Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Poes Rabe als Figur

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

    Poes Rabe als Figur

    Ich denke, viele kennen das Gedicht 'Der Rabe' von Poe.

    Was, wenn der besagte Rabe ein akiver Teilnehmer an einem Gespräch bzw. Dialog wäre?
    Soll heißen: Sein Wortschatz ginge über 'Nimmermehr' hinaus.(er würde kommunizieren können).

    Was für Charaktereigenschaften würdet ihr dem Vogel geben?
    Wäre er selbstgefällig? Vielleicht sogar arrogant/überheblich? Hätte er einen gewissen (satirischen) Humor? Vielleicht sogar bösartig?

    Ich habe überlegt, den Raben als ein Bild einer Depression und/oder als Sinnbild für schmerzhafte Erinnerung und Verlust einzuführen.
    (Als eine reale Figur, nicht als Wahnvorstellung!)

    Hat jemand eine oder einige Ideen?

    Schönen Gruß von
    Mytch
    I am one of those neurodramatic fools
    neurotic to the bone
    no doubt about it

    #2
    Nach meiner Einschätzung des Originalgedichts ist der Rabe dort nur eine Projektionsfläche für die Depression und Selbstvorwürfe des Erzählers und als Nimmermehr-Sager selbst eher stupide, (*Vor Julestrel in Deckung geh* ), wobei Raben sehr intelligente Vögel sind (*aus der Deckung hervorkomm*).
    Von daher würde ich mit dem aus den Versen befreiten Vogel Intelligenz, Scharfsinn, Manipulationsfähigkeit und Spaß daran, also einen gewissen hinterhältigen bis bösartigen Humor, verbinden, das ganze kombiniert mit einer gewissen Beharrlichkeit/Grausamkeit.

    Kommentar


      #3
      Auf mich wirkt Poes Rabe unerbittlich, wie ein kaltes, gnadenloses Schicksal. Ich halte ihn eher nicht für stupide, denn das lyrische Ich nimmt ihn ja sehr ernst, und das „Nevermore“ bekommt jedes Mal eine etwas andere Färbung - vermutlich, wie Dodo geschrieben hat, als Projektionsfläche, vielleicht auch als Spiegelbild des lyrischen Ichs ohne echtes Eigenleben. Das lyrische Ich ist dem Raben aber auch ausgeliefert, von daher schwingt da auch etwas Herablassendes mit.

      Kommentar


        #4
        Hm, da fällt mir als Erstes Quoth ein: https://wiki.lspace.org/mediawiki/Quoth der einerseits ein offensichtlicher Bezug aber auch eine ironische Brechung von Poes Raben ist.

        Umgekehrt könnte ich mir nicht vorstellen, Poes Raben direkt zu verwenden, ihn aber dahingehend zu ändern, dass er spricht. Der ganze Punkt bei Poe ist ja, dass der Rabe nicht mehr sagt als "Nevermore":

        But the Raven, sitting lonely on the placid bust, spoke only
        That one word, as if his soul in that one word he did outpour.

        und das Ich verzweifelt versucht, mehr aus ihm herauszubekommen, was den Raben aber nicht im Geringsten rührt. Wie genau willst du diesen Sinneswandel erklären, wenn er nun in deiner Version plötzlich doch spricht? War er bei Poe einfach in seiner Emo-Phase? (womit wir wieder bei ironischer Brechung wären)

        Poes Rabe ist meinem Empfinden nach mysteriös, unerbittlich und ein Bote vagen Unheils. Nichts davon funktioniert jedoch, wenn er bereitwillig mit Leuten spricht. Wenn du also seinen Charakter richtig einfangen willst, dann dann müsste er genauso rätselhaft sein und keine verwertbaren Auskünfte geben. Nur eben mit etwas größeren Wortschatz. (Vielleicht hat er ja in der Zwischenzeit nen Thesaurus geklaut. Er kann jetzt auch "nimmer", "keineswegs" und "mitnichten" ...)


        Wie du siehst, kann ich mir deine idee nur schwer vorstellen, ohne eine Parodie daraus zu machen. Warum genau muss es denn Poes Rabe sein? Es kann doch irgendein anderer Rabe sein, der eben die Eigenschaften hat, die du gerne in ihm sehen würdest. Raben haben ja auch ohne Poe eine Bandbreite an Symbolik, die zu deiner Idee eventuell passen würde.

        Poems are never finished.
        Just abandoned.

        Kommentar


          #5
          Ich finde, man kann den Raben auf zwei Arten lesen.

          1.) Als Projektionsfläche der Gefühle/Gedanken des Sprechers, wie Dodo es schon schrieb. Bei dieser Interpretation ist für mich die Frage, ob der Rabe überhaupt eine Figur ist, oder nur ein Hirngespinst des Sprechers bzw. eine Personifikation seiner Gefühle. In diesem Fall ist er natürlich nicht zu eigener Kreativität fähig, sein eintöniges "Nevermore" ist nur die Antwort, die der Sprecher sich selbst schon längst gegeben hat.

          2.) Wenn man dem Raben zugesteht, eine eigene Figur zu sein, dann treibt er gezielt den Sprecher immer weiter in seine Verzweiflung hinein. Er beschränkt sich dann absichtlich mit seinem "Nevermore" auf eine Aussage, die an Düsterkeit und Endgültigkeit kaum zu übertreffen ist - das ist ziemlich manipulativ, diesen Charakterzug würde ich dem Raben dann also auf jeden Fall geben. Bleibt noch die Frage, warum er so handelt - handelt er aus reinem Sadismus und Freude an der Verzweiflung des Menschen, oder hat er ein übergeordnetes Motiv? Ich persönlich würde hier zum Sadismus tendieren, aber das ist nur meine Interpretation.
          Always avoid alliteration.

          Kommentar


            #6
            Erstmal vielen Dank für eure Tipps!

            Ihr habt ja wirklich Recht! Dieses Gedicht ist tatsächlich vielfältig inerpretierbar!
            Deswegen hatte ich ja diese Idee.
            Da ist zum Beispiel die Frage, ob der Erzähler/Protagonist am Schluss überlebt?
            Ich würde sagen: Er steht einfach nicht mehr auf! Man könnte es auch so interpretieren, dass er in eine Depression versinkt.

            Dann bleibt der Rabe am Schluss starr auf der(Pallas-)Büste sitzen, verschwindet also nicht!
            Man fragt sich also, ob er überhaupt real ist?

            Betrachte ich den Raben als Depression oder Ähnliches, dann geht es konform mir der Tatsache, dass er auf seinem Platz sitzen bleibt.

            Man stelle sich nun vor, der Mann kommt anschließend in pscychiatrische Behandlung und trifft den Raben nach einiger Zeit wieder und tritt in einen Dialog mit dem Vogel.
            Ich würde dem Raben dann zusätzlich noch etwas Eitelkeitl und Selbstgefälligkeit mitgeben.

            Zu abgedreht, zu unauthentisch?

            Schöne Grüße von
            Mytch

            I am one of those neurodramatic fools
            neurotic to the bone
            no doubt about it

            Kommentar


              #7
              Ich würde dem Raben dann zusätzlich noch etwas Eitelkeitl und Selbstgefälligkeit mitgeben.
              Wenn Du den Raben als Versinnbildlichung einer Depression siehst und meinst, dass eine personifizierte Depression Züge von Eitelkeit und Selbstgefälligkeit hat, dann warum nicht?
              Wären nicht die Attribute, die ich als allererstes einer Depression zuschriebe (da wäre ich eher bei manipulationsfähig, grausam, lebensenergieraubend, diktatorisch) aber ich denke, Diktatoren besitzen eine gewisse Eitelkeit und Selbstgefälligkeit.

              Kommentar

              Lädt...
              X
              Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung