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Mittwochsfrage #183: Gegen Klischees anschreiben?!

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    Mittwochsfrage #183: Gegen Klischees anschreiben?!

    ACHTUNG: Ich möchte keine xte Klischeediskussion entfachen , dazu gibt es schon Threads, die natürlich gern weiter genutzt werden können.

    Mir fällt auf, dass sich zwar viele Autoren und Leser Realismus und auch in Fantasyromanen eine gewisse (natur)wissenschaftliche Stringenz und Nachvollziehbarkeit wünschen, auch wenn die Welt komplett anders funktioniert. Andererseits fällt mir ebenfalls auf, dass wenn ich in einem meiner Projekte eine Figur oder einen Sachverhalt wirklich realistisch beschreibe, mir oft gesagt wird: Ja, aber ... das hat doch so und so zu sein. Das "so und so" sind Fantasyklischees, die aus irgendwelchen Standartwerken der Fantasyliteratur herausgewühlt werden, einer falschen Wahrnehmung von Themen/Personen entsprechen (die sich aufgrund falscher Darstellungen anderer Literatur als "Wahr" festgesetzt haben) und somit falsch sind bzw. nicht realistisch, aber für richtig gehalten werden. Aktuell habe ich somit den Eindruck gegen eine klischeebeladene Erwartungshaltung anschreiben zu müssen (selbst wenn der Text insich stimmig ist) und das eine realistische Darstellungen oft nur gegen Wiederstände tolleriert wird, denn "man weiß es ja besser".

    cliche-3989225_1280.png

    Meine Fragen sind:

    Kennt ihr das?
    Wenn ja, wie geht Ihr damit um?
    Sollte man sich den Klischees beugen (ich hoffe nicht), um den Leser abzuholen oder sein Ding durchziehen (hoffentlich)?
    Nein das war ich nicht.
    Ach so, das!
    Ja, das war ich.

    Kontakt: administrator@wortkompass.de

    #2
    Kannst du beschreiben, was du realistisch hältst, obwohl Fantasyleser etwas anderes erwarten?
    Wenn ich mir sicher bin, dass ich es weiß, würde ich mich für meine Version entscheiden. Klischees müssen nicht unbedingt wiederholt werden. Ich bin eher bei den Personen, die so eine Neuerung erfrischend und spannend finden.

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    • weltatlas
      weltatlas kommentierte
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      Ich komme auf meinen ersten Kommentar zurück: Meine Erfahrung war nur Inspiration der Frage.

    • Milch
      Milch kommentierte
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      Ich will es mir vorstellen können. Ich glaube, es ist schon wichtig, um konkret zu verstehen, was du meinst.
      Ansonsten kann man sich drei "extreme" Leserreaktionen vorstellen, die einen sind verärgert, weil sie aus ihrer Gewohnheit reißt, die anderen sind dankbar, weil du ihren Bereich mal realistischer beschreibst, und die dritte Gruppe findet es erfrischend, es liest sich gefühlt anders, ohne es konkret benennen zu können. Die meisten nehmen es hin, wie es ist, wenn es spannend ist. Da die Fantasyklischees in ausreichend anderen Bücher bedient wird, versprechen die anderen beiden Leserreaktionen mehr Leser. Vielleicht empfehlen sie das Buch häufiger.

    • weltatlas
      weltatlas kommentierte
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      Dann zum Beispiel: https://wortkompass.de/forum/handwer...170#post178170

    #3
    Du hast natürlich alles Recht der Welt, Klischees zu vermeiden und realitätsnah zu schreiben. Die Frage, die ich mir stellen würde, wäre allerdings, ob die Klischees nicht einen Grund haben. Manchmal ist die Realität einfach langweilig oder kompliziert. Gibt es deiner Geschichte einen Mehrwert, dem Leser diesen Sachverhalt in all seiner Komplexität realistisch zu zeigen? Wenn die Realität spannender wäre, würden die Leser dann trotzdem auf die alten Klischees bestehen? Kann natürlich sein. Manche wollen einfach das, was sie kennen. Aber vielleicht fänden sie das Klischee auch einfach unterhaltsamer als eine Lehrstunde.

    Wenn man vom Erwarteten abweicht, dann ist es außerdem nützlich, wenn man dabei das Gefühl vermittelt, dass man weiß, was man da tut. Wenn Leser das Gefühl haben, dass du falsch liegst, weil sie es anders kennen, dann hast du sie nicht überzeugt. Ggf. musst du da tatsächlich mit Fachwissen ein bisschen rumprotzen, damit sie es dir abkaufen und bereit sind, ihren eigenen "Wissens"stand über den Haufen zu werfen.

    Wenn du es hinkriegst, dass deine Wahrheit spannender und logischer ist als das Klischee, dann sollte es auch keine Proteste geben, wenn du dein Ding durchziehst. Wenn das nicht möglich ist, musst du einfach abwägen, was dir wichtiger ist, Realität oder Unterhaltungsfaktor.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    Kommentar


    • weltatlas
      weltatlas kommentierte
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      Ankh, Meine Figuren sind nachvollziehbar. Offenbar ist aber Humor als Soldat sperriger, als Missmutigkeit, Despotismus ..., das müsste ich ja nicht erklären, das wird so angenommen.
      Oder das Frauen, Prostituierte, selbst über ihren Körper bestimmen usw. Männerperspektive ist, dass sie sich gefälligst zu fügen hat, Mann bezahlt ja Geld und darf machen, was er will. Dieses Bild will ich nicht vermitteln, hängt aber in sehr vielen Köpfen fest.

    • Ankh
      Ankh kommentierte
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      weltatlas Okay, mein Rat bezog sich eher auf die Schilderung von Sachverhalten. Wenn es um individuelle Figuren geht und ein Leser nicht akzeptieren kann, dass sie halt Individuen mit einer eigenen Persönlichkeit sind und keine Abziehbilder, dann kannst du da auch nix machen. Diese Art Leser findet sicher genug Lektüre, die ihre heimeligen Klischees bedienen, aber wenn du sowas nicht schreiben willst, dann lass es einfach. Jeder Topf findet sein Deckelchen und jeder Leser die Lektüre, die zu ihm passt. Sowohl Autor als auch Leser steht es frei, wie eit sie sich über den Tellerrand wagen wollen.

      Ich persönlich finde es spannender, eine ungewöhnliche Figur kennenzulernen und mit der Zeit zu verstehen, warum sie so tickt, wie sie tickt, als die immer gleiche Persönlichkeit, bei der sich der Autor Erklärungen schon schenken kann, weil's halt immer dasselbe ist. Das hat aber nichts damit zu tun, dass eines besser oder wahrer ist, es gibt durchaus sehr klischeenahe Leute oder Situationen. Aber es gibt eben auch das Gegenteil, und irgendwo sollte man auch mal vom vorhersehbaren abweichen, wenn man mit seiner Geschichte aus der Masse herausstechen will.

    • Milch
      Milch kommentierte
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      Humor ist ebenso ein Mittel, um Stress abzubauen, deshalb halte ich Witz bei Soldaten nicht für unglaubwürdig.
      Es gibt sicherlich Leute, die ihre Vorurteile bestätigt wissen wollen, aber werden die zu einem neuen Autor greifen, aber es gibt auch Leser, die neugierig sind.

    #4
    Kennt ihr das?
    Ja. Am meisten sehe ich das an Reaktionen auf inklusivere Texte (also von anderen Autoren - ich hab bisher nur Sci-Fi veröffentlicht und da wird wohl wesentlich mehr von der Leserschaft akzeptiert).
    Dass es völlig unrealistisch sei, dass [füge beliebige Minderheit] in der Geschichte auftaucht oder sogar mehr als eine Token-Figur ist. Oder umgedreht, dass Grim-Dark Fantasy so realistisch ist, weil [füge eklige unnötige Szene ein] ja so in der Gesellschaft verankert war.

    Wenn ja, wie geht Ihr damit um?
    Ignorieren, wenn ich kann oder mich ärgern, wenn ich nicht kann

    Sollte man sich den Klischees beugen (ich hoffe nicht), um den Leser abzuholen oder sein Ding durchziehen (hoffentlich)?
    Zweiteres. Faktisch falsche Annahmen von Lesern können sich nicht bessern, wenn man da aufgibt und mit zieht.

    Kommentar


    • weltatlas
      weltatlas kommentierte
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      Das meine ich. Gut. Dann bin ich damit nicht alleine

    #5
    Kennt ihr das?

    Klar. Viele Leser - aber auch Autoren - haben eine sehr deutliche Erwartungshaltung, die sie in den Geschichten bestätigt sehen wollen. Bestimmte Elemente haben in einem gewählten Genre halt vorzukommen. In einer Nebenrolle in einem meiner Urban Fantasy Roman kommt eine Vampirin vor. Das scheint aber eines der Hauptkriterien zu sein, warum manche Leute das Buch kaufen. Jedenfalls behauptet das die Stichwortauswertung von Amazon Marketing Services.

    Andere reale Gegebenheiten sollten besser nicht vorkommen. Flöhe, Läuse, miserable Zahnpflege und die durchgängige Durchwurmung der mittelalterlichen Stadtbevölkerung passen nicht so ganz zum Narrativ der Wanderhure und ähnlicher geschichtsträchtiger Werken. Außerdem füttert es nicht den Eskapismus der Leser*innen. Und führt damit automatisch zu einem Wust von miesen Bewertungen.

    Es kommt nicht von ungefähr, dass der heilige Georg einen Lindwurm (und keinen Drachen) erschlagen hat.

    Wenn ja, wie geht Ihr damit um?

    Bestimmte Realitäten (s.o.) lasse ich weg. Ansonsten entwickle ich die Welt und ihre Bewohner, so dass man sagen könnte: ja, so könnte es gewesen/geschehen sein. Bis auf die wenigen pensionierten Oberlehrer, die moppern, komme ich damit auch gut durch.

    Andere Klischees nehme ich gerne auf und übersteigere sie ein kleines Bischen.
    Früher quollen in meinen Geschichten die Aschenbecher der französischen Kommissare mit den Resten von Gitanes (Maisblatt) über und die Engländer ließen sich beim Teeschlürfen höchstens durch eine Portion Fisch und Chips ablenken.


    Sollte man sich den Klischees beugen (ich hoffe nicht), um den Leser abzuholen, oder sein Ding durchziehen (hoffentlich)?

    Kommt darauf an, was ich will.

    Geht es mir um die Verkaufszahlen, wird die junge Maid dem hehren Ritter nach dem Liebesspiel keine Läuse neckisch aus dem Bart zupfen. Dann wird die Geschichte in güldenes Licht getaucht und die unschönen Umstände ausgeblendet, soweit ich es gerade noch ertrage. Ich schreibe Belletristik und keine Sachdokumentation.
    Vorurteile oder Klischees, Geschichtsverzerrungen, etc., die die innere Logik der Geschichte infrage stellen oder konterkarieren, lehne ich ab.
    I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

    Douglas Adams

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      #6
      Kennt ihr das?
      Ja, aus den Zeiten, als ich mich damals frisch in einem heute nicht mehr existierenden Schreibforum angemeldet habe.
      "Hä? Ist denn Silvester oder wieso ist da ein Feuerwerk?" [Ostasien?]
      "Hä? Wieso trägt sie denn XY; ich hab noch nie ne Frau gesehen …"
      "Hä? Wieso kämmt er ihr die Haare. Das machen nur Friseure oder Schwule."
      Entweder habe ich es schlecht rübergebracht, oder bestimmte Menschen denken in bestimmten Bahnen. Oder beides.

      Wenn ja, wie geht Ihr damit um?
      Ich akzeptiere es. Diese Leser*innen gehören dann wohl nicht in meine Zielgruppe.

      Sollte man sich den Klischees beugen (ich hoffe nicht), um den Leser abzuholen oder sein Ding durchziehen (hoffentlich)?
      Ich kann mit Klischees leben, solange sie nicht der Realität (im Roman) widersprechen. Ein Rocker mit langen Haaren und Band-Shirt, der einen Kinderwagen schiebt und den heruntergefallenen Schnulli ablutscht, ist sehr klischeehaft – aber der darf im Text bleiben. Wenn aber viele Testleser*innen anmerken, dass hetero cis Männer niemandem die Haare kämmen [oder Hauptmänner nicht scherzen können], füge ich zum Beispiel im Text hinzu: "Anders als es in den klassischen TV-Serien der Fall war, kämmte er gern anderen Menschen die Haare. Ganz ohne Friseurlizenz. Und trotzdem ist ihm der Penis noch nicht abgefallen." Aber ich schreibe auch Gegenwartslit und Scifi, da geht es einfacher.

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      • weltatlas
        weltatlas kommentierte
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        Ich mache es jetzt auch an der Menge der Testleser fest, denen etwas auffällt. Fällt es nur einer Person auf, kann ich nix für ... würde es jeder/m Testler*inn so gehen, würde ich es überdenken und abändern.

      #7
      Haben Leser ein Recht darauf, von einem Autoren zu fordern, das zu schreiben, was sie immer so gelesen haben und weiterhin lesen wollen?
      Ist ein freies Land, sie können ihren Wunsch äußern. Aber nicht als allgemeingültiges Gesetz darstellen.
      Ich finde es klar, dass der Autor nicht verpflichtet ist, dem Ansinnen zu folgen.
      Wie weit er damit von diesem Leser wegschwimmt oder nicht, ist imA egal, sofern er sich selbst dabei treu bleibt und das schreibt, was er selbst gern lesen möchte. Wenn der entsprechende Leser eben klischeehaftere Fantasy möchte, dann findet er sicher anderswo sein Glück. Aber x andere Leser finden vielleicht den lustigen Hauptmann mit dem weichen Herzen toll?

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        #8
        Beim Durchlesen der Kommentare ist mir klargeworden, dass ich für mich den Begriff des Klischees doch nicht so klar vor Augen hatte, wie ich angenommen hatte.

        Alles, was jetzt kommt ist natürlich rein subjektiv.

        Einige der Beispiele würde ich nicht unter Klischee, sondern eher unter Ignoranz gegenüber fremden Kulturen, Vorurteilen und Unkenntnis einordnen. Gegen die letzteren anzuschreiben finde ich nicht nur in Ordnung, sondern notwendig. (Vielleicht nicht gerade gegen alle auf einmal )

        Sollte sich irgendein Volk/Nation dazu entschließen, Neujahr im August feiern zu wollen oder sich auf der Straße mit Tomaten oder Farbe zu bewerfen, dann ist das halt so, und kommt genauso in meinem Roman vor. Da kann es kein "sich dem Leser beugen" geben. Punkt. Unkenntnis kann man mit einfachsten Mitteln erfolgreich gegenübertreten.
        Ignoranz und Vorurteile sind deutlich schwieriger aufzulösen. Aber auf diese Leser*innen kann ich problemlos verzichten. Wobei ich aber auch zugeben muss, dass ich davon auch nicht vollkommen frei bin. Wer ist das schon?

        Zurück zum Klischee.
        Humorvolle Hauptmänner. Ich - persönlich - wäre nie darauf gekommen, die als sperrig anzusehen. Wahrscheinlich würde ich die Art des Humors sehr der Situation angepasst betrachten, eher sarkastisch/zynisch in angespannten Kampfzeiten, locker und hintersinnig am Kaminfeuer während des langweiligen Winterlagers, und kindisch/überschwänglich nach der Schlacht, wenn der Hormonmix einen noch fest im Griff hält. Da würde ich mir keine Vorhaltungen machen lassen, solange ich die Situation für kongruent halte.

        Leser*innen haben natürlich eine Erwartungshaltung in bezug auf Klischees. Hatte ich oben schon geschrieben. Manche Klischees sind notwendig, um das Genre und die Intention (Spannung, Eskapismus, Erotik, etc) zu unterstützen.
        Ja, meine Protas (selbst die mittelalterlichen) - nicht die Nebenfiguren ! - sind frei von Ungeziefer, haben keine schwarzen Stumpen im Mund, sondern ein hollywoodgeeignetes Lächeln, etc. Hier beuge ich mich dem erwarteten Klischee, und habe auch kein Problem damit.

        Manche erwarteten Klischees breche ich auch gerne, um die Geschichte aufzulockern. Warum sollte meine schwarzwälder Kommissarin keine homosexuelle Muslima, mit einer heimlichen/offenen Vorliebe für einen guten Bordeaux sein? Oder der klischeehafte Engländer, dann doch lieber zu einem Lavazza Espresso statt zu Earl Gray greifen? Der durchschnittliche Neonazi futtert doch auch lieber Döner und Pizza als Bratwurst. (Achtung Klischee ).

        Das ist ein Prise Salz/Chilli für jede Geschichte und tut ihr gut.

