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Vergleiche und Metaphern erfinden

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    Vergleiche und Metaphern erfinden

    Ich muss gestehen, ich habe eine Schwäche für Vergleiche. Vor allem, wenn sie schön absurd, witzig und dennoch treffend sind. Leider ist ein passender schwerer zu finden als ein Parkplatz in der Innenstadt, und die etablierten sind so abgedroschen wie ein halbvergammeltes Pferd.

    Meine Kriterien dabei sind
    1. Vermeide das Abgedroschene
    2. Finde einen treffenden Vergleich, der
    a) deutlich rüberbringt, was du ausdrücken willst, und der
    b) in die Lebenswelt der Erzähler- bzw. Perspektivfigur passt.

    Bei a) stelle ich oft fest, dass zwar niemand hinterfragt, dass man jemanden fallen lässt "wie eine heiße Kartoffel", aber wenn man stattdessen schreibt "wie frittierte Ananas", dann stutzt der Leser und muss darüber nachdenken, warum sollte jemand eine frittierte ... ahja, die können verdammt heiß sein, wenn sie gerade frisch aus dem Fett kommen, und wenn man die dann anfasst – aber warum sollte man die anfassen, sind die nicht normalerweise auf kleinen Spießchen ...? Und schon ist der Leser raus aus dem Lesefluss. Allzu kreative und um die Ecke gedachte Vergleiche taugen also nix.

    Deshalb geh ich meist von b) aus, und denke mir, was könnte meine Figur denn so üblicherweise achtlos fallen lassen, wenn sie es nicht mehr braucht? Da finde ich meistens etwas Treffendes, aber absurd und witzig wird es dann meist nicht.

    Wie macht ihr das? benutzt ihr eigene Vergleiche oder lieber die etablierten, über die ein Leser ohne Bodenschwelle drüberliest? Oder gar keine, weil ihr dieses Stilmittel hasst? Und wenn ihr selber welche bastelt, habt ihr einen Geheimtipp, wie man die geschickt konstruiert, damit sie flutschen wie ein mit Gleitgel beschmierter Aal in der Rohrpost?
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    #2
    Im aktuellen Projekt vermeide ich in "unserer" Welt bekannte Redewendungen, Sprichwörter usw und nutze, was sich gerade bietet. Wenn ein Typ neben dem Pferd meines Protas steht und Unsinn redet, würde mein Prota ungefähr sowas (genervt) sagen: Hat mein Pferd nach dir ausgeschlagen und dich am Kopf getroffen? Du redest einen Mist, als hätten sich ein paar Schrauben gelockert.

    Ich denke aber, dass man bekannte Sprichwörter und Redewendungen durchaus abwandeln kann:
    -Die Nachricht verbreitete sich schneller, als ein Joint in einer Hippie Kommune (von Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer).
    -Hand aufs Hirn (von Hand aufs Herz, im Sinne von "denk nach!").
    -Man sollte immer einen Dolch im Ärmel haben (von Man sollte immer ein Ass im Ärmel haben).
    "A writer is a world trapped in a person." Victor Hugo
    "Writing is hard work; it's also the best job I've ever had." Raymond E. Feist
    "Be inspired by others, but when you sit down to write, knock down any walls of doubt, and write like only you can." Lucy Knott

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      #3
      zur frittierten Ananas: Wenn die Vergleiche und Metaphern zu der Stimmung im Text oder zum Textinhalt passt, dann können selbst Metaphern und Vergleiche zur Weltbildung beitragen, dann würde es nicht so stören, selbst wenn man kurz stutzt. Der Lesefluss ist kein Heiligtum, mich stört es, dass sie hier so betrachtet wird, manchmal braucht es auch Widerhaken. Bei Neuem oder Originellem kann man nicht vermeiden, dass jemand aus dem Lesefluss gerissen wird.

      Ich muss mich anstrengen solche Vergleiche zu verwenden. Sie kommen erst später dazu.
      Zuletzt geändert von Milch; 23.10.2022, 11:58.

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        #4
        Bewusst suche ich selten nach Bildern, Metapher oder Vergleichen, meist kommt es von der Figur her und endet dann in einem Ramschladen; ich selbst stehe damit also auf Kriegsfuß. Wenn meine Figuren BMV benutzen, dann lass ich sie gern darin verheddern, manchmal sogar absichtlich.
        Bemühte originelle und bemüht lustig-originelle Vergleiche finde ich ganz schrecklich. Ich lese zwar gern Douglas Adams u ä, aber bei zuviel (Sprach-)Witzigkeit werde ich ganz schnell satt und müde.
        Der mit "Gleitgel beschmierte Aal in der Rohrpost" (Chapeau dafür) müsste z B schon arg in den Kontext bzw zur Figur (und da kann ich mir bei Dir Ankh auch Figuren vorstellen ) passen und dürfte nicht repräsentativ für die Gesamt-Erzählstimme sein. Ich hab selbst so einen POV, der gern Mitfiguren per Übertreibung und Querassoziation charakterisiert, und der ist für andere beizeiten anstrengend zu lesen. Obwohl er in seinem Universum bleibt und nichts sonderlich Absurderes als Horrorfilmikonen und -klischees verwendet.
        Wie Nachtmahr halte ich Abwandlungen uns geläufiger Schnacks (und Horrorfilmklischees) für eine gute Grundlage. Wenn ich also krampfhaft suchen will, dann ist das der Moment, wo ich anfange, nach dem Ursprung des Sprichworts oder der Redewendung in unserer Realität zu graben, darüber komm ich manchmal weiter. Aber dann spüre ich beim späteren Lesen immer, dass diese Abwandlung von mir heraufbeschworen wurde und nicht spontan kam. Bei den Filmsachen allerdings brauch ich nichts dazutun, die kommen von selbst.

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          #5
          Meine Sorge ist oft, dass es irgendwie bemüht klingt. Es ist nicht die übliche Redewendung, die der Leser erwartet, und wenn er sie dann nicht als Gag empfindet (was das Unerwartete ja rechtfertigen würde), dann empfindet er sie vielleicht als unnötig und deplatziert?

          Oder selbst wenn sie objektiv nötig ist (weil der mittelalterliche Prota gar keine Kartoffeln kennt, die man fallen lassen könnte), dann klingt es oft doch eher nach "naja, lässt er halt was anderes heißes fallen, vielleicht ne Zwiebel?", statt dass es wie eine eigene etablierte Redewendung klingt, die die Leute in dem Setting eben verwenden, um das auszudrücken. Klar, es gibt so Labertaschen unter den Erzählern, die ständig was neues Absurdes präsentieren, aber wenn der Ton der Geschichte das gar nicht will, dann möchte man doch eher was Unauffälliges, das natürlich klingt und trotzdem für den Leser sofort ganz logisch vermittelt, was damit gesagt sein will. Ich finde das ziemlich schwierig, aber vielleicht mach ich mir auch nur wieder viel zu viele Gedanken um etwas, das die meisten Leser überhaupt nicht stört?
          Poems are never finished.
          Just abandoned.

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          • Dodo
            Dodo kommentierte
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            Ich finde Deine Gedanken ganz nachvollziehbar, weil blöde, bemühte oder - wie Dein Kartoffelbeispiel - falsche Kleinigkeiten eben aus dem Lesefluss reißen können. Mir persönlich ist der Lesefluss wichtig, im besten Fall kommt schließlich ein Film im Kopf zustande, und dann ist jede unpassende Formulierung ein Filmfehler. Ich will ja auch nicht "Der Name der Rose" mit William Baskerville sehen, der "sheesh" schreit, wenn er auf seine Apple Watch sieht, oder schnell was googelt. Von daher: Etwas zu schreiben, heißt, auch drüber nachzudenken.
            Aber eher über das, was man selbst als passend erachtet.
            Ob der Leser unbedingt einen Gag erwartet ... Ich selbst erwarte eigentlich nur was Schlüssiges. Darf auch gern ein passender Gag sein, vor allem, wenn er unbemüht rüberkommt.
            Ich glaube auch, man kann nicht vorauserahnen, was jeder einzelne Leser für nötig oder unnötig erachtet, und erst recht nicht jedem es rechtmachen. Solange sich nur einer an der Formulierung erfreut, ist es doch gelungen. Und wenn man der eine selbst ist. Also nachdenken ja, Sorgen machen nein.

          #6
          Ich sehe das genau wie du, Ankh - Gute Vergleiche können den Text auflockern und aufwerten. Alle Kriterien immer zu erfüllen ist sicher utopisch, weshalb ich versuche möglichst sparsam mit selbstgestrickten Vergleichen zu sein. Natürlich nicht in homöopathischen Dosierungen, aber eben nur, wenn es a) zur Situation passt und b) mir auch ein passender Vergleich einfällt.
          Logischerweise kommt es auch auf das Genre und vor allem die Erzählform an. Überall passen sie auch nicht hin.
          Leider habe ich auch kein Patentrezept. Entweder mir fällt etwas ein oder der Vergleich entfällt.
          http://www.wandern-mit-kindern-in-thueringen.de

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