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Mittwochsfrage #31: Wann wird Info Dump? Und ist das verboten?

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    Mittwochsfrage #31: Wann wird Info Dump? Und ist das verboten?

    In unseren Diskussionen bin ich jetzt ein paarmal über "Infodump" gestolpert. Ich denke bei dem Begriff an überfrachtete Ruderboote, deren Relings (für die Interessierten ein kleines Informatiönchen: Relinge ist auch erlaubt) sich nur noch knapp oberhalb der Wasserlinie befinden - und nur noch ein "Info"-Müllteilchen mehr und die ganze Flotte säuft ab.
    Aber wie sieht so ein Müllteilchen aus?
    Wann verwandelt sich eine Schilderung von etwas, das die Geschichte aufmöbelt, in etwas, das die Geschichte - oder wenigstens ein paar Leser - zusammenbrechen lässt?
    Welches wäre für Euch die kritische Masse an Detail? Gibt es falsche Details?
    Was wäre ein Minimum an Informationen?
    Muss man sich beim Schreiben auf das Wesentliche beschränken?

    Für mich persönlich als Leser gibt es ganz klar:
    - Dinge, die mich so wenig interessieren, dass ich auch nichts darüber lesen will.
    Sowas wie die Anzahl der mesozoiformen Blütenblätter bei der Fünfdoldigen Zitterpappel im Königreich Schwuppdiwupp; es sei denn, es ist plotrelevant und die einzige derartige Info; militärische Truppenbewegungen und epische Schlachten sind mir auch ziemlich pumpe etc. Möglicherweise weiß das der Autor aber nicht, und ich muss in Betracht ziehen, dass es auch andere Lesegeschmäcker gibt. Oder das Buch von Schlachten handelt.
    -Dinge, die giftig werden. Die Dosis macht das Gift.
    Ich lese lieber ausführlicher über ein Detail, das mir indirekt viel über die Szene oder Figur verrät, als dass ich mich durch fünfzig nichtssagende Details quäle, die mir ein naturalistisches Bild aufzwingen könnten, wenn ich ein Leser mit Nibelungentreue (und -geduld) wäre. (Einzige Ausnahme, die mir je begegnet ist: Joan Perucho in "Der Nachtkauz", wo ein Kapitel lang Tiere, Pflanzen und Grüntöne aufgezählt werden. Ich war traurig, als es vorbei war).
    Als Schreiber muss ich mehr wissen als die Leser, aber natürlich notwendige Informationen hergeben. Auch wenn ich sie langweilig finden mag ...

    #2
    Der Übergang von Justin Cronin hat über 1.000 Seiten, und wenn man ihn gelesen hat, weiß man auch, warum. Sobald da ein Charakter halb zur Tür reinguckt, kriegt er die volle Dröhnung Hintergrundgeschichte und sein Vater, seine Cousine und die Nachbarin der Oma ihr Freund gleich dazu. Im Roman ist ein Zeitsprung von knapp 100 Jahren, es hat sich eine neue Welt entwickelt - geil, kann man alles toll erklären.

    ... und ich fand's super! Einfach, weil der Mann so gut schreibt. Er hat einen Schreibstil, der bei mir zumindest einen Nerv getroffen hat, und ja, er hat viel reingepackt, das zur Handlung absolut nichts beigetragen hat (und Der Übergang ist nur der Auftakt einer Trilogie).

    Terry Pratchett mit seinen Beschreibungen von der Scheibenwelt und der Hauptstadt und den Gilden und die ganzen Fußnoten dazu ... das ist zum Brüllen. Mir doch egal, was und wieviel er beschreibt, ich will das lesen, weil ich mich totlache!

    ”‹”‹”‹”‹”‹”‹Belladonna von Karin Slaughter ... Ich drücke mich aktuell auf Seite 100irgendwas herum, wo sie von dem Partykeller der Eltern der Protagonistin erzählt. Oder war es ihr altes Kinderzimmer? Auf jeden Fall steht ein Billardtisch drin, aber so wirklich verstanden hab ich das nicht. Auch wo dieser Lover von der Schwester auf einmal herkam und ihr eigener Ex-Lover, aber immerhin weiß ich schon mal, dass ihr Ex-Mann total doof ist ... Wer ermittelt eigentlich in dem Mord, der ganz am Anfang passiert ist ...?

    Ihr merkt, ich kann durchaus was mit Infodump anfangen (und ich würde das jetzt mal mit "unnötige Informationen, die nichts zur Handlung beitragen" definieren). Wenn mir der Schreibstil außerordentlich gut gefällt, lese ich einfach gerne. Aber nicht nur das. Wenn der Autor es so rüberbringt, dass es gar nicht erst auffällt, dass ich gerade 100 Seiten gelesen habe, die man hätte weglassen können, hat er sogar richtig was drauf

    Wenn mir allerdings nach 100 Seiten nur ein Billardtisch in Erinnerung bleibt ... tja ...

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      #3
      Sehe ich so ähnlich wie Amilyn. Information muss entweder zur Handlung beitragen oder sie dem Leser verständlich machen. Ansonsten überblättere ich es. Besonders bei Freunden der überlangen und pseudophilosophischen Lore in Fantasyromanen

      Es geht aber auch um die Atmosphäre, das gesellschaftlich und politische Umfeld, in dem die Geschichte stattfindet. Der 'Infodump' von Ecco macht Der Name der Rose erst wirklich spannend zu lesen.

      Infodump nervt wenn klar zu erkennen ist (oder ich es stark vermute), dass der Autor mich nicht mit dem Plot, den Charakteren und dem Thema der Geschichte, sondern mit seinem profunden Wissen über Hintergründe und Details beeindrucken will. Das ist für mich ein No Go und das Buch wandert auf den SüB (Stapel überflüssiger Bücher).
      Aber das absolute No Go ist Infodump, der ganz einfach falsch oder fehlerhaft ist. Wenn eine bekannte (Plagiatorin und) Bestsellerautorin in ihren LiRos eine halbe Seite über Star Wars fabuliert und es offensichtlich ist, dass sie keinen Bezug dazu und auch nur oberflächliches Wissen hat, dann ist das, spätestens beim Millennium Flacon, nur noch Fremdschämen.









      I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

      Douglas Adams

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        #4
        Auch ich schließe mich an, Information muss zur Handlung, zum Verständnis oder zur Atmosphäre beitragen und nicht um ihrer selbst Willen existieren.
        Gerade beim Verständnis sollte sie trotzdem nicht einfach eingeschoben werden, sondern in den Rest verpackt sein. Eigentlich gilt das für jegliche Informationen.
        Ich komme aus Ironien.
        Das liegt am sarkastischen Meer.

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          #5
          Ich mag sehr ausführliche Detailbeschreibungen, auch wenn sie nicht unbedingt zum Fortgang der Handlung beitragen. Was Infodump ist, entscheidet der Leser, nicht der Autor. Denn er/sie empfindest es als solchen, mehr oder weniger ...

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            #6
            Ich stimme Amilyn zu, dass auch Infodump sehr unterhaltsam geschrieben sein kann. Das ist für mich eine der beiden Grundvoraussetzungen, um ihn zu "verzeihen" oder erträglich zu finden.

            Die andere ist das, was Riyuu als "in den Rest verpackt" bezeichnet: Information muss für mich entweder mit der Handlung oder zumindest mit dem Innenleben der Perspektivfigur verknüpft werden. Wenn die sich glaubhaft in diesem Moment der Handlung Gedanken darüber macht, warum an der Steilküste im Norden diese spezielle, im Dunkeln leuchtende Flechte wächst und nirgendwo sonst – sprich, wenn die Figur einen guten Grund hat, das gedanklich zu erwähnen, dann geht das für mich in Ordnung. Wenn dagegen die Info unvermittelt in einem beschreibenden Absatz frei im Raum steht und mit der Situation der Perspektivfigur überhaupt nichts zu tun hat, überlese ich das gnadenlos und zu 100 Prozent.

            Ist aber auch ne Frage der Erzählperspektive. Wenn die auktorial ist, tut Infodump vermutlich weniger weh. Aber in einem deep POV wäre Infodump streng genommen ein Perspektivfehler. Meiner Meinung nach.
            and it's not what we think
            rather the opposite
            it's staring at the end of you.

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              #7
              Bei mir führt Infodump meistens dazu, dass sich eine gewisse Atmosphäre aufbaut bzw. das Buch zum Leben erwacht wird. Natürlich muss der Autor, das auch geschickt in das Buch hineinpacken, dass man sich nicht seitenlang langweilt, sondern sie als spannende Informationen auffasst. Einfach runterleiern ist also kein guter Weg... Aber wenn ihm das gelingt, kann es der Punkt sein, der mich am Ende wirklich von dem Buch überzeugt, da mir der Autor die kleine Welt in dem Buch näher gebracht hat.

