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    Nichtgenanntes betonen

    Wie macht ihr das, wenn eure Figur etwas nicht macht, aber dieses Nichtmachen betont werden soll?

    Konkretes Beispiel meiner Szene: Der Bruder meines POV bittet diesen, mit einem anderen (C) über dessen Gewaltanwendung zu sprechen. Mein POV nickt, sagt "Jaja", trifft sich mit C, spricht mit ihm über Diverses, aber nicht über die Bitte des Bruders. Und das nicht, weil er es nicht vergisst, sondern weil er es nicht machen will.

    Das beim Namen zu nennen, empfinde ich als enorm platt. Es nicht zu erwähnen wirkt aber irgendwie so, als hätte ich das als Autor vergessen.

    Weniger in Bezug auf diese Szene, sondern ganz allgemein: Habt ihr solche Szenen? Wie geht ihr damit um?
    Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

    So nah, so fern.

    #2
    Zum Konkreten: Sofern das übrige Gespräch mit C nichts Wichtiges enthielte, würde ich die Szene mit der Bitte und "Jaja, mach ich" enden lassen und die nächste Szene mit "Er machte es nicht" beginnen. Fertig.
    Wenn das übrige Gespräch mit C Wichtiges enthielte, dann würde ich die beiden plauschen lassen und ggf. tatsächlich einfügen: Die Bitte seines Bruders ließ er aus. Immer vorausgesetzt, dass das Erfüllen der Bitte so wichtig ist, dass der Leser darauf wartet.

    Generell: Wenn das Nichtmachen wichtig ist, dann würde ich es mindestens in einem Dreiwortsatz erwähnen. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass Stephen King das ganz gern macht. "Die roten Luftballons hatte er längst vergessen" oder sowas. Muss man natürlich mit dem POV aufpassen, dass man die POV-Figur nicht bewusst etwas vergessen lässt (was ein Widerspruch in sich wäre), aber bewusst unterlassen oder das Vergessen in die Vorvergangenheit zu projizieren, das dürfte gehen. Oder man schildert die Konsequenzen des Unterlassens.
    Mir persönlich wäre das Risiko zu groß, dass der Leser denkt, ich hätte etwas verpennt.

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      #3
      Liegen die Szenen weit auseinander oder direkt nacheinander?
      Wenn sie nacheinander kommen, kann man möglicherweise allein mit den Dialogen zeigen, wie weit die Figur das Thema umgeht. Oder sie schneidet das Thema grob an, um die Meinung der anderen Person zu erfahren, übermittelt aber nicht die eigentliche Botschaft:
      Mutter zu Tochter: Sag deinem Bruder, er soll öfter seine Klamotten waschen.
      Tochter zu Bruder: ... Schickes Hemd. Ist das neu?
      Dann sollte dem Leser klar sein, dass die Tochter nicht vergessen hat, was sie sage sollte, es aber einfach nicht sagt.

      Wenn die Szenen weiter auseinander liegen, würde ich eine Erinnerung einbauen. Wie die aussieht, hängt vom PoV und der Erzählhaltung ab, aber in irgendeine Form lässt es sich sicher packen:
      • Statt mit meinem Bruder über Stinkesocken zu reden, fragte ich ihn lieber über das Konzert aus.
      • Er sah ziemlich übermüdet aus und sein T-Shirt hatte Schweißränder. "Sag mal, wie war denn das Konzert gestern?"
      • "Jaja, Mama, mach ich." Den Teufel würde ich tun.




      Poems are never finished.
      Just abandoned.

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        #4
        Es muss ja einen Grund geben, warum die besagte Person es nicht tut oder tun will. Wird es nicht erwähnt, interpretiert der Leser es als Vergessen. Aber bewusst etwas auszulassen, erfordert immer eine Erklärung. Vorauszusetzen, dass die Figur bestimmte Charaktereigenschaften hat und der Leser es deshalb schon nachvollziehen kann, ist immer zwiespältig. Angenommen, die Person ist Pazifist, könnte man schon drauf kommen, dass er nichts über Gewalt erzählen will. Man könnte aber auch nicht drauf kommen. Oder, im Gegenteil, sich wundern: warum hat er das jetzt nicht erwähnt, als Pazifist sollte ihm das doch gerade schwer im Magen liegen?
        Vielleicht war der Grund ein anderer, z.B. die Situation gerade so einvernehmlich oder besinnlich, dass ein falsches Wort die Stimmung hätte zerstören können. Aber das muss dann erwähnt werden. Deshalb finde ich es überhaupt nicht platt, einen Grund anzuführen. Als Leser erwarte ich das. Den Leser herumrätseln zu lassen, finde ich schlimmer.

        Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
        Mark Twain

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          #5
          Ich stimme den anderen zu, wenn er’s absichtlich nicht macht und das wichtig ist, sollte das benannt werden. Ich finde Ankhs Vorschläge sehr praktikabel.

          Persönlich würde ich an der Stelle den Gedankenverlauf der Figur herauskehren, entweder dass er sich Gründe vorschiebt warum er das jetzt nicht besprechen kann, Menschen sind ja sehr findig im Ausreden erfinden. Oder ich würde betonen wie die Figur händeringend ein anderes Gesprächsthema braucht und da von A nach B nach C usw kommt, gern auch abschweifend und so, halt alles andere besprechen will nur das nicht. Kennt man sicher von sich selbst, wenn man sich vor was wichtigem drückt.
          Ayo, my pen and paper cause a chain reaction
          to get your brain relaxin', the zany actin' maniac in action.
          A brainiac in fact, son, you mainly lack attraction.
          You look insanely whack when just a fraction of my tracks run.

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            #6
            In der Politik ist das genauso: Merkel fliegt z.B. nach China, um über alles Mögliche zu sprechen und mit dem Auftrag, gewisse Zustände zu erwähnen, aber über Menschenrechtsverletzungen wird dann eben nicht gesprochen.

            Das mit den inneren Gedanken wäre ja völlig ausreichend. Wenn der Prota ohnehin Gedanken hat, also in der Ich-Form geschrieben wurde.

            „Du, ich freu mich so!“ Sie rennt auf ihn zu und umarmt ihn. „Es hat geklappt! Es hat geklappt! Ich bin schwanger!“
            Er lächelt gequält. Nein, ich kann das jetzt nicht sagen. Das ist ein schlechter Zeitpunkt. Vielleicht später. „Ich freu mich auch.“
            „Aber du siehst so bedrückt aus“, sagt sie stirnrunzelnd.
            Ich will das jetzt nicht kaputtmachen. „Nein, alles ist gut...“

            Etwa so in der Art.

            Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.
            Mark Twain

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              #7
              Was Ankh schreibt. Ich finds VIEL schöner, eleganter und v.a, spannender, wenn ich eben keine explizite Erklärung bekomme und trotzdem genau merke, dass etwas nicht gesagt wird. Den Grund dafür sollte ich mir natürlich ohne große Gehirnakrobatik zusammenreimen können. Warum dein POV die Gewaltanwendung nicht ansprechen will, sollte also gut nachvollziehbar sein … weil C z.B. total cholerisch ist und der POV ihn nicht provozieren will.
              and it's not what we think
              rather the opposite
              it's staring at the end of you.

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              • Badabumm
                Badabumm kommentierte
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                Wenn du das hinbekommst, ist ja gut. Ich weiß ja, dass weiträumiges unnötiges Umfahren von Dingen, die einfach gesagt werden könnten, sehr beliebt ist... Die Gefahr, dass der Leser es nicht merkt, wird immer bleiben.
                Auch Sätze wie „er druckste herum, behielt es aber für sich“ oder „er sprach es nicht an“ (ohne Erklärung) können auch ausreichen, wenn der Grund offensichtlich ist. Der sollte dann aber vorher schon bereitet worden sein, indem z.B. vorherige Situationen erwähnt werden, in denen das schiefging. Als Leser würde ich dann im besten Fall annehmen, dass dies dann auch der Grund für sein jetziges Schweigen ist. Dann wäre die Erklärung aber irgendwo anders versteckt, meist vorher im Text, so dass man im Grunde nichts gewonnen hätte. Dieses Verfahren ist dann sehr eingeschränkt, weil man einen Grund aus dem bekannten Verhalten ableiten müsste; man könnte also keinen neuen (anderen) Grund einführen, denn dem fehlte die Erklärung.

