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Mittwochsfrage #20: Gendern im Roman

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    Mittwochsfrage #20: Gendern im Roman

    Das sensible Thema der Gleichberechtigung findet sich auch in der Sprache wieder. In einigen Textgattungen ist es wichtig, Frauen und Männer gleichermaßen anzusprechen, doch wie empfindet ihr es bei einem Roman?

    Schreibt ihr „Sie ist Arzt“ und seht den Begriff als neutrale Berufsbezeichnung, oder schreibt ihr „Sie ist Ärztin“? Wie ist es dann mit „Sie ist die erste unter den [Ärztinnen und] Ärzten, die …“? Und wie empfindet ihr Sätze, die eine Redewendung enthalten, wie bei „Sie ist Herr/Herrin der Lage“?

    #2
    Bei dem Thema muss ich kurz vorbei schneien.

    Ich benutze beides, gendern und nicht gendern, abhängig von dem, was ich schreibe bzw. über wen. Da ich generell sehr intuitv schriebe, kommt das automatisch. Es gibt einfach Charaktere, die dazu neigen würden, eher nicht zu gendern, weil sie keinen Wert drauf legen. Und es gibt Charaktere, die gendern, weil es einfach dazu gehört und/oder diese Charaktere die typische modere Femenistinnen sind und es ihnen deshalb sehr wichtig ist.

    Ich hatte bis jetzt auch nur eine Szene, in der ich da näher darauf eingagengen bin, weil ich es witzig fand. Die ganze Zeit war der Feind als "der Nekromant" bekannt. Nun kommt raus, dass dieser Nekromant wahrscheinlich weiblich ist. Der Protagonist bleibt einfach beim männlichen Wort, weil er sich wegen der neuen Erkenntnis nicht umgewöhnen will. Eine Freundin von ihm, die sehr feminisitisch ist, korrigiert ihn deshalb. Für sie ist das einfach wichtig, dass das ordentlich gendert wird, wenn es schonmal eine Frau ist.
    So ein Charakter würde auch Sprechweisen gendern und immer auf korrekte Sprache achten. Einem anderen wäre es vielleicht egal, vielleicht sogar wichtig, nicht extra zu gendern.

    Da ich genrell charaktergeprägte Erzähler mag, hat sich deshalb die konkrete Frage für mich nie gestellt.
    Zuletzt geändert von Schneeregen; 05.08.2017, 03:32.

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    • Victoria
      Victoria kommentierte
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      Schneeregen
      Das ist auch so eine Sache, die allgemeinen männlichen Bezeichnungen zu wählen, wenn man nicht weiß, ob die Person männlich oder weiblich ist. Damit kann man den Leser schon auf eine falsche Spur lenken.

    • Schneeregen
      Schneeregen kommentierte
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      Ja, man kann wunderbar damit spielen und falsche Fährten legen.

    #3
    Ich schreibe eigentlich nie platt: Sie ist Ärztin. Mit Ärztin oder Lehrerin kann ich leben, furchtbar sind LehrerInnen oder Ärzte und Ärztinnen, da nehme ich liebe das generische Maskulinum. noch schlimmer sind Studierende statt Studenten. Im Fall Herr der Lage würde ich es bei Herr der Lage belassen.

    Interessanterweise sollten wir lieber überprüfen, wie wir Frauen und Männer darstellen, übernehmen wir plump Klischess oder gestalten wir individuelle Charaktere

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    • Victoria
      Victoria kommentierte
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      Die Klischeedebatte ist immer wieder spannend.
      Darüber hinaus ist es auch mal interessant zu sehen, welches Bild durch die Sprache des Erzählers vermittelt wird.

    #4
    Wenn es um konkrete Einzelpersonen geht, bekommen die ihre gegenderte Bezeichnung: "Lieselotte ist Ärztin."

    Wenn es um eine Gruppe geht, verwende ich das generische Maskulinum: "Die Ärzte des Städtischen Klinikums treten in Streik." (statt: die Ärztinnen und Ärzte ...)