              Bei Infordump denke ich eigentlich sofort an S. King. Er ist ja auch dafür bekannt, dass er in seinen Romanen ziemlich abschweift. Bei manchen Büchern ("ES") hat es mich überhaupt nicht gestört und ich habe jedes weitere Detail mit eingesaugt, bei anderen ("Puls") habe ich mir schon gedacht, dass er doch endlich mal auf den Punkt kommen kann, obwohl da am Ende einfach die Handlung so dünn war, dass man da so viel Infodump einstreuen musste, um überhaupt die Seiten zu füllen...

              Für einen Autor ist es schwer zu entscheiden, was nun interessante Details sind, was nicht und der Geschmack der Leser ist sehr unterschiedlich.

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              • Amilyn
                Amilyn kommentierte
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                Puh ... Hast Du die aktuelle Heyne-Ausgabe? Die IST nämlich 300 Seiten länger als meine von Ullstein
                Ich hab bei Seite 800sowieso kapituliert und bin auf's Hörbuch umgestiegen. Irgendwann dachte ich: "Was erzählt der denn da alles?? Aaaahhh, 300 Seiten plus ..."
                Aber die Atmosphäre war toll, das finde ich auch. Und, wie gesagt, ich finde das Buch gut, aber von seinen Ü-1000ern am anstrengendsten zu lesen (obwohl ich im Gesamten "Die Arena" z.B. wesentlich schwächer finde als "Es", aber besser zu lesen).

              • Dodo
                Dodo kommentierte
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                Als ich Teenie war, habe ich "Es" immer wieder gelesen. Und wieder. Diese Fülle an Fülle! Ich lebte beinahe in Derry.
                Jetzt habe ich es wieder gelesen und gedacht, Mann, komm zur Sache!
                Es ist eine Sache, seine Personen mit Background auszustaffieren, eine andere, die Staffage zum Protagonisten zu machen. Aber offenbar hatte auch letzteres auch bei mir mal seine Zeit , zu der ich dachte, der King hat die Infos dort gut gedumpt. Aber aktuell hat es mich ziemlich genervt ...

              • zickzack
                zickzack kommentierte
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                Amilyn Gute Frage, ich habe es als Ebook, aber ich glaube es ist eine ältere Version, so nach dem Cover. Anstrengend fand ich es gar nicht. Spannend, atmosphärisch...
                Aber ich habe auch "Die Weitseherreihe" von Robin Hobb sehr gemocht und da ist auch sehr, sehr, sehr viel Infodump drinne. Man hätte auch da einiges kürzen könenn, aber im Großen und Ganzen fand ich es gut und wenn da wirklich jemand den Rotstift angesetzt hätte, am Ende wäre wieder zu viel rausgeflogen...

                Dodo Na wer weiß, vielleicht sage ich das auch in ein paar Jahren, keine Ahnung, aber momentan kann ich es mir nicht vorstellen. Allerdings lese ich Bücher sehr selten noch einmal. Da gibt es einfach zu viele auf dem Markt, die ich lesen möchte.

              #8
              "unnötige Informationen, die nichts zur Handlung Geschichte beitragen"
              Die Geschichte (ich benutze nicht "Erzählung", da diese auch eine Textgattung ist) gehört für mich z. B.:
              • die Handlung
              • die Hauptfigur mit ihren Eigenschaften und wie sie in der Handlung agiert
              • die äußeren Einflüsse (Figuren, Umstände und Ereignisse → Subplots), die auf die Handlung einwirken
              • und somit der Plot (Handlungsgerüst), der ein Netz von den oben genannten drei Punkten ist
              • dazu gehört auch der Kitt, der diese Punkt miteinander verbindet, was z. B. die Motivation, die Haltung der Figur ist, woraus wiederum die Interaktion mit den anderen Figuren und zwischenmenschliche Beziehungen ergibt → Erzählstimme, Atmosphäre
              Es ist ein großer Unterschied, ob eine Figur oder der Erzähler zum Publikum spricht oder der Autor aus ihm heraus etwas dem Leser erklärt.

              Kommentar


                #9
                Nicht alle Informationen, die gehäuft auftreten, sind Infodump. Infodump ist es nur, wenn es keinen Zweck erfüllt. Es sollte auch etwas direkt/indirekt über die Figur und die Geschichte aussagen. Gute Informationen sind für mich immer irgendwie überraschend und gut lesbar.

