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Ist es wichtig zu wissen, wer spricht?

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    Ist es wichtig zu wissen, wer spricht?

    Ich habe mich in letzter Zeit durch einige Schreibblogs gewühlt und bin in den Kommentaren auf eine Diskussion gestoßen, die mich etwas überrascht hat.

    Es ging darum, wie viele Inquits ("sagte Marie") ein Dialog eigentlich braucht. Generell wurde die Meinung vertreten, dass man nicht an jede Zeile eines pappen muss, weil aus dem Gesprächsverlauf, dem Inhalt und auch der Sprecherstimme oft klar ist, wer spricht. Die Diskussion drehte sich ein wenig darum, ob im Zweifelsfall mehr oder weniger Inquits vorzuziehen seien, und darüber können wir hier auch gerne diskutieren, und an welchen Stellen ihr sie stilistisch gut oder doof findet. Der eigentliche Moment, wo ich gestutzt habe, war folgendes:

    Der Autor postete eine kurze Szene aus seinem Werk. Weil ich das jetzt hier nicht wiedergeben will, weil's eben sein Werk ist, mach ich ein analoges Beispiel.

    Marie und Katja gingen an der Konditorei vorbei.
    "Oh schau mal, das sieht gut aus!"
    "Ja, und es riecht auch lecker."
    Bevor die beiden die Tür aufmachen konnten, kam ein junger Mann mit einem Klemmbrett auf sie zu.
    Die Aussage des Autors war jetzt, dass es für die Geschichte völlig egal ist, wer von beiden da oben welche Zeile sagt, und deswegen auch keine Inquits benötigt.

    Mich würde einfach interessieren, ob es hier Autoren gibt, die das genauso sehen und handhaben?
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    #2
    Nein, ich seh es nicht wie er. Weder als Autorin, noch als Leserin. Besonders als Leserin ist mir wichtig zu wissen wer gerade spricht, schließlich stelle ich mir die Szene ja vor.

    Als Autorin versuche ich zu viel "sagte, fragte, meinte" usw. zu vermeiden, weil sie doch jedes Mal ein wenig den Lesefluss stocken lassen und wenn sie dann in Dialogen rudelweise auftreten ist es noch schlimmer (Bonus: Wortwiederholungen nerven). Das geht, indem ich durch den Dialog selbst deutlich mache wer was sagt (das geht ein paar Sätze lang gut, bevor man aus den Augen verliert was von wem kommt), den/die Sprechende/n namentlich erwähne und direkt davor oder danach handeln lasse, den Gesprächspartner zwischen zwei Sätzen etwas tun oder den Sprechenden selbst handeln lasse (so kann man mit einem "sagte" jede Menge Dialog unterbringen).
    "A writer is a world trapped in a person." Victor Hugo
    "Writing is hard work; it's also the best job I've ever had." Raymond E. Feist
    "Be inspired by others, but when you sit down to write, knock down any walls of doubt, and write like only you can." Lucy Knott

    Kommentar


    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Ja, ich finde so eine Mischung auch am Besten. Man kann ja sogar auch noch mit der Position der Inquits oder der Handlungen ein bisschen variieren und sie vor, nach oder mitten in die wörtliche Rede platzieren, um das ein bisschen aufzulockern.

      Es gibt eigentlich nur zwei Varianten, die ich doof finde. Die erste ist
      Marie sagte: "Oh, schau mal, das sieht lecker aus!"
      weil mich das so an Grunschulaufsätze erinnert.

      Die andere Variante ist, wenn man einen ellenlangen Absatz wörtliche Rede einer Person hat und dann ganz am Ende dieses Blocks kommt dann ein
      "[...]", sagte Katja.
      Ich kann nicht genau sagen, was mich daran stört, es ergibt irgendwie so ein Ungleichgewicht. Außerdem, wenn über diesen ganzen Block hinweg noch nicht klar ist, wer spricht, dann ist es an der Stelle wohl auch eher zu spät, die Info noch nachzureichen.

    #3
    Dass es bei belanglosem Blabla egal ist, wer genau ihn von sich gibt, sehe ich durchaus ein.
    Aber ich persönlich würde es nicht so schreiben. Ich will es nicht einmal so lesen. Aus verschiedenen Gründen. Ich bin viel zu verspannt dazu; und bei Texten will ich orientiert sein. Im wahren Leben weiß ich zu 99,9%, wer etwas sagt, insbesondere bei nur zwei Personen.
    Ein Blatt Papier gönnt mir das diskriminierende Hören der Stimmen, der Klangfarben usw. aber nicht, und wenn mir bei solchen Floskeln auch noch das Merkmal der Ausdrucksweise, die eine Figur sonst möglicherweise eindeutig identifiziert, fehlt, dann würde ich bei so einem Dialog stolpern. Wenn es egal ist, wer etwas sagt, dann ist letztlich auch egal, was gesagt wird, und dann kann das "Gespräch" auch ganz weg, und Marie und Katja sollten einfach so in die Bäckerei gehen. Warum lässt mich der Autor mit so einer Banalität im Stich? In dem genannten Beispiel also würde ich es als "Fehler" lesen.

