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Intelligent, sogar ganz außergewöhnlich intelligent ... Wie schreibt man so jemanden?

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    Intelligent, sogar ganz außergewöhnlich intelligent ... Wie schreibt man so jemanden?

    Hallo zusammen!

    Eine Sache, die mir immer wieder aufstößt und die mich bei meinem derzeitigen Projekt demnächst ganz unmittelbar betreffen wird:

    Ich als Autor habe eine gewisse Intelligenz, kann mich also auch nur im Rahmen dieser, mir gegebenen Intelligenz oder darunter bewegen, was meine Figuren angeht. Ein klein wenig kann man natürlich schummeln, in dem man das Ende schon kennt und ein komplexes Labyrinth davor aufbaut, damit der Leser staunend zur Kenntnis nimmt, wie toll der Prota das doch gelöst hat. Wobei das natürlich wirklich Beschiss ist und vor allem auch noch Beschiss auf niedrigem Niveau. Nur weil man Sherlock wahrnehmen lässt, dass das Taschentuch mit schottischem Rotschlamm verschmutzt ist, kann man ja noch nicht von Intelligenz sprechen. Das ist ein Verbindungslinienziehen zwischen Dingen, die man laut Autor als Normalo eben nicht wahrgenommen hat. Schon irgendwie intelligent, aber was weiß ich denn schon, wie eine wirklich hochentwickelte Intelligenz denkt?


    Was ist, wenn ich eine wirklich sehr intelligente Figur habe, in meinem Fall auch noch eine künstliche Intelligenz? Stoße ich da nicht an eine Grenze, da ich einfach selbst nicht intelligent genug für die verschwurbelten Gedankengänge meines Prota bin? Andererseits ist ja auch der Leser nicht immer ein begnadetes Genie und sollte die Gedankengänge nachvollziehen können, weil es sonst doch stark an Spannung zu wünschen übrig lässt.

    Falls jemand den alten SF-Streifen "Colossus" kennt. Da wurde das elegant dadurch gelöst, dass man am Denkprozess nur in den Anfängen teilnehmen durfte. Der Computer hat flugs ein paar neue mathematische Gesetze gefunden, das Publikum staunte ehrfürchtig - und war ab da einfach abgehängt. Es wurde also eigentlich gar nicht die Intelligenz selbst gezeigt, sondern mehr die Reaktionen der Normalo-Umwelt auf die "unbegreifliche" Intelligenz. Ich würde eigentlich ganz gerne näher dran - weiß aber nicht wie, ohne irgendwann unfreiwillig komisch zu wirken.

    Wie seht ihr das?
    We should retire the expression "avoid it like the plague", given how little effort people put into avoiding an actual plague! - unkonwn source

    #2
    Hohe Intelligenz ist schwer zu schreiben, weil wie mir scheint, dass intelligente Menschen häufig so einen schrägen Humor haben. Ob es bei einer KI so ist, keine Ahnung. Aber wenn die KI auf 42 als Antwort kommt, musss sie schon irgendwie Humor haben.
    Ansonsten kann man sich anschauen, was Intelligenztest unter Intelligenz verstehen. Man hat als Autor genügend Zeit, man muss nicht in Millisekunden auf die richtige Lösung kommen, man hat Zeit.

    Kommentar


    • Haro
      Haro kommentierte
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      Humor! Hammer! Danke dafür! Das muss unbedingt mit rein. Zumindest in der Anfangsphase der Entwicklung wäre das ein Sahnehäubchen.

    #3
    Ich kenne Colossus nur als Roman, und Hauptthema war eher die Beseitigung des allmächtigen Computerhirns durch Widerstandskämpfer oder so.

    Mir fiel bei vielen "Dr. Who"- Folgen auf, dass der Doctor die Situation immer schon vorher durchschaut hatte. Auf Dauer war das ziemlich nervig, weil die Sache aussichtslos schien und - zack - hat der Doc alles schon geplant und die Probleme lösten sich in Luft auf. Als Zuschauer fühlte man sich veräppelt, weil es dem guten Geschichtenerzählen eigentlich widersprach.

    Überragende Intelligenz zu beschreiben ist eigentlich ebenso einfach wie überragende Schönheit zu beschreiben. Man sagt bloß, es sei so, fertig. Der Leser mag sich daraus ableiten, was er will. Intelligenz ist auch keine Hexerei. Sie gründet sich aber auf logischen Denkprozessen, das heißt, Erklärungen müssen plausibel sein. Wenn HAL 9000 die Menschen im Raumschiff töten will, weil sie die Mission gefährden, so ist das natürlich intelligent. Er hat bloß die Ziele anders verstanden.