                Kommentar


                  #10
                  Es wurde bereits alles gesagt/geschrieben ... außer (!), dass man, wenn man genau darauf achtet, nicht unterscheiden kann, ob der Körper der Blauflügel-Prachtlibelle nun grün, blau oder Türkis ist. Genau genommen wird Türkis oder eben Hellgrün bzw. Hellblau von jedem individuell wahrgenommen, weshalb es darüber des Öfteren Streit geben kann. Der Libelle macht das aber nichts aus, da sie so selten vor dem Spiegel steht, obwohl eine ruhige Wasseroberfläche - und Libellen leben am Wasser - ja durchaus als Spiegel gelten kann. Eigentlich ist auch nur das Männchen blau, grün oder Türkis, womit die Diskussion aufkommen könnte, weshalb die Männchen im Tierreich oft die Prächtigeren sind. Beim Menschen hat das ja nicht so ganz funktioniert, aber zum Glück gibt es bei uns auch keine Zwergmännchen, wie beispielsweise bei den Tiefseeanglerfischen. Obwohl ... vielleicht ein paar Exemplare mit einem Zwergen-Intellekt. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja: Infodump!

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                  • Ena
                    Ena kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Und man darf nicht vergessen, dass es in der Menschengeschichte die Bezeichnung für die Farbe "blau" noch sehr jung ist, im Gegensatz zu anderen Farbworten.

                  • Gast-Avatar
                    Gast kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Wenn man dann noch bedenkt, dass im Vietnamesischen kein Unterschied zwischen "grün" und "blau" gemacht wird ...

                  • Mona
                    Mona kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Also ich fand Deinen Beitrag interessant.

                  #11
                  Ich halte mich mich an den Grundsatz: Alles, was erklärt wird, muss eine Funktion in der Geschichte haben.
                  Das bedeutet nicht, dass jedes Kleid, das beschrieben wird, später eine Schlüsselrolle in der Handlung haben muss; es bedeutet aber, dass die Beschreibung einen Nutzen hat. Beispielsweise mir den Reichtum, den Charakter oder die Farbenblindheit der Figur näherzubringen, die das Kleid trägt. Wenn die Beschreibung das schafft, ist es kein Infodump. Hier gilt dann auch "so viel wie nötig", wobei manche Autoren ausschweifend, aber gut beschreiben, das ist in Ordnung, und andere Autoren beschreiben knapp, aber treffend, das ist auch toll. Doof ist "unnötig und langweilend ausschweifend". Infodump ist "mir doch egal, ob ihre Küchenschränke aus Eiche oder Buche sind".

                  Informationen, der einfach nur um der Unterhaltsamkeit willen da sind, sind für mich deshalb auch kein Infodump, sondern Stil. Pratchett wurde schon genannt, ich füge Moers hinzu, der in "das Labyrinth der träumenden Bücher" sogar versäumt hat, bis zum Labyrinth zu schreiben, weil er sich Seiten über Seiten über den Buchheimer Puppetismus ausgelassen hat. Das ist eine eigene Kunstform, funktioniert aber eben nur, wenn die Informationen an sich so unterhaltsam sind, dass es nicht stört, dass sie die Geschichte unterbrechen, sondern das offensichtlich der Sinn dabei ist. Die Funktion dieser Informationen ist Unterhaltung und damit legitim. Nur muss der Autor halt gut genug schreiben, dass es tatsächlich unterhaltsam ist.

                  Ansonsten sollten Informationen am besten da kommen, wo der Leser sie braucht, und dementsprechend ganz von selbst daran interessiert ist, sie zu bekommen. Ein Buch mit der Erbfolge in irgendeiner Fürstenfamilie zu beginnen, die der Leser noch gar nicht kennengelernt hat, wird den Leser veranlassen, genervt weiterzublättern. In dem Moment, wo Mitglieder der Fürstenfamilie sterben wie die Fliegen und man sich fragt, wer der nächste (Fürst oder Tote) sein wird, wird man die Erbfolge dagegen aufmerksam studieren. Die Info an sich ist also eigentlich kein Infodump, wird aber in der ersten Variante so wahrgenommen, weil es Informationen sind, mit denen der Leser (noch) nichts anfangen kann. Die Platzierung entscheidet also auch darüber, ob mir eine Information an einer bestimmten Stelle wie vor die Füße gek...ippt vorkommt oder von mir begeistert aufgesogen wird.
                  Zuletzt geändert von Ankh; 11.10.2017, 13:09.
                  Poems are never finished.
                  Just abandoned.