    Es kann in anderen Zusammenhängen anders aussehen. Wenn sich mehrere Figuren unterhalten, gezielt einen Plan austüfteln, dann kann der Inhalt wichtiger, weil spannender, werden als die Frage, wer welche Einzelheit beisteuert. Oder bei einem Stimmengewirr, wo es auch in echt nicht mehr sicher bestimmbar ist, wer etwas sagt (Klassiker: Angeklagter auf dem Weg in den Gerichtssaal wird von Journalistenfragen überschüttet oder ähnliches ...), da interessiert mich eventuell nicht jeder anonyme Kehlkopf.
    Zuletzt geändert von Dodo; 14.05.2023, 16:50.

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    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Bei einem Stimmengewirr würde ich es allerdings auch als bewusste Stilentscheidung betrachten. Wenn die Perspektivfigur nicht ganz sicher ist, wer spricht, dann bekommt der Leser diese Information eben auch nicht.

    #4
    Ich seh das genauso wie Nachtmahr und Dodo

    Erstens will ich einfach wissen, wer spricht, weil es für mich zur Geschichte gehört und dazu, mich in die Szene hineinzuversetzen.
    Zweitens sehe ich da eine verpasste Chance, den Figuren Charakter zu geben, wenn sie nicht bereits genug haben, dass man auch ohne Inquits erkennt, wer spricht. Wenn es wirklich so egal ist, wer spricht, bedeutet das doch im Grunde auch, dass die Figuren zu austauschbar sind.

    Wenn ich meine eigenen Figuren an die Stelle setze, dann würde selbst dieser kurze Dialog bei jeder Konstellation ein bisschen anders ablaufen, weil sie eben mit ihren ganz eigenen Persönlichkeit und auch ihren zwischenmenschlichen Beziehungen durch die Geschichte wandeln, die sich oft selbst auf so kleine Momente abfärbt. Und das finde ich gut, weil es jedesmal ihre Persönlichkeit untermauert und dem Leser dieses vertraute Gefühl gibt, bei dem er nickt und sagt "ah ja, mal wieder typisch Katja!"

    Wenn die Situation hingegen tatsächlich so belanglos ist, dass jeder das exakt Gleiche sagen würde, und es keinen Unterschied macht, wer was sagt, dann würde ich diesen Dialog wohl tatsächlich ganz streichen und stattdessen "Katja und Marie beschlossen gerade, in die Konditorei zu gehen, als ein junger Mann ..." Wozu mehrere Zeilen daauf verschwenden, wenn man selbst der Meinung ist, dass der Dialog nicht mehr vermittelt als eine knappe Information?
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

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    • Milch
      Milch kommentierte
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      Bissel mehr vermittelt der Dialog schon.
      Aber man kann auch in solcher Kleinigkeit den Figuren mehr Tiefe geben, beispielsweise wenn die eine sich an etwas erinnert, weil sie sich immer an etwas erinnert..

    #5
    Wenn nur zwei Leute miteinander kommunizieren, bin ich eher geneigt auf "sagte ..." zu verzichten und anderweitig klar zu machen, wer spricht. Einerseits Aktivität und Art der Sprache, andererseits durch die Absätze/Zeilenumbrüche.
    Wenn klar ist, von wem der erste Satz kommt, gehe ich davon auch, dass eine Leserin dem Ping Pong der Sätze eine Weile folgen kann, bevor ich wieder aktiv werde.

    Ich finde es wichtig, zu wissen, wer spricht. Wenn ein Satz so belanglos ist, dass er von jedem gesagt werden könnte, ist er halt überflüssig.

    Marie und Katja gingen an der Konditorei vorbei.
    "Oh schau mal, das sieht gut aus!" Marie blieb stehen und betrachtete die Auslage.
    "Ja, und es riecht auch lecker."
    Bevor die beiden die Tür aufmachen konnten, kam ein junger Mann mit einem Klemmbrett auf sie zu.

    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Ganauso würde ich es auch schreiben Es ist ja auch so, dass man gerade in solchen Momenten oft noch viel Ambiente, Charakterisierung etc mit unterbringen kann. Also wenn man schon eine Szene aufmacht, dann doch möglichst rund und nicht bruchstückhaft.

    #6
    Dialoge schön einzubinden kann vor allem bei vielen Personen eine ziemliche Herausforderung sein (oder ist es zumindest für mich), aber in meinen Augen ist es wichtig, zu wissen, wer was sagt. Ich lese die Dialoge mit den Stimmen der Personen im Kopf und wenn das am Anfang nicht klar ist, wer was sagt, kann das sehr irritierend sein.

    Vor allem wenn es nur um zwei Personen geht, gibt es auch die Möglichkeit, einfach durch Namensnennung klarzustellen, wer gerade spricht, ohne den Lesefluss zu stören, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt, die Personen auseinanderzuhalten.
    Marie und Katja gingen an der Konditorei vorbei.
    "Oh schau mal Katja, das sieht gut aus!"
    "Ja, und es riecht auch lecker."
    Bevor die beiden die Tür aufmachen konnten, kam ein junger Mann mit einem Klemmbrett auf sie zu.
    Mir fällt auf, dass sowohl Peter als auch ich Marie als sprechende Person gedacht haben. Ich vermute das liegt daran, dass Marie im vorherigen Satz zuerst genannt wird und ich deshalb davon ausgehe, dass sie auch zuerst spricht.

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    • Milch
      Milch kommentierte
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      Ich mache es theaterhaft: Ankh: "Da ich auch ständig vor dem Problem stehe, hat mich das natürlich interessiert."

    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Milch Hm, soll ich meine Geschichten jetzt in Bühnenstücke umschreiben? Hätte was Aber dann sieht man ja auch wieder, wer spricht.

    • magico
      magico kommentierte
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      Oder ein Drehbuch?

      Ankh sitzt etwas zu krumm und etwas zu nah vor ihrem Bildschirm.

      Ankh: Schreibe ich nun ein Buch oder ein Theaterstück?

      Ankhs innere Stimme (mit Hall): Hauptsache du schreibst überhaupt.

      Ankh lehnt sich zurück.

      Ankh: Das hilft mir jetzt auch nicht weiter.

    #7
    Ich will auch immer gern wissen, wer spricht, und würde es ebenfalls auszeichnen. Es gibt ja Methoden, um "sagte" zu vermeiden, wobei ich "sagen" jetzt auch nicht übermäßig schlimm finde.
    Tatsächlich habe ich sogar Szenen, in denen mal eine wörtliche Rede nicht genau zuzuordnen ist, weil die sich Perspektivfigur nicht dafür interessiert, wer etwas gesagt hat, weil es irrelevant ist, oder weil sie die verschiedenen Sprecher*innen auch nicht unterscheiden kann. Z. B. wenn die Figur auf einer Party ist, auf der sie die meisten kaum kennt, und diese Leute gemeinsam eine Anekdote erzählen.

    "Weißt du noch? Bei Anne-Marie?"
    "Oh ja!" Die mit dem grünen Kleid, die sich mir vorhin als Seda vorgestellt hatten, lachte. "Ich kann immer noch hören, sie es in der Mikrowelle explodiert ist.
    "Und der Gestank erst."
    "Habt ihr das Zeug jemand wieder rausbekommen?"

    … hm Ich wollte mir gerade ein Beispiel aus den Fingern saugen. Aber ich würde auch hier deutlich machen, wer spricht. Aaaaber, manchmal passt es vom Stil besser, wenn die wörtlich Rede Schlag auf Schlag kommt, dass man einen Zusatz weglässt. Ich bin der Meinung, dass es an der richtigen Stelle, auf die richtige Art umgesetzt, gut funktionieren kann.

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    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      Gerade, wenn die Perspektivfigur es selber nicht so genau weiß, vermittelt das Fehlen der Bezeichnung ja auch schön die Verwirrung, in der sich die Figur gerade befindet. In deinem Bespiel fände ich es durchaus passend, wenn sie nur die eine Person zuordnet, die sie zumindest ein bisschen kennt. Die anderen sind dann auch in ihrem Kopf wohl eher so eine Masse an Freundinnen, die sie eher so als Gruppe wahrnimmt statt als Individuen.

      Wenn aufgrund der Action einfach keine Zeit ist und es einfach besser zum Pacing passt, nichts drumrumzustecken, dann ist das echt schwierig. Ich hoffe dann immer, dass meine Figurenstimmen für die Zuordnung reichen, oder einfach der Kontext. Wenn der Leser zum Beispiel schon weiß, wer am Steuer sitzt, dann muss es logischerweise die andere Figur sein, die sagt "Gib Gas, die holen auf!"

    #8
    Wie viel nun von diesem oder jenem verwendet wird, um klar zu machen wer spricht, ist sicher auch Geschmackssache.
    Wichtig ist es aus genannten Gründen auf jeden Fall.
    Wenn man das sonst als Hörbuch adaptieren würde, wäre die Verwirrung perfekt. Zumindest, wenn die vorlesende Person ihre Stimme kaum variiert.
    http://www.wandern-mit-kindern-in-thueringen.de

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      #9
      In aller Regel würde ich Ankh zustimmen. Es mag Ausnahmen geben, wenn die Charaktere sehr ähnlich sind oder ausschließlich gemeinsam in Aktion treten. Ich denke dabei an so etwas wie die klischeehaften Zwillingsbrutalotürsteher oder Rufe aus einer Menge.

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