Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Methode zur Handlungsentwicklung nach Elisabeth George

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Methode zur Handlungsentwicklung nach Elisabeth George

    Hallo ihr Lieben

    Ich hoffe, ich poste das am richtigen Ort... Bin ja noch recht neu im Forum.
    Ich mache ja das Fernstudium von Laudius, genauer gesagt den Lehrgang "Kreatives Schreiben". Beim letzten Lernheft ging es um die Komposition von Handlungen für Geschichten. Die eine Methode nennt sich "Diagramme" nach Elizabeth George. Diese finde ich sehr hilfreich. Ich habe gedacht, ich stelle sie euch hier vor, vielleicht hilft sie jemandem. Dabei führe ich auch als Beispiel auf, wie ich die Aufgabe umgesetzt habe, mit der Hilfe dieser Methode eine Kurzgeschichte zu planen.

    1. Vage, grundlegende Idee formulieren - Um was geht es in der Geschichte?

    Mein Beispiel: Eine Person wird von der Situation dazu gezwungen, eines ihrer Muster / eine ihrer Ängste zu überwinden.

    2. Grundlegende Idee erweitern, um zur erweiterten Idee zu kommen - Wer sind die Protagonisten? Was ist die Handlung, was gibt es für Gründe für die Handlung? Was sind der Anfang und das Ende der Geschichte? Was sind die Schauplätze?

    Mein Beispiel: Eine alleinstehende Frau überwindet ihre Höhenangst und die Zweifel an ihren sportlichen Fähigkeiten, um ihre Katze zu retten, die auf einen hohen Baum geklettert ist und nicht mehr selber runterkommt.

    3. Stufendiagramm / Liste von Szenen in der richtigen Reihenfolge machen (Jede Szene soll etwas auslösen, was später wieder aufgenommen wird. Hier können Beziehungen und Einflüsse verdeutlicht werden.)

    Mein Beispiel:

    1) Carla wohnt mit ihrem Kater Elvis in einer Wohnung im Erdgeschoss. Die zwei wohnen erst seit Kurzem da. Eines Abends findet sie Elvis nicht, obwohl sie ihn überall sucht. In ihr machen sich düstere Gefühle breit, sie macht sich grosse Sorgen.

    2) Carla geht zu Nachbarn und informiert sie. Man merkt ihr an, wie wichtig ihr der Kater ist. Die Nachbarn reagieren unterschiedlich, von manchen wird sie belächelt, von manchen unterstützt. Manche nehmen Carla’s Sorgen nicht ernst und messen dem keine Bedeutung bei, was sie sehr ärgert. Jemand weckt noch mehr Sorgen in ihr, indem eine Geschichte erzählt wird (Katze verschwunden, nicht mehr aufgetaucht, evt. sogar ertränkt).

    3) Carla geht nach Hause zurück und schaut nochmals überall. Im Garten findet sie Elvis schliesslich auf dem Baum. Nach kurzer Freude wird ihr klar, dass sie ihn herunterlocken muss. Nach verschiedenen Versuchen (Leckerli, Zurufen) realisiert sie, dass es nicht klappt. Hilfe bei Nachbarn oder der Feuerwehr will sie aus Scham nicht. So kommt sie zum Schluss, dass sie selber hochsteigen muss, um den Kater zu retten. Zweifel steigen in ihr auf, sie denkt dabei einerseits an die Höhenangst, aber auch an ihre begrenzte Kraft / Fitness.

    4) Die Rettungsaktion: Carla bereitet sich vor (gute Schuhe, Gartenhandschuhe) und steigt langsam hoch. Die Angst rückt in den Vordergrund, körperliche Reaktionen folgen: Herzrasen, Atemnot, Schweissausbrüche. Schliesslich gelangt sie zum Kater, der dann plötzlich doch herunterklettert und springt. Mit letzter Kraft folgt ihm Carla und kommt sicher auf dem Boden an.

    5) Mit Elvis zusammen geht Carla in die Wohnung zurück. Nach dem Schrecken des Abends und ein klein bisschen Wut erfüllen auch Freude und Stolz ihr Herz, da sie ihre Angst überwunden hat und ihr Kater in Sicherheit ist.