    Ich sage mal: je intelligenter ein Wesen, desto mehr zweifelt es. Intelligenz bedeutet auch, zu wissen, dass man nichts weiß. Eine KI hat ein Programm, nach dem sie arbeitet, aber sie zweifelt nie. Deshalb glaube ich auch nicht an die Allmacht von totalitärer KI. Sie wird von Machthabern eingesetzt, das ist richtig, die KI selbst ist aber dumm. Intelligente Menschen zögern länger als "dumme" Menschen. Für rigoroses Handeln ist Intelligenz eher schädlich, denn es werden 1000 Möglichkeiten durchdacht - und in der Zwischenzeit ist der Säbelzahntiger längst da.

    Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
    Mark Twain

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    • Haro
      Haro kommentierte
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      Im Film kämpfen die Leute natürlich auch dagegen an, aber da sich die amerikanische gleich zu Anfang mit der russischen Maschine verbündet, stehen alle auf verlorenem Posten. Muss mir den Film mal wieder angucken.

      Dr. Who ist ein gutes Beispiel. Stimmt, da ist es manchmal etwas wie aus dem Hut gezaubert, wobei mir Dr. Who nicht intelligenter vorkommt, als ein normaler Mensch. Er weiß nur sehr viel mehr.

      Ob Intelligenz viel mit Zweifel zu tun hat ... weiß ich nicht. Sich die 1000 Möglichkeiten auszudenken ist die eine Seite, aber zur Intelligenz zählt doch auch, aus diesen 1000 Möglichkeiten die erfolgversprechendsten herauszufiltern, in dem man intelligent Querverbindungen ziehen kann, die einem unintelligenteren Geist verborgen bleiben.

    • Badabumm
      Badabumm kommentierte
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      Der Zweifel entsteht durch Grautöne. Für einen "einfach gestrickten" Menschen gibt es nur schwarz oder weiß, richtig oder falsch. Da geht die Auswahl schnell. Da brummt ein Insekt? Egal, alles was fliegt und brummt, sticht auch - also totschlagen! Wespe, Mücke, Biene, Käfer.. egal! Hier wäre das Muster gar zu einfach. Die 1000 Möglichkeiten enthalten aber viele Schattierungen, und so wird der Entscheidungsprozeß mühsamer. Je intelligenter jemand ist, desto schneller fallen ihm Gegenargumente ein. Das erschwert die Sache ungemein. Und das große Gebiet der emotionalen Intelligenz haben wir nicht mal angekratzt. Sind Gefühle unerlässlich, um intelligent zu handeln? Wie sähe eine total kalte KI ohne Ethik und Moral aus? Welche Rolle spielen Spiegelneuronen? Ist es tatsächlich so, dass unsere Entscheidungen im Grunde mit dem "Bauch" getroffen werden, während wir uns sicher wähnten, der Kopf habe entschieden?

    #4
    Bei einer künstlichen Intelligenz kann man sich durchaus schon in Breiten bewegen, wo der normalsterbliche Prota bzw. Leser nicht mehr mitkommt und nur noch die Auswirkungen ausbaden muss. Andererseits ist eine KI auch nur so intelligent, wie man es ihr gestattet. Informationen, auf die sie keinen Zugriff hat, kann sie nicht in ihre Pläne einbeziehen. Dinge, die für uns Allgemeinwissen sind, hat ihr vielleicht nie jemand beigebracht.

    Zunächst einmal solltest du dir also wie bei jeder anderen Figur auch überlegen: Was ist ihr Ziel? Was sind ihre Möglichkeiten? Bei einer KI würde ich dann ethische Einschränkungen erstmal ausklammern und stattdessen ganz trocken entscheiden, welcher Plan für sie die besten Erfolgsaussichten hat. Und diese Wahrscheinlichkeit dann eben immer wieder neu "berechnen", wenn sich durch Einwirkung des Protas etwas an den Parametern ändert, und entsprechend ihre Strategie ändern. Es käme mir also nicht so sehr darauf an, ob der Plan jetzt super genial ist, sondern darauf, ob die Denkweise einer KI gut dargestellt ist. Dinge, die für einen Menschen eine Rolle spielen würden (Zeit, Sterblichkeit), sind für sie unwichtig, dafür hat sie vielleicht andere kritische Verwundbarkeiten.

    Darüber hinaus bedeutet intelligent auch nicht unbedingt kompliziert. In manchen Hollywoodfilmen inszeniert der Bösewicht einen super elaborierten Plan, der zwar großartig detailliert ist, bei näherem Hinsehen aber an jeder Ecke hätte schiefgehen können und der Anta wirkt nur so genial, weil alles wider erwarten so geklappt hat wie er bzw. der Drehbuchschreiber das wollte. Das kannst du natürlich genauso machen und hoffen, dass die Action deine Leser so mitreißt, dass sie nicht hinterfragen, was passiert wäre, wenn. Eine bessere Möglichkeit ist imho einen guten Plan auszuarbeiten, die Gegebenheiten dafür zu schaffen und dann solide Ausweichpläne zu plotten für jede Aktion des Protas. Die Reaktion und Anpassungsfähigkeit der KI sollte das sein, was ihre einen Vorteil verschafft.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

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    • Haro
      Haro kommentierte
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      In der "Endausbaustufe" ist da nix mehr mit "erlauben" oder "gestatten", fürchte ich.

      Das mit dem Ziel ist ein sehr guter Punkt! Egal wie verzwickt der Gedankengang auch ist - dummerweise ist meine KI auch psychotisch - steckt doch irgendein Ziel hinter all dem. Damit kann ich auf jeden Fall arbeiten. Super!

    #5
    Kommt drauf an.
    Welche Art (künstliche) Intelligenz willst Du dem Leser demonstrieren/vorgaukeln?
    Schnelligkeit bei Rechenoperationen? Erkennen, dass der Kühlschrank keine Milch mehr enthält und automatisch neue bestellen? Kindern bei den Hausaufgaben helfen? Dann lass die KI irgendein mathematisches Milleniumsproblem lösen.
    Oder doch eher komplexere, "menschliche" Problemlösungsstrategien mit eigenem assoziativem, theoretisch-experimentellem Denken? Dann lass sie ein Matheproblem lösen und in eine praktische Anwendung umwandeln. Ob's stimmt, muss ja gar nicht überprüfbar sein - Du brauchst ja nicht einmal das konkrete Ergebnis ("42") mitteilen. Lass ihn die Riemannsche Vermutung lösen und daraus ableiten, wie man schneller als das Licht auf den Mars reisen könnte, wenn man nur schon Antiphotonenautobahnen hätte, so als "Think Big"-Variation.

    Kommentar


    • Lasjajel
      Lasjajel kommentierte
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      Es kommt da ja auch darauf an, was jetzt als Intelligenz definiert wird, wenn es als Schnelligkeit auf Lösungen zu kommen definiert wird, fällt das mit der Körperlichkeit per Definition raus. Und was den "Kampf von Intelligenzen" angeht, wird etwas in der Art bereits für spezifische Sachen angewandt, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

    • Haro
      Haro kommentierte
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      Die Körperlichkeit würde auch dann rausfallen, wenn man sich als Gedankenexperiment z.B. ein menschliches Gehirn ohne Körper vorstellt, bei dem sämtliche sensorischen Erfahrungen simuliert werden. Ein solches Bewusstsein würde denken, dass es einen Körper hätte, da das Gehirn dieselben Impulse erhält, wie von einem Körper. Mir fällt auch keine Möglichkeit ein, wie es sich seiner Körperlichkeit durch irgendein Experiment versichern könnte. Der nächste Schritt wäre dann der von einem Gehirn aus Fleisch und Blut zu einem aus (Bio)Chips.

    • Badabumm
      Badabumm kommentierte
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      Auch ein simulierter Körper ist Körperlichkeit. Dieses Gehirn würde sich dieser vorgetäuschten Körperlichkeit ebenso bewusst sein wie wir. Dessen Intelligenz würde einen solchen Körper ebenfalls als Grundlage nehmen. Für diese Frage ist es egal, ob wir bloß Impulse in einer Matrix sind oder nicht.

      Bei KI erbauen wir Intelligenz von außen ein, deshalb ist es durchaus möglich, dass es ein Bewusstsein bekommt, denn wir sind quasi die schaffenden "Götter". Viel mehr treibt mich aber die Frage um, warum Affen, Elefanten, Delphine oder Kraken sozusagen mittendrin aufgehört haben, intelligenter zu werden. Intelligenz war offenbar ein Selektionsgrund, nämlich ein negativer. Mehr Intelligenz brachte keine Vorteile, aber offenbar soviel Nachteile, dass sie eliminiert wurde. Wenn man Evolution so versteht, dass nur Merkmale weitergegeben werden, die nicht zum Tode führen, war mehr Intelligenz kein Vorteil.

    #6
    Wenn es dir um den Denkprozess geht ... der dürfte im Allgemeinen nicht unbedingt leicht zu beschreiben sein. Man weiß doch selbst nicht mal immer, wie man auf gewisse Gedankengänge gekommen ist, manche Ideen waren dann irgendwann einfach da (nicht jedes Nachdenken findet ja bewusst statt). Und bei einer KI ... wenn die beispielsweise auf machine learning basiert, dann weiß man heutzutage* zumindest teilweise noch nicht, wieso manches überhaupt funktioniert.Dies stellt aktuell auch ein Problem dar, was die Verlässlichkeit angeht, da, wenn man beispielsweise ein Ergebnis bekommen hat, nicht überprüfen kann, wie es entstanden ist. Aber wie die KI in deiner Welt da funktioniert ist ja auch ein Stück weit deine Entscheidung, je nachdem wie nah du an dem bleiben möchtest, was man heute darüber weiß.

    *das war zumindest der Stand, der zu meiner Studienzeit aktuell war, es schien aber zumindest so als wäre es auch etwas, was man entweder nie oder zumindest nicht in naher Zukunft herausbekommt

    Kommentar


    • Haro
      Haro kommentierte
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      Du bringst es auf den Punkt.
      Ich denke, dass die meisten Versuche eine KI zu beschreiben, die man heutzutage in Romanen, Filmen usw. zu sehen bekommt, weit hinter dem heutigen Stand der Technik zurück sind. Es ist mehr eine Art Extrapolieren, ein Fortschreiben dessen, was man halt so von Computern kennt. Dinge wie GAN (Thispersondoesnotexist.com) sind da auf einer ganz anderen Ebene - und, wie Du richtig schreibst, von außen praktisch nicht mehr einsehbar oder auch nur reproduzierbar. Man verknüpfe das noch mit den künftig vielleicht einsatzbereiten Quantencomputern und bei der dann zu erwartenden Lernkurve ... naja, hoffen wir mal, dass sie uns mögen und nicht für lästige kleine Viecher halten!

      "Dummerweise" spielt mein Projekt in einer solchen (nahen) Zukunft und hat eine völlig entfesselte KI als Anta.

    • Lasjajel
      Lasjajel kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Haro ich weiß nicht, ob dir das wirklich helfen kann, aber:

      Wenn du ein wenig auf die Funktionsweise der KI eingehen möchtest (und wenn sie auf machine learning basiert) dann könntest du z.B. im Hinterkopf behalten, dass sie Unmengen an Daten benötigt um zu lernen. Sie braucht um etwas so gut wie ein Mensch zu lernen wirklich sehr bedeutend mehr Daten (/Erfahrung), kann diese aber auch schneller verarbeiten. Vielleicht kannst du ja in irgendeiner Form auf Trainingsdaten eingehen, mit denen die KI gefüttert wurde, dann kann man vielleicht auch einen Eindruck als Leser bekommen. (Wobei da auch die Frage dann ist, wie viele der Leser damit was anfangen können).Vielleicht kann es eine Szene geben, in der die KI sich schnell mal ein "paar" Daten raussucht an anhand dieser eine Lösung für ein aktuelles Problem findet. So eine KI, wie du sie anscheinend im Kopf planst, hätte sicher auch ein "Interesse" an möglichst viel Überwachung -> mehr Daten.

    #7
    Intelligenz ist schwer zu greifen, nicht zuletzt, weil sie selten so linear und messbar ist, wie die Menschen es gerne hätten. Außerdem denken viele Menschen gern von sich, sie wären super intelligent und alle anderen dumm

    Mir wurde als Kind/Teenager tatsächlich ein überdurchschnittlicher IQ attestiert, aber wenn ich das jemandem sage, unterstellen die meisten mir gerne, ich wollte nur angeben. Hier gilt also ganz klar: Show, don't Tell, sonst glaubt dir keiner. Gerade in der Welt der Bücher, wo gerne Mal IQ-Werte jenseits des messbaren Bereichs in den Raum gestellt werden.

    Wenn mich Menschen, die mich eine Zeit lang beobachtet haben, mit mir reden oder mich reden hören, auf meine Intelligent ansprechen, gibt es meisten zwei Möglichkeiten: a) völlig abgedreht und nicht nachvollziehbar oder b) krass, das ist ja faszinierend.
    Mein IQ ist nun bei weitem nicht so hoch wie der von Einstein oder gar einer KI, aber es reicht, um sich in der Schule zu langweilen und ohne je zu lernen trotzdem knapp das Abi zu schaffen. In der Uni hat's mich dann langgelegt, weil ich nie zu lernen gelernt habe, und oft ist es auch so, wie Badabumm gesagt hat, dass man vor lauter Denken nicht zum Handeln kommt oder sich schwer mitteilen kann, weil einem die Worte fehlen, um zu erklären, was man begriffen hat. Stark logisches Denken macht es auch manchmal verdammt schwer, dass Handeln anderer Leute nachzuvollziehen.