    Ähnlich sieht es bei dem Beispielsatz aus: „Sie ist die erste unter den Ärztinnen (=allen weiblichen Ärzten)“ bedeutet etwas anderes als „Sie ist die erste unter den Ärzten (=allen Ärzten)“, da verwende ich, was gemeint ist, und brauche nicht beide Begriffe. (Bei einem Mann würde ich ggf. spezifizieren: "Er ist der erste unter den männlichen Ärzten")

    Redewendungen verwende ich normalerweise ebenfalls in der generischen Form (also "sie ist Herr der Lage", wobei ich in diesem Fall beides okay finde), es sei denn, der Perspektivcharakter ist da anderer Ansicht und besteht auf die weibliche Form, oder es klingt in meinen Ohren irgendwie dämlich.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

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      #5
      Bislang hatte ich keinen Charakter, der darauf achtet und es deswegen in Dialogen oder Gedanken von Charakteren nie verwendet. Kommt mir so eine Figur mal unter, dann wird das sicher Beachtung finden. In der wörtlichen Rede wird es situationsabhängig sein. "Sie ist Ärztin", ist schon sehr wahrscheinlich im Gegensatz zu "Sie ist Arzt". Herrin der Lage wäre wiederum erneut auf die Figur an, grundlegend bleibe ich dabei bei der klassischen Form.
      Ich komme aus Ironien.
      Das liegt am sarkastischen Meer.

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      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        In den Dialogen oder Gedanken finde ich es auch weniger "problematisch". Das ist Meinungsfreiheit. Die Erzählstimme wird ja gern von den Autoren neutral gehalten. Die Frage ist eben, was neutral ist.

      • Kuro
        Kuro kommentierte
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        Klar, ganz neutral bleibt da wohl nie etwas.
        Ich denke, ein Teil hängt auch von der sprachlichen Prägung des Autors ab (mit welchen Redewendungen ist er aufgewachsen und so weiter) und dann natürlich zusätzlich vom Korrektorat/Lektorat (was wird angemerkt, darüber hinaus zusätzlich noch, was der Autor davon annimmt, wie du siehst, generell bin ich auch beim generischen Maskulinum und finde es absolut überflüssig beispielsweise ins ausschließlich Weibliche zu wandern, wobei ich das auch gut akzeptieren kann, wenn das dann einheitlich durchgezogen wird -> Stichwort: Blog von Marcus Johanus).

      #6
      Zitat von Ankh Beitrag anzeigen
      Redewendungen verwende ich normalerweise ebenfalls in der generischen Form (also "sie ist Herr der Lage", wobei ich in diesem Fall beides okay finde), es sei denn, der Perspektivcharakter ist da anderer Ansicht und besteht auf die weibliche Form
      Das finde ich ja super. Gleich noch dem Perspektivcharakter einen wichtigen Charakterzug im Vorbeigehen verpasst

      Generell mag ich dieses Gegendere überhaupt nicht. Bei mir gibt es keine Salzstreuerinnen, keine Studierenden und keine Bürgerinnen und Bürger, aber da schreibt Ankh doch direkt was ganz wichtiges: es geht ja im Text nicht um uns, sondern um die Charaktere, und ich finde es fürchterlich, wenn man in einem Roman die Meinung des Autors herauslesen kann. Ich will in einem Roman nicht bekehrt werden, das dürfen Sachbücher erledigen. Und wenn ich so einen Gender-Fan als Protagonistin habe (warum in aller Welt auch immer ich mir so einen ausdenken sollte ...), dann ist die halt auch mal Herrin der Lage, selbst, wenn ich das nie bin

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      • Amilyn
        Amilyn kommentierte
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        Ich meinte nicht "umfangreich", fällt mir gerade ein, aber das richtige Wort weiß ich gerade auch nicht

      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Amilyn
        Ah. Solche Weltbilder.
        Es wäre schön, wenn es mir egaler wäre. Dann würde ich mich nicht so aufregen. Aber ich finde es auch nicht so toll, wenn Menschen in einer eingeschränkten Sichtweise dargestellt werden. Es gibt auch Frauen, die nichts mit Kindern anfangen können oder interessante Ansichten haben. Oder tolle Familienväter oder männliche Zicken.

      • Badabumm
        Badabumm kommentierte
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        erkenntnisreich? vielseitig? umfassend?