    4. Für jede Szene einen Handlungsentwurf schreiben (Dafür nutzt E. George die "Bewusstseinsstrom-Technik", sie schreibt also spontan und so schnell wie möglich jeden Gedanken auf, den ihr zur Szene durch den Kopf geht. Sie beginnt mit der Perspektive und geht dann zu allen Informationen, die wichtig für die Szene sind. Sie kann sich auch selber Anweisungen geben, worauf beim Schreiben später geachtete werden muss.)

    Mein Beispiel (nur erste Szene, sonst wäre es zu viel):

    1) Aus Carla’s Perspektive (Ich-Perspektive) geschrieben. Carla wohnt in ihrer 2.5-Zimmer-Wohnung an einem kleinen, beschaulichen Ort, wo man sich noch grüsst im Vorbeigehen. Es wird klar, dass sie noch nicht lange da wohnt, einige Kartons sind noch nicht ausgepackt. Als sie einen Teller nimmt, um sich ein Stück Erdbeertorte zu genehmigen, fällt ihr auf, dass ihr Kater Elvis nicht wie üblich kommt. Bei der Erdbeertorte wird schon klar, dass sie nicht die Sportlichste ist. Ein kurzer Schreckmoment, als der Kater nicht da ist – ihr fällt ein, dass er möglicherweise noch draussen ist. Erst vor Kurzem hat sie ihn zum ersten Mal rausgelassen, er hat gleich die Umgebung erkundigt. Ihr gefällt, dass er hier rausgehen kann, doch nun macht sie sich Sorgen. Nachdem sie in alle Zimmer geschaut hat und ihren Liebling nicht gefunden hat, geht sie zur Terrasse. Während der Suche ruft sie ihn («Elvis», «Elvi», «Elvileinchen», «Schleckermäulchen», «Knuddelbär»). Es wird auf jeden Fall klar, dass der Kater ihr sehr viel bedeutet. Als sie nochmals überall nachschaut und zum Schluss kommt, dass Elvis nicht da ist, breitet sich Panik in ihr aus. Sie denkt sich die verschiedenen Möglichkeiten durch – vielleicht ist er davongelaufen, irgendwo bei den Nachbarn in der Garage eingesperrt worden, oder noch schlimmer, entführt worden (immerhin handelt es sich bei ihm um eine reinrassige Perserkatze). Sie zwingt sich, an Lösungen zu denken und beschliesst, zuerst einmal die Nachbarn im Wohnblock zu informieren, was gottseidank nicht viele sind.....

    5. eigentliche Szenen / Erzählung ausschreiben, hier kann man sich dann vollkommen auf das Schreiben und die Sprache konzentrieren

    Ihr könnt mir sehr gerne schreiben, ob ihr die Methode schon kanntet oder hilfreich findet oder nicht... Arbeitet ihr überhaupt mit solchen Methoden? Mich würde auch interessieren, welche anderen Plot-Methoden eurer Meinung nach besonders hilfreich sind. Habt ihr eure eigene Methode entwickelt? Ist es projekt-abhängig, wie ihr die Handlung einer Erzählung plant? Gibt es Leute, die komplett ohne Plotten auskommen und einfach los schreiben?

    Liebe Grüsse
    Wattebäuschchen

    #2
    Erstmal danke für die ausführliche Erklärung!

    Allerdings muss ich sagen, dass ich so nicht arbeite und da auch stecken bleiben würde.

    Vage Grundidee - Check. Es soll ein Krimi werden, also geht's um einen Mord und dessen Aufklärung. Easy.
    Setting, Figuren - Check. Ein Orkstamm, der auf einem Hochplateau über einem Sumpf lebt. Mordopfer ist der Schamane des Stamms. Der Ermittler ist ein wandernder Händler mit seiner Packziege Mechthild.
    Anfang hab ich. Der Ermittler kommt am Morgen nach dem Mord ins Dorf und ist somit der einzige Unverdächtige.
    Eine grobe Vorstellung vom Ende hab ich auch: Der Mord wird aufgekärt!