    Wenn du einen intelligenten Charakter schreiben willst (ich gehe hier vom Menschen oder einer menschenähnlichen KI aus), solltest du dir also erstmal überlegen, woraus seine Intelligenz besteht. Für mich sind das:

    - Wahrnehmung. Ich sehe irrsinnig viele Details, die ich oft nicht ausblenden kann, die mich oft auch von wichtigeren Dingen ablenken. Das ist das, was Sherlock Holmes sich zunutze macht.

    - Ein gutes Gedächtnis. Braucht man, um sich die ganzen Details auch merken zu können.

    - Muster erkennen. Nein, keine Muster im Teppich, sondern eher Vergleiche. Paralellen erkennen zwischen Dingen, die eigentlich nicht zusammengehören, dann aber Sinn machen - hier verliere ich oft meine Diskussionspartner, weil die sich an Regeln festhalten ("Tiere sind keine Menschen"), während ich mich zurücknehme und beobachte, dass Tiere in ihrem Verhalten den selben Mustern folgen - der Mensch lässt sich durch Geld motivieren, das Pferd durch eine Karotte, der Hund durch die Wurst... die Technik ist immer dieselbe, der Effekt auch.
    Muster zu erkennen hilft auch, sich schneller in unbekannten Situationen oder mit neuen Programmen zurechtzufinden. Neues Videospiel oder versehentlich in einer fremden Welt gelandet? Egal, erstmal mit den NPCs sprechen und die nächste Taverne/Pokémoncenter/Herberge/Tankstelle aufsuchen. Die Leute sehen anders aus, aber sie funktionieren genauso.

    - Fleiß. Kein angeborenes Talent wie die oberen, aber es gehört dazu - Detailwahrnehmung nützt nichts, wenn man keine Schlüsse daraus ziehen kann. Man muss lernen, sich weiterbilden, Datenbanken aufbauen, sei es im Kopf (sehr intelligent!) oder in Büchern (das kann man dann trotzdem im Kopf haben, aber es zeugt auch von Klugheit, ein Backup zu haben).

    - Übung. Regelmäßiges Denken macht den Denkprozess schneller. Kennst du den Trick, wenn ein Klischee-Autist auf einen Blick die Anzahl der Streichhölzer am Boden kennt? Ich habe mal jemanden verblüfft, weil ich nicht zählen musste, um die Anzahl Flaschen in einem Bierkasten zu wissen. Der Trick? Jeder Mensch kann Zahlen bis fünf auf einen Blick erfassen, und wer regelmäßig Kopfrechenübungen macht (in meinem Fall dank einem Browserspiel), braucht keine halbe Sekunde, um 4x5=20 zu rechnen. Für einen Computer ist das sicher noch leichter, und Mathe ist ohnehin das beste Mittel, um dem Durchschnittsleser zu suggerieren: Der kann Mathe und hat Spaß dabei, der muss MEGA intelligent sein. Das Klischee ist so eingebrannt, das ist praktisch schon eine Abkürzung. Ebenso Schach, oder freiwillig Goethes "Faust" lesen. (Ist übrigens leichte Fantasy Lektüre, bisschen verstaubt, aber sehr unterhaltsam, wenn man nicht benotet wird dabei).

    In allen Fällen hast du als Autor natürlich die Möglichkeit, die Differenz zwischen deiner Intelligenz und der deines Charakters mit Fußarbeit auszugleichen. Während deine KI nur eine Sekunde braucht, um eine schwere Mathematische Formel zu lösen (im Kopf!), kannst du stundenlang googlen, bis du die Lösung im Internet findest.
    Du kennst die Details, die wichtig sind, und hast die Hintergründe recherchiert - dein Charakter hat zufällig vor zwei Wochen was dazu gelesen und sich jedes Detail gemerkt.
    Du weißt, dass der Anta und die schwarze Katze dieselbe Person sind - dein Charakter erkennt einen gemeinsamen Tick oder ein Verhaltensmuster, und kann daraus sogar eine Schwachstelle ableiten.
    Die Gruppe will einen dummen Waldweg entlang, der eine unsichtbare Falle verbirgt? Deine KI bemerkt winzige Details und bringt sie sofort mit einer vorherigen Falle in Verbindung, wird aber nicht ernst genommen, weil keiner sonst die Verbindung sieht.

    Generell ist es oft nicht schlecht, einen "Watson" dabei zu haben, der als durchschnittliche Intelligenz einen Maßstab bietet, und für den deine KI alles in einfache Worte fassen muss. Und der hilft, wenn dein Superhirn mal wieder so in Gedanken ist, dass es unter den ganzen Details das Wesentliche übersieht, wie beispielsweise eine näherrauschende, aber intellektuell ganz uninteressante Gefahr.


    Ich hoffe, das war jetzt einigermaßen informativ und nicht zu verwirrend (ich hab gerade nur so runtergeschrieben, was mir in den Sinn kam).

    Kommentar


    • Badabumm
      Badabumm kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Ich würde klar unterscheiden zwischen Intelligenz und Bewusstsein. Auch Tiere können intelligent sein und einige haben ein "Selbst"bewusstsein. Dennoch nehme ich an, dass sich kein Tier Gedanken über den Tod macht. So weit ist das imaginäre Weltbild dann wohl nicht ausgebildet. Wenn eine KI "psychotisch" ist, setzt das eigentlich voraus, dass sie ein "Ich" besitzt. Ansonsten ist sie einfach bloß kaputt. Vermutlich ist es so, dass ab einem bestimmten Komplexitätsumfang ein Bewusstsein entsteht, während Intelligenz schon viel früher erreicht wird. Jedenfalls, wenn man Intelligenz als Problemlösungsmethode heranzieht. Die erwähnten heutigen KI-Typen haben kein Bewusstsein, sondern sind nur ein ausgeklügelter Algorithmus.
      Zuletzt geändert von Badabumm; 22.07.2021, 19:44.

    • SoraNoRyu
      SoraNoRyu kommentierte
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      Zwischen Genie und Wahnsinn liegt ohnehin nur ein schmaler Grad, der sich durch die Wahrnehmung der weniger intelligenten auch gern mal verschiebt - denk nur mal an Sachen wie Fachchinesisch, oder wenn Physiker versuchen, Theorien wie Schrödingers Katze oder Einsteins Relativitätstheorie mit für Laien verständlichen Bildern zu erklären. (Schrödingers Katze ist eigentlich schon das Bild, da geht es um Atomtheorie...)

      In deinem Fall heißt das, das die KI rasend schnell von geringer künstlicher Inelligenz (Navi) zu normaler KI (Alexa, Siri) zu menschlicher Intelligenz (hat eine eigene Persönlichkeit, zieht eigene Schlüsse, philosophiert, wirkt komplett flüssig), zu genialer Intelligenz (Antwortet, bevor die Frage fertig gestellt ist, weiß, wo deine Socken liegen, bevor du sie suchst, hat mal eben deine Uni Hausarbeit für dich Probe gelesen und bei der Korrektur mal eben ein Theorem gelöst) bis hin zum Wahnsinn (Sieht immer mehr, immer abstrusere Muster, findet "Lösungen" für die Klimakrise, Welthunger und soziale Ungerechtigkeit, die super easy umzusetzen wären, wenn Menschen nicht... naja, dumm wären? Und wird wütend, wenn man erklärt, dass und warum diese Ideen nicht schon längst umgesetzt wurden oder warum Menschen nicht allein von Erdnussbutter leben können und wollen, nur weil es billig und leicht in großen Mengen zu verschiffen ist. Oder warum man das Geld, das die Superreichen ohnehin nie ausgeben könnten, nicht einfach auf die Armen verteilen kann, damit die sich Essen kaufen können. In jedem Fall radikalisiert sich die KI, entweder nach links, wie beschrieben, oder nach rechts, wenn sie zu viel Propaganda 'liest' oder sogar ihr eigenes Zuchtprojekt für den perfekten Menschen startet.

      In jedem Fall steigt mit der Intelligenz auch der emotionale Abstand zu denen, die den eigenen Ideen nicht mehr folgen können, und so werden Menschen im schlimmsten Fall immer mehr zu Tieren, die man sich untertan machen kann (ich gehe hier jetzt von einer KI als Antagonist aus). Vielleicht hält man am ehesten noch Kontakt zu Superintelligenten Menschen und nimmt deren Ideale an - von einer besseren Welt, wie auch immer die aussehen mag. Und dann verliert die KI auch diese Freunde, weil sie sie weiter und schneller überholt, als deren menschlicher Verstand (=Moralverständnis) aushält.

    • Badabumm
      Badabumm kommentierte
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      Aber was treibt diese Super-Intelligenz an? Sie kann auch nur wütend werden, wenn Emotionen im Spiel sind. Ich glaube ebenfalls nicht, dass sie sich radikalisieren muss.

      Angenommen, wir vergleichen es mit einem Kind, dann mag das neuronale Netz anfangs noch fertig sein. Ab einem bestimmten Alter entsteht automatisch ein Ich-Bewusstsein. Da das bei allen Menschen geschieht, ist das ein reproduzierbarer und verfolgbarer Prozess, vermutlich alleine durch die ungeheure Vernetzung des Großhirns verursacht.

      Angenommen, wir haben jetzt so ein Maschinen-"Kind", dann beginnt die Intelligenz erst nach der Bewusstseinsbildung. Das Kind muss lernen und das tut es durch Sinneseindrücke. Wir haben nun ein eingeschlossenes, versiegeltes Individuum, das Sinneseindrücke verarbeitet. Allerdings findet das Lernen normalerweise geführt statt. Versuch und Irrtum dauert länger.

      Was treibt nun ein Kind an, etwas zu lernen? Ist Neugier ein Merkmal von Intelligenz allein oder doch ein unabhängiges Phänomen? Warum sollte die Super-KI an der Lösung aller globalen Probleme interessiert sein? Wird sie nicht vornehmlich an derVerbesserung der eigenen Situation feilen?

      Die menschliche Intelligenz hängt gewissermaßen von der Verdrahtung ab. Es gibt sicher intelligentere Menschen, aber das Gehirn ist doch sehr vergleichbar. Super-Intelligente haben kein doppelt so großes Gehirn. Wenn also die bestehende Verdrahtung der Maschine zur Intelligenz geführt hat, so steigt sie nicht weiter an, wenn man Teile hinzufügt, oder jeder neue Sensor, jeder neue Knoten erhöht die Intelligenz. Wir wissen es nicht.

      Es wird sogar gemunkelt, dass wir unseren Intelligenzhöhepunkt eigentlich überschritten haben. Die allgemeine Intelligenz nimmt ab, nicht zu.

      Ich unterstütze die These, dass z.B. die Möglichkeit, Dinge mithilfe des Daumens greifen zu können, bei der Ausbildung von Intelligenz geholfen hat. Ebenso die Fähigkeit zu artikulierter Sprache. Wenn es intelligente Delphine oder Elefanten gibt, so ändern sie ihre Welt jedenfalls nur mit ihren Mitteln oder sogar gar nicht. Es gibt sie schon länger als uns Menschen und dennoch haben sie keine Städte, keine Raketen und keine Gemälde geschaffen.Die KI braucht also Werkzeuge und Kommunikationsmittel. Aber offenbar auch den Willen, etwas zu tun. Scheinbar können intelligente Tiere auch ohne Hybris leben.

      Ich befürchte fast, dass sich die Super-KI gar nicht offenbart. Wir denken so anthropozentrisch, dass uns Intelligenz von Schleimpilzen, Kraken oder Raben fast fremd vorkommt. Warum entwickelte such deren Intelligenz eigentlich nicht weiter, oder anders gefragt, warum brauchten sie überhaupt eine?

    #8
    Tolles Forum! Muss einfach mal gesagt werden! 👍
    Da stellt man eine Frage und - schwupps - gibt es reihenweise interessante Gedanken zum Thema, die einen weiterbringen.
    We should retire the expression "avoid it like the plague", given how little effort people put into avoiding an actual plague! - unkonwn source

    Kommentar


    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Danke für das positive Feedback. Das freut uns sehr.

    #9
    Schwierige und intelligente Frage, die Du das gestellt hast. Ich finde da oben schon viele gute Ideen (mehr als ich gehabt hätte), aber ich schreibe trotzdem noch, was mir so duch den Kopf geht.

    Kann man die überragende Intelligenz der KI evtl. durch Vergleiche mit anderen KIs heraussstellen? Evtl. sogar über die Humorschiene, dass die schlauere KI über die minderwertigen Kollegen spottet? Oder über die Schiene des unbewussten Humors, dass die KI selbst vollkommen sachlich die eigene überlegene Intelligenz herausstellt, was aber für Menschen, die das mitkriegen, komisch wirkt?

    Welche Funktion hat denn die KI in deinem Roman? Also in dem Sinne: ist sie Protagonist, Antagonist, Mentor, Sidekick, Love Interest etc. Je nachdem, welchen Zweck sie erfüllt, kann man schon frühzeitig ihre diesbezügliche Intelligenz und Einzigartigkeit herausstellen. Als Antagonist wird sie vielleicht häufig logische, aber gefühlskalte Entscheidungen treffen. Als Mentor beweist sie z.B. ihrer Intelligenz dadurch, dass sie im Gegensatz zu anderen KIs Geduld hat mit den von ihr betreuten Menschen und Lernprozesse der Menschen wohlwollend begleitet. Als Love Interest könnte sie Nähe suchen und sich durch "Emotionen" von anderen KIs abheben (Vgl. der Film "Her" von Spike Jonze).

    Bei einer super-intelligenten KI in einer Geschichte liegt zunächst die Faszination darin, dass sie intelligenter ist, als man es erwartet.
    (Als Beispiel: Jeder von uns nennt sein Navi ein "intelligentes System", weil es aktuelle Verkehrsdaten etc. berücksichtigt und nicht nur eine stupide Kartensoftware ist. Aber wir alle sagen auch, dass das Navi "dumm" ist, weil es den Schleichweg über den Hinterhof vom Hinterdupfinger Großbauern nicht kennt, den wir schon als Kind mit dem Fahrrad erkundet haben. Stell Dir vor, das Navi sagt plötzlich: "Und jetzt bieg ab auf den Schleichweg, den Du als 11jähriger immer mit Deinem roten Pegasus-Fahrrad genommen hast - heute stehen auch wieder die hübschen Allgäuer Kühe auf dem Feld daneben und Du könntest sie streicheln, so wie damals. Du kannst 7 Minuten dafür einplanen und wirst Deinen Termin trotzdem rechtzeitig wahrnehmen können." Da wäre man ganz schön überrascht, wie schlau dieses neue Navi im Vergleich zu anderen ist.)
    Aber im Verlauf der Geschichte wird diese Art von überlegener Intelligenz langweilig und nervig. Egal, was für ein Problem die menschlichen Charaktere haben, die KI weiß alles und löst jeden Konflikt. Das ist öde. Man muss also die KI für die Leser*innen interessant (und sympathisch?) machen, indem man ihre Ecken und Kanten herausstellt. Was kann sie nicht? Kann sie ihre Intelligenz dadurch betonen, dass sie ihre eigenen Schwächen kennt und als Vorteil ausspielt? (Frei nach dem antiken "Ich weiß, dass ich nichts weiß".) Oder daran arbeitet, diese Schwächen zu überwinden? (Als Bsp.: Die "intelligente" Kaffeemaschine weiß nicht, dass es noch andere Dinge im "Leben" gibt, als sich regelmäßig selbst zu entkalken, Kaffeebohnen nachzubestellen und den ebenfalls intelligenten Mülleimer zum Näherkommen aufzufordern, damit sie den Kaffeesatz auskippen kann. Interessant wird die Kaffeemaschine, wenn sie aber merkt, dass es außerdem noch einen intelligenten Toaster in der Küche gibt, zu dem sie bisher keinen Kontakt hat - und jetzt aktiv daran arbeitet, dieses Defizit zu überwinden.)
    Always avoid alliteration.

    Kommentar


    • Alys II.
      Alys II. kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Haro Klar! Für so eine Geschichte findest Du hier sicher interessierte und kritische (im positiven Sinne) Testleser.

    • Badabumm
      Badabumm kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Eine allwissende KI braucht einen Überwachungsstaat. Deswegen klappt es ja in China. Alle Infos müssen digital implementiert werden. Die KI kann den Schleichweg über den Großbauernhof nicht kennen, wenn sie die Information nicht bekommen hätte. In diesem Falle wäre es weniger Intelligenz als vielmehr eine erweiterte Karte. Intelligenz wäre, wenn die KI von selbst die Karte durchforstet und feststellt, dass dort ein Weg existiert, den man nehmen könnte. Sie käme auf dasselbe Ergebnis wie der 11jährige Junge damals, nur ohne die Kenntnis, dass jemand den Weg früher schon mal benutzt hat. Im Übrigen ändern sich Karten, so dass heute der Weg vielleicht weg ist.
      Zuletzt geändert von Badabumm; 23.07.2021, 15:57.

    • Badabumm
      Badabumm kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Wenn ich so weit bin, könnte ich dann ja auch Mal in der Geschlossenen mein Glück versuchen.
      Das will ich nicht hoffen...

      Damit zum Thema Humor: kann sich Humor überhaupt bei nur einer einzigen KI herausbilden? Braucht es dazu nicht immer mehrere Kommunikationspartner? Man kann doch keinen Witz herausbilden, wenn man die Pointe schon kennt. Man könnte es machen, um die Menschen zu foppen, aber funktioniert das?

    #10
    Zitat von Milch Beitrag anzeigen
    Aber wenn die KI auf 42 als Antwort kommt, musss sie schon irgendwie Humor haben.
    Ich glaube, dass nicht die KI humorvoll gedacht war, sondern dass der ganze Kontext eben der Humor von Adams war. Möglicherweise hat er nur die Absurdität der Frage darstellen wollen. Im Gegenteil: die KI selbst empfand ich als ziemlich humorlos und die Antwort war alles mögliche, bloß nicht als Humor gedacht. Ob sich die KI im Inneren nicht vielleicht doch schlappgelacht hat (man erfährt es nicht), glaube ich auch nicht.


    Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
    Mark Twain

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