kann man überhaut von Held sprechen, wenn er passiv ist? Ist er dann nicht nur ein Mitläufer und lässt geschehen?
    Würdet Ihr Geschichten lesen in denen der Held zunächst passiv ist bevor er dann aktiv handeln muss? Wo liegt da bei Euch die Schmerzgrenze?
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

    #2
    Einen durchgehend passiven Helden fände ich wohl langweilig. Kein Buch, das ich lesen wollte.

    Wenn er im Laufe der Geschichte anfängt, aktiver sein Handeln zu bestimmen, entspricht er der gängigen Plotstruktur eines Romans. Ab dem Midpoint gibt es den traditionellen Wechsel von passiv (rumgeschubst) zu aktiv (schubst zurück).

    Ich hätte kein Problem damit, einen Protagonisten sympathisch zu finden, der am Anfang passiv in bezug auf den Hauptkonflikt des Romans ist.
    Wenn er allerdings nur passiv ist, fände ich ihn langweilig und würde kaum weiterlesen. Er muss für irgendetwas aktiv sein und sich mit Leib und Seele dafür einbringen, auch wenn er dem übergeordneten Konflikt gegenüber ohnmächtig wirkt.

    Beispiel: Tribute von Panem.

    Protagonistin ist dem Regime des Capitols ohnmächtig ausgeliefert und wird von diesen hin und her geschoben, wie es ihnen passt. Sie ist völlig ausgeliefert. = passive Heldin
    Aber: sie ist gleichzeitig ausgesprochen aktiv darin ihre Familie zu versorgen und zu beschützen.
    Dies Kombination aus passiv/aktiv macht die Geschichte lesenswert.

    Auch hier kommt es zu einem Wechsel von passiv zu aktiv nach dem Midpoint.
    Zuletzt geändert von weltatlas; 21.10.2017, 14:42.
    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

    Kommentar


    • Victoria
      Victoria kommentierte
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      Ist da ein Bild im Post eingebunden? Ich sehe nur ein leeres Feld.

    • Peter
      Peter kommentierte
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      VickieLinn
      Nein, kein Bild. Nur Text.

    • weltatlas
      weltatlas kommentierte
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      VickieLinn, Peter, da waren einfach einige Absätze drin. Habe sie mal rausgenommen.

    #3
    Ich unterscheide zwischen Aktivität im Plot, in (kleineren) Handlungen und im Charakter der Figur.

    Hinsichtlich des Plots zeige ich keine Toleranz. Es ist die Geschichte des Heldens. Zwar kann es ein äußerer Umstand sein, der den Plot-Stein ins rollen bringt, aber sobald sich der Held dafür entschieden (aktive Entscheidung, kein "Hmja, dann mach ich irgendwie) hat, seine Reise anzutreten, sollte er motiviert für sein Ziel kämpfen.

    Bei den kleinen Handlungen wie rumgammeln; zu müde sein, um den schimpfenden Nachbarn zu beschwichtigen; auf der Couch sitzten bleiben, anstatt für Chips zur Tanke zu laufen, ist es für mich okay. Nicht jede Figur kann dauerhaft rumhibbeln. Und nicht jeder Figur, die herumrennt und etliche Kleinigkeiten versucht, ist für mich aktiv. Wenn sie dabei nur ein Spielball der "großen Leute" ist und somit keine eigenständigen Entscheidungen trifft, bleibt sie hinsichtlich des Plots passiv.

    Aber bei körperlich passiven Figuren sollte das Hirn aktiver sein. Sitzstreik ist für mich z. B. nicht passiv, weil im Inneren durchaus eine aktive Motivation steckt. Es gibt Geschichten mit Tetraplegiker als Hauptfiguren, die aber durchaus sehr aktiv sind.

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      #4
      Ich kenne viele Geschichten, die mit einem passiven Protagonisten beginnen -- oder schlicht mit einem Protagonisten, der in eine Geschichte viel mehr "hineinstolpert", als sich aktiv in ein Abenteuer hineinzustürzen -- und dann eben versucht, das Beste daraus zu machen -- häufig, weil er muss; nicht, weil er sich aus freien Stücken dafür entscheidet. Wodurch er dann aktiv wird/werden muss.

      "passiv" und "Held" widerspricht sich für mich ein bisschen. Zu "Held" gehört für mich heldenhaftes Handeln, was für mich Aktivität voraussetzt. Ansonsten ginge es für mich stark in Richtung Antiheld, der dann im Lauf der Geschichte zum (aktiven) Held werden kann. Ein aktiv denkender Protagonist, der in seinem Handeln passiv bleibt, ist für mich meistens eher ein Antiheld. (Wenn ein Protagonist die ultimative Formel für den Weltfrieden entwickelt hat, mögen seine Gedanken zwar heldenhaft sein, wenn er sich aber wegen der furchtbaren Zeitgeschehnisse jeden Tag unter den Tisch säuft und seine Formel nie umzusetzen versucht, ist er ein Antiheld. Edit: Kleine Korrektur: Sich niedersaufen ist ja auch ne Aktivität. ^^ Aber eben keine heldenhafte, die Protas Gedanken in die Tat umsetzen würde. Im Gegenzug fiel mir spontan auch ein Roman ein, wo der Prota aufgrund körperlicher Zustände gezwungen ist, in seinem Handeln zunächst passiv zu bleiben, aber in seinem Handeln nur deshalb wieder aktiv werden kann, weil er (heldenhaft/aktiv) entscheidet, zu kämpfen ("Der Atem. Eine Entscheidung." -- Der Titel sagts bereits.) Deshalb präzisier ich mal: Ein Held ist für mich der, der aus seiner Situation aktiv das Bestmögliche macht; ein Antiheld derjenige, der dahingehend passiver als nötig bleibt oder dessen Eigenschaften ihn dazu bringen, zu scheitern. Hab ich hier ursprünglich wohl zu knapp beschrieben, weils mir hier eigentlich nur ums Thema "Passivität" ging (wahrscheinlich komm ich hier gerade etwas vom Kernthema ab xD.)

      Ich lese übrigens ganz gerne über Protagonisten, die erst im Lauf der Geschichte eine Wandlung durchmachen, weil mich solche Charakterentwicklungen immer sehr stark beeindrucken (nicht nur im RL ). Ich lese auch gerne über scheiternde Protagonisten. Auch Passivität muss nicht immer langweilig zu lesen sein -- es existiert ja eben noch die (mitunter sehr kritische, bewegende) Gedankenwelt des Protagonisten.
      Zuletzt geändert von Mona; 22.10.2017, 00:13.

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        #5
        Mhm. Ich habe immer eher passive Hauptcharaktere. Wobei die nicht unter meine Definition fallen.

        Für mich ist ein Charakter passiv, wenn er selbst keine Probleme löst und Lösungen ihm zufallen bzw. andere die Probleme lösen müssen. Der Charakter kann sich oft auch nicht entscheiden und vermeidet deshalb Entscheidungen, bis der Plot es dann regelt. (gibt sicher Ausnahmen.)
        Der Charakter nimmt keinerlei Einfluss auf den Plot oder andere Figuren.

        Wenn ein Charakter also überhaupt nicht auf den Plot wirkt, ist er ein Mitläufer. Warum sollte man also seine Geschichte erzählen? Und da fangen für mich die Nuancen an.
        Ein Charakter in einem Plot hat immer einen Einfluss auf andere Figuren, egal ob er aktiv handelt oder sich im Hintergrund hält. Solange er auf dir Umstände reagiert und agiert, sehe ich darin keine Passivität.

        Ich mag Helden, die eben keine Helden sind. Also die Charaktere die Dinge erst in die Hand nehmen, wenn der Landen schon brennt. Ich mag Charaktere, die noch geformt werden müssen und es gibt einige Geschichten die so funktionieren und die ich deshalb sehr gerne mag.

        ”‹”‹”‹”‹
        Ich habe auch eine Geschichte, wo der Hauptcharakter wirklich bis zum Ende versucht den Plot vollkommen zu ignorieren und erst eingreift, wo er merkt, dass er handeln muss. Soweit ich das mitbekommen habe, kam das nicht unbedingt negativ an, sondern eher wie ich es geplant hatte. Dieser Moment, wo man sich einfach mitfreut, dass der Junge den arsch hoch kriegt. Ich habe auch gehört, dass es ganz angenehm war, dass er so geerdet war. (dass alles an ihm abprallte)
        Wobei ich mir danach vorgenommen habe, ihn etwas aktiver zu gestalten. Wobei er immer noch eigentlich nur was tut, wenn man ihn dazu zwingt.