              • Zwielicht
                Zwielicht kommentierte
                Kommentar bearbeiten
                Badabumm es klappt nur, wenn man sich aus dem Kontext / den vorigen Szenen / der Art, WIE das Nichtmachen beschrieben ist, ohne große Verrenkungen den Grund erschließen kann. Wie ich oben schrieb. Sonst muss es anders gemacht werden. Aber WENN es so klappt, ist es 👌

              • Badabumm
                Badabumm kommentierte
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                Exakt. Man hätte z.B. zwei Szenen, in denen die Situation geschildert und erläutert wurde - dann braucht man es im dritten Fall nicht mehr. Sicher kann man Gesten oder Dialoge einbauen, die z.B. dem Leser verraten, dass der Charakter sich unwohl fühlt, und seinen inneren Zustand verrät. Das hängt wirklich stark vom Stil, von der Geschichte, von der Situation ab. So eine Faust-Formel, was man tun muss, damit man das eindeutig umgeht, gibt es nicht.

              #8
              Ein Allgemeinrezept gibt es sicherlich nicht, auch wenn ich Ankhs Vorschläge sehr machbar und elegant finde.

              Nach dem Lesen eurer Antworten, habe ich den Eindruck, dass wir da - mal wieder - am Thema Show don't tell angelangt sind. Das Nicht-Genannte beim Namen zu nennen, empfinde ich als sehr starkes Tell und ist mir daher intuitiv zuwider (sofern es nicht humoristisch umgesetzt werden kann, wie in Dodos Beispiel "Er machte es nicht").

              In meiner konkreten Szene fließt es in der Szene danach ein, indem der Bruder nachhakt, ob er denn darüber gesprochen hätte, und mein Prota sehr ausweichend antwortet.
              Derweilen ist auf dem Feld schon alles gewachsen, bevor die wussten, warum und wie genau es gedeiht. - Franziska Alber

              So nah, so fern.

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              • Ankh
                Ankh kommentierte
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                Das könnte man allerdings auch so verstehen, dass dieses Thema offscreen besprochen wurde. Zumindest, wenn zwischen den Szenen Raum dafür wäre.

                Prota bekommt Auftrag von A, geht zu B, spricht über etwas völlig anderes und kehrt direkt zu A zurück und berichtet: Eindeutig.
                Prota bekommt Auftrag von A, geht zu B, spricht über etwas völlig anderes und die Szene endet, wärend die beiden noch beim Bierchen sitzen, Prota berichtet A später: Da würde ich annehmen, dass Prota tatsächlich gefragt hat und das nur nicht im Text steht, weil wir die Antwort ja eh in der Szene mit A erfahren und der Autor ggf. die Spannung einfach noch etwas hinziehen wollte.

                Hängt natürlich auch davon ab, wie ich den Prota einschätze, ob er A ins Gesicht lügen würde und ob ich seine Motive kenne, nicht zu fragen.

              • Kelpie
                Kelpie kommentierte
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                Ich hoffe, dass mein Prota bereits so rübergekommen ist, dass man ihm eher zutrauen würde zu lügen als die Wahrheit zu sagen

              • Badabumm
                Badabumm kommentierte
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                Hängt auch von deinem Dialogstil ab. Wenn du jedes (?) Gespräch von Anfang bis Ende ausrollst, weiß der Leser bald, dass es nicht angesprochen wurde, wenn du es nicht geschrieben hast. Allerdings finde ich sowas sehr ermüdend - die meisten Dialoge enthalten viel Überflüssiges. Jedenfalls bevorzuge ich die gestrafften Dialoge, die die Kernaussage beinhalten und das Blabla nicht auflisten. Dann ist es natürlich schwieriger, den Leser glauben zu machen, dass etwas gesagt oder nicht gesagt wurde, wenn Gespräche nur angedeutet werden.
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