        Ist aber alles ironisch

      #7
      Da bei mir die Perspektivcharaktere von Gendern sicher noch nichts gehört haben, tue ich es auch nicht. Ich selbst bin großer Feind vom Gendern und benutze die männliche bzw. eigentlich geschlechtsneutrale Form daher teilweise mit voller Absicht, obwohl das Subjekt weiblich ist. Es kommt natürlich auch ein bisschen darauf an, gerade bei Berufsbezeichnungen klingt es für mich nämlich dennoch falsch, wenn ich sage "sie ist Arzt", "sie ist Kranführer", "sie ist Lehrer".
      Aber insbesondere die Floskeln "die Lehrer und Lehrerinnen" oder "Bürger und Bürgerinnen" finde ich einfach dämlich. Von einem "LehrerInnen" ganz zu schweigen, sowas gehört für mich auch keinesfalls in ein Buch, weil Großbuchstaben mitten im Wort irgendwie so unliterarisch sind.

      "Herr der Lage" würde ich vermutlich durch eine andere Redewendung ersetzen, weil ich das in beiden Varianten für eine Frau unpassend finde und als Leser so oder so drüber stolpern würde.
      Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

      So nah, so fern.

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      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Ich mag persönlich das generische Maskulinum am liebsten. Wenn ich von mir selbst redete, sagte ich immer "Ich bin Lehrer". Mittlerweile benutze ich – vor allem gegenüber anderen Frauen – die weibliche Form, weil/wenn ich weiß, dass sie sich damit wohler fühlen. Es tut mir nicht weh ein -in hinzuzufügen. Einigen anscheinend schon, wenn ich es weglasse.
        Im Roman bleibt es klassisch, außer es geht explizit die Differenzierung.

      #8
      Bei mir wird nicht gegendert. Entweder sie ist Herr der Lage oder sie ist es nicht. Bei Berufen mache ich es wie Ankh, da ist sie Soldatin oder Ärztin. Einfach weil "Sie ist Soldat/Arzt" nicht nur unglaublich falsch klingt oder aussieht, sondern auch einfach weil es eine falsche Aussage ist - sie ist nicht männlich. Bei Gruppen immer das generische Maskulinum.

      Ich lasse auch keine Figuren gendern. Da würde ich selber nicht mehr hinterher kommen.

      Das ist für mich so eine Neuerscheinung, die momentan total hipp ist und alle wollen es machen. Muss ich ja nicht.

      Ich schreibe so, wie ich es gerne lesen würde. Und Bücher die rumgendern nur weil sie zeigen wollen wie tolerant und offen und so sie sind fliegen bei mir in die Ecke und der Autor auf der Schwarzen Liste

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      • Ankh
        Ankh kommentierte
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        Ich finde sowieso, dass man Toleranz und Offenheit besser über den Inhalt vermittelt als über die Grammatik. Wenn ich jetzt überall in meinem Text "das Arzt" schreibe statt ein generisches "der Arzt", dann reiße ich den Leser mit dem Blödsinn doch nur aus dem Lesefluss raus, anstatt in in die Geschichte hineinzuziehen, die sich durchaus mit Toleranz gegenüber Andersartigkeit in verschiedenen Facetten beschäftigt.

      #9
      Eine Krux(in) ...

      Ich nutze die Sprichwörter, wie sie Fallen. Ist Jemand Herr der Lage, dann ist das so, egal ob Frau(in) oder Mann(in). Ich sehe das Sprichwort und nicht die Weltherrschaft (huch) ... ähm ... Weltherrrschaftin des Mannes(innen)... äh ...

      Meine Kriegerin ist eben eine Kriegerin ... mit Fräulein davor ... oh, wie 50iger. Aber, sie kann einen Zweihandhammer schwingen. Geht es nicht auch darum - Fähigkeit, Befähigung?
      Zuletzt geändert von weltatlas; 27.07.2017, 09:43.
      Nein das war ich nicht.
      Ach so, das!
      Ja, das war ich.

      Kontakt: administrator@wortkompass.de

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      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Kriegerin mit Fräulein davor finde ich übrigens ziemlich spannend.

        (Weltdamenschaft)

      • Badabumm
        Badabumm kommentierte
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        Nun, wenn die Kriegerin unverheiratet ist, muss sie Fräulein betitelt werden - ist doch klar! Egal, wie groß ihr Hammer ist...

      • weltatlas
        weltatlas kommentierte
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        So sehe ich das auch.

      #10
      Ich hatte mir ja mal überlegt, genderneutrale Pronomen zu verwenden. Aber ich finde, man verbiegt die Sprache damit viel zu sehr. Gerade beim Lesen soll die Geschichte ja flüssig "reinlaufen", wenn man da über jedes zweite Wort stolpert („Din Zauberir nahm nimsen Buch.“ [1]), dann schmeißt der Leser das Buch eher in die Ecke, als dass er seinen Horizont erweitert. Sprache muss sich organisch wandeln, nicht mit der Brechstange. Und offensichtlich ist der Bedarf an gendergerechten Formen nicht so groß, dass Leute bereitwillig umständliche Formulierungen benutzen. Auch wenn man diesen MitbürgerundMitbürgerinnen-Quatsch inzwischen regelmäßig hört, nimmt ihn doch niemand in seinen normalen Sprachgebrauch auf, weil es einfach zu sperrig ist und das generische maskulinum im Grunde "gut genug" ist (außerdem schließt es nicht explizit non-binäre Leute aus ... ).

      [1] aus diesem Artikel hier: https://weltenschmiede.wordpress.com...rale-pronomen/
      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        "Studierende" mag ich auch nicht, weil es grammatikalisch Quatsch ist.
        Was ist eigentlich, wenn ein Stud*** auf dem Weg nach Hause ist und gerade nicht studiert? Wie heißt er dann? Oder wenn er von einem Auto überfahren wird? Dann ist er ein sterbender Studierender und danach ein totender Studender?

        (Darüber hinaus finde ich nicht, dass durch die Änderung der Sprache das Bewusstsein für Gleichberechtigung sensibilisiert wird. Mir scheint es eher so, als würden dadurch zwei Fronten entstehen.)

      • Milch
        Milch kommentierte
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        ...

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Wenn es Studierendenwerke gibt, gibt es dann auch Bummelstudierende

      #11
      Im Idealfall hängt es bei mir am Perspektiventräger, denn zu dem muss es passen, nicht zu mir oder dem aktuellen Zeitgeschehen. Auf der anderen Seite ist man viele Formulierungen und Ausdrucksweisen auch gewohnt, so dass man schlichtweg nicht drüber nachdenkt, was nun wo richtig oder besser oder schlechter wäre.

      Und so Sachen wie AutorInnen haben meiner Meinung nach in einem Roman nichts zu suchen, da es nicht gut zu lesen ist. Als Autor sollte man da auch andere Wege finden, solche Dinge auszudrücken
      »Elezeis Blut schien in Aufruhr zu sein und brannte unerwartet kalt durch ihren Körper. Es war ein Gefühl, das nach Zerstörung dürstete.« – Blutgesang

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        #12
        Anmerkung völlig aus dem Zusammenhang gerissen: darf man am Donnerstag noch mitdiskutieren - weil es doch eine Mittwochsfrage ist?

        Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
        Mark Twain

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        • Victoria
          Victoria kommentierte
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          Es heißt Mittwochsfrage und nicht Mittwochsantwort.

        #13
        In einer meiner SF-Storys gibt es seit 200 Jahren keine Männer. Also verändert sich naturgemäß auch das Vokabular. Aber mit „innen“ anhängen ist es nicht getan – man muss bereits am Wortstamm ansetzen: es gibt keine Lehrer, also kann es keine Lehrerinnen geben. Ich schreibe dann „Lehrin(nen)“,aber irgendwann wird auch das „innen“ verschwunden sein, weil es keinen Gegenpart gibt, gegen den es sich absetzen müsste. Ein lustiges Gedankenspiel. Wahrscheinlich wird „Lehrin“ noch weiter verkürzt.

        Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
        Mark Twain

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          #14
          Ich sehe es eigneltich auch eher als Perspektiv/Setting Sache an.
          In meinem letzten Manuskript habe ich das Geschlecht des Erzählers verschleiert, daher musste ich letztendlich auf das meiste "gendern" verzichten, da alles andere sonst unbeabsichtigt viel über den Erzähler verraten hätten.
          In meinem aktuellen Projekt habe ich mich tatsächlich noch nicht so ganz entschieden, tendiere aber zum gendern, weil es sich dort einfach besser anfühlt.

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