    Und dann? Wie komme ich von hier zu einer detaillierten Szenenliste? Dazu brauche ich doch schon eine komplette Handlung. Woher nehme ich die? Irgendwie fehlt mir hier der entscheidender Schritt, wie man von "grober Idee" zu "ausgefeiltem Plot" kommt. Ich muss z.B. den einzelnen Figuren einen Hintergrund verpassen, verschiedenen von ihnen ein Mordmotiv geben, die Beziehungen der Figuren untereinander ausknobeln, und mir dann überlegen, wie mein Prota sich da durchnavigiert und dabei Hinweise sammelt. Die ich mir auch noch überlegen muss. Und sinnvoll in der Handlung verteilen. Und dann kann ich drüber nachdenken, das in Szenen aufzuteilen.

    An dem Punkt hab ich vermutlich schon den halben Roman geschrieben, weil ich Schlüsselszenen gleich ausformuliere, um zu sehen, wohin sie mich führen. Und dann ist das ganze System durcheinander ^^ Ich gehe von Punkt 2 praktisch gleich über zu Punkt 4 und wenn ich genug Szenen habe, bastle ich daraus eine Handlung ... (Was vermutlich der Grund ist, warum das Projekt auf Eis liegt, weil ich das Schreiben vor mir herschiebe.) Aber selbst wenn ich das aufschieben würde und wirklich nur plotten, erklärt das System immer noch nicht, wie ich aus den sehr groben Gedanken bei 1+2 eine ausgefeilte Szenenliste produzieren soll mit allen Wende- und Höhepunkten, Charakternebenplots und Sackgassen, und das ist doch eigentlich der Teil, auf den es ankommt.
    Poems are never finished.
    Just abandoned.

    Kommentar


    • Ena
      Ena kommentierte
      Kommentar bearbeiten
      Ich denke, für eine Kurzgeschichte ohne großen Plot kann eine so simple Methode schon funktionieren, wenn man eh nur wenige Szenen zwischen Anfang und Ende benötigt ... aber bei Romanen liegt die Magie und der schwerste Teil ja im kompletten 3. Schritt, wie du schon meintest. (Ich mach das übrigens ähnlich mit dem gleich ausformulieren und dann nie fertig werden haha)

    #3
    In gewisser Weise arbeite ich so.
    Ich hab eine grobe Idee (1) und feile dann aus wer die Figuren sind und wo alles stattfindet (2). Aber statt dann direkt mit einer Szenenliste anzufangen, brauche ich einen Überblick über den Plot: wer was wann wo warum und wie machen soll und welche Konsequenzen das hat. Damit weiß ich dann, ob die Geschichte "Sinn macht" und ob Figurenentwicklung drin ist, ob der Spannungsbogen generell stimmt usw. Erst dann arbeite ich an einer groben Szenenliste. Der Überblick ist entschieden keine Szenenliste, sondern eine Zusammenfassung.

    Oder, ich schreib einfach drauflos und schaue, was kommt. Dann fange ich bei Schritt 5 an und streue vielleicht ab und zu Schritt 3 ein.
    Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
    to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
    A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
    You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

    Kommentar


      #4
      Teile davon kann ich gut nachvollziehen. Nach mühevollem Lernen bin ich soweit, dass ich versuche, mir vor dem eigentlichen Schreiben ein vages Exposé für einen POV-Träger (die Hauptfigur) zu verfassen, und dafür ist die Methode eine für mich durchaus geeignete Anleitung.
      Allerdings hilft es mir besser, dabei andere Plotmodelle (5 bzw 19 Punkte, die ich allerdings nicht stur abarbeite) im Hinterkopf zu haben, denn einfach mal so drauflos dichten & denken (und schreiben) führt bei mir ins Nichts bzw zu einem Riesenhaufen Szenen, die sooo toll sind und trotzdem frei schwebend. Ich persönlich brauch eine Mischung aus Bauch, Herz und Hirn.

      Kommentar


        #5
        Für jemanden, der gerne plottet, finde ich das auch eine richtig gute Methode. Persönlich bin ich auch so ein Mittelding. Inzwischen habe ich den Hauptplot grob im Kopf, aber die Nebenplot enstehen völlig spontan beim Schreiben.
        Always avoid alliteration.

        Kommentar

        Lädt...
        X
        Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung