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Mittwochsfrage #181: Aktive Figuren erschaffen

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    Mittwochsfrage #181: Aktive Figuren erschaffen

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    Heute würde ich gern von euch wissen – aus ganz persönlichem Interesse –, wie ihr aktive Figuren erschafft. Figuren, die was tun, anstelle dass ihnen immer nur alles passiert.

    Bei meinen Figuren wurde oft angemerkt, dass sie (zu) passiv wären. An sich nicht schlimm, aber ich habe das nur in Einzelfällen selbst gemerkt (vielleicht weil ich selbst eher passiv bin??). Wie verwandelt ihr eine passive Figur in eine aktive? Wie vermeidet ihr von Anfang an, dass passive Figuren entstehen? Was braucht es, um aus der Passivität auszubrechen? Oder ist es vielleicht sogar spannend und ein wichtiger Plotpunkt, wenn eine Figur ihre Passivität endlich überwindet und ihr nutzt die passive Rolle am Anfang gezielt?

    Ich bin gespannt!
    Wartest du dort hinterm Horizont? Schmiegt die Erde sich so müde an das Himmelreich? Sturm zieht auf mit dunkler Wolkenfront. Ganz egal wie schnell ich lauf, der Abstand bleibt doch gleich. Die alte Sehnsucht ist mein einziger Begleiter. Und trotzdem steh ich auf und gehe taumelnd weiter. — ASP, Ziel

    #2
    Ein Ziel, was die Figuren zum Handeln zwingt, kann helfen.
    Wann ist eine passive Figur passiv? Sie kann ja auch nur taktisch abwarten, um den richtigen Augenblick zu erhaschen. Ich würde über etwas passivere Figuren nicht so sehr verurteilen.

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      #3
      Was ist überhaupt eine passive Figur?
      Eine passive Figur wäre für mich eine, die keine Geschichte erzählt, der Dinge zustoßen, aber ohne dass aus dem Zustoßen eine eigene Bewegung wird, sei sie reaktiv oder aktiv. Die ausdrücklich oder durch Nicht-(Re-)Aktion am Startpunkt verharrt und sich nicht entwickeln und damit keine Geschichte erzählen will.
      Ich hab große Schwierigkeiten mit Figuren, die sich z B toll finden und moralisch übersolvent durch das Leben brausen und sich deswegen nicht ändern wollen, denn sie sind ja in ihrer Eigenwahrnehmung oder der ihres Autors perfekt. Genauso bei Figuren, deren höchste Heldentat der Weg von Couch zur Küche und zurück ist - und die damit zufrieden oder dauerleidend dargestellt werden, ohne etwas ändern zu wollen, weil sie den Impuls nicht bei sich suchen. Welche Entwicklung/Geschichte soll ich von solchen Figuren erwarten?

      Wie verwandelt ihr eine passive Figur in eine aktive? Wie vermeidet ihr von Anfang an, dass passive Figuren entstehen? Was braucht es, um aus der Passivität auszubrechen?
      Die meisten Plotmodelle wollen vom Protagonisten, dass dieser zu irgendeinem Zeitpunkt aus dem Quark zu kommt, erst als Reaktion und später als Aktion. Ich würde aber nicht denken, dass als Startfigur von einem passiven Charakter ausgegangen werden muss oder soll.
      Ich versuche, passive Charaktere grundsätzlich zu vermeiden. Ich halte es für eine gute Idee, einen potenziellen Plot für alle Figuren, die man schreibt, zumindest für sich selbst einmal zu denken. Selbst eine Nebenfigur, die nie im Rahmen des Manuskripts dazu kommen wird, ihren Weg zu gehen, profitiert mE davon, dass sie eine Agenda und potenzielle Story, erzählenswert oder nicht, hat.
      Oder ist es vielleicht sogar spannend und ein wichtiger Plotpunkt, wenn eine Figur ihre Passivität endlich überwindet und ihr nutzt die passive Rolle am Anfang gezielt?
      Wie gesagt, ich versuche, es zu vermeiden. Jede meiner Figuren soll einen eigenen Impuls haben, vom Fleck zu kommen, anfangs bequem im Alltag, dann aus dem Alltag gerissen. Bei einigen erzähl ich's oder deute es an, bei anderen denk ich's mir nur; und ich hab es leichter beim Schreiben, wenn die Figuren lebendig (aktiv) sind.

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        #4
        Passive Figuren finde ich persönlich ganz fürchterlich. Sie sind (zu oft) einfach nur langweilig.

        Generell ist der zweite Plotpunkt derjenige, an dem sich der Protagonist von einer reaktiven Figur zu einer proaktiven Figur wandelt. Jedenfalls ist das mein Verständnis von der Bedeutung des Midpoints.

        Reaktiv bedeutet für mich, dass der Protagonist in der ersten Hälfte (der Plotstruktur) von dem Antagonisten vor sich her getrieben wird und nur auf dessen Aktionen reagieren kann. Das bedeutet allerdings nicht, dass er eine passive Figur ist. Dem Protagonisten sollte irgendetwas wichtig und von besonderer Bedeutung sein, für das er brennt und sich (körperlich und emotional) einsetzt. In seiner Reaktion auf den Antagonisten muss er zeigen, dass er etwas drauf hat, auch wenn er nur reagieren kann, da ihm noch Wissen/Hilfsmittel/etc. fehlen. Wie er seinen Kopf aus der Schlinge zieht und mit einer Niederlage fertig wird, ist entscheidend, nicht, dass er der Unterlegene ist.

        Entscheidend ist für mich, dass er nach dem Midpoint beginnt, den Konflikt anzunehmen und mit zu gestalten, dass er immer eigenständiger agiert, immer mehr die Führung übernimmt und gelegentlich den Antagonisten in Bedrängnis bringt.
        I love deadlines. I like the whooshing sound they make as they fly by.

        Douglas Adams

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          #5
          Wie verwandelt ihr eine passive Figur in eine aktive?
          Ich gebe ihr einen Grund, den Arsch hochzukriegen. Wenn sie keinen hat, stimmt entweder was mit dem Charakterkonzept nicht oder der Plot geht an der Figur vorbei. Bei beidem kann man nacharbeiten, bis die Figur genug Feuer unterm Hintern hat.

          Wie vermeidet ihr von Anfang an, dass passive Figuren entstehen?
          Ein ganz guter Trick ist, der Figur Fehler und Schwächen zu geben. Dann reitet sie sich nämlich schnell ganz von selbst ins Chaos, aus dem sie sich dann auch schön wieder rauskämpfen muss.

          Was braucht es, um aus der Passivität auszubrechen? Oder ist es vielleicht sogar spannend und ein wichtiger Plotpunkt, wenn eine Figur ihre Passivität endlich überwindet und ihr nutzt die passive Rolle am Anfang gezielt?
          Passivität würde ich dazu nicht sagen. Wie die anderen schon schrieben, sind Figuren am Anfang oft reaktiv, aber das ist etwas anderes als passiv. Unter passiv verstehe ich die Figuren, die der Plot mit Mühe voranschleppen muss, weil sie sich einfach nicht mit ihm beschäftigen wollen. Alles passiert ihnen nur, und sie zucken mit keiner Wimper. Wenn sie irgendwelche Eigeninitiative zeigen, dass für total unwichtige Sachen. Ansonsten warten sie drauf, dass der Autor entweder einen richtigen Protagonisten vorbeischickt, der sich der Sache annimmt, oder die Geschichte aufgibt.
          Poems are never finished.
          Just abandoned.

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            #6
            Hmm, bei mir kommt es schon vor, dass ich mit einer passiven Figur anfange, die sich dann aber zur aktiven entwickelt. Das liegt daran, dass sie sich ja nicht unbedingt den Schlamassel ausgesucht hat, in den sie reingerutscht ist. Aber wenn die Figur dann versteht, dass sie etwas tun muss, um wieder ein halbwegs normales Leben leben kann, dann wird sie aktiv und entwickelt sich.

            Um aus der Passivität braucht es einen Grund für die Figur handeln zu wollen. Ich habe sehr gerne kämpferische Protagonisten, weshalb das bei meinen relativ natürlich passiert. Sie muss einen Grund haben, um beim Geschehen mitwirken zu wollen. Es muss ihr wichtig sein, die Geschichte selbst zu gestalten.
            Mein einer Prota macht das aus ganz eigenen egoistischen Motiven heraus - Rache unter anderem. Meine Prota hingegen ist so liberal, dass sie am Gesamtwohl etwas änder möchte - heraus aus der Unterdrückung in ein freies Leben.

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              #7
              Meistens geh ich da recht simpel dran und frage: "Was tut die Figur jetzt?"
              Oft geben die Antworten darauf recht aktive Handlungen vor, weil die Frage auf aktiven Handlungen ausgerichtet ist.
              Im Gegensatz zu "Was passiert als nächstes?" Hier sind auch passive Handlungen oder Geschehnisse ohne Intention mögliche korrekte Antworten.

              Das Figurendesign und das Textziel spielen ebenfalls eine Rolle. Einer Figur eine passive Persönlichkeit zu geben ist nichts schlechtes per se, aber es beeinflusst die Narration und das muss man eben im Auge behalten. Ebenfalls das Textziel, welche Aussagen oder Plotpunkte man verfolgt, sind zu beachten und manche profitieren von aktiven Figuren während andere von passiven Figuren unterstrichen werden.
              Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
              to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
              A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
              You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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                #8
                Ich weiß nicht, wie allgemeingültig das ist, aber mir wurden dazu mal drei Tipps gegeben. Das ist also alles nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern weitergegebnenes Wissen.

                Nehmen als Beispielplot: "Das Haus brennt, und der Charakter muss aus dem Haus fliehen."
                Das klingt im ersten Moment spannend, aber eigentlich ist es von der inneren Motivation her langweilig. Dem Charakter passiert etwas, das von außen an ihn herangetragen wird (das Feuer) und es zwingt ihn zu einer aktiven Handlung (die Flucht), die aber eigentlich nur eine stereotype Reaktion ist. Selbst, wenn die Flucht etwas spannender wird (Fluchttüre ist verstellt und unser Held muss deshalb ein Fenster einschlagen und dadurch fliehen), dann sind seine Handlungen immer noch nur Reaktionen.

                1.) Ausbruch aus der vorgebahnten Reaktion:
                Wir erwarten, dass der Charakter flieht. Stattdessen entscheidet er sich, zurück ins Feuer zu rennen und den Hund zu retten. Damit bearbeitet er einen inneren Konflikt (eigene Sicherheit vs. Hund retten) und entscheidet sich für eine aktive Handlung.

                2.) Reaktion setzt aktiven Prozess in Gang:
                Nach der gelungenen Flucht schwört der Charakter, sich am Brandstifter zu rächen. Seine Rachepläne sind aktive Handlungen, und das Umsetzen der Rachepläne ist dann noch aktiver.

                3.) Reaktion setzt pro-aktiven Prozess in Gang:
                Das erlebte Geschehen (Brand) führt dazu, dass der Charakter genau dieses Erleben anderen Leuten ersparen will. Er ändert sein Leben und widmet sich von nun an hauptberuflich dem Thema Brandprävention.

                Persönlich finde ich Version 1 die Variante, die ich am liebsten lese und deshalb auch am liebsten verwende, aber Versionen 2 und 3 können sehr gute Hintergrundgeschichten für nicht-passive Figuren abgeben.
                Always avoid alliteration.

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                • Milch
                  Milch kommentierte
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                  Vielleicht sollten wir bei Punkt 1 mal zeigen, dass es gefährlich ist, solche Heldentat zu machen, bei solchen Dummheiten kann der Held leicht sterben.

                  Bei Punkt 2 fände ich es prima, wenn der Handelnde, sofern die Geschichte in Jetztzeit spielt, die Ermittlungen der Polizei und der Justiz überlässt.

                  Bei manchen Akitivitäten kann man seinen Helden leicht als unüberlegten Idioten präsentieren.
                  Bei Punkt 1 kann man sich überlegen, ob der Held seinen Sohn daran hindert, ins Haus zu laufen, um den Hund zu retten, weil es zu gefährlich ist.

                • Alys II.
                  Alys II. kommentierte
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                  Milch Das sind alles schöne Plot-Überlegungen, die gegen die üblichen Leseerwartungen gehen, was gut ist! - aber was haben sie mit der Frage nach der Erschaffung aktiver Figuren zu tun?

                • Milch
                  Milch kommentierte
                  Kommentar bearbeiten
                  Man soll darauf achten, wie man die Figuren aktiv werden lässt. Manche Plotmuster ärgern mich manchmal, so sehr, dass ich vielleicht auch ein etwas passiveren Charakter in fremden Geschichten in Kauf nehmen. Es kann ja auch sein, dass frau/man nicht in solche Plotmuster fallen will und die Figuren deswegen so passiv agieren.
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