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Mittwochsfrage #213: Regeln sind zum Brechen da

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    Mittwochsfrage #213: Regeln sind zum Brechen da

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    Dass man sich nicht akribisch an alle "Schreibregeln" halten muss, aber sie zumindest kennen, verstehen (und beherrschen?) sollte, bevor man sie bricht, ist klar.
    Aber wie sieht so ein Regelbrechen aus? Wie definiert ihr es?
    Wann in welchem Kontext und auf welche Weise habt ihr schon mal Schreibregeln gebrochen? Muss man die Regel beherrschen, die man zu brechen gedenkt?
    Habt ihr bewusst gebrochen oder ist es auch unterbewusst passiert? (Und wenn es unterbewusst ist, gilt es noch als "brechen"?)

    Habt ihr mal einen Text gelesen und gedacht: "Wow, dieser Schreibregelbruch ist so gut umgesetzt!"?
    Wie steht ihr generell zu Schreibregeln? Seht ihr sie als Pflicht an? Als Richtlinie? Als Halt?

    #2
    Aber wie sieht so ein Regelbrechen aus? Wie definiert ihr es?
    Wie steht ihr generell zu Schreibregeln? Seht ihr sie als Pflicht an? Als Richtlinie? Als Halt?
    Boah, das ist eine schwierige Frage. Ich verstehe die meisten "Schreibregeln" nicht als starre Anweisungen, sondern als im Winde wiegende Empfehlungs-Grashalme, die man kaum bis sehr weit beugen kann, ohne dass die ganze Pflanze ausgerissen wird.
    Aber: Für alles außerhalb der wörtlichen Rede gelten für mich strikt Rechtschreib-, Grammatik- und Formatierungsregeln, die ich einigermaßen und teils so überhaupt nicht präsent habe. Da beug und brech ich eiiigentlich nur aus meiner Unkenntnis heraus (oder müsste es hinaus heißen? ).
    Wichtig finde ich auch Anfang, Mittelteil und Ende einer Story. Selbst nicht-chronologische Erzählweisen orientieren sich daran, zumindest die, die dann doch verstanden werden wollen.
    Keine Pleonasmen und Tautologien, wenig Passiv, kein Amtsdeutsch, keine hohlen Phrasen, keine Langeweile, keine Gemüsevergleiche in Sexszenen, das könnte ich als Kardinal-Gebote annehmen.
    Alles andere … Hm. Ich hab hier ein Regal voller Schreibratgeber, aber außer der „Stilfibel“, die ich meide, und dem Duden keine echten Regelwerke.
    Wenn ich unter Schreibregeln auch die empirisch gewonnenen Empfehlungen, Genre- oder Erzählgewohnheiten unterbringe, dann sehe ich sie als wunderbaren Halt, eine angenehm lesbare Geschichte zu schreiben.

    Wann in welchem Kontext und auf welche Weise habt ihr schon mal Schreibregeln gebrochen?
    Muss man die Regel beherrschen, die man zu brechen gedenkt? Die Ausrede, mit Absicht "regelbrechend" zu schreiben und nur missverstanden zu werden, zählt für mich nicht. Also ja, man sollte die Regel kennen, verstanden haben und zeigen können, dass man sie mit Absicht und begründet über Bord geworfen hat und der Text dadurch gewinnt (dass der Bruch dennoch nicht bei allen Lesern als gelungen ankommen muss, ist natürlich immer noch möglich).
    Wenn meine Figur ein emotionslos-sachlicher Papiertiger ist, dann darf er auch mal von mir vom hohen Amte her notwendig verklausuliert passiv substantiviert werden. Der Gag trägt dann aber nur einmal und muss klar als bewusst eingesetztes Stilmittel rüberkommen, nicht als nicht-gekonnt.

    Habt ihr bewusst gebrochen oder ist es auch unterbewusst passiert? (Und wenn es unterbewusst ist, gilt es noch als „brechen"?)
    Ich arbeite gern mit Klischees. Meine Hoffnung, die meisten davon bewusst einzusenden, stirbt zuletzt. Aber mMn gibt es eh kein klischeefreies Erzählen. Für alles gibt’s einen Trope, einen Antitrope und einen Anti-Antitrope. Man erfindet eben das Rad nicht neu; aber man kann's ja auf den Kopf stellen.
    Neologismen und Wortwiederholungen gibt's in meinen Texten häufiger, allerdings nur entschuldbar, wenn ich damit einen Zweck verfolge. Wenn ich es unbewusst mache, dann ist es einfach nur schlecht. Und ich häuf gerne Bilder an.

    Habt ihr mal einen Text gelesen und gedacht: "Wow, dieser Schreibregelbruch ist so gut umgesetzt!"?
    Ich liebe es, wenn der Autor sich plötzlich und unerwartet an den Leser wendet und die vierte Wand durchbricht. Das kann aber fast niemand gut. "Die Geliebte des französischen Leutnants" ist so ein Beispiel. Oder Jonathan L. Howard, der mitten in einer epischen Schlacht eine Werbebotschaft unterbringt.
    Schön fand ich auch einen Krimi, in dem nach zwei Dritteln der Täter ausposaunt wird. Und die nächste Figur dann sinngemäß sagt: „Ja, im Fernsehen wär’s so.“ Danach kam ich total von der Idee ab, dass der Täter der Täter ist, und wurde am Ende völlig überrascht.
    Zuletzt geändert von Dodo; 21.04.2021, 16:23.

    Kommentar


      #3
      Vicky, du hast Regel bewusst in Anführungszeichen gesetzt, das sind nur Erfahrungswerte, um einen guten Text zu schreiben. Manchmal wünscht man sich, dass sie in Foren nicht so dogmatisch ausgelegt werden, gerade bei Show, don't tell, diese zuweilen merkwürdige Grimassenschneiderei lässt mich oft kalt zurück.

      Der wichtigste Hinweis lautet natürlich: "Du sollst nicht langweilen."

      Und ich gebe zu, mich stören geballte Informationen als Leser nicht so, wenn die Infos interessant sind. Wenn ein Autor es kann, kann selbst Hintergründe der Orangenernte lesenswert sein.

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      • Victoria
        Victoria kommentierte
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        Ja, das war sehr bewusst. Jetzt überlege ich, ob ich es doch nicht hätte machen sollen, um mich mit meiner Meinung stärker zurückzuhalten.

        Bei welchen Romanen fandest du plot-irrelevante Infos trotzdem interessant? Bei welchen nicht? Könntest du benennen, was es ausmacht, sodass eine Info interessant macht? Sozusagen, was die Definition von "gut geschrieben" ist?

      • Milch
        Milch kommentierte
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        Ich kann keine Romane nennen.
        Gut geschrieben lebendig, anschaulich, überraschend, stellensweise amüsant, skurril und interessant, lesbarer Stil.
        Uninteressant sind klischeehafte Familienchroniken der Götter in Fantasyromanen.

      • Milch
        Milch kommentierte
        Kommentar bearbeiten
        So richtig hat ein Ozelot und Friesennerz keinen Plot, es ist laut Verlag Roman einer Kindheit, vielleicht könnte das als Beispiel dienen, denn es hat solche Passagen. Ich habe das Buch gern gelesen, es ist sogar ein Bestseller.

      #4
      Aber wie sieht so ein Regelbrechen aus? Wie definiert ihr es?
      Ich halte mich einfach nicht dran Natürlich mache ich mir bewusst, warum ich das tue und welche Wirkung das hat.

      Wann in welchem Kontext und auf welche Weise habt ihr schon mal Schreibregeln gebrochen?
      Stilistisch: Ähnlich wie bei Dodo lasse ich eine meiner Figuren an einigen Stellen ganz grässlich verklausuliert sprechen. Es hat im Kontext Gründe.
      Inhaltlich: Ich lasse eine sich anbahnende Romanze knirschend auf Grund laufen, weil eine der Figuren nicht bereit dafür ist. Ich hätte sie auch einfach weglassen können, aber warum soll man eigentlich immer nur erfolgreiche Verliebtheit thematisieren?

      Muss man die Regel beherrschen, die man zu brechen gedenkt?
      Man muss sie zumindest kennen, bevor man sie bewusst brechen kann. Hilfreich ist es sicher auch, sich darüber im Klaren zu sein, wozu sie dient und was man mit dem Bruch verursacht. Aber "beherrschen" – wenn ich eine Regel unpassend finde, dann muss ich sie nicht erst hundertmal anwenden, bevor ich sie brechen darf.

      Habt ihr bewusst gebrochen oder ist es auch unterbewusst passiert? (Und wenn es unterbewusst ist, gilt es noch als "brechen"?)

      Ich würde schon sagen, dass man Regeln auch unbewusst brechen kann, nicht jeder Autor ist ein wandelnder Schreibratgeber. Vieles passiert sicher auch intuitiv. Die Regeln, die ich kenne, habe ich bewusst gebrochen, die anderen nicht

      Habt ihr mal einen Text gelesen und gedacht: "Wow, dieser Schreibregelbruch ist so gut umgesetzt!"?
      Ich liebe den seitenweisen Infodump von Walter Moers.


      Wie steht ihr generell zu Schreibregeln? Seht ihr sie als Pflicht an? Als Richtlinie? Als Halt?
      ich denke, "Regel" impliziert eine Verpflichtung, die es tatsächlich gar nicht gibt. Ich sehe diese ... Empfehlungen als Handwerkskniffe. Wenn ich weiß, wozu eine bestimmte Vorgehensweise dient, dann kann ich mir auch gut Alternativen ausdenken oder sie eben bewusst nicht anwenden, um das Gegenteil zu bewirken. Regeln blindlings zu folgen, ohne den Sinn dahinter zu verstehen, kann genauso in die Hose gehen, wie sie zu brechen, ohne zu wissen, was man tut.

      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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        #5
        Mit Schreibregeln befasse ich mich nicht sonderlich viel. Ich habe mich für ein paar Minuten hingesetzt und überlegt, welche ich kenne. Es kamen nicht viele dabei heraus.

        Rein subjektiv gibt es Regeln, die man mit gesundem Menschenverstand bejahen kann.

        Langeweile = schlecht, Konflikt = gut, Emotionen = sehr gut, Infodump = problematisch, Charakterentwicklung = besser mit, geht aber auch ohne

        Das sind im Grunde die Regeln, mit denen ich in meinen Geschichten auskomme.


        Lesbarkeitsregeln klammere ich mal aus. Natürlich sollte der Text so lesbar sein, wie möglich, also ohne Rechtschreib- oder Grammatikfehler, Wortwiederholungen, Passivkonstruktionen, wildes hin und her springen der Perspektive, etc.

        Dann gibt es noch die Regeln, die von einer bestimmten Gruppe beworben und von einer anderen verdammt werden. Show don't tell fällt für mich darunter. Ich sehe es so, dass es kein entweder oder gibt, sondern immer nur eine Mischung. In einem actionlastigen Thriller, überwiegt bei mir show, in einer seichten Romanze eher das tell. Aber das sehe ich nicht als starre Regel an, sondern als Denkanstoß.

        Tschechows Gewehr wäre vielleicht so eine Regel, die ich hin und wieder verbiege. In den allermeisten Fällen sind alle Elemente, die ich auf die Bühne bringe, relevant für die Geschichte. Manchmal - hauptsächlich in Krimis - benutze ich sie aber auch zur Ablenkung. Die Leser erwarten, dass das Gewehr losgeht, aber die tatsächliche Gefahr ist an einer ganz anderen Stelle.




        I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

        Douglas Adams

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        • Milch
          Milch kommentierte
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          Substantivitis, Textblöcke und Schachtelsätze erschweren die Lesbarkeit genauso.
          Was ist wann Show, don't tell? In einer Romanze kann dieser Vorsatz anders umgesetzt sein als in einem Thriller. Show dont tell kann man so übersetzen: der Leser muss es fühlen, nicht die Emotion erklärt bekommen.

        #6
        Wie steht ihr generell zu Schreibregeln? Seht ihr sie als Pflicht an? Als Richtlinie? Als Halt?
        Als Schreibanfänger nutze ich sie zum groben abgleichen. Wenn mir auffällt, dass eine hart gebrochen wird, schaue ich mir die Stelle noch einmal genauer an.
        Wann in welchem Kontext und auf welche Weise habt ihr schon mal Schreibregeln gebrochen?
        Ich habe direkt mit dem auslösenden Moment begonnen statt mit dem Anfang. Der Gedanke war, dass die Geschichte ja erst dort richtig beginnt. Das hatte zur Folge, dass man den Prota in seinem gewohnten Umfeld gar nicht kennenlernt, was ich dann mit (langweiligen) Flashbacks zu lösen versucht habe. Dass es direkt eine Aktion Szene war hat nicht geholfen, denn so blieb kein Raum, um Setting/ Umgebung/ Kontext darzustellen und man verstand als Leser nicht wirklich, was abging.

        Ansonsten habe ich mich nicht an Plotstrukturen orientiert, aus der Befürchtung heraus, die Handlung könnte darunter leiden/berechenbar werden oder Klischees erfüllen. Ein bisschen denke ich das immer noch, aber ich schaue jetzt definitiv, dass jeder Handlungsstrang zumindest eine innere Struktur hat, die mir gefällt.

        Muss man die Regel beherrschen, die man zu brechen gedenkt?
        Man sollte sich der Konsequenzen bewusst sein und dann abwägen, welche Alternative stärker ist. Solche Regeln kommen ja auch nicht von irgendwo, es sind eben bewährte Standartrezepte.

        Habt ihr bewusst gebrochen oder ist es auch unterbewusst passiert? (Und wenn es unterbewusst ist, gilt es noch als „brechen"?)
        Unbewusst und teilweise semibewusst, ohne sich der Konsequenzen klar zu sein. Man lernt aber eine Menge draus.
        Aktuell bin ich dabei, bewusst ein, zwei Regeln zu brechen, z.B. sehr wörtliche Rede, schon fast Dialekt, zu verwenden.

        Habt ihr mal einen Text gelesen und gedacht: "Wow, dieser Schreibregelbruch ist so gut umgesetzt!"?
        Ich lese aktuell ein Buch, das scheinbar keinen roten Faden hat. Man begleitet einfach das Leben einer Frau, von sieben bis mittlerweile achtzehn. Ab und an fragt wundert man sich, wann denn endlich die richtige Handlung beginnt, aber ansonsten ist es immer spannend geblieben.

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          #7
          Aber wie sieht so ein Regelbrechen aus? Wie definiert ihr es?
          Wie steht ihr generell zu Schreibregeln? Seht ihr sie als Pflicht an? Als Richtlinie? Als Halt?

          Manche Regeln sind Pflicht. Sich um korrekte Rechtschreibung und Grammatik zu bemühen z.B.
          Andere wie das berühmt-berüchtigte "Show, don't tell" sehe ich als Pflicht, aber nicht in dem Sinne, dass es dogmatisch und wortwörtlich zu befolgen sei, sondern in der Aussage, die dahinter steckt. Und die ist: Lass Leser*innen die Geschichte erleben.

          Wann in welchem Kontext und auf welche Weise habt ihr schon mal Schreibregeln gebrochen?
          Muss man die Regel beherrschen, die man zu brechen gedenkt?
          Vor allem stilistische Regeln breche ich gerne bewusst und genieße es auch sehr, wenn es mir als Leserin irgendwo auffällt. Und ja, dafür sollte man die Regeln vorher beherrschen. Nur wer einen präzisen Text ohne Adjektivitis schreiben kann, der kann auch bewusst in diesem Text einen ausschweifenden voller vager Füllwörter und schwelgerischer Beschreibungen unterbringen.

          Habt ihr bewusst gebrochen oder ist es auch unterbewusst passiert? (Und wenn es unterbewusst ist, gilt es noch als „brechen"?)
          Stilitische Regeln, s.o., das mache ich gerne bewusst. Unbewusst passieren mir bestimmt auch ständig Regelbrüche ... um das zu beurteilen, müsste ich jetzt aufwändig ältere Texte von mir analysieren. (Allerdings fällt mir dabei oft der umgekehrte Effekt auf: es ist erstaunlich, wie viele Schreibregeln ich v.a. zu Beginn meiner Schreibkarriere befolgt habe, ohne davor jemals von den entsprechenden Regeln gehört zu haben.)

          Habt ihr mal einen Text gelesen und gedacht: "Wow, dieser Schreibregelbruch ist so gut umgesetzt!"?
          Spontan fällt mir die Divine Cities Trilogie von Robert Jackson Bennett ein, die ich in den letzten zwei Monaten gelesen habe. Ich liebe diese Bücher, weil sie so viele Regeln brechen, stilistisch wie plot-technisch. (Welche Regeln alle, das müsste ich ausufernd erklären - da schreibe ich lieber gleich eine Rezi dazu, das hatte ich eh vor.)
          Always avoid alliteration.

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