                  Kommentar


                  • Ankh
                    Ankh kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Genau, es ging mir darum, dass ich aus der Information "Eiche oder Buche?" keine Erkenntnisse ziehen kann. Wenn man das (aufgrund des Kontexts oder weil der Unterschied im Holz tatsächlich etwas über den Besitzer solcher Schränke aussagt) kann, ist es kein Infodump. Wobei man sich als Autor natürlich auch Gedanken darüber machen sollte, ob der Großteil der Leser starke Assoziationen zum Thema Buchenholz hat und dadurch die Figur tatsächlich besser einschätzen kann, oder ob da nicht etwas anderes besser geeignet wäre, um die Figur zu charakterisieren.

                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Eichenschränke in der Küche wären schon sehr ungewöhnlich, denn das verbinde ich eher mit einem sehr biederen, alten Wohnzimmer, Gelsenkirchener Barock.
                    Ein bisschen Allgemeinwissen darf der Autor voraussetzen.
                    Ich bin auch dafür, dass der Autor Details auswählt und sich dabei denkt. Aber gute Autoren kreieren eine eigene Welt.

                  • Gast-Avatar
                    Gast kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Milch - Wieso sollte Eiche in der Küche ungewöhnlich sein? Das ist deine persönliche Meinung und genau das wurde ja schon aufgeführt: Es liegt vor allem am Leser und nicht nur am Autor, ob etwas als Infodump wahrgenommen wird.

                  #12
                  Ist Abschweifen wirklich Infodump?

                  Kommentar


                  • Ankh
                    Ankh kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Dodo Da sprichst du etwas Wahres an: Des einen Infodump ist für den anderen ein Schatz. Mein Vater ist Mathematiker und ein großer Fan von Eco. Er fällt vermutlich genauer in die Zielgruppe solcher Passagen als du. Das zeigt auch, dass man entweder versuchen kann, möglichst massenkompatibel zu sein, oder eben sein eigenes Ding zu machen und dafür entweder geliebt oder weggelegt zu werden.
                    Bei Einem Roman hat man die Möglichkeit, mit anderen Dingen zu punkten, wenn der Infodumpgrad oder -Inhalt den Geschmack nicht trifft. Bei einem Sachbuch z.B. beschränkt sich die Leserschaft dagegen auf die Leute, die die Information auch wirklich interessiert. Als Belletristikautor muss man daher aufpassen, vor lauter Begeisterung für ein Thema nicht die Schwelle zum Sachbuch zu überschreiten und die Information nur um der Information willen auszubreiten.

                  • Dodo
                    Dodo kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Ich wäre schon gerne massenkompatibel ... und trotzdem nicht anspruchslos ...

                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Wenn man sich die erfolgreichsten Büchern anschaut, dann fällt auf, dass die Deutschen ganz gern in Romanen belehrt werden: der Schwarm, Black Out.

                    Bei dem Eco-Beispiel frage ich mich, ob es im italienischen Original leichter verständlich gewesen ist.

                  #13
                  Ich kann nur persönlich antworten:
                  Ich las ein Buch in dem auf ca. 25 Seiten ein Schwert geschmiedet wurde und anschließend wurde ein Stück Seife hergestellt. Nichts für mich. 1. reichen mir die IKEA-Montageanleitungen und 2. war es ähnlich geschrieben. Allerdings möchte ich nicht ausschließen, das jetzt irgendjemand in seiner selbstgebauten Schmiede hockt und sich ein Schwert mit dieser Anleitung schmiedet, um sich anschließend mit der Kräuterseife zu waschen.
                  Vermutlich ist Infodump auch Genre abhängig (wurde das schon geschrieben? Ich bin immer noch Bronchitis geplagt, so das ich nicht alles lese ... )

                  Ich sage mal so: Hätte es sich spannend gelesen, wie das Schwert geschmiedet worden ist ... okay ... . Aber, es tat der Geschichte nicht gut und mir auch nicht. Also war es für mich persönlich Infodump.
                  Andere Ausschweifungen, Verschweifungen und Abschweifungen finde ich hingegen wirder spannend. Geschmacksache ...
                  Ansonsten is ditte doch ne jute Zusammenfassung.

                  Nein das war ich nicht.
                  Ach so, das!
                  Ja, das war ich.

                  Kontakt: administrator@wortkompass.de

                  Kommentar


                  • Gast-Avatar
                    Gast kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    weltatlas - Das war nicht zufällig "Das Buch der Schwerter" von Fred Saberhagen?!

                  • weltatlas
                    weltatlas kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    magico, wurde da auch Seife hergestellt? Nein, es war irgendeine Fantasyschmonzette dessen Tietel keine Bastelanleitung für Schwerter erahnen ließ.

                  • Gast-Avatar
                    Gast kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Weiß ich nicht mehr (also mit der Seife), aber es geht definitiv um Schwerter.
                    Allerdings nicht langweilig. Obwohl ... der Anfang war schon etwas gewöhnungsbedürftig.

                  #14
                  Das meiste wurde eh schon erwähnt. Zwei Dinge, die für mich Infodump ausmachen sind kurz gesagt:
                  • Der Erzähler sagt's
                  • Es hat keinen Einfluss auf die Geschichte
                  Beides allein muss nicht zwangsläufig Infodump sein, aber meiner Erfahrung nach passiert es dort am häufigsten.

                  Gerade bei Dingen, die wichtig für die Geschichte sind, würde ich trotzdem immer darauf verzichten, es vom Erzähler erklären zu lassen. Sei es die Welt, sei es Lore, sei es irgendwas Geschichtliches. Wenn wir als Beispiel diese seltsame Botanik nehmen und ich unbedingt erwähnen muss, dass der knallgelbe Knollenblätterpilz giftig ist, dann kann ich das als Infodump oder anders verpacken.
                  • Max und Lilli betraten die Höhle. Ihre Schritte und tropfendes Wasser hallte von den Wänden wider. Stalagmiten ragten in die Höhe, Stalagtiten hingen herab. In einer Ecke entdeckte Lilli einen Pilz, den knallgelben Knollenblätterpilz. Sie wusste, dass er 108 Lamellen hatte und viele Jahre zum Wachsen brauchte. Er spross aus Felsspalten und ernährte sich von Grundwasser, das mit viel Kalk angereichert war. Sie hatte so einen noch nie gesehen. Knallgelbe Knollenblätterpilze waren sehr selten, ja beinahe vom Aussterben bedroht, seitdem Braunbären auf den Geschmack gekommen waren und sich ihr Fell daraufhin knallgelb verfärbt hatte. Anders als für Bären war der Pilz für Menschen hochgiftig.
                  • Max und Lilli betraten die Höhe. Max blieb vor einer Stalagmite stehe und streckte eine Hand danach aus.
                    "WOAH!", rief Lilli. "Schau dir das an!"
                    Max ließ die Hand sinken.
                    "Ein knallgelber Knollenblätterpilz! Oh mein Gott, sowas hab ich ja noch nie gesehen."
                    "Ein was?"
                    "Davon gibt es weltweit nur noch neun Stück! Das hier ist der zehnte!"
                    Max blinzelte, dann wandte er sich wieder der Stalagmite zu.
                    "108 Lamellen! Tatsächlich! Jeder Pilz hat genau 108 Lamellen! Ein Prachtexemplar!" Begeistert riss Lilli den Pilz heraus und begutachtete ihn von allen Seiten. "Er liebt kalte Felsspalten." Sie brach ein Stück ab und schob es sich in den Mund. Gründlich kaute sie. "Bären essen ihn besonders gern!" Dann fiel ihr der knallgelbe Knollenblätterpilz aus der Hand und ihr Gesicht wurde knallblau, ehe sie starb.
                  Andererseits können zwei Figuren über etwas reden, was offensichtlich in überhaupt keinem Zusammenhang mit dem Buch steht - und dann wird es ebenso unnütz.
                  Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

                  So nah, so fern.

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                  • Milch
                    Milch kommentierte
                    Kommentar bearbeiten
                    Bei schöner Gestaltung kann ersteres auch gut zu lesen sein.

                  • Mona
                    Mona kommentierte
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                    Kelpie Ich finde das nicht mal plump verpackt, sondern hab es einfach nur als distanzierten Stil gelesen (Allein schon die Formulierung "Sie wusste, dass ..." anstatt ihre Gedanken direkter auszuformulieren). Genaueres würde ich bei so nem kurzen Ausschnitt aber noch gar nicht urteilen wollen. Ich mag Infodump, der mir lieblos hingeklatscht wird, auch überhaupt nicht. Das hier liest sich für mich aber relativ angenehm, was vielleicht gerade an der Distanziertheit liegt. Was ich viel weniger abkann sind personale Perspektiven (am schlimmsten: Ich-Form), wo sich mir der Charakter erst mal wahllos wie in nem Vorstellungsgespräch vorstellt (gerade, dass mir kein Lebenslauf samt Charakterbogen in die Hand gedrückt wird). Ich hab nicht mal was dagegen, wenn kurz der Erzähler eingreift, Perspektivwechsel gibts durchaus in manchen Romanen.
                    Die Fragen sind für mich halt echt nur: Wie ist der Schreibstil generell, wie ist es im Genre übrig, will man Stilbruch oder nicht, hat die Info einen Mehrwert (und das kann viel mehr sein als ein Vorantreiben der Handlung) oder nicht.
                    Dass Geschmäcker da verschieden sind, ist klar, und das find ich auch sehr gut so -- wäre ja stinklankweilig, wenn alle nur Schema F bevorzögen
                    PS: Ich will jetzt aber wirklich nicht zum plumpen Infodump animieren xD ...

                  • Milch
                    Milch kommentierte
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                    Wobei es eigentlich geschickter wäre, den Fellfarbwechsel der Bären früher zu erwähnen, denn der dürfte schon früher sichtbar sein, weil die Bären laufen ja anscheinend dort durch die Gegend.

                  #15
                  Im Prinzip ist es beim Autor wie beim Lehrer: Beide besitzen im Normalfall mehr Wissen als der Rezipient, können aber niemals das gesamte Wissen anbringen, wenn es für den Rezipienten zufriedenstellend/lehrreich/... sein soll.

                  Die Frage, wie viel Info aber zufriedenstellend, und was bereits zu viel des Guten ist, ist wohl kaum mit einer Formel zu beantworten.
                  Ich hab bei meinem 1. Projekt nämlich die Erfahrung gemacht, dass sogar schon unter Testlesern quasi Tag-Nacht-Meinungen herrschten. Testleser 1: "Streichen. Die Info braucht keiner." -- Testleser 2: "Ausbauen! Ich will mehr Details!" Leider dachte ich anfangs, dass "Streichen" tatsächlich immer ein guter Tipp ist. -- Ist er nicht.

                  Mein Fazit: Es kommt häufig ganz einfach auf den Schreibstil bzw. das Genre an und darauf, was man bezwecken möchte. Das einzig Wichtige finde ich, dass eine Info einen Zweck erfüllt. Und dabei ist mir erst mal egal, ob der Zweck "Atmosphäre schaffen", "Symbolik anbringen", "Vorausdeutung machen" oder "Tempo rausnehmen" lautet. Hauptsache, der Autor weiß, warum er gerade hier und nicht 40 Seiten später (oder gar nicht) etwas erwähnt, denn wenn der Autor es weiß, kann ich ihm vertrauen. (Und nur weil mir eine Info zu viel ist, muss sie an dieser Stelle nicht "falsch" sein.)

                  Manchmal hab ich das Gefühl, dass Leser kein Vertrauen in den Autor haben (warum diese Info doch noch wichtig sein könnte) oder dass Infos mit Infodump verwechselt werden (dass der Kerl lieber ne blondhaarige Eva B. im Faltenröckchen anstelle einer schwarzhaarigen, hübschen Naomi C.aufreißt, kann ja mitunter schon mal ein netter Hinweis auf seinen dezenten Hang zum Nationalsozialismus sein. Und dass Peter und Sabine es in der Scheune lieber auf einer weichen Decke als auf Stroh ... tun, kann für den Leser ein guter Anhaltspunkt zum Hineinversetzen sein. Dem einen ist es vielleicht verdammt egal, wer wo was treibt, der andere kann sich erst durch Details gehenlassen.)

                  Aus medienpädagogischer Sicht nehmen Rezipienten kleine Häppchen immer besser auf als eine Riesenportion. Es ist also so oder so förderlicher, harte Fakten nicht in einem 95-Seiten-Prolog zu referieren, sondern, bei seeeeehr vielen Infos, sie dem Leser schrittweise immer wieder "unter die Nase zu reiben". So verankern sich diese Infos mWn auch besser im Gedächtnis.

                  Die einzige Sache, die ich als so krassen Infodump empfinde, dass ich das Buch meist weglege, ist etwas wie: "Hi, ich bin Sandy, bin 1,50m groß, hab blaue Augen, eine Stupsnase, schöne Brüste (80 C) und wiege 54 Kg. Das ist meine Geschichte."
                  Ich mein, außer sie ist Schönheitschirurgin, dann wär das vielleicht ein Tick von ihr, sich immer zu beschreiben beim Vorstellen xD. Aber solche Anfänge erscheinen mir meist halt eher einfallslos gestaltet.

                  Oder anders gesagt: Ich mag Infos, wenn sie a) (wie bei Camus, den ich eh letztens erwähnt hab) einfach auch wie Infos erklärt werden, schnörkellos, wie ein Briefing, oder wenn sie b) irgendwie in die Geschichte eingebaut werden, an einer Stelle, die irgendwie (entweder gleich oder im Nachhinein) nachvollziehbar ist, und nicht, weil es dem Autor halt zufällig gerade in den Fingern brannte.

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                  • Mona
                    Mona kommentierte
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                    Kelpie In gewisser Weise ist ja alles Zusatzinfo, was über die nackte Handlung (und viell. noch den unmittelbaren Emitionen dazu) hinausgeht.
                    Man muss sich ja nur Rezis auf Amazon durchlesen. Leser A: "Mich hat genervt, dass das Aussehen der Charaktere so detailliert beschrieben wurde, das hat mich voll meiner Vorstellungskraft beraubt." Bei nem anderen Buch Leser B: "Ich hätte mir gewünscht, dass das Aussehen näher beschrieben wird." -- Was Leser A also anstreicht, könnte Leser B mögen. Denn manchmal ist es ja wirklich wurscht, ob das Objekt der Begierde nun rotes oder blondes Haar hat, und ob es rote oder blaue Stiefel trägt. Aber manche brauchen diese Info eben. Ist das nun Infodump oder ein Anker für den Leser? Trägt es zur Atmosphäre bei oder schränkt es den Leser ein? Ich schätze, da gehen die Meinungen nicht nur in Amazon-Rezis auseinander.

                    Dass Du es als Probeleser anmerkst, find ich eigentlich gut. Man hat ja Probeleser, um sich ne Meinung einzuholen. Und als Autor ist es dann ja ohnehin noch immer rmeine Sache, was ich damit mache. Was ich persönlich nicht tun würde, ist, es zu sehr zu verallgemeinern. Ein Hinweis "Ist die Info wirklich wichtig?" oder "Liest sich für mich wie Infodump, weil ..." liest sich für mich anders als "Streichen! Das interessiert den Leser nen Dreck!" (Manchmal mag es stimmen, manchmal aber eben auch nicht.)
                    Wobei das schon ne heikle Sache ist. Ich kenn ja selbst solche Fälle, die man einfach wirklich nur als Infodump bezeichnen kann. Ist mir auch schon passiert, besonders als ich mit dem Schreiben begonnen hatte.

                  • Kelpie
                    Kelpie kommentierte
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                    Naja, der Ton macht die Musik Beim Probelesen eine Forderung zu stellen ("Streichen!") finde ich schon immer daneben, ebenso Verallgemeinerungen ("Das ist so!") und mangelnde Erklärungen. Aber klar, wenn der Text nur so davon strotzt, dann schreib ich auch irgendwann nur noch "Infodump".

                    Für mich ist nicht jede Zusatzinfo Infodump; ich bin ja riesiger Fan von Beschreibungen, dicken Hintergrundgeschichten, Subtext (der oft nur durch scheinbare Oberflächlichkeit transportiert werden kann) und langsamen Szenen, in denen man sich viel Zeit für Atmosphäre und Beschreibungen von unnötigen Handlungen lässt (das Schmieden des Schwertes, das weltatlas angesprochen hat, hätte mir wahrscheinlich sehr gefallen). Aber es geht mir rein ums Wie. Es ist halt nicht so leicht, Infos gekonnt und schön zu verpacken, aber das ist mein Anspruch an einen Autor und ein gedrucktes Buch. Man kann jedes Fitzelchen eines Zimmers beschreiben und aneinanderreihen oder die wirklich ausdrucksstarken Aspekte hervorheben und in die Handlung einbinden.

                  • Mona
                    Mona kommentierte
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                    Kelpie Oh, okay, jetzt verstehe ich, was Du meinst. Das empfinde ich dann ähnlich wie Du. Sowohl was das Probelesen als auch was meine persönlichen Kriterien angeht.
                    Ach so, und um noch mal kurz auf "schörkellose Infos" zurückzukommen xD ...: Ich finde die dann gut, wenn sie gut geschrieben sind. Es gibt einfach Vorwörter oder Info-Absätze, die ich nicht als "irgendwie lieblos reingeballert" empfinde, sondern eher als eine Art ... Einführung, Näherbringen, Vorbereitung, ... Wo ich es eher so empfinde, dass mich der Autor an der Hand nimmt und mir erst mal die nötige Orientierung bietet. Das kommt selten bei so unverblümt-direkten Infos vor, aber es kommt vor, dass ich es tatsächlich angenehm zu lesen finde.
                    Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, ich stimme zu, das "Wie" macht es aus. Und das muss man erst mal beherrschen (Gott, was hab ich da manchmal schon rumgekämpft mit doofen Möbelbeschreibungen xD).
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