        Eine Geschichte, die alle / einen Großteil der Klischees bricht, wird sich nur selten gut verkaufen / viele begeisterte Leser*innen finden. (Natürlich kennen wir alle irgendeine Ausnahme, aber von dem einen Roman spreche ich gerade nicht.)

        Frei nach Paracelsus: Die Dosis macht das Gift.
        I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

        Douglas Adams

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        • Peter
          Peter kommentierte
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          Dodo

          Ich glaube noch nicht einmal, dass viele Leser*innen das gewünschte Klischee als wahr und richtig eingesetzt haben wollen. Von den meisten Leser*innen nehme ich an, dass sie einen gesunden Realitätssinn aufweisen. (Klar kann selbst ich mich täuschen. )

          Aber um den Realitätsgehalt von Klischees geht es doch - meiner Meinung nach - nur am Rande. Es ist eher einer Frage, was ich gerade brauche, damit es mir gut geht. Etwas, das mein Wohlgefühl steigert.
          Werfe ich mich abends, nach einem Scheißtag im Büro, müde aufs Sofa, streife die Stöckelschühchen ab und gönne mir einen Single Malt, bin ich eher in Stimmung für die klischeehaften Abenteuer der Wanderhure, als für einen lehrreichen und bebilderten Artikel über die Zahnpflege im Mittelalter. Wenn ich nach einigen Seiten feststelle, dass sich der Eskapismus und die romantischen (Mit)Gefühle nicht einstellen, lege ich es (genervt) zur Seite und suche mir was Passenderes. Das ist doch legitim.
          An anderen Tagen, steht mir halt eher der Sinn nach Karlheinz Deschner und der heiligen Empörung über die katholische Kirche.

        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Peter Seh ich genauso.
          Ich wollt nur sagen, dass ein etabliertes Klischee zwar nichts Böses sein muss (alle -ismen mal ausgeblendet) und ich es auch OK finde, wenn man sich Long John Silver hollywoodesk mit leuchtenden Zähnen vorstellt. Mach ich auch, und ich würde einem meiner Protagonisten nicht ohne Not Mundgeruch verpassen.
          Aber als Threadanlass kam es doch zu der Ansage, das Klischee über den eigenen Erfahrungsschatz oder die eigene Erzählabsicht zu stellen: Du schreibst, dein Pirat hat Zahnlücken, das ist falsch. Deine Prostituiert hat Selbstbewusstsein, das ist falsch.
          Wenn ich also bewusst vom unausgesprochenen Klischee abweiche, möchte ich mich als Autor dafür nicht rechtfertigen. Das mein ich. Wenn Hollywood als verbindliche fiktionale Realität vom (Test-)Leser eingefordert wird, möchte ich nicht springen müssen.
          Ich denke auch, die überwältigende Mehrheit von Leser*innen folgt einem auch auf den für das Genre ungewohnteren Pfad.

        • Peter
          Peter kommentierte
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          Dodo

          Da sind wir uns einig.

        #9
        Ich finde Victorias Vorgehen ziemlich gut, also den Leser da abholen, wo du ihn wissenstechnisch vermutest. D.h. wenn du schon das Gefühl hast, die schneeweißen Zähne der Prostituierten im ranzigen, mittelalterlichen Bordell werfen Fragen auf, könntest du durchsickern lassen, dass das gar nicht so abwegig ist. Im Grunde genau wie bei Fachwörtern, auf die muss man auch nicht verzichten, man darf den Leser damit nur nicht im Stich lassen.





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        • Dodo
          Dodo kommentierte
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          Ich finde es schwierig einzuschätzen, wo welcher individueller Leser steht. Selbst hundert Testleser, die ja wissen, dass sie eine Test-Aufgabe erfüllen sollen/dürfen, können an einer Stelle straucheln, über die tausend Normalleser hinweggehen. So, wie Victoria ihre Lösung darstellte, find ich es gut, weil es diesen ironisch-bissigen Unterton hat, der zeigt: Leute, wir leben im 21. Jahrhundert, kommt da mal an. Da mag ich Tonfall und Inhalt und denke, dass es zu ihren Genres hervorragend passen könnte.
          In steinernster High Fantasy oder Historie stell ich mir ein ausdrückliches "jahaaa, es gab auch Fröhlichkeit im Heer!" (ich nehme jetzt nur irgendein Beispiel, nicht auf konkrete Projekte gemünzt) eher kontraproduktiv vor.
          Und ich möchte mich auch nicht rechtfertigen müssen, wenn ich ein imA ranziges Klischee nicht nutze, insbesondere, wenn ich es besser _weiß_. Wenn mein Pathologe eine Sektion durchführt, dann wird das wie in echt sein, keine Börne-Tatort-, keine weichgekochte Schweigen-der-Lämmer- und keine CSI-Sektion, und es wird auch nicht am Tisch gefrühstückt. Und ich möchte meine Version nicht präventiv auspreisen mit "So issas wirklich, Tatort stimmt nicht" (wobei die Börne-Persönlichkeit stimmt).

        • Stef
          Stef kommentierte
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          Dodo
          Ja das ist schwierig einzuschätzen. Wenn allerdings mehrere Testleser an der selben Stelle straucheln ist das schon ein starkes Indiz.

          Meiner Meinung nach muss das auch gar nicht humoristisch geschehen. Ein eben ausgedachtes Beispiel: Episches Battle, Bogenschützen stehen ganz vorne. Anmerkung: warum stehen die vorne, die müssen doch hinten stehen? Problem: Wenn man nicht darauf eingeht könnte der Eindruck entstehen, man hätte als Autor schlecht recherchiert, der Lesefluss wird gestört etc.. Lösen könnte man das auf zahlreiche Arten, vielleicht stellt ein frisch rekrutierter Bogenschützte genau dieselbe Frage, vielleicht stellt der Feind seine Schützen nach hinten und bekommt die Konsequenzen zu spüren, vielleicht sagt der Heerführer sogar so etwas wie: Bogenschützen ganz nach vorne, sonst...

          Was ich damit sagen will ist, dass es auch ohne Humor Lösungen gibt. Wie weit man dem Leser entgegenkommt, muss man dann selbst entscheiden, irgendwo ist dann auch Schluss. Aber offensichtliche Probleme, die von mehreren Testlesern angemerkt werden, auf gar keine Weise zu adressieren, halte ich für kritisch.

        • Dodo
          Dodo kommentierte
          Kommentar bearbeiten
          Stef Da gehen wir d'accord.
          Was ich aber meine, nur noch nicht konkret formulierte, ist: Ein (oder zehn) Testleser lesen anders als Normalleser. Das ist gut so, sie sollen ja besonders aufmerksam sein. Wenn mir diese zehn Leser aber anmerken, ein Soldat oder ein Chirurg sei stets ein no-nonsense guy, dann will ich nicht mit menschlicher Individualität und Psychodynamik argumentieren müssen, ich halte Individualität für selbstverständlich. Da bewegen sich die Testleser auf einem komischen Level.
          Was ich von einem Testleser will, ist es, Widersprüchlichkeiten innerhalb meiner Figur zu finden, die nicht auf seiner klischeehaften Annahme beruhen, die ncoh dazu falsch ist.

        #10
        Mein Ansporn ist nicht unbedingt, realistisch zu schreiben sondern nachvollziehbar. Da versuche ich dann deutlich zu machen, dass Diese Figur und Diese Situation so sind und warum - aber dies eben nicht für alle Figuren und alle Situationen in allen Büchern so gilt. Sowohl wenn mein Text gegen das Klischee geht als auch wenn mein Text mit dem Klischee geht. Gerade in Liebesgeschichten (mein Genre) gibt es oft - realistisch betrachtet - unnötiges Drama oder die Figuren und die Entwicklung ihrer Beziehung sind recht vorrausschaubar und manche Klischees oder unrealistische Punkte gehören zum Genre. Konflikt und Drama bringen oft Spannung mit sich, also nutz ich das auch und bastel 'n Love Triangel in die Liebesgeschichte. Wird das erwartet? Wahrscheinlich. Braucht man das? Nicht unbedingt. Ist es realistisch? Keine Ahnung. Aber die Figuren haven Persönlichkeiten und Interaktionen und das führt nachvollziehbar zu dem Love Triangel. Das ist für mich in Ordnung.

        Ich schreibe in erster Linie das, was ich schreiben will bzw. was ich auch lesen will. Manche Klischees mag ich, manche nicht. Aber solange ich alles in meinen Figuren ankern kann und es nachvollziehbar ist, bin ich zufrieden.
        Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
        to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
        A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
        You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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