        Ich habe lieber einen Charakter der rundümpelt anstatt in seinem Übermut dumm zeugs zu machen und damit ständig auf die Nase zu fallen.

        Kommentar


        • Mona
          Mona kommentierte
          Kommentar bearbeiten
          Solange er auf dir Umstände reagiert und agiert, sehe ich darin keine Passivität.
          Rein interessehalber: Wie siehst Du das denn bei z.B. einem Patienten, der das Locked-In-Syndrom hat (also klar denken kann, aber vollständig gelähmt ist und sich der Außenwelt fast nicht mitteilen kann)? Wenn es in der Geschichte aus seiner Sicht heraus um seine Gefühlswelt ginge, wäre er für Dich passiv (weil er kaum agieren/interagieren kann) oder aktiv (weil er mitdenkt, also gedanklich agiert/reagiert)?

          Ich habe lieber einen Charakter der rundümpelt anstatt in seinem Übermut dumm zeugs zu machen und damit ständig auf die Nase zu fallen.
          Aber es ist doch so lustig, Charaktere auf die Nase fallen zu lassen ... *fies grins*

          . Dieser Moment, wo man sich einfach mitfreut, dass der Junge den arsch hoch kriegt. Ich habe auch gehört, dass es ganz angenehm war, dass er so geerdet war. (dass alles an ihm abprallte)
          Kann ich mir schon vorstellen. Ich glaube, wenn man so etwas gut schreibt, dann kann das alles tatsächlich positiv sein und beeindrucken.
          Ich bin selbst immer wieder beeindruckt von Charakteren, die plötzlich einen Wandel durchmachen und eben ihren Arsch hochkriegen.

        • Schneeregen
          Schneeregen kommentierte
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          @Mona

          Da stellt sich die Frage was für eine Geschichte man mit so einem Charakter erzählen möchte und ob dieser Charakter dann nicht eher ein Erzähler als der Protagonist ist.

        • Mona
          Mona kommentierte
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          Du meinst bzgl. Passivität/Syndrom?
          Das klappt mMn auch aus Sicht des Protagonisten gut. Es gibt zum Beispiel eine Dr. House-Folge, die zeitweise aus Perspektive des Locked-In-Syndroms-Patienten betrachtet wird (eine der beklemmendsten Folgen btw. oO).
          Bei "Der Atem. Eine Entscheidung." ist es insofern mehr der Erzähler, weil es ein autobiographisches Werk ist; aber vom Prinzip her ähnlich: Die Gedanken sind klar, aber der Protagonist kann zunächst keine physisch aktiven Handlungen setzen.

          Edit: Hab noch mal über Dein Posting nachgedacht. Ich denke, Du meintest, dass der Autor Gefahr läuft, einem solchen Charakter seine eigene Stimme zu geben, weil es schwierig sein kann, dem (in Interaktion zur Außenwelt) passiven Charakter eine spannende Stimme zu verleihen? -- Jedenfalls stelle ich mir das tatsächlich schwer vor.
          Zuletzt geändert von Mona; 22.10.2017, 10:48.

        #6
        Das meiste wurde ja schon gesagt, und ich stimme dem allgemeinen Konsens zu

        Zuerst, ein anfangs zögerlicher Held ist völlig normal, sogar die Norm. Helden müssen oft von Mentoren oder widrigen Umständen regelrecht ins Abenteuer geschubst werden, und selbst dann würden sie sich am liebsten wieder umdrehen und in ihren kuscheligen Alltag zurück. Das dient dazu, die spätere Entwicklung des Helden erst richtig würdigen zu können, denn wenn es ihm leicht fiele, sich zu ändern und ein Held zu sein, dann wäre das ja keine so große Leistung.
        Dass er dann ins Geschehen gestoßen wird heißt immer noch nicht, dass er sich dann mit Feuereifer ins Geschehen stürzt. Er beginnt sich im Mittelpunkt gegen die negativen Einflüsse zu wehren, ein wirkliches Umdenken und der Entschluss, alles zu tun was nötig ist, kommen sogar noch später kurz vor dem Höhepunkt. Wenn sich dein Prota also in der ersten Hälfte der Geschichte lieber verkriechen würde als Ghule zu jagen, befindet er sich da in guter Gesellschaft.

        Dementsprechend ist ein *zu* passiver Charakter für mich der, der auch in der zweiten Hälfte den Arsch nicht hochbekommt. Der Auserwählte, der sich von seinen Gefährten bis zum Ende des Weges tragen lässt (damit meine ich jetzt nicht Frodo ...), das Schwert/Amulett/MacGuffin in die Hand gedrückt bekommt und den Bösewicht mit einem Winken besiegt. Einer, der selbst nichts Substanzielles beiträgt, der sich nicht anstrengen muss, weder körperlich noch geistig - noch seelisch irgendeine Wandlung vollzieht. Sondern einer, der praktisch die ganze Geschichte popcornmampfend an sich vorüberziehen lässt. Wenn der Protagonist weniger emotional involviert ist als der Leser, dann werde ich irgendwann wütend auf ihn, weil ich nicht nachvollziehen kann, wie ihm das alles so egal sein kann.

        Wenn der Protagonist dagegen gute Gründe hat, sich zurückzuhalten, z.B. weil er nicht kämpfen kann, weil er die Welt nicht kennt oder weil er einfach Schiss hat, dann kann ich das sehr gut nachvollziehen, und nehme es ihm auch nicht übel. Ich erwarte lediglich, dass er da hilft und eingreift, wo er kann, und irgendwann einmal den Schritt macht, der rechtfertigt, dass er der Held der Geschichte ist und nicht das dritte Muli von links.
        Zuletzt geändert von Ankh; 22.10.2017, 14:04.
        Poems are never finished.
        Just abandoned.

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          #7
          "Passiver Held" ist für mich ein Widerspruch in sich, weil ich von der Geschichte erwarte, dass sie einen irgendwann sich wandelnden Protagonisten besitzt. Wobei ich das Wörtchen "Held" hier als Synonym für Protagonist sehe und nicht automatisch als den Retter aller Welten. "Passiv" bedeutet für mich ohne Initiative, ohne Funken, ohne interessante Eigenschaften. Natürlich darf ein Prota so beginnen. Aber die Lunte wird ja in allen etablierten Plotstrukturen frühzeitig gezündet, und die Explosion will man dann am Ende halt sehen! Lesen.
          Ob der Held nun schlafmittelsauer auf dem Sofa liegt, als Tourrettepatient durch Drehtüren schleudert, zwischen den Welten eingemauert ist, antagonistische Mächte 24/7 umnietet oder einfach nur wie jeder von uns seinem persönlichen Glück nachjagt und dabei jeweils relevante Entwicklungsschritte in irgendeiner Form durchmacht, wäre mir da egal, Hauptsache, das, was geschieht, fesselt mich und, wie Ankh schon schrieb, rechtfertigt die Entscheidung des Autors, genau diese Figur zum Protagonisten gemacht zu haben.

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            #8
            Ich habe mit dieser Fragestellung so meine Probleme. Es ist mir noch nie ein passiver Held untergekommen - und wenn es das ist, dann habe ich es nicht registriert. Ich bin mir nicht sicher, ob eine gute Geschichte von Aktivität oder Passivität abhängt; eigentlich finde ich die Geschichte von Opfern auch ganz spannend. Gerade in Gegenwartsromanen kommen einem solche Helden doch häufiger unter?
            Ich denke da an das Drogentagebuch einer Jugendlichen (Frag doch mal Alice). An ein Straßenkind, das durch den Tag lebt und sich treiben lässt (Asphalt Tribe). An diverse Geschichten aus dem zweiten Weltkrieg bzw. der Nachkriegszeit (Nachruf auf Lebende, Am Beispiel meines Bruders).
            Dann denke ich an Bücher, die man möglicherweise schreiben könnte und wo allein das Thema einen aktiven Helden in meinen Augen schon ausschließt: Ein Protagonist im Kampf gegen eine psychische Krankheit (Depression, Burn Out; natürlich kann er aktiv dagegen vorgehen, aber die meisten Depressiven neigen ja zur Passivität, weil sie aufgrund der Krankheit nicht anders können). Ein Protagonist, der in einer schlimmen Zeit lebt und gar nicht anders kann als passiv zu sein (2. Weltkrieg, Jude im KZ).

            Ich finde das Konzept eines passiven Heldens (sofern gut gemacht) gar nicht mal so absurd: Der Held lebt in einer Wirklichkeit, in der ihm viel Leid zustößt. In der Geschichte geht es nicht darum, dass er dieses Leid bekämpft (-en kann), sondern wie es ihn zugrunde richtet.
            Das sind vielleicht tragische Geschichten, aber darum nicht unbedingt schlecht.

            Ich glaube, ich habe auch ziemlich häufig eher passive Helden, die "mit sich machen lassen", anstatt zu machen, oder die nur beobachten und abwarten. Vielleicht ist das schlecht, ich weiß es nicht, aber ich glaube, solange das Umfeld in Bewegung ist, kann das funktionieren.
            Wir sind ziemlich häufig inaktiv und reagieren nur auf die äußeren Umstände, nichtsdestotrotz können sich daraus spannende Situationen und Konflikte ergeben.
            Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

            So nah, so fern.

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            • Kelpie
              Kelpie kommentierte
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              Dodo, Charakter, die gerettet werden, empfinde ich als ziemlich passiv. Wie gesagt, wenn Passivität im Roman bedeutet, dass der Prota nur dasitzt und das Leben an sich vorüberziehen lässt, dann halte ich Passivität für kein großes Problem der Literatur bzw. generell nicht sonderlich erwähnenswert: Wer ist schon völlig passiv? Mindestens den Weg zum Kühlschrank gehen die meisten alleine.

              Ich habe schon ein paar Mal den Vorwurf der passiven Charaktere bekommen; das eine Mal betraf es einen, der sich ganz bewusst entschied, abzuwarten und zu beobachten bzw. nicht einzuschreiten; das zweite Mal betraf es jemanden, dessen Schicksalsschläge stets von außen kamen und der nur reagieren konnte, nicht wirklich selbst agieren.

              Mona, hm, Antiheld ist für mich eines dieser Worte, mit denen ich wenig assoziiere, vor allem wenig Konkretes und eher nur ein Gefühl. Und das ist irgendwas Schlappes, Loserhaftes xD Darunter stelle ich mir irgendwie einen Typen vor, der nicht z.B. nicht auf die Prüfung lernt, sondern durch einen Fehler des Dozenten durchkommt. Der in der Endschlacht nicht das Schwert in den Hals des Drachen stößt, sondern stolpert, dadurch eine Lawine auslöst und diese den Drachen zerquetscht. Sozusagen jemand, der ständig versagt, aber dadurch äußerst indirekt eine gute Auflösung bewirkt.

            • Dodo
              Dodo kommentierte
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              Ja, die Damsell in distress ist sicherlich einer der nervigsten passiven Charaktere. Nur da, um doof zu sein. Sowas KANN man eigentlich nicht zu einem Protagonisten machen, wenn nicht irgendwann die Selbsthilfegruppe zur Aktivierung beiträgt ... Und seien es Glitzervampire ... oder Post-its auf dem Kühlschrank ...

            • Mona
              Mona kommentierte
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              Kelpie Ah, verstehe, was Du meinst. Bin mir jetzt nicht sicher, wo das hineinfiele ... in die Kategorie "Held" ja wohl weniger. "Glückspilz"? ^^
              Ich glaube, ich würde auch diesen Charakter zu "Antiheld" dazuzählen, auch wenn die Ergebnisse seiner Taten heldenhaft sind; heldenhafte Tugenden/Merkmale besitzt er ja offenbar dennoch nicht. (Heldenhaft wiederum wäre für mich dann, wenn dieser Charakter zugäbe, dass er nicht eigenmächtig durchkam oder den Drachen besiegt hätte; das würde ich mit (heldenhaften) Eigenschaften wie "Mut", "Aufrichtigkeit", "Selbstbewusstsein" verbinden.)

            #9
            Mal unabhängig davon, dass ein anfangs passiverer Held tatsächlich „normal" ist, und ein Großteil der gängigen Plotstrukturen ja genau darauf aufbaut, dass er etwa ab der Mitte aber seinen Arsch hochkriegt:

            Unter einem passiven Charakter verstehe ich einen, der wenig oder gar keine Handlung durch eigene Taten anstößt, sondern sich treiben lässt und allerhöchstens REagiert, bevor er wieder in seine Passivität zurückfällt. Ich persönlich finde solche Charaktere als Protagonisten furchtbar. In Nebenrollen gern, ich kann mir sogar einen passiven Antagonisten vorstellen (der z.B. in einer verantwortlichen Position durch seine passive Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, dem Prota im Weg steht und eine Katastrophe heraufbeschwört) … aber das ist nie der Charakter, mit dem ich mitfiebern könnte oder wollte. Protas, die „rumdümpeln", öden mich an und machen mich aggressiv. Und das ist nicht das Leseerlebnis, das ich haben will.

            Wobei ich unterscheide zwischen äußerlich erzwungener Passivität und charakter-immanenter. Ein Prota, der in Einzelhaft sitzt und in Hungerstreik tritt, wäre für mich akzeptabel. Einer, der depressionsbedingt immer tiefer in Passivität versinkt und letztendlich daran zugrunde geht, nicht. Ich mag nicht von Leuten lesen, die nichts tun (können), um ihre Misere zu ändern.
            and it's not what we think
            rather the opposite
            it's staring at the end of you.

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              #10
              Ich glaube der Film ist ein gutes Beispiel für mich. Er macht so gut wie alles falsch. Er besteht laut Wikipedia aus einer Aneinandergereihung von Ereignissen und Begegnungen, die sich von einer klassischen Plot-Dramaturgie unterscheiden. Und der "Held": schaut selbst!

              Ich mag ihn trotzdem.
               

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              • Ankh
                Ankh kommentierte
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                Ich kenne den Film nicht. Aber bei "einer Aneinanderreihung von Ereignissen und Begegnungen" würde mir etwas fehlen, was den Bogen beendet. Ein Fazit, eine Pointe, oder eben ein Höhepunkt, auf den das alles zusteuert, und in dem sich vorher aufgebaute Spannung entläd. Ein "Irgendwo Ankommen", das der Protagonist die Geschichte über gesucht hat, oder eben ein definitives Versagen oder eine Katastrophe, die mir zeigt, dass er sein Ziel nie erreichen wird. Kurz: Ein Ende. Ohne so einen Abschluss sind diese Szenen, so lustig oder so herzerwärmend sie sein mögen, letztendlich sinnlos, und wenn ich während des Filmes merke, dass das auf nichts zusteuert, dann wäre mir das zu beliebig, als dass es mein Interesse halten könnte.

                Ganz ohne Dramaturgie geht also nicht (wobei ich wette, dass der Film trotzdem eine hat). Und wenn eine Geschichte ein Ende hat, auf das alles hinausläuft, dann müsste man im Sinne der Fragestellung eigentlich nur prüfen, ob der Protagonist irgendeinen Einfluss darauf hat, wie es endet, oder zumindest nach Kräften versucht, das Ende abzuwenden. Wenn er das tut, ist er nicht passiv.

              • Dodo
                Dodo kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Ich erinnere, dass ich nach dem Film achselzuckend aus dem Kino gelatscht bin, weil er mir seltsam ziellos erschien. Mehr erinnere ich nicht.
                Und das, wo Zach Braff hervorragend sympathische "Loser" spielen kann.

              • mheder
                mheder kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Es ist überhaupt ein Wunder, dass dieser Film gedreht wurde.
                Ich meine, Drama besitz er genug. Er, der Depressive mit Schuldgefühlen. Sie, die überdrehte Epileptikerin. Der Hauptdarsteller bewegt sich erst ganz spät aus seinem Schneckenhäuschen und die anderen Darsteller bringen den Film erst richtig zum Glänzen, und die Musik. Ich dachte nur, das wäre der aktionsärmste Held, den ich kenne.

              #11
              Ich tue mich schwer, "passiv" und "aktiv" (für mich) genau zu definfieren. Eigentlich stellt sich mir die Frage gar nicht, ob meine Figuren zu passiv oder aktiv genug sind – ich schreibe einfach die Geschichten auf, die mir unter den Nägeln brennen, mit den Portagonisten, die diese Geschichten bedürfen.

              Meist ist zu Beginn einer Stroy eine gewisse Passivität der Hauptfigur sogar erforderlich zu sein: Sie befindet sich im Alltagstrott und wird erst durch ein einschlägiges Ereignis – den ersten Plot turn – aus ihrer Routine herauskatapuliert, folglich zur (Re-)Aktion gezwungen.
              Denken wir mal an Neo in "Die Matrix". Er ist zwar Hacker und ahnt, dass sich hinter der Matrix etwas verbirgt. Aber erst das Eingreifen von Morpheus, der beschließt, Neo aus der Matrix-Scheinwelt herauszuholen, setzt das Abenteuer in Gang.

              Und was das "Jungfrau in Nöten"-Motiv anbelangt a.k.a. Bella Swan: Ich muss gestehen, dass ich mit dem anderen Extrem – die hardcore Kickass-Protagonistin Á  la Katniss Everdeen – sogar noch weniger zurecht komme. Als bestünde die ultimative Aktivität eines (weiblichen) Protagonstin darin, eine mordende Kampfmaschine zu sein.
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              • Ankh
                Ankh kommentierte
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                Ich finde, dass Beller mehr eine Sue ist, weil sie das, was sie erreicht, eben nicht aus eigener Kraft erreicht, sondern ihr praktisch von außen geschenkt wird, während Katniss für ihr Ziel kämpft und leidet. Bella bekommt die Liebe und Sympathien innerhalb der Geschichte geschenkt, ohne etwas dafür zu tun, und das ist problematisch, weil es den Leser eben nicht überzeugt, dass sie liebenswert ist, nur weil die Autorin das gerade so bestimmt. Dass Bella bei einigen Lesern gut ankommt liegt mMn daran, dass sie eben den Wunsch verkörpert, einfach bedingungslos geliebt zu werden. Dabei bewundert aber niemand Bella als Person, sondern man wünscht sich einfach, an ihrer Stelle zu stehen. Auf der anderen Seite würde man mit Katniss nicht unbedingt tauschen wollen, sondern man will wie sie als Person sein, mit den Fähigkeiten und der Kraft, sich durchzuschlagen. Bella erfüllt Träume und veranlasst den Leser nicht, aktiv zu werden. Katniss ist dagegen eher ein Vorbild, das zeigt, dass man für seine Ziele kämpfen muss.

              • Arynah
                Arynah kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Ankh Die Definition, die ich von Mary Sue kenne, kann Bella selbst nicht als eine verkörpern, da dort große Aufmerksamkeit auf Fähigkeiten und Aktivität gelegt wird (die Star Trek Herkunft, bei der Mary Sue Krik, Spok und Dr. MaCoy einfach in den Schatten gestellt hat, von allen gemocht wurde und am Ende alle rettete und selbst einen heldenhaften Tod stirbt). Da passt Bella selbst einfach nicht rauf. Rey aus dem neusten Star Wars Film ist zum Beispiel eine echte Bilderbuch Mary Sue und das sogar um viele, viele Längen mehr als Katniss es zum Beispiel je sein könnte, da man bei Katniss zumindest ihrer Fähigkeiten und des Wissens wegen nicht überrascht ist.
                Aber ich stimme dir zu, dass Bella vor allem deswegen gut ankam, weil man gerne ihren Platz einnehmen würde. Vielleicht funktionierte sie deswegen innerhalb von Twilight so gut, weil sie eben ein Mauerblümchen war und gerettet werden musste - denn die Leserin (ich behaupte mal, dass die Identifikation von Männern mit Bella bei weitem geringer ist) kann ja nicht direkt ins Handeln eingreifen. Als Leser ist man selbst passiv. An sich also sogar sehr klug, was Leserbindung angeht (ob gewollt oder nicht).

              • Mona
                Mona kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Ich denke, es kommt auch stark aufs Genre an. Es gibt Charaktere, die man weder kompetent noch sympathisch finden muss, und mit denen ich mich auch nicht identifizieren kann; wo ich aber die Gedanken/Taten/Thematik dennoch spannend genug finde, um die Geschichte zu lesen (und ich meine "spannend" nicht unbedingt im Sinne von "Thrill"). Es gibt viele Charaktere, denen ich beim Lesen auch einfach neutral gegenüber stehe -- weder finde ich sie herausragend sympathisch, noch finde ich sie ätzend. Nicht, weil der Charakter schwach gezeichnet wäre, sondern weil ich da dann einfach mehr auf andere Aspekte achte.
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